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20. April 2025

Nachruf auf den Künstler Hans Wesker

Am 3. April wurde der Künstler Hans Wesker aus einem aktiven, erfüllten Leben jäh und unvermittelt herausgerissen – ein großer Verlust, nicht nur für seine Familie und seinen Freundeskreis, sondern auch für die Stadt Braunschweig und die Kunstszene in Deutschland.

Hans Wesker studierte Grafik-Design und Visuelle Kommunikation in Bielefeld sowie Malerei bei Roland Dörffler an der HBK Braunschweig, war dann im Schuldienst tätig und schließlich seit 1989 freiberuflicher Künstler. „Ich bin immer unzufrieden, immer auf der Suche“, sagte er von sich, „es gibt bei mir eine Bewegung vom Bild in den (Farb)Raum hinein, den ich mittels Digitalisierung zum Klangraum erweitert habe.“ Als Maler hat ihn anfangs die Verortung der Figur im Raum beschäftigt. So kam er von sehr hohen, schmalen Bildern irgendwann dahin, seine Bilder in den Raum hineinzustellen. Bereits diese Bilder waren vielschichtige, durchsichtige Klänge von außerordentlicher Schönheit, in denen verschiedene Farben fein miteinander verwoben waren. Ein Moment von Zeitlichkeit und Musikalität wohnte ihnen inne, der Schritt von den Farb- zu den Raumklängen erscheint daher nur konsequent. 1996 schuf Wesker dann die erste von zahlreichen Klanginstallation, die er am liebsten in Gebäuden mit Geschichte, wie etwa Kirchen, installierte.

Unvergesslich seine Arbeit „Mumbai… only sounds?“ 2015 im Allgemeinen Konsumverein, für die er Lärm und Bildersturm der indischen Megacity in einen meditativen, an- und abschwellenden Fluss aus Bildern und Klängen verwandelte: Man war von den Klängen aus acht Kanälen im Raum umgeben, während in einem großen Video Überblendungen von Farbskizzen und Fotos der Stadt sanft vorüberglitten. In Braunschweig war Wesker zuletzt präsent

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6. April 2025

Ausstellung „Prinzessinnen und Heilige“ von Justyna Koeke im Allgemeinen Konsumverein

 

Draußen vor dem Konsumverein stehen die Mandelbäume in voller, zartrosa Blütenpracht. Drinnen geht es bunt, üppig und lustvoll zu: Skulpturale Kostüme aus Tüll, mit aufgenähten Schläuchen, Schnüren und Blumen in Gritzegrün, Zitronengelb, Pink, Lila, Knallrot und Türkisblau hängen von der Decke herab. Über ihnen schweben gewaltige Kopfbedeckungen. Durch ein System von miteinander verbundenen Schnüren kann das gesamte Ensemble in sanftes Schaukeln versetzt werden.

Geschaffen wurden die Kostüme von der Künstlerin Justyna Koeke. Sie wurde 1976 in Krakau in eine Künstlerfamilie hineingeboren und studierte Bildhauerei in Krakau, Warschau, Nürnberg und Stuttgart. An der Kunstakademie Stuttgart lehrt sie seit 2006 als Dozentin in den Fachbereichen Textile Medien und Performance. Vor etlichen Jahren musste sie ihr Elternhaus in Krakau ausräumen und entdeckte dabei einen Stapel Kinderzeichnungen von sich selbst und ihren zwei Schwestern. Die kleinen Mädchen hatten darauf hingebungsvoll ihre weiblichen Ideale zu Papier gebracht, Prinzessinnen und Heilige, in phantasievollen Kleidern, Schleiern und Hauben. Nach diesen Zeichnungen hat Koeke die Kostümskulpturen angefertigt und zwar möglichst detailgenau. Ein wesentliches Moment ihrer Arbeit „Prinzessinnen und Heilige“ ist der performative Aspekt: Mit den Skulptur gewordenen Kindheitsträumen hat Koeke „Modenschauen“ veranstaltet, bei denen die die Kostüme von alten Damen vorgeführt wurden, die zum Teil schon im Seniorenheim lebten. Kindliches und Alter wurden so kreativ und humorvoll aufeinander bezogen. Die Seniorinnen als Models bürsteten die Konventionen gegen den Strich und erlebten in ihrer ungewohnten Rolle eine ganz neue Sichtbarkeit.

