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10. Dezember 2018

Film „Ritorno“ von Manfred Bannenberg im Kino Universum

Wenn wir Deutsche auf den 1. Weltkrieg blicken, dann schauen wir meistens auf die Westfront, die großen Schlachten in Frankreich und Flandern: nach Ypern, wo die Deutschen als erste Nation Giftgas einsetzten; auf die Schlacht von Verdun, die zehn Monate dauerte und zum Inbegriff sinnlosen Mordens wurde; und auf die Schlacht an der Somme, die mit über einer Million getöteter, verwundeter und vermisster Soldaten die verlust­reichste Schlacht des Krieges war. Am 1. Weltkrieg waren jedoch 40 Nationen beteiligt. Zu den härtesten Kriegsschauplätzen gehörte der am Fluss Isonzo zwischen Österreich-Ungarn und Italien, in den Julischen Alpen. In nur zwei Jahren, 1915 bis 1917, fanden dort 12 Schlachten statt. Nach der letzten gelangten 3000 italienische Soldaten, überwiegend Offfiziere, als Kriegsgefangene ins Lager Celle. Der 2017 entstandene Film „Ritorno“ (Rückkehr) des Dokumentarfilmers Manfred Bannenberg über dieses vollkommen vergessene, erst jüngst wieder entdeckte Lager lief am Mittwoch Abend im Kino „Universum“. Celle gehörte zu den härtesten der deutschen und österreichischen Lagern. „Man hatte den Eindruck, in einen Friedhof einzutreten, wo die Toten zufällig aus den Gräbern herausgestürzt waren und taumelnd auf dem Weg herumliefen“ erinnert sich ein Gefangener. Ein anderer über die Deutschen: „Wenn man bedenkt, was für ein wunderbares Volk das sein könnte, mit vielen seiner Verdienste (…) Aber ihr infamer Charakter ruiniert ihnen diese, und ihre Präpotenz, ihre uferlose Überheblichkeit, dass sie mehr wert wären als andere, ihr Hunger nach Herrschaft, ihre Gewohnheit, die anderen als minderwertige Rasse zu betrachten.“ Da wähnt man sich bereits 20 Jahre später! Zur Härte des Lagers kam hinzu, dass die Gefangenen aus der Heimat keine Lebensmittelpaketen bekamen, da sie als Deserteure galten. (Manche wurden nach der Rückkehr in Italien erneut interniert.)

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30. November 2018

„Kler“ von Wojciech Smarzowski im Kino Cinema C1

„Die Kirche ist heilig, aber sie wird von sündigen Menschen gemacht.“ Wie sündig diese Menschen sind, das zeigt der Film „Kler“ (Klerus) des polnischen Regisseurs Wojciech Smarzowski, aus dem dieses Zitat stammt. „Kler“ macht gerade in Polen Furore, in machen Kinos läuft er 20 Mal am Tag. Gemessen an den Zuschauerzahlen zählt er schon jetzt zu den drei erfolgreichsten Filmen in der Geschichte des polnischen Kinos nach 1989, und er löst im tief katholischen Polen hitzige Debatten aus. Das Cinema C1 zeigt ihn nun auf Initiative des deutsch-polnischen Kulturvereins.

Drei Priester sind die Protagonisten des Films. Trybus (Robert Wieckiewicz) ist Landpfarrer, Kukuła (Arkadiusz Jakubik) arbeitet in einer mittelgroßen Stadt. Beide predigen Wasser und saufen Schnaps, fahren sturzbetrunken Auto, fluchen wie die Bierkutscher; Trybus schläft während der Beichte seinen Rausch aus. Der gebildete Lisowski (Jacek Braciak), der abends in seiner Luxuswohnung Mozart hört, dient in der Großstadt dem einflussreichen Erzbischof Mordowicz (Janusz Gajos) als Mann fürs Grobe: Er sorgt dafür, dass der Bau des Heiligtums, mit dem sich Mordowicz schmücken will, vorankommt, auch mit Schmiergeldern, die ihm der Erzbischof höchstpersönlich in einer Plastiktüte aushändigt. Doch Bigotterie und Heuchelei sind noch die geringsten der Verfehlungen: Der ehrgeizige Lisowski strebt nach einer Beförderung in den Vatikan; dafür schreckt er sogar vor Erpressung nicht zurück. Trybus hat ein heimliches Verhältnis mit seiner Haushälterin (Joanna Kulig). Als sie ihm sagt, dass sie schwanger ist,

