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21. November 2022

Galerie Jaeschke vergibt „Kunstpreis Deutschland“

Am 8. November wurde in der Galerie Jaeschke der „Kunstpreis Deutschland“ vergeben und eine Ausstellung mit Werken der Künstlerinnen und Künstler eröffnet, aus deren Reihen die Preisträgerinnen gekürt wurden. „Kunstpreis Deutschland“? Oh großes Wort! Man denkt an Markus Lüpertz oder Anselm Kiefers Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte oder an Jörg Immendorfs großformatige Gemälde „Café Deutschland“. Ganz hoch hinaus will auch der von den Galerien Jaeschke (Braunschweig) und Wilhelmstein-Art (Goslar) initiierte Preis mit dem Slogan „Art powers Future“ und dem Signet des Brandenburger Tores. Den Künstlern soll er die Gelegenheit geben, sich mit Themen zu beschäftigen, die sie selbst oder auch Deutschland, Europa und die Welt bewegen. Das ist so gut wie: alles Beliebige. Dementsprechend krude ist die Mischung der ausgestellten Arbeiten in den drei Kategorien Malerei, Objekt/Skulptur und Foto/Digital Art, in denen jeweils ein mit 5000 Euro dotierter Preis vergeben wurde: fotorealistisch wie das Portrait eines Homosexuellem vor einer mit Graffiti bedeckten Wand von Kaan Ege Önal; ein Ready Made wie „Corpus delicti“ von Angelika Dors, das aus dem Torso einer Puppe besteht;

oder abstrakt wie „Ewiges Strahlen“, eine Bearbeitung der japanischen Flagge, mit der Marie Schirrmacher-Meitz an den Reaktorunfall von Fukushima und seine Folgen gemahnt. Es gibt durchaus Beachtliches, z.B. gekonnte Malerei wie die von Kaan Ege Önal oder „Zeitkapseln“, ein Bild zweier durchsichtiger Kristalle von Birgit Wolfram, auch das Stilleben einer Spüle mit schmutzigem Geschirr von Gila Epshtein.

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20. November 2022

Neuer Ausstellungsort „weissnicht/knöchel“ im westlichen Ringgebiet

Sonntag Abend, 18.00 Uhr. Über die Sophienstraße im westlichen Ringgebiet hat sich bereits tiefe Dunkelheit gebreitet. Doch aus den großen Schaufenster der Nr. 12 leuchtet es hell auf die Straße hinaus, man wird magisch angezogen von diesem Licht. Ein neuer Ausstellungsort ist hier entstanden: „weissnicht/knöchel“, getragen vom Verein WRG studios. Er wurde in diesem Jahr gegründet von Dominik Kuschmieder und Till Terschüren, die beide an der HBK Braunschweig studieren. Die zwei haben bereits 2019 auf einem kleinen Gewerbehof am Frankfurter Platz ein selbstverwaltetes, unabhängiges Gebäude für Kunstproduktion ins Leben gerufen, mit inzwischen sieben Ateliers auf zwei Etagen, Gemeinschaftsräumen und einer Werkstatt. Die Mitglieder des Vereins sind diejenigen, die in den Ateliers arbeiten; sie kommen auch aus diversen Gruppen, die während der Corona-Jahre im Stadtteil aktiv waren. Aktivitäten gibt es also schon seit längerem, nun sollen diese unter dem Label WRG studios gebündelt werden. Die nicht nur räumliche Nähe zur HBK ist Programm: Das Ziel des Vereins ist es, eine zeitgenössische Kunstszene zu verstärken, die Braunschweig, diese Stadt in der Mitte Deutschlands mit einer der größen Kunsthochschulen, für Künstlerinnen und Künstler attraktiv macht, so dass diese nach Abschluss des Studiums hier bleiben. So bot WRG studios im Oktober einen DJ-Workshop für Leute der queeren Personengruppe FLINTA* an. Auch soll der Austausch mit Kunstschaffenden aus anderen Städten gesucht, der Diskurs über die Stadtgrenzen hinaus gefördert werden. Der Präsentationsraum „weissnicht/knöchel“ soll auch Kunstschaffenden von außerhalb zur Verfügung stehen, ein Jahresprogramm für 2023 ist in Arbeit.

