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10. Dezember 2019

Lesung von Oskar Ansull bei „Buch & Kunst“

„Aber wie in einem kleinen Wasserglas eine ganze Welt wunderlicher Tierchen enthalten ist, die ebensosehr von der Allmacht Gottes zeugen wie die größten Bestien: so enthält der kleinste Musenalmanach zuweilen eine Unzahl Dichterlinge, die dem stillen Forscher ebenso interessant dünken wie die größten Elefanten der Literatur.“ Ein solcher Forscher, von dem Heinrich Heine in „Die romantische Schule“ schreibt, ist der Berliner Schriftsteller Oskar Ansull. Zum Musenalmanach sind ihm Land und Stadt Celle geworden, wo er geboren und aufgewachsen ist. Dieses hat er in achtjähriger Recherche- und Schreibarbeit einer „literarischen Sichtung“ unterzogen, deren Ergebnis nun unter dem Titel „Heimat schöne Fremde“ im Wehrhahn Verlag erschienen ist. Die 1000 Seiten sind eine unerschöpfliche Fundgrube für literarische Persönlichkeiten, die in Celle gelebt, es besucht, durchreist, erwähnt oder Kontakte dorthin gepflegt haben. Schon Hans Pleschinksi, Verfasser des Romans „Der Holzvulkan“ über Herzog Anton Ulrich und sein Schloss Salzdahlum, wollte als Kind meistens in London oder Celle wohnen und stellte fest: „Wer in Celle nichts sieht, sieht auch woanders nichts.“

Für seine Lesung im Antiquariat „Buch und Kunst“ am Dienstag Abend hatte Ansull aus seinem Opus Magnum Autoren aus der „Gemengelage der Hin- und Herzöge“ von Braunschweig-Lüneburg ausgewählt. Er begann… weiter…

Thema: Alle Beiträge, Lesung, Literatur/Dichtung |

8. März 2019

Ausstellung „Neuschnee“ von Ina Ockel im Torhaus des Botanischen Gartens

Von Oldenburg nach Emden, Öl und Tusche auf Leinwand, 2005

Im graublauen „Nebelmeer“ schwimmen „Inseln“, weißlich und ockerfarben, sie scheinen sich in einem wässrigen Element zu spiegeln. Unter dem oberen Bildrand deutet eine Waagerechte einen Horizont an, über dem bräunliche und graue „Wolken“ in den „Himmel“ aufsteigen. Diagonal durchziehen Linien und ein „Weg“ aus dunklen „Steinen“ die flache „Ebene“ und erzeugen den Eindruck von Perspektive und Raumtiefe. Man neigt dazu, die einzelnen Elemente dieses mit Öl und Tusche auf Leinwand gemalten Bildes gegenständlich zu deuten, zumal, wenn man den Titel erfährt: „Von Oldenburg nach Emden“. Linien und partiell ineinander verschwimmende Farbflächen und -flecken liest man als Landschaft, obwohl es sich um ein abstraktes Gemälde handelt. Auch auf Bildern wie „Familie“, „Leithammel“ oder „Die Erfindung der Tiere“ halten sich Abstraktion und Gegenständlichkeit die Waage, bleiben in der Schwebe auf eine poetische Art, die Raum für Phantasie und Offenheit lässt.

