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Regine Nahrwold am 10. Januar 2018:

Nachruf auf Hans-Georg Assmann

Lange Haare, Bart, ganz in Schwarz, mit einer Krähe in der Hand – dieses Foto hat das Bild von Erscheinung und Persönlichkeit des Malers Hans Georg Assmann geprägt: ein schwieriger Mensch, (selbst-)zerstörerisch und voller Negativität. Doch der Meisterschüler von Malte Sartorius und Rudolf-Wilke-Preisträger der Stadt war einer der besten Künstler Braunschweigs. Seine ungegenständlichen Bilder gehen vom Körper aus: Knochen, Knorpel, Fleisch, Muskelstränge, Nervenbahnen, Haut… Leinwand und Papier, mit Öl, Acryl, Graphit, Kreiden, Gouache, Asphaltlack, Latexmilch bearbeitet, sollten Haut werden, organische Gewebe aus bald verdichteten, bald auflockernden Strichlagen, Röntgenbilder, deren Schichten diese Unendlichkeit auch in die Tiefe hinein suggerieren. Ausgangspunkt konnte ein menschlicher oder tierischer Körper sein oder der Leib der Erde, in den letzten Jahren vermittelt durch die medialen Bilder von Google Earth. Assmanns Arbeiten sollte man – so Paul Schuster in einem Katalog von 1990 – „nicht mit den Augen betrachten, sondern mit dem Körper; könnte der Körper sehen, wäre er Auge, dann würde er erschrocken-beglückt feststellen, dass alles stimmt.“

In den Abmessungen der Formate war Assmann der Bezug zum eigenen Körper wichtig; dieser war für ihn das Grundmodul des Bildes, 1:1, als Teil oder Vielfaches. Buntfarben brauchen seine Arbeiten nicht, es genügen Weiß, Schwarz, Grau- und Brauntöne, die nach Rot tendieren – die Farben von Licht und Schatten, von Erde und Inkarnat. Innerhalb dieses engen Spektrums schuf Assmann einen großen Reichtum an gleichsam farbigen Mischungen und Nuancen. Dabei gelang es ihm fast immer, den horror vacui in Schach und etwas weißen Grund frei zu halten, der von der umgebenden Zeichnung und Malerei mitgeformt wird und ihr gleichzeitig den nötigen Raum zum Atmen lässt.

Jede einzelne von Assmanns Arbeiten ist eine starke Individualität. Zugleich entstanden sie alle nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit: Jede einzelne bildet über die zugrunde liegende Idee und Struktur immer auch das Ganze ab. Jedes Individuum ist zugleich Fraktal, das zu einer Serie und zuletzt ins Gesamtoeuvre gehört. Eigentlich haben wir es also mit nur einem einzigen Bild zu tun. Anders gesagt: Mit jedem neuen Bild ging es wieder „nur“ darum, das Bild, das eine Bild zu schaffen. Dieser Punkt jedoch ist nicht erreichbar, und wenn doch, dann nur für einen kurzen, vergänglichen Moment. Dann muss das Ersehnte wieder vergehen oder zerstört werden. In diesem Sinne kreisen Assmanns Bilder alle um die leere Mitte, in der Alles oder Nichts sein kann. „Alles ist Rand“ ist ein Titel einer Arbeit – er könnte genau so gut lauten „Alles ist Zentrum“.

Am 31. Dezember ist Hans Georg Assmann im Alter von 67 gestorben. Möge er in seinem Zentrum angekommen sein.

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Regine Nahrwold am 21. Dezember 2017:

Konzert: Händels „Messias“ in St. Jacobi Braunschweig

Das „Halleluja“ war so prachtvoll und mitreißend durch seine Steigerungen in Tonhöhe und Lautstärke, durch Pauken und Trompeten, dass man schwer an sich halten musste, um nicht sofort loszuklatschen! Vielerorts ist es üblich, dass das Publikum sich für diesen Part von Georg Friedrich Händels „Messias“ erhebt – so wie König Georg II., der spontan aufgesprungen sein soll, worauf alle seinem Beispiel folgten. So glänzend wie dieser „greatest hit“ war das gesamte Oratorium in englischer Sprache, das der KonzertChor Braunschweig mit Mitgliedern des Staatsorchesters und hervorragenden Solisten unter der Leitung von Matthias Stanze am 3. Advent in St. Jacobi aufführte. Die gekürzte Fassung nahm noch immer zweieinhalb Stunden in Anspruch, doch von der einleitenden Sinfonia mit ihrem getragenen Auftakt, gefolgt von der Fuge (Melodie: Geigen, Oboen) bis zum abschließenden „Amen“ verging die Zeit wie im Fluge.