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13. November 2018

Interview mit Sandrine Bonnaire

Mit strahlendem Lächeln betritt Sandrine Bonnaire den Konferenzraum in ihrem Hotel. Das braune Haar trägt sie gelockt, ihr Make up betont die unglaublich dunklen Augen, dazu ein leichtes rot-weißes Kleid – très chic! Dabei wirkt sie sympathisch, offen, natürlich, und ich habe sofort einen guten „Draht“ zu ihr.

RN: „1983, mit 16 Jahren, wurden Sie von Maurice Pialat für ihren ersten Film „Auf das was wir lieben“ entdeckt. Sie spielen darin ein junges Mädchen, das sich von einem Liebesabenteuer ins nächste stürzt, um der Tristesse ihres Elternhauses zu entkommen. Wie ist es zu diese Entdeckung gekommen und was bedeutete diese für Sie?“

SB: „Eigentlich war es purer Zufall. Pialat suchte eine junge Schauspielerin für sein Filmprojekt. Ich wollte gar nicht Schauspielerin werden, aber meine Schwester hatte diesen Wunsch. Ich begleitete sie, und mit vielen anderen Mädchen nahmen wir am Vorsprechen teil. Und siehe da: Er wollte nicht meine Schwester, sondern mich! Die Rolle fiel mir dann ganz leicht, denn die Story des Films war meine eigene Geschichte, ich brauchte nur mich selbst zu verkörpern. Zudem legte Pialat viel Wert auf Natürlichkeit, der Film sollte wie das Leben sein. Das hat es mir einfach gemacht, das Ganze war für mich wie ein Spiel.“

RN: „Sie haben mit berühmten Regisseuren, z.B. Agnes Varda, Sautet, Lelouche, Rivette, Chabrol, de Palma, zusammengearbeitet. An welchen Regisseur haben Sie die intensivste Erinnerung?“

SB: „Manchmal ist es gar nicht so sehr der Regisseur, an den man sich erinnert, sondern der Charakter der Figur. Viele Regisseure waren wichtig für mich – Varda, Chabrol – aber der wichtigste war doch Maurice Pialat. Er war sehr stark, mutig, hat mir den Weg ins Kino geebnet und mir ermöglicht, dort zu bleiben.“ (Anm: Für „Auf das was wir lieben“ bekam Bonnaire einen César als beste Nachwuchsschauspielerin. Mit Pialat drehte sie noch zwei weitere Filme.)

RN: „Ihre erste Regiearbeit ist ein Dokumentarfilm über ihre autistische Schwester Sabine. Was hat sie dazu bewogen, mit diesem sehr persönlichem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen?“

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11. Oktober 2018

Film „Das Dorf der Vergesslichen“ von Madeleine Dallmeyer im Kino Universum

In Faham, einem kleinen Ort in Thailand, wird jedes Jahr ein Volksfest gefeiert, beim dem ein geschmücktes Boot zu Wasser gelassen wird. Mit ihm sollen das schlechte Karma, alle Sorgen und Ängste, einfach davonfahren. Mit dabei in der fröhlichen Menge: 14 demenzkranke Menschen aus Europa, die in „Baan Kamlangchay“ leben, einer Pflegeeinrichtung, die der Schweizer Martin Woodtli gegründet hat. Einblicke in dieses Leben gibt der Dokumentarfilm „Das Dorf der Vergesslichen“ von Madeleine Dallmeyer, der am Montag Abend im Kino Universum lief und noch einmal am Sonntag um 11.15 Uhr zu sehen ist.