Landschaft, Aquarell, 2014

Kleiner Schlaf (Köpfchen), Ton, gebrannt und gefärbt, 2015

Geschaffen hat sie die Künstlerin Ina Ockel. Sie zeigt nun im Torhaus des Botanischen Gartens ihre Ausstellung „Neuschnee“, einen Querschnitt durch ihr Werk der letzten 15 Jahre, und das umfasst ein breites Spektrum: Nicht nur Malerei, sondern auch Zeichnungen und Aquarelle sowie Plastiken in Ton und Holz – Köpfe, Figuren, Tiere. Und so unterschiedlich diese Arbeiten erst einmal auch sind: gemeinsam ist ihnen allen eine große Feinfühligkeit sowohl in der Auffassung des Gegenstandes als auch im Umgang mit dem Material. Die Arbeiten in Ton bewahren manchmal an der Oberfläche die Spur der modellierenden Hand, so dass sie impressionistisch bewegt erscheint wie bei „Kleiner Schlaf (Köpfchen)“ von 2015. Bei anderen Köpfen wiederum ist die Oberfläche ganz geglättet, entsprechend den auf ein gegenständliches Minimum reduzierten Formen. Auch die Holzplastiken gehen in Form und Oberfläche sehr sensibel auf das gegebene Material ein – mal rauh und zerklüftet, mal glatt und poliert wie der weibliche Torso mit erhobenen Armen (2015).

Weiblicher Torso, 2015

Bezaubernd in ihrer Leichtigkeit sind die virtuosen Zeichnungen und Aquarelle, seien es Blumen, Landschaften oder Akte, die sich aus Flecken in verschiedenen Nuancen einer Farbe zusammenfügen. Das Triptychon „Bewegung“ (Tusche und Aquarell, 2000) vereint plastische und malerische Auffassung der Figuren. Jedes Kunstwerk in dieser Ausstellung ist ein Individuum für sich, und es ist eine große Freude, sie alle zu entdecken. (Bis 27. März, Öffnungszeiten: Di-Fr 15-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr.)

Triptychon „Bewegung“ (Mittelteil), Tusche und Aquarell, 2000

 

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Lesung |

4. Dezember 2018

Lesung von Sybille Lewitscharoff im Haus der Wissenschaft

„Was Sie gleich hören werden, ist bis jetzt noch keinem Publikum zu Ohren gekommen!“ Nichts weniger als eine Weltpremiere sei die Lesung von Sybille Lewitscharoff, kündigt Professor Jan Röhnert an. Auf Einladung des Instituts für Germanistik der TU las die Bachmann-, Büchner- und Raabepreisträgerin am Montag Abend im Haus der Wissenschaft. „Das Oszillieren zwischen dem Realistischen und dem Phantastischen macht den Zauber ihrer Romane aus.“ Und genau in diesem Zwischenreich ist die Lesung angesiedelt: es geht um Vogelflüge, poetische Höhenflüge und das Phänomen der Leviation. Vögel seien mächtige Geschöpfe, auf denen ein besonderer Glanz ruhe; in ihnen senke sich der Himmel auf die Erde herab, so Lewitscharoff. In den „Vogelgesprächen“ des persischen Dichters und Mystikers Fariduddin Attar (um 1136-1220/21) lässt der weise Vogelkönig Simurgh die kleineren Vögel an seiner Erkenntnis teilhaben. Er ist nahe dem Himmel, seine Ratschläge kleben nicht am Kleinen, sondern streben in die Höhe. Der Wiedehopf mit dem Krönchen als Zeichen seiner Gottesgesandschaft ist sein Vermittler, „man glaubt sofort, dass ein veritabler Prophet in ihm steckt“. Aus den „Metamorphosen“ Ovids liest Lewitscharoff unter anderem aus der grausamen Geschichte der Schwestern Philomela und Prokne. Sie rächen sich am thrakischen König Tereus, indem sie seinen kleinen Sohn zerstückeln und dem Vater zum Mahl vorsetzen. Auf der Flucht vor seinem Zorn werden sie zu Nachtigall und Schwalbe, der Verfolger zum Wiedehopf, „dem ein Busch auf dem Scheitel emporsteht, und unmäßig entragt mit langer Spitze der Schnabel (…) es erscheint wie gewaffnet das Antlitz.“ Und schließlich der eigene Roman „Das Pfingstwunder“ von 2016, in dem die Teilnehmer eines Kongresses in Rom zu Dantes „Göttlicher Komödie“ so euphorisch werden,