Justyna Koeke zu ihrer Arbeit: „Zur Gestaltung meiner Performances benutze ich als Materialien vorwiegend Textilien und den menschlichen Körper. Meine Formensprache stützt sich auf die Bildwelt des Karnevalismus und der Groteske. Ich entwickle tragbare Skulpturen, dabei benutze ich Verkleidung als Mittel der künstlerischen Kommunikation mit der Gesellschaft, den Körper als laufende Galerie – als Träger des künstlerischen Inhaltes.“ Die Künstlerin beschäftigt sich emanzipatorisch mit den Rollen der Frau und dem weiblichen Körper, sie versteht sich auch als Aktivistin. Aktuell engagiert sie sich gegen die Ausbeutung durch Prostitution und für einen positiven Umgang mit Sexualität. Bei der Eröffnung ihrer Ausstellung führte sie kraftvoll und energiegeladen ihre „Blumengymnastik“ vor: Sie balancierte, einen Magnolienzweig quer im Mund, auf einem Seil, pflückte Perlhyazinthen mit den Zehen und stemmte Blumenkübel als Hanteln, dass die Blüten und Blätter nur so durch den Raum flogen. (Bis 1. Mai, Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, Öffnungszeiten: Donnerstag 18.00 bis 22.00 Uhr, Samstag und Sonntag von 14.00 bis 18.00 Uhr)

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

18. Februar 2024

Ausstellungen von Marcel van Eeden in Goslar und Braunschweig

Ein ziemlich wirrer Geist mit kruden Ideen war er, dieser Julius Langbehn. Der Kunsthistoriker gab 1890 anonym – „von einem Deutschen“ – das Buch „Rembrandt als Erzieher“ heraus, in dem er den Niedergang der deutschen Kultur durch Intellektualismus, Wissenschaft und Materialismus beklagte und den „Niederdeutschen“ Rembrandt als den idealen Erneuerer und Volkserzieher hinstellte, an dem das deutsche Wesen genesen könne. Darüberhinaus träumte Langbehn von einem neuen Führer für das deutsche Volk, einem „heimlichen Kaiser“. Und den bekam Deutschland 1933 dann ja auch. Das kulturpessimistische, nationalistische und antisemitische Werk des „Rembrandtdeutschen“ traf den Nerv der Zeit: Innerhalb von nur zwei Jahren erlebte es 39, bis 1933 80 Neuauflagen; seine Wirkungsgeschichte reicht über die Zeit des Nationalsozialismus bis in die 1960er Jahre.

Mit seiner Werkserie „Der heimliche Kaiser“ hat sich nun der Künstler Marcel van Eeden Langbehns angenommen und künstlerische Forschung zu dessen Buch betrieben. Der Titel der Serie ist zugleich der Titel zweier Ausstellungen, die das Mönchehaus Museum in Goslar und das Museum für Photographie in Braunschweig in einer Kooperation für und mit van Eeden ausgerichtet haben.

Marcel van Eeden (geb. 1965 in Den Haag, lebt und arbeitet in Den Haag, Karlsruhe und Zürich) ist bekannt geworden mit umfangreichen Zeichnungsserien nach Vorlagen wie Fotos, Werbematerial, Postkarten, Atlanten, Zeitungsausschnitten usw. Dabei folgt er dem strengen Konzept, dass alle Motive aus der Zeit vor seinem Geburtsjahr 1965 stammen müssen. „Ich mache Reportagen der Vergangenheit“, sagt der Künstler von sich. Ihn fasziniere der Gedanke, sein Geburtsjahr sei eine Symmetrieachse, an der sich Vergangenheit sowie Gegenwart/Zukunft ineinander spiegeln. So entsteht ein Zeitraum der kulturellen Erinnerung, hervorgegangen aus der subjektiven Perspektive des Künstlers. „Alles, was ich mache, hat auch mit mir selbst zu tun, enthält auch oft Biographisches“, so van Eeden, der eine Professur an der Kunstakademie Karlsruhe innehat und auch deren Rektor ist. Für sein Werk wurde er 2023 mit dem Hans Thoma-Preis des Landes Baden-Württemberg geehrt. Bei seinen Recherchen zum Maler Thoma stieß er auch auf Langbehn, der mit Thoma befreundet war, beide gehörten denselben völkisch und antisemitisch gesonnenen Kreisen an.

