Regine Nahrwold am 22. Juli 2023
Künstler in der Schule – ein Projekt von Angela Gelhaar
Welch ein Leben hier am Fluss, der sich knallblau durch sattes Grün schlängelt! Palmen und riesige Pilze wachsen an seinem Ufer neben Häusern und Hütten, auf dem Wasser schippern etliche Boote, und es wimmelt von Tieren: bunte Vögel, Krokodile, Schlangen, Schnecken, gewaltige Schmetterlinge, ja sogar ein Pinguin hat sich in dieses Idyll des Südens verirrt. Eine Landschaft am Amazonas in Brasilien, wie sie sich deutsche Kinder vorstellen. Geschaffen wurde sie aus farbig bemalten Tonfiguren von Jungen und Mädchen des 5. Jahrgangs des CJD Braunschweig, angeleitet vom Künstler Markus Wollenschläger. Dieser beteiligt sich am Projekt „Künstler in der Schule“ (KidS), das die aus Brasilien stammende Künstlerin und Kunsterzieherin Angela Gelhaar 2008 im CJD initiiert hat, insbesondere am Projekt „KidS goes Amazonas“. Die Kunstwerke, die Kinder von der Kita bis zur Oberstufe in diesem Projekt geschaffen haben, waren im Mai in der Remise des Kunstvereins zu bewundern, darunter auch farbige Zeichnungen und Gipsmasken, mit exotischen Blumen oder animalischen Zubehör phantasievoll dekoriert.
Die Idee hinter KidS: Die Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassen sollen Künstler und Künstlerinnen kennen lernen, ihre Lebens-, Denk- und Arbeitsweise und das, was sie antreibt. Inspiriert durch diese Auseinandersetzung stellen die Kinder im Anschluss eigene Arbeiten her, die öffentlich präsentiert werden. Parallel dazu gelang es Angela Gelhaar, einen Austausch mit der Schule Escola Igapó-Açu im Amazonasgebiet aufzubauen. Zeitgleich wird dort und in Braunschweig zu denselben Themen geforscht und gearbeitet. Durch Fotos, Videos und Videokonferenzen erfahren die Kinder hier wie dort etwas von den ganz anderen Lebensbedingungen der anderen Seite, erweitern also ihren Horizont. Sie lernen, dass das, was für sie selbstverständlich ist, an anderen Orten der Welt nicht unbedingt gilt oder verfügbar ist. Das regt an zum Nachdenken über Werte, wobei auch Menschenrechtsfragen und Umweltaspekte wie der Klimawandel eingeschlossen sind. „Man kann so viel bewegen, wenn man Kinder durch Kunst für etwas interessiert und begeistert!“ resümiert Angela Gelhaar.
Auch die brasilianische Künstlerin Rosana Paulino, deren Werke im Frühjahr im Kunstverein ausgestellt waren, hat mit Kindern der Internationalen Schule des CJD gearbeitet, wobei ihre „Wand der Erinnerung“ als Anregung diente. Diese besteht aus Fotos von Familienangehörigen, nach traditioneller Weise in Stoffbeutel eingenäht, wie sie in Brasilien für Amulette benutzt und in Wohnungen als Schutz aufgehängt werden. Ausgehend davon entwickelten die Kinder die Idee, solche Taschen mit Fotos ihrer schulischen „Familie“ herzustellen: den Klassenlehrern als „Eltern“, weiteren Lehrern als „Onkel“ und „Tanten“ sowie ihren Freunden als „Geschwistern“. Diese Beutel werden in der Schule aufbewahrt und sollen dort auch an einer Wand präsentiert werden. Verlässt ein Kind die Schule nach dem Abitur oder auch schon vorher, bekommt es sein Täschchen ausgehändigt zur Erinnerung. In jedem Beutel befindet sich auch eine Kaffeebohne, die Rosana Paulino jedem Kind geschenkt hat – als persönliches Andenken und ganz besondere Duftnote.