Zur Zeit ist dort die Ausstellung „Staging a confrontation“ zu sehen, eine Rauminstallation von Bubu Mosiashvili (geb. 1997 in Tiflis, Georgien), der die Staatliche Kunstakademie Tiflis absolvierte und derzeit Bildende Kunst an der Hochschule für Künste Bremen studiert. Er hat sich mit den noch existenten Kolonialdenkmälern in Bremen und Braunschweig beschäftigt und ihre problematische Geschichte gründlich recherchiert. Das Resultat ist eine künstlerisch-konzeptionelle Arbeit, in der sich zwei wilde Tiere – der Elefant des Bremer Anti-Kolonialdenkmals und der Löwe des Braunschweiger Kolonialdenkmals im Prinzenpark – in einem dekonstruierenden Dialog begegnen. Dazu ist Sound zu hören, u.a. das Gebrüll der Tiere und die Jubelrufe von Leuten, die der Demontage von Statuen von historischen Persönlichkeiten in den USA zusehen, die heute als Rassisten eingestuft werden. Die Stellwände der Installation werden – so scheint’s – gehalten von Kunststoffbändern, die man zum Niederreißen solcher Denkmäler benutzt. Ergänzt wird die Ausstellung von einer sehr informativen Publikation, in der sich zwei Texte mit konträren Ansätzen zur Frage des Umgangs mit solchen Relikten einer höchst fragwürdigen Vergangenheit gegenüberstehen. Sehr sehens- und lesenswert. Dem Verein ist für seine Projekte viel Glück und Erfolg zu wünschen. (Bis 16.12., weissnicht/knöchel, Sophienstraße 12, 38118 Braunschweig, Öffnungszeiten: mittwochs, freitags und sonntags, 15-19 Uhr)

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7. November 2022

Ausstellung „Gezgin, lass uns gehen“ von Ugur Ulusoy im Kunstverein WF

„Erst der Knall, dann der Schwebezustand“, Malmaterialien: Acryl, Öl, Pastell- und Ölkreide, Sprühlack, Tusche, Pigmente und Latex auf Stoffen. Die Arbeit von Ugur Ulusoy füllt eine ganze Wand im Kunstverein Wolfenbüttel. Nein, nicht auf Leinwand, die auf einen Rahmen gespannt ist, malt der Künstler, sondern auf dünnen Tüchern, die er zu großen Formaten aneinandernäht und die leicht und lose vor der Wand herabhängen. Manche von ihnen, die kleineren, sind noch brave Rechtecke, ganz wie das gute alte Tafelbild, und am traditionellsten wirkt noch eine Reihe von kleinen, feinen Kugelschreiber-Zeichnungen. Doch überall wirbeln die knalligen Farben – Grellpink, Gritzegrün, Himmelblau und Zitronengelb – und die Formen schweben, wabern und wuchern. Selten klingt etwas Gegenständliches an, zumeist repräsentiert die Kunst sich selbst als Malerei, als mit breitem, gestischen Pinselstrich aufgetragene oder auch gesprühte Farbe. Manchmal tauchen in diesem Kosmos kubisch-architektonische Formen auf, doch die meisten sind rund, geschwungen, organisch, alles scheint in rotierender Bewegung zu sein…

„Gezgin, lass uns gehen“ hat Ugur Ulusoy seine Ausstellung genannt. „Gezgin“ ist türkisch und bedeutet „weitgereist, umherziehend“. Der Maler, der sich selbst als reisenden Wanderer bezeichnet, lädt die Gäste seiner Schau dazu ein, in die Bewegung zu kommen, gewohnte Denkschemata zu verlassen und Grenzen zu überwinden. All dies tut auch seine Malerei, etwa, wenn der Malgrund sich über das konventionelle Rechteck ausdehnt, bizarre Konturen annimmt, eingeschnitten wird oder nur an einer Spitze aufgehängt ist, so dass der Stoff wellig herunterschlappt. weiter…

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18. Oktober 2022

„La Barque Acide“ beim Figuren-Festival „Weitblick“ im Staatstheater Braunschweig