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13. Dezember 2023

Ausstellung „Beyond the veil“ in der HBK Braunschweig

„Es gibt nur zwei Themen in der Kunst: die Liebe und den Tod, alles andere ist Mumpitz!“ wetterte weiland Marcel Reich-Ranicki, in einer Sendung des Literarischen Quartetts. Dieses Statement ist natürlich selber Mumpitz, denn es gibt noch jede Menge anderer Themen, die großartige Kunst hervorgebracht haben. Aber: Der Tod, dieser geheimnisvolle Abschied vom Leben, ist und bleibt doch immer wieder ein großes Faszinosum. Dessen haben sich nun mehrere junge Künstlerinnen und Künstler aus den Studiengängen Freie Kunst, Kunstpädagogik, Transformation Design, Malerei und Visuelle Kommunikation an der HBK Braunschweig angenommen. Sie zeigen ihre Werke in einer Ausstellung mit dem Titel „Beyond the veil“, jenseits des Schleiers. Der Schleier ist ein altes Symbol für das, was das Leben vom Jenseits trennt, für das Geheimnis, das sich im Augenblick des Todes offenbart. Für Barbara Haßmann, die die Ausstellung im Rahmen ihrer Masterarbeit im Studiengang Transformation Design kuratiert hat, steht der Schleier jedoch für das Tabu, mit dem Sterben, Tod und Trauer in unserer Gesellschaft noch immer belegt sind.

Man könnte nun meinen, eine künstlerische Beschäftigung mit dem Thema Tod sei eine ernste, betrübliche Angelegenheit. Doch weit gefehlt, es bieten sich vielfältige farbige und sehr ansprechende Arbeiten. Zwar zeigt Silke Rokitta, die vor ihrem Kunststudium eine Ausbildung zur Friedhofsgärtnerin absolvierte, drei große Schwarzweiß-Fotografien von alten Särgen in halb verfallenen Gemäuern. Doch gleich davor liegt eine Skulptur aus pinkfarbenem Glitzerstoff von Lerik Romaschenko auf dem Boden. Auch eine buntschillernde Echse aus Stoff hat Romaschenko geschaffen, Titel „Eat me alive, I want to die to survive“. Sterben, um zu überleben, Tod als Verwandlung…

Farbenprächtig sind auch die C-Prints von Anna Miethe, die als gelernte tiermedizinische Fachangestellte Fotos mit toten Tieren und entnommenen Organen inszeniert. Ganz und gar diesseitig wirkt ein Video, das die Künstlerin Djubiray zeigt, wie sie mit einer gritzegrünen und einer knallroten Bürste energisch den Grabstein ihres Vaters schrubbt – auch eine Form des Totengedenkens. Marieke Burghardt hat eine Ensemble bunter Wachsplastiken ausgelegt, Abformungen von Metallimplantaten, die nach einer Kremation in der Asche zurückbleiben können.

Marie Therese Bode hat ein Buch, einen Trauer-Ratgeber, herausgegeben, darin heißt es: „Trauer ist keine Krankheit, die geheilt werden muss. Schmerz ist weder ein Problem noch etwas Schlimmes – es ist eine Form der Liebe.“ Gabriel Anastasescus Arbeiten sind die einzigen, die einen Bezug zur christlichen Religion aufweisen: In eine asiatisch anmutende Klangskulptur hat er ein Schlagbrett integriert, das in orthodoxen Kirchen Verwendung findet; eine Skulptur von ihm bildet die rumänische orthodoxe Kirche in Tismana nach.

