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10. Dezember 2019

Lesung von Oskar Ansull bei „Buch & Kunst“

„Aber wie in einem kleinen Wasserglas eine ganze Welt wunderlicher Tierchen enthalten ist, die ebensosehr von der Allmacht Gottes zeugen wie die größten Bestien: so enthält der kleinste Musenalmanach zuweilen eine Unzahl Dichterlinge, die dem stillen Forscher ebenso interessant dünken wie die größten Elefanten der Literatur.“ Ein solcher Forscher, von dem Heinrich Heine in „Die romantische Schule“ schreibt, ist der Berliner Schriftsteller Oskar Ansull. Zum Musenalmanach sind ihm Land und Stadt Celle geworden, wo er geboren und aufgewachsen ist. Dieses hat er in achtjähriger Recherche- und Schreibarbeit einer „literarischen Sichtung“ unterzogen, deren Ergebnis nun unter dem Titel „Heimat schöne Fremde“ im Wehrhahn Verlag erschienen ist. Die 1000 Seiten sind eine unerschöpfliche Fundgrube für literarische Persönlichkeiten, die in Celle gelebt, es besucht, durchreist, erwähnt oder Kontakte dorthin gepflegt haben. Schon Hans Pleschinksi, Verfasser des Romans „Der Holzvulkan“ über Herzog Anton Ulrich und sein Schloss Salzdahlum, wollte als Kind meistens in London oder Celle wohnen und stellte fest: „Wer in Celle nichts sieht, sieht auch woanders nichts.“

Für seine Lesung im Antiquariat „Buch und Kunst“ am Dienstag Abend hatte Ansull aus seinem Opus Magnum Autoren aus der „Gemengelage der Hin- und Herzöge“ von Braunschweig-Lüneburg ausgewählt. Er begann… weiter…

Thema: Alle Beiträge, Lesung, Literatur/Dichtung |

22. Juli 2019

Vortrag: Sybille Lewitscharoff über Dantes „Göttliche Komödie“

„Alles, was ich erkenne, erkenne ich nur, weil ich liebe“, hat Leo Tolstoi einmal gesagt. Sybille Lewitscharoff liebt Dantes „Göttliche Komödie“. Von ihren Erkenntnissen sprach die Schriftstellerin am Dienstag Abend in der TU Braunschweig, auf Einladung des Instituts für Germanistik, Abteilung Neuere deutsche Literatur. Da war kein theoretisch-professoraler Vortrag zu hören, sondern das Plädoyer einer Künstlerin, die mit Temperament und Leidenschaft das Publikum für den großen Dichter entflammte.

Ein harter, unbeugsamer Mensch sei Dante gewesen, nicht geschaffen dafür, „seine adligen Gönner splendid zu unterhalten“. In einem immensen Kraftakt habe er die berstende Stofffülle der Comedia, kurz nach 1300 im Exil verfasst und das Gründungsdokument der italienischen Hochsprache, in eine strenge Form gebracht: die drei Teile – Inferno, Purgatorio, Paradiso – sowie die Einleitung sind in Terzinen geschrieben und belaufen sich insgesamt auf genau 100 Gesänge á 33 Terzinen. Doch diese „besessene Konstruktionsmaschine“ habe zugleich üppigste Poesie hervorgebacht.

Lewitscharoff verglich zunächst verschiedene deutsche Übersetzungen miteinander, angefangen bei der aus dem 19. Jahrhundert von König Johann von Sachsen (Pseudonym: Philaletes) über Stefan George bis zu der von Kurt Flasch aus dem Jahr 2011. Letztere mag sie gar nicht: „Sterile Prosaübersetzungen hasse ich, die nehmen den Dampf aus der Sache raus – tote Hose!“ Bei Philaletes sei dagegen der poetische Charme und die Musikalität des Originals übergesprungen, und darauf komme es an. Abstriche beim Inhalt müsse man deswegen nicht machen, vielmehr gehe es um Neuerfindungen, auch darum, mal einen etwas anderen Assoziationsraum zu eröffnen.