Foto: Circusögraphy

Eine feurige Ansprache auf Italienisch, an das Publikum gerichtet von einer Frau. Ihr Fazit: „Richte Dich nicht nach den anderen! Warte nicht, bis jemand kommt und Dir sagt, was Du tun sollst! Das würdest Du am Ende nur bereuen. Mach das, was Du wirklich willst! Es ist ganz einfach. Los, tu es!“ Damit beginnt das Stück „The End is Nigh“ der Zirkusgruppe „La Barque Acide“ aus Toulouse, die am Freitag Abend im Rahmen des Figuren-Festivals „Weitblick“ im Kleinen Haus des Staatstheaters auftrat. Angesichts des nahenden Endes entfalten die fünf Frauen und vier Männer aus acht verschiedenen Nationen ein atemberaubendes artistisches Spiel mit ihren Körpern, mit skurrilen Typen und diversen Dingen. Da wäre zum Beispiel: der Toaster samt heraushüpfender Brotscheibe. An drei Toastern schaltet und waltet sehr souverän der telefonierende Chef eines Großraumbüro, dem ein serviler Untergeber Stift und Papier reicht. Die Brote, in die Luft geschmissen, setzen wie ein Uhrwerk einen Reigen der Mitarbeiterinnen in Gang, die ihre immer gleichen Tätigkeiten ausüben und zwischendurch die Brote auffangen und weiterwerfen. Dieser Reigen wiederholt sich und steigert sich von Mal zu Mal im Tempo, das ist höchst kunstvoll und wahnsinnig komisch zugleich. In einer anderen Szene sitzt eine Frau am Tisch und stellt am Toaster ein Radio ein. Nach den Sendersuchgeräuschen ertönt schließlich ein Beatles-Song. Dazu beginnt die Frau einen Tanz mit der Schnur eines Diabolos, die Haar und Körper artistisch umspielt. Am Ende des Stücks liefern sich alle neun Mitglieder der Truppe einen rasanten Wettkampf im Toastbrot-Rauswurf und fangen zuguterletzt alle gleichzeitig ihre letzten Brotscheiben auf.

Foto: Circusögraphy

Der Körpereinsatz der Künstlerinnen und Künstler ist enorm, sei es bei einer spannenden erotischen Annäherung zwischen Mann und Frau, sei es bei einem Auftritt dreier barbusiger Frauen. Diese verknoten sich zuerst zu einem wabernden Knäuel, bei dem eine Frau die Körper der anderen beiden dominiert und auf ihnen stehend, kniend und liegend komplizierte Figuren vollführt; dann umwirbeln sie einen Mann, der mit drei Keulen jongliert, und lassen dabei herausfordernd ihre Brüste wippen und rotieren. Ein anderer Spieler wiederum tritt mit nackten Füßen lustvoll einen Scherbenhaufen breit, dazu erklingt das Knirschen von Glassplittern.

Zu den skurrilen Typen, die im Stück immer wiederkehren, gehört der Luftballonfalter, der auch Bücher schreibt: „Selbstmord für Anfänger“ und „Wie man sich auf das Ende der Welt vorbereitet – für Anfänger“. Einige völlig absurde Tips aus dem zweiten Ratgeber werden gleich ausprobiert.

Insgesamt ein Feuerwerk an brillanter Artistik sowie witzigen und wunderschönen Einfällen. Auch der Zuschauerraum wird bespielt, das Publikum einbezogen. So unglaublich schwer die Körperbeherrschung auch sein mag – alles wirkt zu jeder Zeit bezaubernd leicht und mühelos. Dazu kommt ein sehr durchdachter Einsatz von Licht, von Sound, Musik und auch Stille. Das Publikum dankte der Truppe für den tollen Abend mit Johlen und tosendem Applaus.

Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

16. Oktober 2022

MeisterschülerInnen 2022 im Kunstverein Braunschweig

„Strange Itineraries“ heißt die Ausstellung von Arbeiten der Studierenden der HBK Braunschweig, die dieses Jahr ihre Ausbildung als Meisterschüler und -schülerinnen beschließen und denen nun der Schritt an den Kunstmarkt, ins „Betriebssystem Kunst“ bevorsteht. Ja, sehr eigene und oft auch eigenartige Reisewege zeichnen sich in dieser Schau des Kunstvereins Braunschweig ab. Im Foyer der Villa „Salve Hospes“ zeigt Sunny Pudert „STTING IS PLEASURE“, eine Folge von drei weißen Betonsockeln, gekrönt von schwarzen Silikon-Pyramiden, sie laufen auf das rautenförmige Bild eines sich aufbäumenden Pferdes zu – klare skulpturale Setzungen in strengem Schwarz-Weiß-Kontrast. Da sieht gut aus in der Rotunde, doch was hat es zu bedeuten? Von der Künstlerin erfährt man, dass sie sich mit „defensiver Architektur“ auseinandersetzt, also Vorrichtungen in Städten, die es Menschen unmöglich machen, zu sitzen und zu verweilen. Die weiche Silikonspitze soll die Lust des Sitzens veranschaulichen, das Pferd den Widerstand gegen den Zwang, aber auch männliches Imponiergehabe. Das ist konzeptuell-verklausuliert und dem Werk nicht anzusehen, es wird damit gedanklich überfrachtet.

Eine ganze Reihe von Arbeiten sind beeindruckend kunstvoll gemacht, auch schön anzusehen, können einen aber auch als reine l’art pour l’art etwas unbefriedigt zurücklassen. Dazu gehört etwa die Malerei von Verina Schwarz, die sich mit Hathor, der altägyptischen Göttin der Liebe, der Kunst, des Friedens und aller weiblichen Wesen beschäftigt. Carlotta von Drinkewitz verknüpft in sensiblen Wandobjekten Eindrücke von der Architektur Neapels mit der klassizistischen Ornamentik und Symbolik des Kunstvereins. Ihre Bodenarbeit „The Gods did create man, man create gods“ ist aus verzweigten Formen gebildet, in denen man erst auf den zweiten Blick die Buchstaben entdeckt.

Agathe Borbes gewelltes Badehandtuch aus Glasfasergewebe, Epoxidharz, Pappmachée, Glasur und Decorfarbe fasziniert als zerbrechliches Gebilde; die Künstlerin hat ihm auch ein Gedicht gewidmet. Viiri Linnéa Broo Andersson lädt mit ihren „Candysticks“ dazu ein, neue organisatorische Systeme zu denken, indem sie bunt-glitzernden Stäbe mal an die Wand lehnt, mal bündelt, mal im Gestell anordnet.

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10. Juli 2022

„Theaterformen“: A Gathering in a better World

„Welcome to the Starship Biscuit!“ begrüßt „Touretteshero“ Jess Thom im Rollstuhl am Donnerstag Abend die Gäste im Weißen Saal des Staatstheaters. Der ist kaum wiederzuerkennen, hat doch die Künstlerin den festlichen Raum in das spaßige Raumschiff „Keks“ verwandelt, das sie sich während der Corona-Pandemie erträumt hat. Es ist auf der Reise in eine bessere Welt, und jeder Gast ist eingeladen, diese Reise mitzumachen und einen Weltraumanzug oder das eigene Logbuch als Kapitän oder Kapitänin zu gestalten. „Male, schreibe, träume! Wo bist Du gewesen? Wo bist Du jetzt? Wohin wirst Du gehen?“ heißt es in dem Malbuch. Zwischen Stellwänden, die Fensterschlitze mit Ausblicken in den Weltraum abbilden, findet sich der Kapitänsstuhl mit allerhand Knöpfen und Schaltern, ein Film von der Mannschaft des Raumschiffs auf dem Flug durch das All, und Bastelmaterial wie farbige Bänder und Klebstreifen, quietschbunte Textmarker, Glitterfolie und funkelnde Sterne, mit denen man einen weißen Anzug dekorieren oder farbige Papierlampions bemalen und beschriften kann. Das Publikum macht von diesen Angeboten gerne Gebrauch und ist eifrig am Werk. Auch einen Ruheraum gibt es, wo man in aufblasbaren Booten weich liegen und entspannen kann.