Das alles ist interessant, manches sogar vergnüglich anzuschauen. Wirklich bewegend sind jedoch die Exponate von Gila Epshtein und Romina Herrera. Letztere widmet sich in ihren sensiblen Arbeiten der Vergänglichkeit und Fragilität des Lebens; ein sehr anrührendes Foto zeigt eine schlafende junge Frau, die ganz und gar in einen Gips-Kokon eingehüllt ist, nur das zarte Gesicht schaut halb heraus. Epshtein, die in diesem Jahr den Verlust ihres Vaters erleben musste, hat ein wunderbares Gemälde ganz in Rottönen geschaffen, einen „Flammenbaum“, in dem das Thema der Transformation durch den Tod wie in einem Gleichnis anklingt. (Bis 15.12., Hochschulgalerie der HBK, Johannes Selenka-Platz 1, Öffnungszeiten: Mo – Fr, 13 – 18 Uhr)

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

2. Dezember 2023

Ausstellung „Raumverschiebungen“ von Penelope Wehrli im Allgemeinen Konsumverein

Dass sie sich bewegen, bemerkt man zunächst gar nicht. Erst wenn man sich längere Zeit im Ausstellungsraum des „Allgemeinen Konsumvereins“ aufhält, am besten still auf der Bank sitzt und die Installation auf sich wirken lässt, sieht man, dass die Vorhänge, die sich dort an Schienen längs und quer von einer Wand zur anderen spannen, ganz allmählich vorrücken und sich dabei entfalten. Es sind lange, zarte, durchsichtige Schleier in Hell- und Dunkelgrau, die teilweise parallel zueinander hängen und sich sachte voreinanderschieben und überschneiden. Worte sind auf ihnen zu lesen, je weiter die Stoffe sich ausbreiten, desto mehr von ihnen treten in schnörkelloser, klarer Druckschrift hervor: Intarsie, Eizelle, improvisieren, Chaos, Derwisch, erratisch, gestern… Die Substantive, Adjektive und Verben scheinen, wie die Satzfetzen und Phrasen aus dem Monolog der Molly Bloom im letzten Kapitel von James Joyces „Ulysses“, einem Bewussteinsstrom zu entstammen. Wirken sie, auf die Schleier gedruckt, eher statisch und vereinzelt, tauchen sie, von einer Männerstimme leise geraunt, wieder in diesen Strom ein und nehmen den Betrachter und Zuhörer in ihrem Fließen mit. Gleichzeitig schweben die Gesänge einer weiblichen Stimme über allem und hüllen Geist und Sinne sanft ein. Dazu tragen auch die feinen Schatten bei, die die Vorhänge mit ihren Faltenwurf und den Buchstaben auf die Wand zaubern. Die aus der Schweiz stammende Künstlerin Penelope Wehrli hat die Worte im Laufe der Zeit gesammelt. Der gesamte Wortschatz rotiert zudem, in Kolumnen auf eine Papierrolle gedruckt, in einer Art Klima-Messgerät, das seinen Fühler nach den Worten ausstreckt.

Realisiert hat Wehrli die Installation „Raumverschiebungen“ zusammen mit Hannes Strobl (Raum-Klang Komposition „Doorpusher“), Joa Glasstetter (Apparate) und einer „Special Vocal Appearance“ von Gabriele Hänel. Die Arbeit ist der zweite Teil der Trilogie „Anatomorphosen“, in der Wehrli die Künste mehrerer Beteiligten zu einer Synthese verbindet. Sie arbeitet auf der Schnittfläche von Raum, Performance, Theater und Medienkunst. Nach Performance- und Filmexperimenten in den 1980er Jahren in New York folgten Raum- und Kostümentwürfe für das Theater, u.a. für das Choreografische Theater von Johann Kresnik 1990-1998. Wehrli arbeitete auch mit Jossie Wieler, Dimiter Gottscheff und Reinhild Hoffmann zusammen. Seither entwickelt sie Serien freier gattungsübergreifender Arbeiten. Ihre medialen Räume bezeichnet sie als Raumpartituren. In den „Anatomorphosen“ sucht sie nach einer erweiterten Wahrnehmung, die sich auf das Publikum überträgt.

