Regine Nahrwold am 2. Februar 2017
Ausstellung „Neu im BBK“ im Kunsthaus Braunschweig
Im Kunsthaus des Bundes Bildender Künstler eröffnet die Vorstellung der neuen Mitglieder das Ausstellungsjahr 2017. Neun Künstlerinnen und Künstler präsentieren Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen, Objekte und Installationen.
Anna Henke
Die Arbeiten von Uschi Korowski, die in Elektronenmikroskopie promovierte, sind strenge Versuchsreihen zwischen exakter Berechnung und Zufall, was schon in ihren nüchternen Titeln zum Ausdruck kommt, z.B. „600 Tropfen – No. 1c (d=16 cm, flächig, Rhythmus 10 x (20 sepia – 30 weiß – 10 gelb)“. Sie lässt pro Bild 600 Tropfen à 20 Mikroliter auf die Leinwand fallen und variiert dabei die Fallhöhe und damit die Resultate. Trotzdem: Immer nur Punkte sind – außer bei Yayuoi Kusama! – auf die Dauer doch etwas langweilig.
Timo Hoheisel begreift sich als „Alchimist und Forscher, der sich dem Material über dessen Eigenschaften und dessen Verhalten nähert.“ Ihn beschäftigt besonders „das Verhältnis zwischen der Materialität und dem Verbergen, Entziehen und Camouflieren von Inhalten.“ Er zeigt außer Fotografien eine ganze Wand voller kleiner, pastellfarbener Quader – Bücher, die er nach Entfernen des Einbands in Leim gekocht hat, „libri cotti“ sozusagen oder Papiermachée en bloc. Hier und da lugt noch ein Buchstabe der verschwundenen Schrift heraus…
Ulrike Wathling
Die abstrakten Federzeichnungen von Ulrike Wathling bilden in parallel geführten Linien verschlungene Schnüre ab, spüren Verflechtungen, Auflösungen und Netzwerken nach. Mit „anmutige Akribie“ prägte Galeristin Julia Taut dafür das treffende Wort.
Denis Stuart Rose, Mitglied der – ja, sowas gibt’s offenbar! – europäischen Totentanz-Vereinigung, bespielt den winterlichen Kunsthausgarten mit seiner Arbeit „Die verlorene Hoffnung (sehr frei nach Caspar David Friedrich)“. Die Großplastik ist, passend zur Jahreszeit, ein „Memento mori“ aus Beton, rostigem Stahl und Draht, angerichtet auf braun verwelkten Blättern.
Dennis Stuart Rose
Die farbstarken, mit Tusche, Edding und Aquarell geschaffenen Zeichnungen der Dresdener Künstlerin Anna Henke changieren zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Auf einem Blatt ist eine überdimensionale Spinne zu sehen – eine Referenz an Louise Bourgeois‘ Spinnen-Plastiken? Jedenfalls hat die große Bildhauerin einmal gesagt: „In der Kunst geht es nicht um Kunst, in der Kunst geht es um das Leben.“ Und prallbuntes Leben finden wir in Anna Henkes Bildern jede Menge.
Als „arte povera, ecologica, economica“ und „Antwort auf unsere schnelllebige, auf Umwelt und Sparsamkeit bedachte Zeit“ propagiert Eimo Cremer seine „Montables“, recyclebare Konstruktionen aus genormten Teilen und Befestigungselementen wie Schraubzwingen. „Warten auf Rapunzel“ heißt seine Arbeit, ein Holzturm, neben dem drei ziemlich alberne männliche Figuren auf dem Boden sitzen – ohne Kopf, aber mit Erektion. Armes Rapunzel, was harret Dein? Lass Dein Haar lieber nicht herunter!
Eimo Cremer
Mischtechniken aus Malerei, Druckgrafik und Zeichnung auf MDF-Platten, Papiertüten oder Bütten hat Angela Kühner zur Ausstellung beigesteuert. Zarte Zeichnungen und sensible Farbflächen mit poetischen Titeln wie „Himmelspfad“, „Chaos und Gitter“, „Sterne“ und „Diamond“.
Johannes Hahn zeigt eine Serie von Fotos, faszinierende Alltagsszenen aus einer chinesischen Großstadt mit Menschengewimmel, Imbissbuden und schrillem Neonlicht. Da können seine beiden harmlosen, schematisch gezeichneten Berglandschaften nicht mithalten.
Die Bühnenbildnerin Beatrix von Pilgrim hat den letzten Raum besetzt, in dem sich dicht an dicht ihre „Siblings“ (Geschwister) drängen, schwarze Stative, deren jeweils staksige, dünne Beine auf weißen Bodenplatten zwischen Kabelgewirr ineinandergreifen. Ihre Lichter, mal grellweiße Punktstrahler, mal flackernde rote Flammen, scheinen miteinander zu konkurrieren und zu kämpfen.
Beatrix von Pilgrim