Thoms „Journey to a better World“ ist einer von drei Räumen im Großen Haus des Staatstheaters, die im Rahmen des Festivals „Theaterformen“ für dieses Wochenende zu Schauplätzen von Aktionen und Performances behinderter Künstlerinnen und Künstler werden. Deren Perspektive steht im Fokus der dreitägigen Veranstaltung, unter dem Titel „A Gathering in a better World“ (Eine Zusammenkunft in einer besseren Welt). Besser ist diese Welt, weil sie auf die Einschränkungen und Bedürfnisse Behinderter eingeht und diese in ihr von Randfiguren zu Akteuren und Gestaltern werden. Gemessen an diesem hohen Ziel, wirkt das sympathische kreative Spielfeld des Raumschiffs „Keks“ denn doch ein wenig kindlich, ja sogar naiv.

Gewichtiger erscheinen da Raum und Performance, die der Tänzer, Autor und Professor Edu O. zusammen mit anderen brasilianischen Künstlerinnen und Künstlern entwickelt hat. „Unermüdlich werden behinderte Menschen daran erinnert, dass sie in Abgründe geworfen wurden“, heißt es im Ankündigungstext zu dieser Gruppe.

Der Gang vor dem 1. Rang ist dunkel, nur wenig von farbigen Lichtern erhellt. Plötzlich erhebt sich Gesang. Eine lange Bahn weißes Papier wird ausgerollt, auf der sich die Behinderten der Gruppe nacheinander wie auf einer Art Laufsteg vorwärts bewegen. (Man kann auch an eine Brücke oder an Eis denken, das ein unheimlich-tiefes Wasser bedeckt.) Eine kleinwüchsige Frau tanzt teils ekstatisch, teils rollt sie seitwärts voran. Edu O. – seine Unterschenkel sind offenbar gelähmt – rutscht auf Knien die Bahn entlang. Am Ende wird er mit einer warmen Umarmung des Sängers empfangen, der ihn längere Zeit hält – ein zu Herzen gehender Moment, im Raum ist es ganz still geworden. Edu O. folgt eine Frau, die mit Kohle den Titel der Performance auf das Papier schreibt: „Nunca mais Abismos – Nie wieder Abgründe“.

In der Hausbar schließlich hat die Künstlerin und Tänzerin Alexandrina Hemsley mit hängenden Stoffen, einem an die Decke projizierten Sternenhimmel und dicken Kissen einen Wohlfühlraum geschaffen, weich und einhüllend wie ein Kokon. Hier lädt sie ein zu einer Sammlung von Tanzperformances, Filmen und Workshops, die ihre Arbeit der letzten zwei Jahre zusammenfasst. Diese Arbeit kreist um die Frage „Was bedeutet es, sich lebendig zu fühlen, sensibel für den eigenen Körper zu sein und zu Intimität zurückzufinden?“ Ein künstlerischer Film zeigt die Tanzperformance „Words collect in my Mouth: All is Fire and Flood“ (Worte sammeln sich in meinem Mund: Alles ist Feuer und Flut), die der heilenden Kraft des Wassers und der Gezeiten nachspürt. Man sieht zu, wie sich drei geschmeidig-biegsame schwarze Tänzerinnen, oft in Nahaufnahme und Zeitlupe, begegnen und umeinander wirbeln, dass die langen Zöpfe und weiten Kleider nur so fliegen. Das ist sehr schön anzusehen, doch würde man auch gern mehr erfahren über den therapeutischen Aspekt dieses Tanzens und Hemsleys Arbeit mit nichtprofessionellen Menschen.

Im vielfältigen Programm von Freitag bis Sonntag lassen sich lohnende Entdeckungen machen. Alle Angebote sind barrierefrei, mit Audiodeskription und Gebärdensprache. Ein detaillierter Plan aller Veranstaltungen ist im Theater erhältlich.