Das Faszinierende an dieser Raum-Klang-Performance ist die Schönheit, die Sensiblilität und die Langsamkeit des Ganzen. Licht und Schatten, Bewegungen und Geräusche nehmen einen mit in jenen träumerischen Schwebezustand zwischen Schlafen und Wachen, in dem die Grenzen von Raum und Zeit verschwimmen und man ganz entspannt ist, empfänglich für Ideen und Intuitionen, die aus dem Unbewussten aufsteigen – eine wunderbare Oase mitten im geschäftigen Gewühl der City!

(Bis 17. 12. 2023, Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, 38100 Braunschweig, Öffnungszeiten: Do 18-22 Uhr, Sa und So 14-18 Uhr.)

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24. September 2023

Austellung „Hoffnungszeichen“ von Alwine Pompe in der Jakobkememate

Der lange und breite Fluss des Christentums, 2021 (Ausschnitt)

Pralinen, Ostereier, Nikoläuse, Schokoherzen – hmmm! Da kann es schon mal passieren, dass von einer ganzen Schachtel binnen kurzem nur noch ein Häufchen bunter Alufolien übrig bleibt. Wer hätte nicht schon mal eins wieder glatt gestrichen und gedacht „Eigentlich viel zu schade zum Wegwerfen – was könnte man mal daraus machen?“. Und wirklich hat eine Künstlerin die bunten Papierchen zu ihrem Material erkoren: Alwine Pompe aus dem Landkreis Lüneburg. Sie zeigt nun ihre glänzende Kunst in der Braunschweiger Jakobkemenate, wo sie an den rauen Steinwänden strahlt und leuchtet. Pompe verarbeitet im Verein mit Buntstiften die Alufolien zu reliefierten Collagen auf Holzgrund. Mit dieser originellen Methode hat die Künstlerin vor gut 30 Jahren eine Not zur Tugend gemacht. Die Grafik- und Textildesignerin entwickelte nach Abschluss ihres Studiums an der Fachhochschule für Gestaltung Hamburg eine Kolophonium-Allergie. Kolophonium aber ist in Papier und Pulverfarben enthalten, damals, noch vor der Digitalisierung ihres Berufs, das täglich Brot der Grafikerin – eine Katastrophe! Als Ausweg aus dieser Misere und Weg in die Zukunft fand Pompe schließlich: Bleistift, Holz, Gips und die Pralinenpapiere, von denen sie schon einige gesammelt hatte. In den 1990er Jahren gestaltete sie ungegenständliche Bilder, in denen sie die unterschiedlichen Formen und Farben der Alufolien zu einem Gefüge von Farbflächen arrangierte und mit Hilfe von Gips zu golden und silbrig glänzenden Reliefs formte. Diese Arbeiten sind im Erdgeschoss der Kemenate zu sehen.

Golddusche, 1998

Getrennt davon, im Obergeschoss, zeigt Pompe die Werke, die ab 2015, seit ihrer Hinwendung zum Christentum entstanden sind. Ihnen verdankt die Ausstellung den Titel „Die Hoffnungszeichen – Symbolographie als Wegweiser“. In ihnen bedient sich die Künstlerin christlicher Symbole, zu denen sie die Pralinenpapiere in großer Zahl verarbeitet. So entsteht eine Art dekoratives Muster aus einem unendlichen Rapport von kleinsten Kreuzen, Fischen, Dreiecken und Spiralen. Das ist handwerklich präzise gearbeitet und wirkt durchaus zauberhaft und kostbar. Pompe möchte damit die christlichen Symbole in den Alltag tragen und, wie sie sagt „wieder die Geschichte von Gott und Jesus erzählen“, weil sie tief beeindruckt sei von den Fortschritten und großartigen Leistungen in Technik, Wissenschaft und den Künsten, die das Christentum der Menschheit gebracht habe. Repräsentativ dafür sind in das Bild „Immerwährend“ die Namen Leonardo da Vinci, Goethe und van Gogh sowie Autos und Raketen eingewoben. (Von Hexenverbrennungen, Glaubenskriegen und Missionierung/Kolonialisierung schweigt Pompe hingegen.)