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Thema: Alle Beiträge, Literatur/Dichtung |

30. Juni 2018

Poetikdozentur für Gender in der literarischen Welt 2018 für Uljana Wolf

„Ich habe ‚falsche Freunde‘ gesucht und gesammelt, und dann saß ich da mit meiner Liste…“, erzählt Uljana Wolf. „Falsche Freunde“ nennt man Worte aus verschiedenen Sprachen, die gleich klingen oder geschrieben werden, aber eine völlig andere Bedeutung haben, z.B. „bad“ (englisch: schlecht) und das deutsche Wort „Bad“. „Falsche Freunde“ ist auch der Titel eines Gedichtbandes der Lyrikerin und Übersetzerin, deren künstlerische Phantasie sich im Pendeln zwischen zwei (Sprach)Welten, im Grenzgebiet zwischen Deutsch, Englisch und Polnisch entzündet. „Das Übertreten von Landesgrenzen gehört zum Dichten“, sagt sie, „Die Fremde bildet Gespräche aus.“.

Am Mittwoch wurde Uljana Wolf mit dem Preis der Ricarda Huch  ausgezeichnet. Er wird von der Stadt Braunschweig, der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig, dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies und dem Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte gestiftet und umfasst ein Preisgeld von 7.000 Euro sowie einen dotierten Lehrauftrag. Mit dem Preis ehren die Partner jährlich eine Dozentin oder einen Dozenten, die oder der sich durch bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Gegenwartsliteratur oder der literarischen Kritik ausgewiesen hat und in deren bzw. dessen Werk Geschlechterdimensionen von zentraler Bedeutung sind.

Uljana Wolf, geboren 1979 in Ost-Berlin, studierte Germanistik, Kulturwissenschaft und Anglistik in Berlin und Krakau. Sie lebt in Berlin und New York, wo sie am Pratt Institute und an der New York University Deutsch als Fremdsprache unterrichtet und Seminare zu Poesie und Übersetzung gibt. Wolfs Gedichte wurden in mehr als 15 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Peter-Huchel-Preis 2006, dem Dresdner Lyrikpreis 2006 und dem Erlangener Preis für Poesie als Übersetzung 2015. In Anlehnung an Baudelaire beschrieb Laudatorin Bettina Wahring, Professorin für Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte an der TU Braunschweig, Wolfs komplexes Werk als Ouroboros, die Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt: ihre vielen Themen, darunter auch Geschlechterverhältnisse, seien die Abschnitte dieses Wappentiers der Alchemie. Dichten und Übersetzen seien bei Wolf Auslesen, Überlesen, Ausstreichen, Überschreiben; ihre Lyrik könne man „mit Augen hören und mit Ohren lesen“.

Die eigentliche Sensation des Abends war die Lesung von Uljana Wolf, die dem gebannt lauschenden Publikum Gedichte aus drei verschiedenen Bänden vortrug. Aus den Worten „rest“, „rock“, „rat“, „roman“ (englisch: ruhen, Felsen, Ratte, Römer) hat sie etwa ein geistreiches Sprachspiel zur Lorelei entwickelt. „Aliens“, der dritte Teil von „Falsche Freunde“ bezieht sich auf Ellis Island bei New York. Die Insel war über 30 Jahre lang die zentrale Sammelstelle für Immigranten in die USA. Dort wurde eine Art Alphabet entwickelt: Bestimmte Buchstaben standen für bestimmte Krankheiten; sie wurden den Einwanderern, die man für krank hielt, mit Kreide auf die Schulter geschrieben wie ein Brandzeichen. Jedem dieser Buchstaben ist ein Gedicht gewidmet, in dem Wolf die Gefühle und Stimmungen der Migranten klug und feinfühlig aufscheinen lässt.

Das Verhältnis zwischen Gender, Mehrsprachigkeit und poetischem Experiment wird auch im Zentrum ihrer Vorlesungen am 29.6., 5.7. und 12.7. um 19 Uhr in der Aula, Haus der Wissenschaft, Pockelsstr. 11, stehen.