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25. November 2018

Lesung: Robert Seethaler mit „Das Feld“ in der Buchhandlung Graff

Das Publikum in der Buchhandlung Graff sitzt fast im Dunkeln, als Robert Seethaler am Donnerstag Abend das Podium betritt. Die Verfilmung seines Buches „Der Trafikant“ ist just angelaufen. Nun liest er aus seinem neuen Roman „Das Feld“. Nur seine Leselampe spendet ein wenig schummriges Licht. „Das mit dem Licht war meine Idee“, sagt der Autor, „finden Sie das blöd?“ Er lacht. „Ich brauche die Dunkelheit als Schutz gegen die vielen Blicke. Blicke können etwas sehr Intimes sein, aber auch verletzen. Auf der Bühne [Seehofer war Schauspieler] habe ich mich immer gefühlt wie eine offene Wunde. Ich schämte mich, und Scham ist für mich ein großes Thema. Sie ist der Nebel, der einem das Herz zersetzen kann, da hilft auch keine Dunkelheit mehr.“

Das Feld – so nennen die Bewohner des kleinen Ortes Paulstadt ihren Friedhof. Dort sitzt Harry Stevens fast täglich auf einer Bank unter einer Birke. „Als junger Mann wollte er die Zeit vertreiben, später wollte er sie anhalten, und nun, da er alt war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zurückzugewinnen“. Harry vernimmt Stimmen, die Toten erzählen ihm ihre Geschichten, sprechen noch einmal zum Ehemann, zum Sohn, zur Geliebten. Da ist zum Beispiel Hanna Heim mit ihrer kleinen, verkrüppelte Hand. Bei der ersten Begegnung nahm ihr Mann diese Hand und meinte, sie sei gar nicht verkrüppelt, sondern einfach so wie die krummen Äste an einem Baum, die doch nur der Sonne entgegenwachsen. Und dann hat er sie das ganze Leben lang gehalten. „Es ist eine traurige Geschichte, aber auch eine große Liebesgeschichte“, so Seethaler, „und Traurigkeit ist die Schwester der Freude. Ich habe sie kennen- und schätzengelernt. Sie ist die in Bewegung geratene Depression, da tut sich wenigstens endlich was.“

Ein anderer Toter gibt seinem Sohn Ratschläge: Gib Dir keine Mühe, die richtige Frau zu finden, es gibt sie nicht. Gott gibt es auch nicht, aber falls doch, gibt es vielleicht auch die richtige Frau. Sie heult im Kino, denkt aber nie, nie, nie an ihre Figur. Alkohol kann helfen, und wenn Du, am Thresen sitzend, unter den Barhockern seltsame kleine Tiere herumkrabbeln siehst, weiter…

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31. Oktober 2018

Lesung: Sebastian Fitzek mit „Der Insasse“ im Großen Haus des Staatstheaters

„Ein Notfallhandy ist in der Bibliothek versteckt, im ausgehöhlten ‚Ulysses‘ von James Joyce. Keine Angst, das Buch ist knochentrocken, da geht schon keiner dran.“ Till Berghoff, unter falschem Namen als „V-Patient“ auf dem Weg in eine Klinik für forensische Psychiatrie, bekommt noch im Rettungswagen letzte Infos zu seiner Sicherheit. In der Klinik ist der Kindermörder Guido Tramnitz inhaftiert, der Berghoffs kleinen Sohn Max entführt hat. Max lebt vielleicht noch, doch Tramnitz weigert sich, mit der Polizei zu kooperieren. Der verzweifelte Vater, hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und dem Wunsch nach Gewissheit, setzt alles auf diese letzte Karte, um die Wahrheit aus Tramnitz herauszulocken…