Immerwährend, 2022

Die Künstlerin versteht ihre „ Symbolographie“ als einen Weckruf für solche „Schläfer“, wie sie es selbst mal gewesen ist, „Schläfer“, die durch ihre Kunst zum Christentum erwachen könnten. Diese Haltung muss man nicht teilen, aber mal abgesehen davon: Kann das funktionieren? Nach Meinung der Rezensentin nicht, da die Symbole in diesen All over-Mustern zu Ornamenten sozusagen säkularisiert und reduziert werden, also ihre inhaltliche Bedeutung weitgehend einbüßen und ganz abstrakte Zeichen bleiben. Dazu die Künstlerin: „Ich schaffe Sinnbilder, keine Andachtsbilder, sozusagen eine Gebrauchsanweisung für das Christentum.“ Ach, wenn’s doch nur so schön einfach wäre…

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9. September 2023

Ausstellung von solerlüthi im Allgemeinen Konsumverein

Es rattert und knattert, rappelt und klappert, schnurrt und surrt und sirrt. Ein altes Röhrenradio, ein Telefon mit Wählscheibe, Schallplatten, eine Brotschneidemaschine, Arm und Hand einer Schaufensterpuppe, ein Sieb, Wecker und Armbanduhren, Brillen, Kleiderbügel, Spielzeug, Barbie und Ken, künstliche Blumen, viele farbige Plastikteile und jede Menge bunter Glühbirnchen… Einiges davon rotiert um die eigene Achse, rollt vor und zurück, schwingt hin und her und auf und nieder.

„Mit dem Gestern hat das Morgen eine andere Bedeutung“ heißt die Ausstellung des Schweizer Künstlerduos Martin Solèr und Roswitha Lüthi, das unter dem Namen solerlüthi firmiert und in Luzern lebt. Er – gelernter Maschinenmechaniker, Landschaftsgärtner und Erwachsenenbildner – ist der Schöpfer der kinetischen Skulpturen, sie – Fotografin, Dokumentarin und Organisatorin – hält mit ihrer Kamera den Entstehungsprozess, fertige Objekte und die Projekte dokumentarisch fest. Die beiden sammeln Weggeworfenes, Aussortiertes und Gefundenes, das mit großer handwerklicher und technischer Sorgfalt, Spielfreude und Liebe zum Detail zur blinkenden und tönenden Maschine wird – zur großen Freude der Betrachter, die sich an dem Schauspiel nicht satt sehen können und immer wieder etwas Neues entdecken. In allen Größen, vom Wandobjekt und von der kleineren Skulptur, die auf einem Tisch präsentiert wird, bis zu einem 2 Meter hohen, mit allerlei witzigen und schrägen Dingen bestückten Rahmen, füllen diese fragilen Maschinen nun den Ausstellungsraum des „Allgemeinen Konsumvereins“.

Natürlich kommen einem da auch die bewegten Skulpturen des älteren Landmannes Jean Tinguely in den Sinn. Bei solerlüthi jedoch geht es um die Verwandlung von Realien, um das Wiederverwerten von scheinbar Nutzlosem, das im Kunstwerk einen neues Leben und neue Bedeutung geschenkt bekommt. Jedes noch so kleine Teil spielt seine ganz eigene Rolle im Gesamtwerk, das von einer spezifischen Trash-Ästhetik geprägt ist. Vergangenes wird zu Bleibendem in neuer Gestalt, aus einem Haufen Gerümpel entsteht eine neue Ordnung. Doch ist diese auch der Vergänglichkeit unterworfen, denn solerlüthi überarbeiten ihre Werke immer wieder, sie bleiben works in progress und – in einem gewissen Sinne auch Vanitas-Stillleben. Allerdings solche, die großen Spaß machen. (Bis 28.9., Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, 38100 Braunschweig, Öffnungzeiten: Do 18 – 22 Uhr, Sa und So 14 – 18 Uhr)