Geradezu paradiesisch ist die Betreuung in „Baan Kamlangchay“: Die Gäste sind über mehrere Häuser im ganzen Dorf verteilt, jeweils zwei wohnen zusammen in einem Haus. Für die Einwohner von Faham gehören sie ganz dazu. Auf einen Patienten kommen drei Pflegerinnen, jeweils zwei teilen sich Tag- und Nachtschicht, während die dritte frei hat. Alle sind also rund um die Uhr versorgt – und wie! Da wird gesungen, gelacht, getanzt, leckeres Obst geschmaust, geschwommen, ein Ausflug gemacht. Rücken werden eingeseift, Prothesen eingesetzt und Hosen gewechselt, wenn mal was daneben gegangen ist. Der Patient Martin blättert in einer Jagdzeitschrift. Er war früher selbst Jäger. Nun versucht er, seiner Pflegerin, das schwierige Wort „Elch“ beizubringen – sehr zu beider Erheiterung. Auch miteinander haben die Gäste viel Spaß: Ruth und Maria lachen sich schlapp. Martin genießt mit Kurt ein Zigarette: „Und wenn einer von uns mal wieder spinnt – wir wissen’s auch, oder?“ „Jojo.“

Die meisten der liebevollen Betreuerinnen sprechen ein wenig Deutsch oder Englisch. Sie haben auch die Aggressionen und die Beschimpfungen ihrer Schützlinge auszuhalten. Geri brabbelt Unverständliches und ist von der demenztypischen Unruhe befallen, dauernd rennt er herum oder weg. Doch seine Pflegerin sagt: „Ich habe ihn lieb wie einen Vater. Ich mag nicht dran denken, dass er eines Tages sterben wird.“ In Thailand ist es nicht üblich, für die Pflege Geld zu nehmen, es ist selbstverständliche Pflicht.

„Ich möchte, dass mein Vater an einem Ort ist, wo er glücklich sein kann“, sagt Kurts Tochter mit Tränen in den Augen. Ruth bekommt einen Anruf von ihrer Tochter, aber …

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5. Oktober 2018

Film „Wackersdorf“ von Oliver Haffner im Kino „Universum“

„Sie, Herr Landrat, kann mit dem Atom da auch wirklich nix passieren? Und wenn mal was explodiert?“ Mit diesen Fragen wendet sich auf einem Volksfest eine besorgte Frau an Landrat Schuierer. Iwo, antwortet der, bald sei Atomkraft so selbstverständlich wie die Eisenbahn, zu der es anfangs ja auch jede Menge Bedenken gegeben habe. Schuierer (Johannes Zeiler) ist begeistert von der geplanten Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf, soll sie doch seinem strukturschwachen Landkreis Schwandorf in der Oberpfalz 3000 Arbeitsplätze bescheren. Da hatten der bayerische Umweltminister (Sigi Zimmerschied) und Dr. Billinger vom Bauunternehmen (Fabian Hinrichs) leichtes Spiel mit ihm. Doch Schuierer muss sich eingestehen: Von Atomkraft hat er keine Ahnung. Und so sucht er verstohlen in der Stadtbibliothek nach Fachliteratur. Seine Zweifel wachsen. Die widerrechtliche Beseitigung – auf Anweisung der Landesregierung – eines hölzernen Turms, den WAA-Gegner auf dem Baugelände errichtet haben, bringt die Wende: „Wie bei den Nazis!“ konstatiert Schuirer entgeistert und verkündet seinen Mitarbeitern: „Solange ich noch Zweifel habe, werde ich nichts unterschreiben.“

Schuierers Entwicklung vom Befürworter zu einem der führenden Gegner der WAA steht im Fokus des Spielfilms „Wackersdorf“, der die Geschehnisse im Vorfeld des Baubeginns und den wachsenden Widerstand gegen die WAA Anfang der 1980er Jahre wieder aufleben lässt. Am Samstag ist er im Kino Universum im Beisein des Regisseurs Oliver Haffner angelaufen.