Alexandrina Hemsley (rechts) mit Übersetzerin

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9. Juli 2022

50jähriges Jubiläum des Chores an St. Martini Braunschweig

„Mamma mia, mamma mia, mamma mamma mamma miaaa!“ Einsingen zur vorletzten Probe vor dem großen Mendelssohn-Konzert, mit dem der Chor an St. Martini am Samstag, den 9. Juli, um 17 Uhr sein 50jähriges Bestehen begeht. Erklingen werden Mendelssohns 2. Sinfonie und als Chorwerke der „Lobgesang“ und die Vertonung des 98. Psalms. Dass Kantor Hanno Schiefner gerade diesen Komponisten für die Jubiläumsfeier ausgewählt hat, darf man vielleicht auch als Hommage an Martinikantor Werner Burkhardt verstehen, der den Chor 1972 gegründet, ihn „großgezogen“ und bis 1987 höchst erfolgreich geleitet hat. Denn zu seinen Verdiensten gehörte unter anderem die Wiederentdeckung und Herausgabe des „Te Deum“ des erst 17jährigen Mendelssohn-Bartholdy, Erstaufführung 1980 in Braunschweig. Im Jahr darauf folgte die Aufführung von Bachs Matthäuspassion in der Version, die Mendelssohn-Bartholdy 1829 in der Berliner Singakademie dirigiert hatte, das war die erste Wiederaufführung der Passion seit Bachs Tod.

Die Musik Bachs nimmt natürlich im Repertoire des Kirchenchores eine besondere Stellung ein. Schon unter Werner Burkhardt führten die Sänger und Sängerinnen… weiter…

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4. Mai 2022

Ausstellung: Retrospektive von Christiane Möbus in Hannover

Christiane Möbus hinter ihrer Arbeit „Kriminalstück II“ (1989/1991) und vor „Mississippi-Projekt“ (1970/1971)

50 Jahre ist es her, dass sie auf dem Braunschweiger Nussberg mit selbst verfertigten Flügeln zum Sprung ansetzte, in der Aktion „das unnötige Verlöbnis der Frau Holle mit dem Schamanen – oder – a new life“. Das Studium an der SHfBK Braunschweig bei Emil Cimiotti lag da schon hinter ihr, und soeben war sie von einem zweijährigen Studienaufenthalt als DAAD-Stipendiatin in New York zurückgekehrt. Der Sprung in ein neues Leben und in die Riege der Großen der deutschen Kunst ist Christiane Möbus gelungen. Seit fünf Jahrzehnten arbeitet die Objekt- und Konzeptkünstlerin auf den Gebieten Fotografie, Film, Skulptur und Installation; als Professorin der HBK Braunschweig (1982-1990) und der Universität der Künste Berlin (1990-2014) war sie auch als Hochschullehrerin erfolgreich. 1947 geboren, gehört sie zu jener Künstlergeneration, die die Protagonisten von Pop Art und Minimal Art ablöste. Nun haben das Sprengel Museum und der Kunstverein Hannover für Möbus anlässlich ihres 75. Geburtstags die wunderbare Retrospektive „Seitwärts über den Nordpol“ ausgerichtet. Eine Ausstellung an zwei Orten, so die Kuratorinnen Kathleen Rahn (Kunstverein) und Gabriele Sand (Sprengel Museum), ein mentales Feld, wo alte und neue Arbeiten Bezüge zueinander aufnehmen und ein Gesamtkunstwerk bilden, in dem das ganz Eigene von Möbus‘ Kunst zum Vorschein kommt. Sie arbeitet mit vorgefundenen realen Gegenständen und kombiniert von jeher eigenwillig und gewitzt Dinge miteinander, die nach der herkömmlichen Logik nichts verbindet; so ergeben sich neue, mal spielerische, mal bedeutungsvolle Verknüpfungen.

„Das Zentrum des Wassers kann den Mond nicht sehen“ (1975/1976)

Ein weiteres wesentliches Moment sind die metaphorischen Titel, die, oft handschriftlich hinzugefügt, integraler Bestandteil der Arbeit sind und einen weiten Assoziationsraum eröffnen. Eine präparierte Giraffe schwebt an Drahtseilen auf einem Metallpodest über dem Boden („Küsse vom König“, 2001/2007). An das kompakte Fahrerhaus eines schwarzen Lkw hat sich eine Wolke duftigen schwarzen Tülls angedockt („Schneewittchen“, 1994/2007).