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22. Juli 2023

Künstler in der Schule – ein Projekt von Angela Gelhaar

Welch ein Leben hier am Fluss, der sich knallblau durch sattes Grün schlängelt! Palmen und riesige Pilze wachsen an seinem Ufer neben Häusern und Hütten, auf dem Wasser schippern etliche Boote, und es wimmelt von Tieren: bunte Vögel, Krokodile, Schlangen, Schnecken, gewaltige Schmetterlinge, ja sogar ein Pinguin hat sich in dieses Idyll des Südens verirrt. Eine Landschaft am Amazonas in Brasilien, wie sie sich deutsche Kinder vorstellen. Geschaffen wurde sie aus farbig bemalten Tonfiguren von Jungen und Mädchen des 5. Jahrgangs des CJD Braunschweig, angeleitet vom Künstler Markus Wollenschläger. Dieser beteiligt sich am Projekt „Künstler in der Schule“ (KidS), das die aus Brasilien stammende Künstlerin und Kunsterzieherin Angela Gelhaar 2008 im CJD initiiert hat, insbesondere am Projekt „KidS goes Amazonas“. Die Kunstwerke, die Kinder von der Kita bis zur Oberstufe in diesem Projekt geschaffen haben, waren im Mai in der Remise des Kunstvereins zu bewundern, darunter auch farbige Zeichnungen und Gipsmasken, mit exotischen Blumen oder animalischen Zubehör phantasievoll dekoriert.

Die Idee hinter KidS: Die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen sollen Künstler und Künstlerinnen kennen lernen, ihre Lebens-, Denk- und Arbeitsweise und das, was sie antreibt. Inspiriert durch diese Auseinandersetzung stellen die Kinder im Anschluss eigene Arbeiten her, die öffentlich präsentiert werden. Parallel dazu gelang es Angela Gelhaar, einen Austausch mit der Schule Escola Igapó-Açu im Amazonasgebiet aufzubauen. Zeitgleich wird dort und in Braunschweig zu denselben Themen geforscht und gearbeitet. Durch Fotos, Videos und Videokonferenzen erfahren die Kinder hier wie dort etwas von den ganz anderen Lebensbedingungen der anderen Seite, erweitern also ihren Horizont. Sie lernen, dass das, was für sie selbstverständlich ist, an anderen Orten der Welt nicht unbedingt gilt oder verfügbar ist. Das regt an zum Nachdenken über Werte, wobei auch Menschenrechtsfragen und Umweltaspekte wie der Klimawandel eingeschlossen sind. „Man kann so viel bewegen, wenn man Kinder durch Kunst für etwas interessiert und begeistert!“ resümiert Angela Gelhaar.

Auch die brasilianische Künstlerin Rosana Paulino, deren Werke im Frühjahr im Kunstverein ausgestellt waren, hat mit Kindern der Internationalen Schule des CJD gearbeitet, wobei ihre „Wand der Erinnerung“ als Anregung diente. Diese besteht aus Fotos von Familienangehörigen, nach traditioneller Weise in Stoffbeutel eingenäht, wie sie in Brasilien für Amulette benutzt und in Wohnungen als Schutz aufgehängt werden. Ausgehend davon entwickelten die Kinder die Idee, solche Taschen mit Fotos ihrer schulischen „Familie“ herzustellen: den Klassenlehrern als „Eltern“, weiteren Lehrern als „Onkel“ und „Tanten“ sowie ihren Freunden als „Geschwistern“. Diese Beutel werden in der Schule aufbewahrt und sollen dort auch an einer Wand präsentiert werden. Verlässt ein Kind die Schule nach dem Abitur oder auch schon vorher, bekommt es sein Täschchen ausgehändigt zur Erinnerung. In jedem Beutel befindet sich auch eine Kaffeebohne, die Rosana Paulino jedem Kind geschenkt hat – als persönliches Andenken und ganz besondere Duftnote.

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22. März 2023

Ausstellung „Träum was Schönes!“ von Serena Ferrario im Allgemeinen Konsumverein

„Träum was Schönes!“ Mit diesem liebevollen Wunsch werden vor allem Kinder abends in den Schlaf verabschiedet. Und wenn er sich realisiert, kann das Kind abtauchen in jene verrückte Mixtur aus Versatzstücken der Wirklichkeit, der Erinnerung, von Ängsten, Wünschen und Hoffnungen, in der die unwahrscheinlichsten Dinge möglich sind. Genau wie in der Kunst.