Mit dem Druckmittel der Unterschriftsverweigerung ist es bald Essig: Auf Betreiben des neuen Staatssekretärs (Frederic Linkemann) erlässt die bayerische Landesregierung die (nur einmal angewandte, aber bis heute bestehende!) „Lex Schuierer“, wonach die Unterschrift des Landrats nicht mehr erforderlich ist. Schuierer hat bald das erste Disziplinarverfahren am Hals und sieht mit Ende 50 seine berufliche Zukunft und bürgerlichen Sicherheiten bedroht. Trotzdem kämpft er weiter und rauft sich sogar mit der aufmüpfigen Monika Gegenfurtner (Anna Maria Sturm), der treibenden Kraft der Bürgerinitiative, zusammen. Dokumentaraufnahmen zeigen, wie massiv die Polizei damals gegen die WAA-Gegner zu Felde zog. Mit alten Nachrichten über den GAU in Tschernobyl und seine weitreichenden Folgen für die Umwelt endet der Film.

Was ihn, Jahrgang 1974, zu dem Film bewegt habe, lautet die erste Frage an Oliver Haffner. Er sei in Bayern und München in der von Franz Josef Strauß geprägten Atmosphäre aufgewachsen, seine ältere Schwester habe auch gegen die WAA gekämpft. Fukushima und der Ausstieg aus der Atomenergie hätten ihn ebenfalls motiviert, antwortet der Regisseur. „Ich wollte einen Film über die Zivilgesellschaft und das Demokratieverständnis machen, der Mut und Kraft zum Handeln gibt. Nach dem neuen bayerischen Polizeigesetz wäre ein solcher Widerstand heute gar nicht mehr möglich, Sie würden schon verhaftet, bevor Sie zu Hause aus dem Bett aufgestanden sind.“ Diese Ermutigung können wir brauchen (Hambacher Forst, niedersächsisches Polizeigesetz)! Auch ein Film über seine Heimat Bayern sollte es sein, die vielfältig sei und nicht nur das Bundesland der CSU. Der Bau der WAA sei schließlich aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt worden, da die Franzosen die Wiederaufbereitung abgebrannter Brennstäbe günstiger anbieten konnten. Doch zur Unrentabilität der WAA hätten die Gegner sehr viel beigetragen, insofern sei das letztlich auch ihr Erfolg.

Obwohl die Grenzen zwischen den „Guten“ und den „Bösen“ ein wenig zu klar verlaufen, ein sehr sehenswerter Film mit einem hervorragenden Johannes Zeiler in der Hauptrolle. Erfolg ist ihm auf ganzer Linie zu wünschen!

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18. Juli 2018

Film „Das unmögliche Bild“ im Kino „Universum“

„Papa sagt: Man muss man schnell sein, wenn man was sehen will, weil alles verschwindet. Ich glaube das nicht. Ich glaube, man muss nur lange genug hinschauen.“ Nun ist Papa tot, und die 13jährige Johanna erbt seine Super 8 Kamera. Die Mutter zieht mit ihr und der kleinen Lizzy zu den Großeltern in die Wiener Vorstadt. Der Kuchen zu Lizzys siebentem Geburtstag ist noch von der Beerdigung, aber „mit Kerzen drauf merkt das keiner“. Das ist im Jahr 1957.

Johanna ist die Protagonistin von Sandra Wollners Film „Das unmögliche Bild“, dem ersten Langfilm der 1983 geborenen Regisseurin, entstanden im Rahmen ihres Studiums an der Filmakademie Baden-Württemberg. Er wurde mit dem „Förderpreis Neues Deutsches Kino“ der Hofer Filmtage ausgezeichnet und läuft in der Reihe „Femmes fatales – Filme von Frauen“ noch einmal am Dienstag, 17. Juli, um 21.15 Uhr im Kino „Universum“.