Das Schicksal des „Ulysses“ dürfte auch Sebastian Fitzeks 17. Psychothriller „Der Insasse“ erspart bleiben: Die Fans fiebern dem soeben erschienenen Buch entgegen, und zu seiner Lesung am Sonntag Abend im Rahmen des 11. Braunschweiger Krimifestivals erwartet den erfolgverwöhnten Autor das ausverkaufte Große Haus des Staatstheaters. Aber was heißt da schon „Lesung“? Zwar liest Fitzek sehr ausdrucksvoll drei Kapitel und die – sehr witzig! – als Kurzthriller verfasste Danksagung seines Romans. Doch das sind nur vier Wortblöcke, um die herum der Dampfplauderer eine mitreißende Show gebaut hat. Untermalt von einer Powerpoint-Präsentation kommen Familiengeschichten zur Sprache, Fanpost („Herr Fitzek, kann ihre Frau neben Ihnen überhaupt noch einschlafen?“), fehlgeschlagene Marketingkonzepte, seine Recherchen, Überzeugungen, die Verfilmungen seiner Bücher und die Frage nach der Erfolgsformel. Die Anekdoten, Pointen, Lacher, Gags folgen Schlag auf Schlag… Da hat ihn doch glatt ein Fan per Twitter für tot erklärt, aber: „Als ich das letzte Mal meinen Puls fühlte, schlug er noch.“ Nicht jeder Mensch sei böse, doch „im Angesicht des Todes schärfen wir unsere Sinne“, darum seien Krimis so spannend; erst die Lebensumstände bringen Böses im Menschen hervor. Man wolle das Böse besser verstehen, aber die Realität werde oft durch Zufälle bestimmt. Seine drei kleinen Kinder haben Fitzek um eine Gruselgeschichte angebettelt, und er hat sich eine für sich ausgedacht – mit dem Erfolg, dass sie nur noch zu dritt in einem Bett schlafen konnten. Eine Flasche Febreze mit Lavendelduft, zum Anti-Monsterspray erklärt, …

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30. Juni 2018

Poetikdozentur für Gender in der literarischen Welt 2018 für Uljana Wolf

„Ich habe ‚falsche Freunde‘ gesucht und gesammelt, und dann saß ich da mit meiner Liste…“, erzählt Uljana Wolf. „Falsche Freunde“ nennt man Worte aus verschiedenen Sprachen, die gleich klingen oder geschrieben werden, aber eine völlig andere Bedeutung haben, z.B. „bad“ (englisch: schlecht) und das deutsche Wort „Bad“. „Falsche Freunde“ ist auch der Titel eines Gedichtbandes der Lyrikerin und Übersetzerin, deren künstlerische Phantasie sich im Pendeln zwischen zwei (Sprach)Welten, im Grenzgebiet zwischen Deutsch, Englisch und Polnisch entzündet. „Das Übertreten von Landesgrenzen gehört zum Dichten“, sagt sie, „Die Fremde bildet Gespräche aus.“.

Am Mittwoch wurde Uljana Wolf mit dem Preis der Ricarda Huch  ausgezeichnet. Er wird von der Stadt Braunschweig, der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig, dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies und dem Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte gestiftet und umfasst ein Preisgeld von 7.000 Euro sowie einen dotierten Lehrauftrag. Mit dem Preis ehren die Partner jährlich eine Dozentin oder einen Dozenten, die oder der sich durch bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Gegenwartsliteratur oder der literarischen Kritik ausgewiesen hat und in deren bzw. dessen Werk Geschlechterdimensionen von zentraler Bedeutung sind.

Uljana Wolf, geboren 1979 in Ost-Berlin, studierte Germanistik, Kulturwissenschaft und Anglistik in Berlin und Krakau. Sie lebt in Berlin und New York, wo sie am Pratt Institute und an der New York University Deutsch als Fremdsprache unterrichtet und Seminare zu Poesie und Übersetzung gibt. Wolfs Gedichte wurden in mehr als 15 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Peter-Huchel-Preis 2006, dem Dresdner Lyrikpreis 2006 und dem Erlangener Preis für Poesie als Übersetzung 2015. In Anlehnung an Baudelaire beschrieb Laudatorin Bettina Wahring, Professorin für Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte an der TU Braunschweig, Wolfs komplexes Werk als Ouroboros, die Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt: ihre vielen Themen, darunter auch Geschlechterverhältnisse, seien die Abschnitte dieses Wappentiers der Alchemie. Dichten und Übersetzen seien bei Wolf Auslesen, Überlesen, Ausstreichen, Überschreiben; ihre Lyrik könne man „mit Augen hören und mit Ohren lesen“.