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3. November 2015

Literaturnacht: Feridun Zaimoglu

Lange Nacht der Literatur im Staatstheater Braunschweig am 1. November 2015:

Feridun Zaimoglu und Hubert Winkels gehen um 21.20 Uhr bei Wein statt Wasser zum legéren Teil des Abends über. Die erste Frage an den Schriftsteller, der, so Winkels, zu den wichtigsten Künstlern türkischen Ursprungs gehört, die Markierungen im deutschen Kulturleben setzen: „Wie schätzen Sie die Lage in der Türkei ein?“ Zaimoglu: „Ich kann nur als gut unterrichteter Tourist Auskunft geben. Die Lage ist das Ergebnis einer langen Entwicklung. In ihr spielen anatolische Frömmigkeit, die dem Land nicht gut tut, Grobianismus, Korruption und Lügen, die bis zur Staatsgründung zurückgehen und die Leugnung des Völkermords an den Armeniern einschließen, eine wichtige Rolle. Mit diesen Lügen und der osmanischen Gewaltkultur hat das Land bis heute nicht gebrochen.“

LL_Zaimo

Foto: Thomas Blume

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3. November 2015

Literaturnacht: Nadja Küchenmeister

Lange Nacht der Literatur im Staatstheater Braunschweig am 1. November 2015, 20.30 Uhr:

„Wie beginnt man ein Gedicht?“ Mit dieser Frage eröffnet Thomas Geiger das Gespräch mit der Lyrikerin Nadja Küchenmeister. Am Anfang stehe ein Sinneseindruck, ein Vers, ein historischer Stoff, woran sich etwas entzünden könne. Was das sei, könne sie nicht sagen, doch: „Es braucht etwas, was mich unmittelbar trifft.“ Ein Medium, das die Wirklichkeit verwandele, sei sie nicht, aber: „Der Dichter gibt der Flüchtigkeit des Daseins eine feste Lautgestalt.“ Ihre Gedichte, ausgewählt nach ihrem Konzept von den drei Zeitaltern der Kindheit, der Liebe und des Todes, trug die 34jährige unprätentiös und überzeugend vor. Sie berühren durch eine zeitgenössische, doch zarte und innige Sprache zwischen Erzählung und Poesie, die Unsagbares ahnen lässt, wie es eben nur das Gedicht vermag. Auch über einige Anlässe gibt die Dichterin Auskunft: Der Blick eines Sterbenden, der alles nochmal zu bündeln versucht, um es mitzunehmen – wohin? Der Prophet Elia, der sich in der Wüste unter einen Wacholder legt, um zu sterben, und zu dem ein Engel sagt: „Steh auf und iss!“ Ernst Gombrichs „Geschichte der Kunst“, Museen, Gemälde – „Urbilder, auch für den, der sich davon nicht getröstet fühlen kann“. Und natürlich immer wieder die Liebe („Es kann einen nicht wirklich verwundern, aber in meinen Liebesgedichten liegen die Leute ziemlich viel.“) Auch Sarajewo, wo sie gerade war, „wird etwas mit mir gemacht haben“. Geigers Empfehlung zum Schluss: „Fahren Sie nach Sarajewo und lesen Sie Nadja Küchenmeister!“

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3. November 2015

Literaturnacht: Frank Witzel

Lange Nacht der Literatur im Staatstheater Braunschweig am 1. November 2015, 19.50 Uhr:

Zwischen Hubert Winkels und Frank Witzel bildet der Umfang des 800-Seiten-Romans „Die Erfindung der RAF durch einen manisch depressiven Teenager im Sommer 1969“ den Einstieg in das Gespräch. „Wie kann es sein, dass Dein Buch nur 800 Seiten hat?“ habe, so Witzel, sein Freund und Mentor Ingo Schulze ihn gefragt. Nun ja, die magische Grenze von 1000 habe der Verlag nicht angestrebt, und der Platz auf der Seite sei sehr gut ausgenutzt. Winkels hat das Werk als eBook gelesen, da habe es 2700 Seiten, und so bekomme man eh ein anderes Verhältnis zum Umfang und zur Zeit.

Wie ist das Buch entstanden? „Aus einer jahrzehntelangen Materialsammlung, aus verschiedenen Perspektiven wird der Sommer 1969 eingekreist. Eigentlich ist es eine Collage aus diversen Texten, und man muss es nicht von vorn nach hinten lesen.“ Außergewöhnlich für einen Roman: dieser hat ein Register, in dem Winkels als häufig vorkommende Stichworte „Gott“, „Jesus“, „Blut“, „Tod“ ausgemacht hat. Das Buch habe also eine starke religiöse Seite, über die bisher aber noch nicht viel gesprochen worden sei.