Der Chor sang sehr sicher, differenziert in der Lautstärke und mit klarer Artikulation. Auch die anstrengenden Koloraturen (“Denn es ist uns ein Kind geboren“) bewältigte er scheinbar mühelos, und das einheitliche Tempo mit dem Orchester war stets gegeben. Das im ganzen Werk häufig vorkommende Motiv der punktierten Noten, gefolgt von kurzen („Seht an das Gotteslamm“), gelang ihm ebenso rhythmisch präzise wie den Instrumentalisten. Ein Beckmesser, wer da bemängeln wollte, dass dem Sopran ein hohes A einmal etwas zu tief geriet. Anrührend „Fürwahr, er trug unsere Krankheit“ und „Kam durch einen der Tod“, wo choralartige a capella-Teile mit jubelnden, begleiteten Partien abwechseln und so Tod und Auferstehung gegenüberstellen.

Von den Solisten nahm als erster Matthias Stier (Tenor) für sich ein, mit der innigen Bitte „Tröstet mein Volk“. Die komplexen Verzierungen führte er ebenso fein aus wie später auch seine Kollegen. Furios die Arie „Du sollst sie … zerschlagen“ mit ihren Oktav-Sprüngen, frohlockend „Oh Tod, wo ist Dein Stachel?“, im Duett mit der Altistin Anne Schuldt. Deren Stimme erklang auch in den Tiefen voll und warm, so in „Oh du, der frohe Botschaft verkündet“ oder, zusammen mit Sopran, im wiegenden Dreierrhythmus von “Er weidet die Herd‘ wie ein Hirte“. Maximilian Krummen (Bariton) verlieh dem sehnsüchtigen Drängen des Volkes Israel zum Licht („Das Volk, das da wandelt“), dem Toben der Heiden und dem Triumph der Auferstehung („Die Trompete erschallt“) jeweils starken Ausdruck. Ekaterina Kudryavtsevas Sopran erhob sich strahlend in „Wie lieblich ist der Boten Schritt“, „Du, Tochter Zion, freue Dich“ und „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“.

Das Orchester musizierte in zügigen bis rasanten Tempi, von A bis Z voller Spannung, Dynamik und Präzision. Über dem zuverlässigen „Beat“ des Continuo entfalteten die Violinen ein virtuoses Spiel, imitierten lautmalerisch knallende Peitschenhiebe, Hohngelächter und das Entschwinden des Engels in die Lüfte.

Das Publikum dankte für dieses großartige Weihnachtsgeschenk mit begeistertem Applaus und „standing ovations“. Als Zugabe gab’s noch mal das „Halleluja“ – zum Mitsingen!

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Regine Nahrwold am 6. Dezember 2017:

Ausstellung: Georgia Sagri im Kunstverein Braunschweig

Erwartungsvoll öffnet man die Tor zur Villa „Salve Hospes“ – und prallt jäh auf eine Wand, die mit einem Ziegelsteinverbund bedruckt ist. Der Kunstverein – zugemauert? Doch rechts und links geht man um die Wand herum und steht nun mitten in der Rotunde. Die Wand sei programmatisch für ihre Kunst, erläutert Georgia Sagri, sie sei ein wenig so wie die, durch die sich das Liebespaar Pyramus und Thisbe, durch ein Loch flüsternd, heimlich verständigte: Trennung und Öffnung zugleich, eine Verbindung von Außen und Innen, öffentlichem und privatem Raum. Nach der Eröffnung am Freitag Abend führte die temperamentvolle, vor Elan übersprudelnde Griechin selbst durch ihre Ausstellung. Sie arbeitet auf den Gebieten Performance, Videoarbeit, Malerei, Fotografie, Objektkunst, Texte und Klänge. Gezeigt werden sieben große Skulpturen aus den letzten acht Jahren. Vernetzung, die Überwindung von Begrenzungen und die Auflösung von Dichotomien (etwa Idee – Objekt) sind für die heute in New York lebende Künstlerin zentrale Bestandteile ihres Schaffens. Das signalisiert auch das Logo, das sie für die Ausstellung entworfen hat: Ein dreidimensionales, verschlungenes Band aus Streifen von Zeitungspapier bildet einen Kreis, durchbricht diesen aber auch wieder. Sagri (geboren 1979 in Athen) stellte bereits in Zürich, New York, Berlin, Warschau, Basel, Istanbul und Lyon aus und beteiligte sich an der diesjährigen Documenta 14 mit ihrer Arbeit „Dynamis“: 28 Skulpturen und eine sechstägige Performance, die zeitgleich in Kassel und Athen aufgeführt wurde.

Wo in der Villa Räume symmetrisch zur Rotunde oder zum Gartensaal angeordnet sind, hat Sagri dies aufgegriffen: die zwei Teile der Installation „Documentary of Behavioural Currencies“ (2016), einem fragilen Ensemble aus Holz, Plastikfolie, Sand, Malerei, Plexiglas, Fotodrucken und Video stehen sich so gegenüber. Ebenso auf der Gartenseite die Skulpturen der Arbeit „Dynamis“, schwungvolle Silhouetten von stilisierten Körperteilen und Organen aus bemaltem Aluminium, die wie bunte Wolken an Ständern in der Höhe schweben und ihren Raum komplett ausfüllen; zwei weitere Gruppen im Garten beziehen den Außenraum mit ein. In „my first science fiction book, Religion“ (2015) begab Sagri sich auf die Suche nach einem Glaubenssystem, das die unterschiedlichen Religionen vereint. In einer achtstündigen Performance spielten Sufis, Juden, Christen und Muslime ihre traditionelle spirituelle Musik; die Künstlerin selbst führte dazu Gesten und Bewegungsrituale dieser Religionen vor. Der 3D-Film dieser Performance ist ebenfalls zu sehen, dazu, auf einem Wandbrett, Gesichtsmasken und kleine Plastiken.

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Regine Nahrwold am 29. November 2017:

Premiere: „Open House“ im Staatstheater Braunschweig

Hektisches Stroboskoplicht, dröhnende Popmusik. Die ersten Sätze werden in rasendem Tempo herausgeschrien. Dann Abbruch: „Wir fangen noch mal von vorne an.“ Ja, bitte, denkt man, und hofft, dass nun alles anders wird bei der Premiere von „Open House“ im Aquarium des Staatstheaters. Wird es aber leider nicht.

Drei junge Menschen in einer Wohngemeinschaft, einer durchgeknallter als der andere. Louis (Cino Djavid) hat seinen Kurs zur Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem nicht geschafft und ist weiterhin paralysiert von tausend Ängsten: Klimakatastrophe, vergiftete Lebensmittel, mächtige Großkonzerne, Vorstellungsgespräche – schier alles versetzt den Allergiker in Panik. Ein ganzer Haufen zerknüllter Zeitungen türmt sich schon vor ihm auf. Zu allem Unglück tyrannisieren ihn Telefon und Kühlschrank mit einem Sprachmenü („Bei Existenzangst wählen Sie bitte die Tonwahltaste…“) Louis‘ Devise: „Hoffnung ist nur die Unfähigkeit, der Realität ins Auge zu sehen.“ Selbst als Clown – mit Gaumenzäpfchen-Luftballon – versagt er kläglich, weil er den Kindern zwanghaft die Gefahren dieser Welt erklären muss.