Die eigentliche Sensation des Abends war die Lesung von Uljana Wolf, die dem gebannt lauschenden Publikum Gedichte aus drei verschiedenen Bänden vortrug. Aus den Worten „rest“, „rock“, „rat“, „roman“ (englisch: ruhen, Felsen, Ratte, Römer) hat sie etwa ein geistreiches Sprachspiel zur Lorelei entwickelt. „Aliens“, der dritte Teil von „Falsche Freunde“ bezieht sich auf Ellis Island bei New York. Die Insel war über 30 Jahre lang die zentrale Sammelstelle für Immigranten in die USA. Dort wurde eine Art Alphabet entwickelt: Bestimmte Buchstaben standen für bestimmte Krankheiten; sie wurden den Einwanderern, die man für krank hielt, mit Kreide auf die Schulter geschrieben wie ein Brandzeichen. Jedem dieser Buchstaben ist ein Gedicht gewidmet, in dem Wolf die Gefühle und Stimmungen der Migranten klug und feinfühlig aufscheinen lässt.

Das Verhältnis zwischen Gender, Mehrsprachigkeit und poetischem Experiment wird auch im Zentrum ihrer Vorlesungen am 29.6., 5.7. und 12.7. um 19 Uhr in der Aula, Haus der Wissenschaft, Pockelsstr. 11, stehen.

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16. Juni 2018

Lesung: Juli Zeh mit „Leere Herzen“ in der Buchhandlung Graff

„Wie kam es dazu, dass Sie Hanno-, äh, Braunschweig als Ort der Handlung Ihres Romans gewählt haben?“ Mit diesem (echten!) Versprecher in seiner ersten Frage an Juli Zeh hat Joachim Dicks die Lacher auf seiner Seite. Die Autorin ist mit ihrem Buch „Leere Herzen“ zum zweiten Mal in der Buchhandlung Graff zu Gast, diesmal zum Gespräch mit dem Literaturredakteur bei NDR Kultur. Die Idee zu dem Buch sei ihr 2016 in Braunschweig gekommen, so Zeh, einen Tag vor ihrer Lesung aus „Unterleuten“. Sie saß im Café und scrollte sich durch ihre Handy-Nachrichten; es waren viele von terroristischen Mini-Attentaten dabei. Speis das ein in unsere kapitalistische Start up- und Optimierungsgesellschaft! So lautete ihr Braunschweiger Imperativ. Die Idee der „Brücke“ wurde geboren, einer Heilpraxis, die Britta, die Protagonistin des Romans, mit ihrem Partner Babak im Jahr 2025 gründet. Hier werden potenzielle Selbstmörder ausfindig gemacht, auf die Ernsthaftigkeit ihrer Suizidabsichten hin getestet und gegen Honorar an Organisationen vermittelt, die Selbst­mord­attentäter suchen; so können sie ihren Tod in den Dienst einer höheren Sache stellen. „Figuren und Orte haben etwas Prototypisches, eine metaphorische Suggestivkraft“, so Zeh. Und Braunschweig eignete sich so gut als Handlungsort, weil es heute eine Tendenz weg von Land und Großstadt hin zu Mittelstädten gebe: „Dem 21. Jahrhundert entsprechen Mittelstädte, mittelgroß, mittelwichtig und bis ins kleinste Detail dem Pragmatismus gehorchend. Es gibt alles, davon aber nicht zuviel, vom Wenigen genug und dazwischen erschwinglichen Wohnraum, breite Straßen und eine Architektur, die einen in Ruhe lässt.“ So steht’s im zweiten Kapitel, und Zeh fügt hinzu: „Und wenn etwas schön ist, dann ist ein Kaufhaus drin – Feudalismus im Kapitalismus.“ Drei Mal war sie in hier und hat Braunschweig auf die beste Art erkundet: mit dem Fahrrad.

