15. Februar 2019
Ausstellung „Welt im Umbruch. Kunst der 20er Jahre“ im Bucerius Kunstforum Hamburg
Gläser. In einer Fotografie von Albert Renger-Patzsch (vor 1928) erscheinen sie auf weißem Grund, in Nahsicht und von den Bildrändern überschnitten; im gleißenden Licht werfen sie einen starken Schlagschatten schräg nach vorn. Im Stillleben von Hannah Höch (1927) sind sie ganz zu sehen und stehen auf einem diagonal in die Bildfläche gekippten Tisch, doch genauso wie der Fotograf reizt die Malerin das Spiel mit der Transparenz zwischen schwarzen Schatten und weißen Reflexlichtern aus. Kühl, nüchtern, „objektiv“ wurden die Gläser hier wie dort in ihrer Dinghaftigkeit und Materialität portraitiert.
Die Ausstellung „Welt im Umbruch. Kunst der 20er Jahre“ im Bucerius Kunstforum Hamburg untersucht erstmals das Verhältnis von Fotografie und Malerei des Nachexpressionismus, „Neue Sachlichkeit“ genannt, und stellt beide Gattungen in paradigmatischen Beispielen gegenüber, motivisch, aber auch stilistisch. „Charakteristisch für die neusachliche Kunst war der kühle bzw. unterkühlte Blick auf das Geschehen, der sich vom gestischen Duktus des Expressionismus fundamental unterschied. Diese künstlerische Haltung lässt sich als Versuch deuten, der allgemeinen labilen gesellschaftlichen Lage eine neue Ordnung und ein stabiles Fundament entgegenzusetzen. Vor dem Hintergrund der traumatischen Kriegserfahrungen und des Zusammenbruchs der alten monarchischen Ordnung setzte sich damit eine Sichtweise durch, die die Welt ohne Illusionen, nüchtern und weitgehend emotionslos erfasste“, so Kurator Andreas Pohlmann im Katalog zur Ausstellung. Zu dieser Kunstauffassung gehört die distanzierte Haltung des Künstlers zu seinem Motiv und die Hinwendung zu alltäglichen, ja banalen Dingen. Diese werden in der Fotografie oft in reizvollen Ausschnitten und Perspektiven, seriellen Reihen oder durch extreme Nahsicht abstrahierend gezeigt,