Regine Nahrwold am 26. April 2016:
Ausstellung „Wolfenbütteler Frühjahrssalon“ im Schloss Wolfenbüttel
Claudia Reimann, Transit
Die Malerin Claudia Reimann, die an der HBK Braunschweig studierte, beschäftigt schon seit langem das Thema Raum. Begonnen hat sie vor Jahren mit Bildern von Innenräumen in komplexen perspektivischen Konstruktionen, mit starken, bunten Farben. In ihren jüngsten Gemälden, die sie hier zeigt, geht es um den Außenraum, genauer: um den Blick aus einem fahrenden Auto oder Zug in die schnell vorübergleitende Landschaft. Zum Raum ist also die Dimension von Zeit und Bewegung hinzugekommen. Jeder von uns kennt dieses entspannte Hinausträumen aus dem Zugfenster, das Claudia Reimann an sich selbst sehr genau beobachtet hat: Man fokussiert etwas, folgt ihm mit dem Blick, bis es verschwunden ist und das Auge sich das nächste Detail aus dem Fluss herauspickt – ein permanentes Auf- und Wegblitzen scharf konturierter Dinge vor einem verschwommenen Hintergrund, den wir aber immer nur aus dem Augenwinkel wahrnehmen. Auf diese Unschärfe in der Bewegung von links nach rechts konzentrieren sich Reimanns Bilder so, wie es das Auge in der Wirklichkeit gar nicht kann. Sie erfassen das Zerfließen des Raums im Transitorischen, das Atmosphärische von Licht und Himmel und, so die Malerin, letztlich das Gefühl, das sie beim Fahren hatte. Andere Bilder führen mit den Linien von Gleisen und Hochspannungsdrähten in perspektivischer Verkürzung schräg in den Raum hinein bis schließlich im letzten großen, vierteiligen Gemälde sich die Bewegung von vorn nach hinten ereignet. Dies alles zeigt uns Reimann mit einer lasierenden Malweise, die sie meisterhaft beherrscht, in dünnen, durchscheinenden Schichten und in allmählichen Übergängen von einer Farbe zur anderen bei einem eher engen Spektrum verwandter Farben. Übergänglich sind auch die Tageszeiten, das Licht des frühen Morgens oder Abends. Im dem großen vierteiligen Bild leuchtet es aus besonders schön aus einer kupferfarbenen Untermalung heraus.
Marion Jungeblut, Two mirrors
Marion Jungeblut arbeitet konzeptionell auf den Gebieten Malerei, Skulptur, Objekt und Installation. „The inner truth of the painting, of the object is the painting, the object as itself and has it’s own elastic reality“ lautet das Credo der Künstlerin, die lange Zeit in Kalifornien gelebt hat und, by the way, einen Flugschein besitzt. (Das Geheimnis, die innere Wahrheit eines Gemäldes, eines Objekts ist das Gemälde, das Objekt selbst, und dieses hat seine eigene dehnbare, interpretierbare Realität.). Für ihre abstrakten Skulpturen verwendet sie Acrylglas, das erhitzt und warm verformt wird, sowie Corten-Stahl, der in teils geraden, teils gebogenen Flächen punktgenau zusammengeschweißt wird und dessen Oberfläche sich durch Korrosion in Rost aufzulösen scheint. Aus diesem Material bestehen zum Teil auch die Arbeiten, die hier zu sehen sind, eine große und drei kleine aus der Serie „two elements“. Jede besteht aus zwei halben Ellipsen, die sich spiegelbildlich aufeinander beziehen und immer wieder neu zueinander positioniert werden können. Die drei kleinen Arbeiten aus rostigem Corten-Stahl, aus einem silbrig-matt glänzenden und aus einem hochglänzenden Stahl führen sehr schön unterschiedliche materiale Qualitäten vor Augen, wie sie Jungeblut wichtig sind. Dabei spiegeln die hochglänzenden Ellipsen das Licht, sich gegenseitig und ihre Umgebung wider, dass man den Eindruck bekommt, die harten Körper lösen sich im Licht auf. Der Wechsel der Aggregatzustände zwischen flüssig und fest hat es der Bildhauerin denn auch angetan. Eine ihrer jüngsten Arbeiten („liquid tale of mercury“? „melting metal meteor“?) besteht aus einem Metall, das sich bei Zimmertemperatur verflüssigt, erst durch ein Behältnis seine Form erhält und, wird dieses in Bewegung versetzt, ins Wabern gerät und an der gespannten Oberfläche wechselnde Strukturen aufweist – absolut faszinierend
Kalina Kocowska
