Witzel liest Auszüge aus einem 60-Seiten Kapitel, in dem ein Theologe dem psychisch kranken, verunsicherten Teenager eine religiöse Interpretation seiner Lieblingsplatte „Rubber Soul“ von den Beatles vorexerziert. „So, nun weißt Du, wie’s geht, versuch den Rest mal alleine!“ Die Anwendung exegetischer Methoden auf die Popmusik – witzig oder ironisch? Immer nah dran an der Existenz des Jungen, so Witzel, dem sich so neue Möglichkeiten zu denken und zu fühlen eröffneten. Die Reibung zwischen Mythisch-Bildhaftem und aufgeklärtem Denken habe er zu Beginn des Schreibens überwinden wollen, dann aber festgestellt, dass das Beste die Annahme oder die Aufhebung im Hegelschen Sinne sei. Terrorismus heiße, die Tathandlung über das Reflektieren zu stellen, unüberlegt in die Tat zu springen, nach der man dann sein ganzes Leben ausrichten müsse – so wie Ulrike Meinhof mit dem Sprung aus dem Fenster der Bibliothek, Andreas Baader nach, in ein Leben als Terroristin gesprungen sei. Das Denken und der Glaube verweigerten sich einer solchen Tat. Winkels brachte es abschließend auf diesen Punkt: „Der Roman ist eine religiöse Erzählung um diesen Tatkern herum.“

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2. November 2015

Literaturnacht: Clemens J. Setz

„Ich sehe Sie kaum, die Erde könnte unbewohnt sein, wie es in Becketts ‚Krapps letztes Band‘ heißt.“ Ins Licht blinzelnd begrüßt Clemens Setz die Gäste der „Langen Nacht der Literatur“ am Samstag Abend, 31.10.2016, im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig. Gerade stand er noch, in einer weiten, grauen Kapuzenjacke, etwas scheu vorm Lesepult, doch jetzt ist das Publikum gewonnen. Aus seinem 1000 Seiten-Roman „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ liest Setz einige herrlich schräge, aber auch melancholische „Schnipsel“. Die Protagonistin Natalie hat etliche abseitige Tics. So reibt sie gern ihre Haut und rollt die Hautflusen zu Kügelchen, die sie im Hohlraum einer Wäscheklammer aufbewahrt. („Stellen Sie sich das vor: Ganze Städte könnte man aus diesem Material bauen!“) Sie nimmt ihre Essgeräusche mit dem iPhone auf, streunt nachts umher und probiert an Männern Porno-Sätze aus. Sie macht sich Gedanken über die vermissten Tiere, die per Anschlag an den Bäumen gesucht werden, darunter ein sanftmütiger, zierlicher Hase – niemand anders als der Autor Clemens (sanftmütig) Setz (das kroatische Wort für Hase). Natalie drückt auch bei sich selbst und anderen gerne Mitesser aus – eine Sucht, der der Autor selbst verfallen war. „Ja, wir können schließlich nicht alles selber machen! Wir können uns auch nicht selbst die Ellenbogen lecken. Das war wahrscheinlich die Erfindung des Sozialismus: ‚Kommt, lasst uns einander die Ellenbogen lecken!’“

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Foto: Thomas Blume

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14. Oktober 2014

Herman Melville: Moby Dick

Dieses Jahr habe ich endlich mal wieder mein absolutes Lieblingsbuch gelesen: „Moby Dick“ von Herman Melville, und zwar in der Übersetzung von Friedhelm Ratjen, 2004 erschienen bei Zweitausendeins, illustriert von Rockwell Kent. (Manchmal habe ich parallel dazu das amerikanische Original dazu zur Hand genommen.) Und wieder hat mich diese gewaltige, vielschichtige und welthaltige Erzählung völlig in ihren Bann geschlagen.