Und Johanna schaut genau hin: Lizzys Geburtstag ist nur eine von vielen Gelegenheiten, bei denen sie die Kamera auf die Familie richtet. Aufgrund von Kinderlähmung geht sie an Krücken, ist vielleicht darum so viel zu Haus. Weihnachten („Heute mal keinen Streit!“, bittet Opa), Sonntagsessen mit Knödeln, Kaffeekränzchen mit Biskuitrolle und deutschen Schlagern, Lizzy und Hündchen Cora immer dabei. Lizzy fragt: „Opa, wann stirbst Du?“ Opa erzählt vom Krieg und man fragt sich: „Ist denn der Russe besser als der Ami?“ Alte Fotoalben werden angeschaut, wer war denn nochmal dieser kleine Junge? „Der Emil“, beharrt Lizzy, „ich habe ihn gerade noch auf dem Hof gesehen!“ Es wird wild durcheinander geredet, viele Schnäpse werden gekippt, viele Zigaretten gequalmt. Eine ganz normale Familie Ende der 1950er Jahre: spießig, aber irgendwie auch nett. Die Mutter sagt zu Johanna: „Nun iss doch mal was!“ Aber man muss sich entscheiden, ob man isst oder filmt. Und Johanna filmt lieber und ist darum selbst nie zu sehen.

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15. Juli 2018

Film „Tage am Meer“ im Kino Universum

Gerade hat Sofias Mann sie verlassen, weil er seine Liebe zum eigenen Geschlecht entdeckt hat. Sie ist am Boden zerstört und: Wie soll sie das nur ihren Kindern beibringen? Ein Tapetenwechsel muss her: Sofia (Leticia Mazur) packt die Koffer und fährt mit ihren Töchtern – dem Teenie Irina (Sofía Del Tuffo) und der achtjährigen Pachi (Lucía Frittayón) – für ein paar Tage ans Meer. „Tage am Meer“ ist auch der Titel des argentinischen Films von 2016, der im Kino „Universum“ noch einmal an diesem Samstag um 21.15 Uhr zu sehen ist. Seine Regisseurin Nadia Benedicto, geboren 1986 in Comodoro Rivadavia in Argentinien, studierte an der Universidad del Cine in Buenos Aires Kamera. Während dieser Zeit war sie die Autorin und Regisseurin mehrerer Kurzfilme. „Tage am Meer“ ist ihr Langfilmdebüt. Er bildet den Auftakt zur Reihe „Femmes totales – Filme von Frauen“. Sie wurde ins Leben gerufen, um unter dem Motto „Was Kino sein kann“ zeitgenössisches Kino von Frauen auf die Leinwand zu bringen.

Im Ferienhaus angekommen, zieht Sofia erstmal die Jalousie des großen Wohnzimmerfensters hoch und blickt zu den Klängen von Vivaldis „Sommer“ in einer modernen Fassung als Klavierkonzert lange in die Dämmerung über der See hinaus. Pachi ist begeistert: Sie war noch nie am Meer und kann es kaum erwarten, endlich hinzukommen. Irina dagegen ist reserviert, mag nicht essen und schottet sich pubertätsbedingt mit Kopfhörern und Handy ab; zudem ärgert sie sich darüber, dass der Fernseher nicht funktioniert. Trotzdem kümmert sie sich leicht genervt, aber zärtlich um die muntere, phantasievolle kleine Schwester, die ihr abends mit einer doofen Scherzfrage auf den Wecker fällt. Mit den besonderen Antennen dieses Alters für unterschwellige Störungen spürt sie auch, dass mit der Mutter etwas nicht stimmt. „Du bist der ängstlichste Mensch der Welt“ wirft sie ihr in einem Streit an den Kopf. Zack – das sitzt!