Anna (Gertrud Kohl) flüchtet vor ihren Depressionen in wechselnde Tierkostüme, denn wenn sie nicht verkleidet ist, spürt sie, wie der Eiter in ihr kursiert. Für den ersehnten Applaus übt sie, sich in eine Schachtel hineinzuquetschen. Dabei möchte sie so gerne mutig sein, etwa Charlotte so richtig die Meinung geigen, wenn die sie mal wieder herumkommandiert – Pustekuchen! Der wirklich starke Mensch, die bärtige Frau Helena vom Rummelplatz, die zu ihrem Makel steht, ist ihr großes Vorbild. Aber Anna ist zu schüchtern und harmoniebedürftig: „Liebe ist für alle da und steht immer ganz groß im Plural!“

Nur Charlotte (Yevgenia Korolov) scheint halbwegs normal zu sein. Doch ihr forsches Auftreten ist nur Fassade: „Ich sage ‚Mach den Abwasch!‘ und ‚Feg den Boden!‘, dabei meine ich ‚Liebe mich‘!’“ Das schicke neue Kleid für ihr Date hat sie sich umsonst gekauft: auch Lover Nummer 4 macht sich aus dem Staube. Charlotte beschließt: „Ab heute liebe ich mich selbst – bedingungslos!“ und bringt fortan Mensch und Tier qua Telepathie zum Explodieren. Aber wirklich glücklich macht das auch nicht. Und so träumt sie von einem Marsbewohner, der im Hinterhof landet und ihr zeigt, wie die Liebe geht…

Laut Ankündigung des Staatstheaters zelebrieren die drei „einen einzigen, beherzten und zutiefst begründeten Schrei nach Liebe.“ Ach, wenn es doch so wäre! Die Schauspieler, vor allem Gertrud Kohl, geben ihr Bestes, doch alle Figuren sind so schrill und werden von der Inszenierung noch weiter ins Extrem getrieben, dass man völlig ungerührt bleibt. Oder hat Regisseur Christopher Haninger bei diesem substanzlosen Stück des Frankokanadiers David Paquet einfach nur die Flucht nach vorn angetreten? Einzig das aus Kartons gezimmerte Bühnenbild und die zauberhaften Kostüme – Anna umgarnt Louis als Hummer – von Katrin Gerheuser sind ein Lichtblick.

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Regine Nahrwold am 17. November 2017:

Ausstellung „The Pale Afternoon“ von Olav Christopher Jenssen im Kunstverein Wolfenbüttel

Ein Netz von roten, blauen, grünen, orange- und türkisfarbenen Linien in variierender Strichstärke spinnt sich über die große Wand im Kunstverein Wolfenbüttel. Stets leicht gerundet, suggerieren sie gespannte Bögen oder das Herabhängen lockerer Fäden. Immer wieder treffen sie in einem zentralen Punkt zusammen und bilden größere oder kleinere, mal drei- und viereckige, mal längliche, spindelförmige Zellen aus. Diese lebendige Wandzeichnung „The First COLIBRI DRAWING for Wolfenbüttel“ hat der Künstler Olav Christopher Jenssen zusammen mit drei seiner Studierenden für seine Ausstellung „The Pale Afternoon“ geschaffen. Und der Name passt gut, strahlt doch die Zeichnung die farbenfrohe Leichtigkeit dieser Vögel mit ihren schwirrenden Flügeln aus.

Jenssen (geboren 1954 in Sortland/Norwegen, lebt in Berlin und in Lya/Schweden) zählt zu den renommiertesten Künstlern skandinavischer Herkunft. 1992 nahm er an der Documenta IX in Kassel teil. Seit 1996 war und ist er Professor für Malerei, bis 2003 an der HBK Hamburg, seit 2007 an der HBK Braunschweig. Er arbeitet ungegenständlich, vor allem auf den Gebieten Malerei und Zeichnung, die freilich in seinen Werken nicht voneinander zu trennen sind. Ihr Entstehungsprozess und das Moment der Zeitlichkeit ist Jenssens Arbeiten durch den bewegten Farbauftrag eingeschrieben. In dem großformatigen Ölbild „The Transmontane Painting No. 05“ (2017) hängen Büschel von struppigen, grünen Strichen und geschlängelte Linien vom oberen Bildrand herab in einen imaginären Farbraum hinein, dem weiße und schwarze Fläche Tiefe und Weite verleihen; ein sachtes Rauschen scheint diesen Farbraum zu durchziehen. Aus der Reihe „The Smaller Transmontane Painting No. 02-05“ (2017) sticht ein helles Bild hervor, in dem streifig aufgetragenes Grau, … Den ganzen Beitrag lesen »