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Die Haupthandlung bildet die Geschichte des Walfängers „Pequod“ und ihres von Rachsucht bessenen Kapitäns Ahab. Er will um jeden Preise den weißen Wal töten, der ihm einst sein Bein abgerissen hat, und schwört mit dämonischem Charisma die Mannschaft auf dieses Ziel ein (Kapitel „Die Dublone“ und „Die Kerzen“). Schiff und Mannschaft wird er – das ahnt der Leser von Anfang an – unerbittlich in den Untergang treiben. Nur einer überlebt die Katastrophe: der, der die Geschichte im Rückblick erzählt. Der berühmte erste Satz des Romans lautet: „Nennt mich Ismael.“ Das erste Kapitel beginnt mit Ismaels Entschluss, mal wieder zur See zu fahren, um seiner Trübsal zu entgehen („Das ist mein Ersatz für Pistole und Kugel“) und auf einem Walfänger anzuheuern. Es folgt der kuriose Beginn seiner Freundschaft mit dem über und über tätowierten Südseeinsulaner Quequeg, der als Harpunier mit Ismael zusammen die Schicksalsfahrt der „Pequod“ miterleben wird. Quequeg ist eine großartige Figur: kühn, mutig, tapfer und durch und durch loyal – ein „edler Wilder“, ebenso wie die beiden anderen Harpuniere, der Indianer Tashtego und der Schwarze Daggoo.

Neben den drei Harpunieren gibt es an Bord drei Maate: Der erste, Starbuck, ist ein ernster, vernünftiger und verantwortungsbewusster Mann, der als einziger in voller Klarheit durchschaut, dass Ahab das Schiff, die Mannschaft und seinen Auftrag für seinen privaten Rachefeldzug missbraucht, und einmal sogar mit dem Gedanken spielt, ihn zu töten, um das kommende Unheil zu verhindern; der zweite, Stubb, ist ein lustiger, lebensfroher Draufgänger; der dritte, Flask, ist redlich, aber auch etwas beschränkt. Eine unheimliche Gestalt ist der Parse (Perser) Fedallah, der Ahab wie ein düsterer Sendbote der Unterwelt zugesellt ist. Des weiteren ist der kleine Schiffsjunge Pip zu erwähnen, der einmal bei der Waljagd über Bord geht, längere Zeit mutterseelenallein auf dem Ozean umhertreibt und daraufhin verrückt wird. Wie Melville seinen Wahnsinn schildert und welche Gedanken er dazu äußert, ist herzzerreißend.

Die Zahl drei spielt eine große Rolle: Drei Harpuniere, drei Maate, drei Mal begegnet die „Pequod“ einem anderen Schiff, drei Tage dauert endlich der Kampf mit Moby Dick, dem weißen Wal…

Neben den Kapiteln, die die eigentliche Handlung vorantreiben (und auf die der Film mit Gregory Peck den Roman reduziert), gibt es zahlreiche Kapitel mit „Sachbuchcharakter“. In ihnen geht es um Walkunde, um die Geschichte des Walfangs, um das Handwerk des Jagens und Erlegens des Wals sowie die dazu nötigen Gerätschaften, um das Abspecken, die Trankocherei usw. Aber was auch immer geschildert wird: immer ist da, durchwoben von mythischen und biblischen Bildern, eine metaphorische Ebene, die das Beschriebene zu einem Gleichnis des menschlichen Schicksals werden lässt. Das macht den Roman so großartig und zeitlos gültig. In diesen Passagen gleicht er einer gewaltigen Predigt.

Viele Kapitel stellen in sich abgeschlossene Essays oder Erzählungen dar, z.B. die wunderbare Abhandlung über die Weiße des Wals oder die Geschichte des Schiffes Town-Ho. Auch finden sich – lange vor Molly Bloom in James Joyce’s „Ulysses“ – innere Monologe, etwa von Ahab, Starbuck und Stubb. Manche Kapitel sind 25 Seiten lang, das kürzeste, „Mitternacht hochdroben, Blitz und Donner“, umfasst nur sieben Sätze: „Hum, hum, hum. Lass das Gedonner nach! Reichlich zuviel Gedonner hier oben. Wozu ist Donner gut? Hum, hum, hum. Wir wollen keinen Donner; wir wollen Rum; her mit ’nem Glas Rum. Hum, hum, hum!“

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28. Juni 2014

Goethes Zebra – skurril und zauberhaft!

Viele Wege führen – nein, nicht nach Rom, sondern zum Zebra. Nicht zu irgendeinem natürlich, sondern zu ebenjenem, das Johann Wolfgang von Goethe auf dem Kohlmarkt erblickte, als er 1784 in geheimer Mission am Hofe von Braunschweig weilte. Just um dieses Zebra dreht sich alles in einer Ausstellung, die im Rahmen des Festivals „Theaterformen“ im Braunschweigischen Landesmuseum Hinter Ägidien und im Allgemeinen Konsumverein zu besichtigen ist, mit einer Führung des Schweizer Künstlers Hans-Peter Litscher. Die Exponate stammen aus der Sammlung des Goethe-Zebra-Forschers Bruno Bruns, einstmals in Braunschweig, nun in Afrika lebend. Noch bis zum 13. Juli, Do bis So um 18 Uhr, Sa und So auch um 15 18 Uhr.