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20. Oktober 2017

Film: „Sommerhäuser“ von Sonja Kröner

Jedes Jahr fahren Eva (Laura Tonke) und ihr Mann Bernd (Thomas Loibl) mit ihren Kindern in den Garten von Oma Sophie, um dort mit der versammelten Großfamilie den Sommer zu verbringen. Doch im Sommer 1976 ist alles anders. Oma Sophie ist unlängst verstorben, und am Tag ihrer Beerdigung wird der alte Baum im Garten von einen Blitz getroffen. In der Umgebung ist gerade ein kleines Mädchen verschwunden. Dennoch scheint – bis auf die diesjährige Wespenplage – zunächst alles seinen normalen Lauf zu nehmen: Die Kinder spielen ungestört im Baumhaus und im verwilderten Garten mit ihren Funkgeräten und verbuchen qua Strichliste, wer die meisten Wespen gekillt hat. Sie stromern – mit wohligem Schauern, aber auch echter Angst – auf dem unheimlichen Grundstück eines sonderbaren Nachbarn umher und singen fröhlich „Auf den Straßen fließt der Eiter…“ (habe ich in meiner Kindheit auch gemacht). Manchmal pirschen sie sich heimlich an die Erwachsene heran und schnappen Satzfetzen auf, die nicht für ihre Ohren bestimmt sind. Etwa dass die Großeltern mit dem Gedanken spielen, den Garten zu verkaufen, oder dass die kleine Tochter von Tante Gitti (Mavie Hörbiger) vom Vater nicht gewünscht war. Tante Ilse (Ursula Werner) buddelt in den Beeten und lädt die nette, wie sie selbst unverheiratete Nachbarin zu Kaffee und Kuchen ein. Tante Mathilde (Inge Maux) setzt sich auf der Liege splitternackt der prallen Sonne und einer Flasche Eckes Edelkirsch aus. Es wird viel geplaudert, Zeitung gelesen und Kaffee getrunken – wenn nur die verflixten Wespen nicht wären!

Immer deutlicher stellen sich die Störenfriede als Indikatoren unterschwelliger Spannungen heraus, die im Laufe des Films mehr und mehr ausbrechen. Immer öfter kommt es zu Streit, vor allem zwischen Eva und ihrer Schwägerin Gitti, die, ohne Mann, dafür aber mit Tochter sowie knallgelbem Sportwagen und Dior-Klamotten („So was kannst Du Dir gar nicht leisten!“) das schwarze Schaf der Familie ist. Ihre Kleine, mit teuren Geschenken überhäuft, ist bitter enttäuscht, dass der ersehnte Papa nicht zu ihrem Geburtstag erscheint. Tante Ilse bekommt von der Nachbarin einen Brief, den sie bewegt liest und empört zerreißt. Ein Liebesbrief?

Mittlerweile erfährt man, dass das verschwundene Mädchen brutal ermordet, die Leiche mit abgehackten Händen und Füßen gefunden wurde. Abends gruselt Bernd die Kinder mit Geschichten vom Kannibalen. Ein Wespennest wird entdeckt, der Taskforce aus Opa, Papa, Sohn gelingt es aber nicht, es auszuheben, wie Hitchcocks Vögel dringen die Viecher durch Kamin und Ofen ins Haus. So durchzieht das ganze Idyll von Anfang an eine dunkle, bedrohliche, immer weiter anschwellende Unterströmung, ständig schwebt man in der Furcht, dass gleich etwas Schreckliches passiert. Doch es sind nur kleine, ganz normale Katastrophen, wie in jeder anderen Familie auch, zunächst jedenfalls…

Ein Hauch von Tschechow liegt über diesem schönen Film, den Regisseurin und Drehbuchautorin Sonja Kröner mit einer phantastischen Kamerafrau (Julia Deschner) und ebensolchen Schauspielern geschaffen hat. Eine Familiengeschichte, wie sie wohl jeder kennt, und ein wunderbares Zeitkolorit der 1970er Jahre. (Im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Braunschweig zu sehen im Kino Cinema C1 am 22.10., 15.00 Uhr)

Hier der Trailer.

