Regine Nahrwold am 9. September 2023
Ausstellung von solerlüthi im Allgemeinen Konsumverein
Es rattert und knattert, rappelt und klappert, schnurrt und surrt und sirrt. Ein altes Röhrenradio, ein Telefon mit Wählscheibe, Schallplatten, eine Brotschneidemaschine, Arm und Hand einer Schaufensterpuppe, ein Sieb, Wecker und Armbanduhren, Brillen, Kleiderbügel, Spielzeug, Barbie und Ken, künstliche Blumen, viele farbige Plastikteile und jede Menge bunter Glühbirnchen… Einiges davon rotiert um die eigene Achse, rollt vor und zurück, schwingt hin und her und auf und nieder.
„Mit dem Gestern hat das Morgen eine andere Bedeutung“ heißt die Ausstellung des Schweizer Künstlerduos Martin Solèr und Roswitha Lüthi, das unter dem Namen solerlüthi firmiert und in Luzern lebt. Er – gelernter Maschinenmechaniker, Landschaftsgärtner und Erwachsenenbildner – ist der Schöpfer der kinetischen Skulpturen, sie – Fotografin, Dokumentarin und Organisatorin – hält mit ihrer Kamera den Entstehungsprozess, fertige Objekte und die Projekte dokumentarisch fest. Die beiden sammeln Weggeworfenes, Aussortiertes und Gefundenes, das mit großer handwerklicher und technischer Sorgfalt, Spielfreude und Liebe zum Detail zur blinkenden und tönenden Maschine wird – zur großen Freude der Betrachter, die sich an dem Schauspiel nicht satt sehen können und immer wieder etwas Neues entdecken. In allen Größen, vom Wandobjekt und von der kleineren Skulptur, die auf einem Tisch präsentiert wird, bis zu einem 2 Meter hohen, mit allerlei witzigen und schrägen Dingen bestückten Rahmen, füllen diese fragilen Maschinen nun den Ausstellungsraum des „Allgemeinen Konsumvereins“.
Natürlich kommen einem da auch die bewegten Skulpturen des älteren Landmannes Jean Tinguely in den Sinn. Bei solerlüthi jedoch geht es um die Verwandlung von Realien, um das Wiederverwerten von scheinbar Nutzlosem, das im Kunstwerk einen neues Leben und neue Bedeutung geschenkt bekommt. Jedes noch so kleine Teil spielt seine ganz eigene Rolle im Gesamtwerk, das von einer spezifischen Trash-Ästhetik geprägt ist. Vergangenes wird zu Bleibendem in neuer Gestalt, aus einem Haufen Gerümpel entsteht eine neue Ordnung. Doch ist diese auch der Vergänglichkeit unterworfen, denn solerlüthi überarbeiten ihre Werke immer wieder, sie bleiben works in progress und – in einem gewissen Sinne auch Vanitas-Stillleben. Allerdings solche, die großen Spaß machen. (Bis 28.9., Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, 38100 Braunschweig, Öffnungzeiten: Do 18 – 22 Uhr, Sa und So 14 – 18 Uhr)