„Schneewittchen“ (1994/2007)

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28. April 2022

Doppelausstellung von Raimund Kummer in der HBK Braunschweig

Das Panoramafoto einer gewaltigen Baugrube in der Lafayette Street in Manhattan, New York City, 1981. Die Wände mit Betonplatten und diagonalen Stahlträgern abgestützt, der Boden ein Gewirr von aufgerissener Erde, Geröll, alten Fundamenten, Leitungen. Die Höhe der ringsum aufragenden Häuser steigert noch die Tiefe der Grube, die klaren kubischen Formen kontrastieren mit dem Eindruck des Chaotischen.
Wer dieses großformatige Bild auf sich wirken lässt, der begreift, dass es von seinem Schöpfer heißt: Raimund Kummer arbeitet mit vorgefundenen skulpturalen Situationen im realen Raum und trennt nicht länger zwischen dem Entstehungsort eines Kunstwerks und dessen Veröffentlichung. Auf diese abstrakte Formel lässt sich das Œuvre Kummers, der seit 1995 eine Professur für Bildhauerei an der HBK Braunschweig innehat, sprachlich eindampfen. Anlässlich seiner Emeritierung hat er nun mit den zwei polar aufeinander bezogenen Ausstellungen „Kummer weint“ (Schwarzweißfotografie in der Montagehalle) und „Schließ die verdammten Eisfach!“ (Skulptur/Video/Sound in der Hochschulgalerie) eine faszinierende Innen- und Rückschau auf sein bisheriges Werk vorgenommen. Beide Projekte zeigen Arbeiten, die der Künstler bei der intensiven Recherche zu seinem Werkverzeichnis neu entdeckt und bewertet hat. „Kummer weint“ umfasst über 1000 von 1976 bis heute analog belichtete Vintageprints, Handabzüge und Digitaldrucke auf Barytpapier, Siebdrucke hinter Glas und xerografierte Bücher. In Vitrinen und zu Tableaus angeordnet an den Wänden, erinnern sie an biographisch-künstlerische Stationen Kummers wie Reisen, Studienaufenthalte, Wohnungen, Ateliers, Wegbegleiter der Künstlergruppe „Büro Berlin“ und zahlreiche Projekte. Die pfeilartig aufgestellten Vitrinen führen geradewegs auf den Fluchtpunkt der Arbeit „Carl Andre“ von 1980 zu, ein Schlüsselwerk in Kummers Auseinandersetzung mit der amerikanischen Minimal Art. „Kummer weint“ aus dem gleichen Jahr – ein Ensemble von Selbstportraits (Kontaktstreifen, vergrößert) – mag dem Schmerz über die Isolation des Malers im Atelier entsprungen sein, denn bevor er dieser Situation entfloh und mit der skulpturalen Arbeit im öffentlichen Raum begann, hatte Kummer an der HdK Berlin bei Fred Thieler Malerei studiert. Zwei weitere Portraits nehmen in der Ausstellung eine markante Position ein: eine Aufnahme von Kummers Hinterkopf, in dessen kurzes Haar ein Fragezeichen hineinrasiert ist, bildet den programmatischen, das experimentelle Moment seines Schaffens verkörpernden Auftakt. Die enorme Quantität der Exponate schließlich übergreift das von einem Riss durchzogene künstlerische Subjekt mit „Cut“, einer Serie von Selbstbildnissen, die mit einem zerschnittenen Film aufgenommen wurden.
Den dunklen Raum der Hochschulgalerie füllt fast bis an die Ränder eine bedrängend große Skulptur, eine Abfolge von Blöcken, gebildet aus 84 übereinander gestapelten Aluminiumrahmen des ehemaligen Ausstellungssystems des Essener Museums Folkwang. An jeder der Stirnseiten ist ein Video zu sehen, einmal von einem rotierenden, netzartigen Kunststoffgebilde, das wie ein Gehirn oder ein inneres Organ anmutet. Gegenüber ein Film von einer ebenfalls rotierenden Schwenkgussapparatur mit der Negativgussform eines Modells des Sehnervs des menschlichen Auges; er greift das Sehen auf, das Kummer in seinem Œuvre immer wieder als elementaren Aspekt von Kunst thematisiert hat. Die farbige, bewegte Leichtigkeit dieser Projektionen bildet einen spannenden Gegensatz zu den grauen, schweren, statischen Blöcken. Dazu erklingt – als immaterielles Moment der Installation – eine Frauenstimme, die die Titel der rund 1000 von Kummers Werkverzeichnis erfassten Arbeiten spricht.
Beide Ausstellungen stellen ganz eigene Kunstwerke dar, die durch ihr gedankliches Konzept, durch klar strukturierte Fülle sowie durch jene Perfektion und Schönheit bestechen, die Raimund Kummers Arbeiten seit jeher auszeichnen. Der Künstler bedankte sich sehr herzlich bei den hervorragenden WerkstattleiterInnen der HBK und bei allen MitarbeiterInnen, die mit ihm diese Kunstwerke und den umfangreichen Katalog dazu realisiert haben. (Bis 27. 5., HBK Braunschweig, Johannes Selenka-Platz, Öffnungszeiten: Mo–Fr: 14–18 Uhr, feiertags geschlossen)