Zur Sprache kommt auch das Thema Verhältnis zwischen den Geschlechtern, von der Kritik kaum beachtet, obwohl im Buch lebendig und humorvoll beschrieben, wie Dicks meint. „Ich war eine Non-Feministin“, sagt Zeh, „Manche unserer gesellschaftlichen Verwerfungen wie der Rechtspopulismus haben vielleicht auch was zu tun mit der Zersetzung der Geschlechterrollen. Oft werden deswegen Stellvertreterkriege wie die Me too-Debatte geführt; sie lenken aber ab von der Diskussion, die wir miteinander führen müssen.“ Erst mit zwei kleinen Kindern erfahre sie, wie schwer Kinderbetreuung mit Arbeit zu vereinbaren ist, wie wenig Anerkennung man als Mutter bekommt. „Unser Idealbild vom gelungenen Leben kennzeichnen nicht Kinderwagen und Spielplatz, sondern noch immer das dicke Auto, der Laptop und der Aktenkoffer.“

Die Form der Dystopie wählt Zeh immer wieder für ihre Romane, weil man damit gegenwärtige Probleme so gut veranschaulichen kann: „Unsere Gegenwart ist kleinteilig, die Dystopie spannt dagegen einen großen Bogen, übertreibt, ist aber keine Prognose.“ Heute stehen Funktionieren und Effizienz ganz oben im Ranking. Brittas Geschäftsidee passt dazu, sie geht rational mit irrationalen Phänomenen um, das ist das „leere Herz“. „Wir sehnen uns alle nach einem vollen Herzen, aber wir haben Angst vor dem Abenteuer.“

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25. Mai 2018

Guido Knopp mit „Meine Geschichte“ in der Buchhandlung Graff

Was hat man „Mister History“ nicht alles vorgeworfen: Ungenauigkeit, Stümperei, Populismus, Doku-, Histo-, ja Hitlertainment und sogar „Geschichtspornografie“. Die Historiker der akademischen Zunft rümpfen die Nase über Guido Knopp, den Oberlehrer für Geschichte im Deutschen Fernsehen. In der Tat: Differenzierung ist seine Sache nicht, er ist ein großer Vereinfacher, der mehr Antworten gibt als er Fragen stellt. Welcher ernsthafte Historiker würde sich je anmaßen, vollmundig „Die Wahrheit über Auschwitz“ zu verkünden? Knopp hat es getan. Viel Unseriöses ist ihm, vor allem seinen Sendungen zum Nationalsozialismus, anzukreiden: die Fixierung auf Hitler, die willkürliche Auswahl und Zusammenstellung historischer Filmszenen, die pathetische Sprache der Kommentare, die emotional aufgeladene Musik, die Dämonisierung der Nazigrößen, die nachträgliche Kolorierung historischer Fotos und die von ihm eingeführten „szenischen Zitate“, von Schauspielern nachgestellte historische Szenen. Dies alles zielt mehr darauf ab, die Zuschauer in den Bann einer spannenden Story zu ziehen, als auf Aufklärung und kritische Distanz. Doch anzuerkennen ist auch: Knopp erreichte mit seinen Produktionen zur besten Sendezeit ein Millionenpublikum, viele seiner Bücher wurden Bestseller. Die „tageszeitung“ konstatierte anlässlich seines 70. Geburtstags die Schlichtheit seiner Botschaften: Nazis, Antisemi­tismus, Holocaust, eine Mauer zwischen Staaten bauen – alles schlecht. „Aber kann es – wenn man sich mal umschaut – eigentlich genug Leute geben, die diese simplen Botschaften den Menschen in die Hirne hämmern?“ (taz vom 29. 1. 2018) weiter…