„Träum was Schönes!“ hat Serena Ferrario ihre Ausstellung im Allgemeinen Konsumverein genannt. Ihr Studium an der HBK Braunschweig hat die Künstlerin als Meisterschülerin von Wolfgang Ellenrieder abgeschlossen. Geboren 1986 als Tochter eines Sizilianer und einer Rumänin, ist Ferrario zwischen zwei Kulturen aufgewachsen und begreift ihre Kunst als dritte, selbsterfundene, eigene Kultur. Sie lebt und arbeitet in Deutschland (München), Italien und Rumänien und wurde bereits vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Horst-Janssen-Grafikpreis 2021, verbunden mit einer Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle.

Das Fundament von Ferrarios Kunst ist die Zeichnung, die als Cut-out auch in den Raum, in die Installation hinauswächst und um das Medium Film ergänzt wird. Diese Kunst ist eine Traumwelt, in der sich Biografisches, Kindheitserinnerungen und Elemente des kollektiven Gedächtnisses miteinander verweben. Dabei kommt nicht unbedingt „was Schönes“ heraus, sondern auch schweres Gepäck, das es zu verdrängen oder zu verarbeiten gilt. Ungeheuer bringt der Schlaf der Vernunft hier zwar nicht hervor, aber viele wurmartige Gespenster der Vergangenheit, hungrige Geister, wuseln durch Ferrarios farblose, grauweiße Welt.

Drei Betten, darunter ein Gitterbettchen für ein Kleinkind, stehen in der Ausstellung für Schlaf und Traum. Die großen Betten jedoch sind Klapp-Liegen, sie wecken Assoziationen an provisorische Unterkünfte, etwa für Flüchtlinge, lösen Gefühle von Heimatlosigkeit und Unbehaustsein aus. Am Gitterbettchen die Frage „Was wurde Dir in die Wiege gelegt?“. Das zweite bedeutsame Ding ist das Haus, weiter…

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17. Februar 2023

Ausstellung „Monolog“ von Hae Kim im Kunsthaus des BBK Braunschweig

Wow, was für eine Leere! Nur zwei oder drei Arbeiten befinden sich in manchen Räumen des Kunsthauses des BBK, wo Hae Kim seine Ausstellung „Monolog“ eingerichtet hat. Nun sind ja leere Räume in Ausstellungen beileibe nichts Neues, aber nur zwei, drei Arbeiten – das ist nun wirklich sehr wenig. So kann man anfangs denken. Doch dann passiert etwas Eigenartiges und sehr Schönes: Die Objekte des aus Korea stammenden Künstlers (geb. 1983 in Seoul) strahlen eine große Intensität aus, die den Raum erfüllt, ebenso das, was da zwischen den verschiedenen Arbeiten als geheimnisvolle Beziehung hin und her webt.

Hae Kim studierte Freie Kunst bei Björn Dahlem und Thomas Virnich und schloss sein Studium 2020 als Meisterschüler bei Thomas Rentmeister an der HBK Braunschweig ab. Er lebt und arbeitet in Braunschweig. Er schleift Bücher nach dem Lesen ab. Den Staub, der dabei entsteht, nutzt er zum Teil, um daraus Buchstabenstempel zu gießen. Mit diesen druckt er jeden Tag ein Wort, das den Tag zusammenfasst. Den anderen Teil des Staubs füllt er in durchsichtige Kunststoffkästen, wo er sich – je nach Anteil der Druckerschwärze unterschiedlich gefärbt – in Sedimentschichten ablagert und wolkige Strukturen in zarten Grautönen bildet. Die Bücher mit den abgeschliffenen Seiten bleiben zurück, die Schrift ist manchmal noch ahnbar wie bei einem Palimpsest; sie sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Kunst, der Hae Kim sein Leben gewidmet, ja man kann schon sagen: geweiht hat.

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