Pressefotos hier: https://powerfolder.sonia.de/getlink/fiFhKKrcDvbwZbZYa7Y2MBqj/Pressefotos-deutsch-komprimiert.pdf

 

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28. April 2022

Ausstellung „Fremde Ebenen“ von Hartmut Neumann im Museum für Photographie Braunschweig

Ruhige Sittiche, 2007

Fremde Ebenen, unklare Zustände, unruhige Nachtzonen, gefährliche Pflanzen wie Alublätter und Antennenkräuter – dies alles wartet darauf, die Besucher des Museums für Photographie zu erstaunen, zu verzaubern, zu irritieren und zu verwirren. Der Maler, Bildhauer und Fotograf Hartmut Neumann (geb. 1954) ist seit 1992 Professor an der HBK Braunschweig und wird im Sommer 2022 emeritiert. Letzteres war dem Museum ein willkommener Anlass, seinen Fotoarbeiten eine Ausstellung zu widmen.

Die neue falsche Welt der Affen – Unklare Zustände (Schattenwurf)“ von 2020/21

Malerei, Skulptur, Zeichnung und Fotografie durchdringen einander in Neumanns komplexen Arbeiten. Ebenso ist er dafür bekannt, dass er seit langem das Verhältnis von Natur und Kunst betrachtet und inszeniert. Schon als Kind begeisterte Neumann sich für Tiere, Pflanzen und Früchte, angeregt durch Abbildungen in Schulbüchern, durch Dioramen in Naturkunde-Museen und durch seinen Vater, der Vögel hielt und Wellensittiche züchtete; er selbst besitzt eine große Sammlung von Tierpräparaten. Die von ihm zumeist als Skulpturen und Installationen geschaffenen, und dann fotografierten Welten aus Alltagsgegenständen, Naturdingen und ausgestopften Tieren sind vom Geist der Kunst- und Wunderkammern der Renaissance und des Barock, von der ihnen eigentümlichen Verbindung von Naturalien und Artefakten inspiriert. Dort vollendete mit dem Nautiluspokal, dem geschnitzten Straußenei, der in raffinierter Goldschmiedearbeit gefassten Perle die Kunst, was die Natur begann. So harmonisch geht es jedoch in Neumanns Arbeiten nicht zu: Zwar wirkt die Natur hier oft künstlich, die Kunst natürlich, doch bilden beide meistens einen dialektischen Gegensatz. In der Serie „Die neue falsche Welt der Affen – Unklare Zustände (Schattenwurf)“ von 2020/21 etwa hat der Künstler mit von Gips überformten Zweigen eine bizarre, seltsam kalte und tote Landschaft aus organischen Formen geschaffen. Die ausgestopften Äffchen darin wirken ausgesetzt und verloren, sie erinnern an all das, was die Menschen dieser besonderen Spezies und den Tieren überhaupt angetan haben. Zugleich tauchen in der Landschafts-Skulptur figürliche Anklänge auf, die auf die Verwandtschaft zwischen Affe und Mensch zu verweisen scheinen. Und schließlich ist das Ganze sehr effektvoll beleuchtet und aufgenommen, so dass im Schattenwurf Artifizielles und Natürliches miteinander zu ähnlichen Formen verschmelzen.

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