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9. Mai 2018

Buchvorstellung „Narrenbäume“ von Wilhelm W. Reinke bei Graff

„Wer einen Baum pflanzt, wird den Himmel gewinnen“ soll Konfuzius einst gesagt haben. Wie wahr dieser Satz ist, zeigt das Buch „Narrenbäume“ von Wilhelm W. Reinke, das dieser am Donnerstag Abend in der Buchhandlung Graff vorstellte: 75 Bäume samt Himmel darüber hat der Braunschweiger Fotograf in fünf Jahren in aller Welt gewonnen: beeindruckende Schwarzweißaufnahmen von knorzigen deutschen Eichen und 2500 Jahre alten sardischen Oliven, italienischen Zypressen, spanischen Pinien, balinesischen Mangroven, kalifornischen Riesenmammutbäumen und madegassischen Baobabs, von denen die Legende besagt, Gott habe sie verkehrt herum in die Erde gesteckt. Ob kahl, belaubt oder in voller Blütenpracht – sie alle sind gewaltige, ja Ehrfurcht gebietende Lebewesen. „Narrenbäume“ hat Reinke sie genannt, nach einem Bild aus dem 15. Jahrhundert, wo die Narren von den Bäumen geschüttelt werden. Der Narr – sowohl der Törichte als auch der Hofnarr, der unbequeme Wahrheiten ausspricht – das ist natürlich der Mensch, der seit Jahrhunderten „den Ast absägt, auf dem er sitzt, um daraus einen Stuhl anzufertigen“. Und so hat Reinke ihn in seine Bilder einbezogen in Gestalt von Akten, die mit den Bäumen agieren. Das ist nicht immer ganz gelungen, vor allem dort nicht, wo sich schöne, junge Frauen in etwas gestellten, zu erotisch anmutenden Posen in die Natur drapieren. Anrührend ist es aber immer da, wo die Menschen in kreatürlicher Nacktheit verletzlich und Schutz suchend wirken, sich an einen Ast  anschmiegen oder in einen hohlen Stamm hineinkauern. Und wenn sie in der umgebenden Natur klein und gering erscheinen wie in einem barocken Landschaftsgemälde des Holländers Jacob van Ruisdael, etwa auf dem Titelbild des Buches: Dort stehen Mann und Frau wie Adam und Eva winzig unter einem riesigen, uralten Drachenbaum auf Teneriffa, geborgen in einer kosmischen Natur, die wir seit langem gnadenlos zerstören.

Reinke sprach vor allem vom „Making of“ des Buches. Seine Fotoausrüstung bestand aus Polaroid, Handy, Kleinbild- und Mittelformatkamera, letztere – für die Hauptaufnahmen – erzeugt Bilder von 28 Millionen Pixeln. Fotografiert wurde – nach langer, intensiver Vorarbeit – mit dem Studioblitzgerät stets am frühen Morgen, denn er wollte Lichtflecken im Bild unbedingt vermeiden. Das hieß: in der Dämmerung blieben für die Aufnahme nur die fünf bis zehn Minuten kurz vor  Sonnenaufgang. Das Scharfstellen im Dunkeln war dabei die größte Herausforderung. Seinen Vortrag würzte der Künstler mit zahlreichen Anekdoten von den Störfaktoren. Abgesehen von Kälte, Regen und Mücken waren das etwa andere Frühaufsteher, die verwundert fragten, ob hier ein Pornofilm gedreht wird, oder, auf Bali, Affen, die von den höchsten Wipfeln fröhlich ihren Kot fallen ließen. Bereits ausgewählte Bäume waren inzwischen gefällt oder plötzlich von Wasser umgeben. Modelle erkrankten oder plumpsten vom Baum herab mitten in die Brennnesseln. Zwischendurch rezitierte Reinke Baum-Gedichte von Goethe, Hebbel, von Arnim, Rilke, Fontane und Brecht. Das ergab eine Spanne vom Trivialsten bis hinauf zum Kunstschönen – sehr unterhaltsam. In diesem Jahr sind die „Narrenbäume“ in Leipzig und Berlin zu sehen. Auf die Ausstellung 2019 in der Prüsse-Stifung und im Schulgarten am Dowesee in Braunschweig können wir uns freuen!

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