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20. Oktober 2017

Film: „Homo sapiens“ von Nikolaus Geyrhalter

Als „Film über die Endlichkeit menschlichen Seins, über die Fragilität unserer Existenz, das Ende des industriellen Zeitalters und über das, was es ausmacht, Mensch zu sein“ hat der Österreicher Nikolaus Geyrhalter seinen Dokumentarfilm „Homo sapiens“ von 2016 angekündigt. Überall auf der Welt hat er Ruinen einer fragwürdigen menschlichen Kultur gefilmt, überwiegend menschenleere Innenräume: Theater, Kino, Hörsaal, Großraumbüro, Krankenhaus, Archiv, Kirche, Gewächshaus, aber auch verlassene Siedlungen, Bunker, Panzer, Kriegsschiffe und das bizarre Gerüst einer Achterbahn im Meer. Meist streng frontal aus der Zentralperspektive aufgenommen sind diese monumentalen, für die große Kinoleinwand geschaffenen Bilder. Vor der statischen Kamera stehen sie für etwa eine halbe Minute still – im Kino eine lange Zeit, doch langweilig ist das nie. Man könnte allerdings fragen, ob hier nicht eine Fotoserie das angemessenere Medium gewesen wäre, gäbe es da nicht die Bewegungen rauschender Blätter, ziehender Wolken, von raschelndem Papier oder einem weißen Band, das im Luftzug schlurrend Wellen und Schleifen schlägt. Und den Wind, der durch zerbrochene Fenster pfeift, das Tropfen, Plätschern und Prasseln des Regens durch die verrotteten Dächer sowie das Zwitschern, Gurren und Flügelschlagen der durch die Hallen flatternden Vögel. Am Ende einer Bildsequenz wird die Leinwand schwarz, und wie ein Abgesang auf die Zivilisation klingen die Geräusche der jeweils letzten Einstellung in diesem Nichts nach. Dass sich die Natur mit Wind, Wasser, Pflanzen, Sand und Schnee diese verfallenden Orte zurückholt, ist ein Gedanke; ein anderer: Wieviel Müll und Schrott hat doch der Homo sapiens schon auf dieser Erde hinterlassen! So ist dieser Dokumentarfilm zugleich eine dystopische Erzählung, die Szenarien hätten als Kulissen im „Blade Runner“ dienen können. Eine eigentümlich melancholische Stimmung liegt über den Aufnahmen, begründet in einem geradezu romantischen Licht, meistens das eines trüben Tages mit wolkenverhangenem Himmel oder das Zwielicht der Abenddämmerung; manchmal durchdringen sanfte Strahlen oder grelle Lichtkegel, in denen der Staub tanzt, das Halbdunkel. Stimmt das nun versöhnlich? Nun, das vielleicht nicht, aber die ruhige, stille Schönheit dieses Films über die Vergänglichkeit lässt auch die Hoffnung zu, dass die Natur den Menschen, seine Machenschaften und Maschinen überdauern wird. (Im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Braunschweig zu sehen im Kino Universum am 22.10., 19.15 Uhr)

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6. Januar 2015

Wenders/Salgado: „Das Salz der Erde“

Letzte Woche sah ich Wim Wenders Film „Das Salz der Erde“ über den Fotografen Sebastiao Salgado und sein Lebenswerk – großartig! Salgados Aufnahmen und das, was er dazu von seinen Erlebnissen an den Brennpunkten der Welt erzählt, von unsäglichen Arbeitsbedingungen, von Vertreibungen und Hungersnöten in Afrika, vom Völkermord in Ruanda, aber auch von der erhabenen Schönheit unberührter Natur (immerhin noch die Hälfte unserer Erde) lassen das eigene Dasein mit seinen Sorgen ganz klein werden – ein guter Pespektivwechsel zu Beginn des neuen Jahres! In BS läuft der Film täglich um 16.30 Uhr im Universum.
http://www.kino.de/kinofilm/das-salz-der-erde/154335

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