Eine Theorie besagt, dass jeder Mensch über nur fünf weitere Leute mit einer Person auf der gegenüberliegenden Hälfte der Erdkugel verbunden ist. Zum Zebra geht’s noch geschwinder: Staunend erfahren wir von Hans-Peter Litscher, wen die Faszination für das gestreifte Tier mit wem vereint: Mozart, der Marquis de Sade und Charles Fourier, Che Guevara und Léopold Sédar Senghor, Heinrich Heine und Walter Benjamin, Marlene Dietrich und  Gary Cooper sind nur einige der illustren Zebraphiles. Veruschka von Lehndorfs Zebra-Kostüm und der ZebraBra von Josephine Baker stellen in meinen Augen die absoluten Glanzlichter der skurrilen Brunsschen Sammlung dar!

Der Geheime Rath soll es in Braunschweig übrigens – so Litscher – sterbenslangweilig gefunden haben. Dabei bleibt jedoch die Mätresse Herzog Carl Wilhelm Ferdinands, die Italienerin Maria von Branconi, unerwähnt, obwohl ihr Porträt von Anna Rosina de Gasc in Kopie in der Ausstellung hängt. Sie galt zu ihrer Zeit als die schönste Frau in Deutschland und schlug – nicht nur schön, sondern auch klug und gebildet – etliche Geistesgrößen in ihren Bann. So auch unseren Dichter, der über sie schrieb, sie besitze Witz, eine ausgebildete Sprache, Widerstand und Gefühl ihrer selbst und sie siege mit Pfeilen (Charlotte von Stein dagegen siege mit Netzen).

Zum Abschluss der Führung geht es in den Allgemeinen Konsumverein, wo die Zebra-Zeitmaschine, gebaut von Thomas Bartels nach den Entwürfen von Bruno Bruns, rattert, leuchtet und schwarz-weiße sowie rote, blaue, gelbe Zebras an die Wände malt – zauberhaft! Es folgt noch die Besichtigung des vollgestopften Arbeitszimmers von Bruno Bruns, dann nix wie ab in die Zebra-Bar! Dort kann man für 17,84 Euro ein reizendes Büchlein mit 14 Zebra Gedichten Goethes, wiederentdeckt von Bruno Bruns, erwerben. (Herausgegeben wurde es von ihm und Anne Mueller von der Haegen im Verlag Howaldt Press in Braunschweig.) Wer noch 2,16 Euro drauflegt, bekommt ein Glas Wermut dazu und darf obendrein einen Blick in’s geheime Seitenkabinett werfe, wo noch ein Extra-Schmankerl wartet… (Der Wermut wurde übrigens 1786 in Italien erfunden, in dem Jahr also, da Goethe in sein Sehnsuchtsland reiste; er ist auch nach einem Gedicht von ihm benannt).

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31. Mai 2013

Weltinnenraum

Bei einer Internetrecherche zum Dichter Durs Grünbein stieß ich auf einen bösen Verriss von Fritz J. Raddatz und darin auf diesen Satz:

„Große Lyrik aber umschließt gleich einer Frucht ihren Kern einen fast sakralen Innenraum, ein Unberührbares, Unauflösliches. Schon Walter Benjamin warnte, wer meine, ein Gedicht verstanden zu haben, der hat es eben nicht verstanden. Das gilt vom Erlkönig bis zu Rilkes mysteriösem Grabspruch „Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter soviel Lidern“.

Stimmt genau. Rilke hat für das, was sich da eröffnet, das wunderbare Wort „Weltinnenraum“ erfunden . (Darum lese ich also so gern Gedichte, auch wenn ich sie, wie etwa die von Paul Celan, nicht verstehe.) Und gilt das nicht überhaupt für viele Kunstwerke, vor allem Lieder und andere Werke der Musik, aber auch der Malerei, Skulptur, Architektur und Graphik, aus Literatur, Tanz, Theater, Fotografie und Film?

Giorgione

Giorgione (1478-1510), La Tempesta (Das Gewitter)

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