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Regine Nahrwold am 12. November 2017:

Ausstellung „the relativity of reflected realities“ von Marion Jungeblut im Kunstförderverein Schöningen

Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung: Marion Jungeblut arbeitet konzeptionell auf den Gebieten Malerei, Skulptur, Objekt, Installation – und Sprache. „The inner truth of the painting, of the object is the painting, the object as itself and has it’s own elastic reality“. So lautet ein Kernsatz der Künstlerin. Das erinnert an einen berühmten Satz der Minimal Art, den der amerikanische Maler Frank Stella in einem Interview mit der Zeitschrift ARTnews 1966 sagte: “All I want anyone to get out of my paintings is the fact that you can see the whole idea without any conclusion . . . What you see is what you see.” Elastisch, dehnbar, formbar ist für Marion Jungeblut die Realität des Kunstwerks insofern, als die individuelle Wahrnehmung der unterschiedlichen Betrachter sie in viele reflektierte Wirklichkeiten verwandelt und dadurch relativiert. „the relativity of reflected realities“ ist denn auch der Titel dieses Ausstellung.

liquid metal tales (2016)

Die Dekonstruktion des Objekts in der Rezeption der Betrachter, aber auch die Verflüssigung und das scheinbare Sich-auflösen fester Formen aus hoch glänzendem Kunststoff und Metall – mal hochglänzend, mal matt schimmernd oder mit rostiger Oberfläche – durch Farbe, Lichteinfall und Spiegelungen, durch Prozesse des Schmelzens und Korrodierens sind ebenso Jungebluts Thema wie das Spiel mit Sprache, mit der Konstruktion von Worten und ihren Bedeutungen. Beide Aspekte, den materiellen und den gedanklichen, verknüpft sie mittels Schrift: Buchstaben und Wortfolgen nehmen die Gestalt von Skulpturen aus Polycarbonat und Corten-Stahl an, in der Malerei materialisieren sie sich in Acrylfarbe….

Für den Bedeutungswandel bedient sich Marion Jungeblut gern des Anagramms, bei dem durch Umstellung der Buchstaben ein neues Wort entsteht. So etwa in der Arbeit REMOTE METEOR (ferner Meteor). Ein Pfeiler steht auf einer runden Scheibe, beides aus rostigem Cortenstahl. Der Kreis, gebildet aus mehreren Teilen in unterschiedlichen Rosttönungen, hat die Anmutung einer Landkarte oder einer Anordung von Feldern, wie man sie aus dem Flugzeug erblicken kann. Im Hohlraum des Pfeilers liegt ein echter Meteor – ein Stück Unendlichkeit von Zeit und Raum, kristallisiert in einem Augenblick, einem Brocken Gestein aus dem Weltraum, gelandet auf der Erde.

relativistic revelations one (2017)

Jungebluts neueste Arbeit relativistic revelations one von 2017 spielt mit den Worten “evolution” – “revolution” – “love”. Einem Ring aus Cortenstahl ist auf der Außenseite in Großbuchstaben das Wort REVOLUTION eingeschrieben. Der Wortteil EVOL durchbricht dabei den Hohlkörper des Rings plastisch und wird von innen in der Umkehrung und damit in Antithese zu “revolution” LOVE gelesen. Die drei Begriffe werden zum dem sich drehenden, geschlossenen Ring geformt, der die wörtliche Bedeutung von „Revolution“ („Umdrehung“) versinnbildlicht. Aus “Evolution” und “Revolution” wird “Love” als letzlich positive Utopie – eine Remiszenz an den “summer of love” 1967 und zugleich ein kunstvolles und hoch ästhetisches Objekt. (Bis 3.12.2017, Öffnungszeiten: Di und Fr 16-18 Uhr, Do 16-19 Uhr, So 11-13 Uhr)

 

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Regine Nahrwold am 10. November 2017:

Ausstellung „Poller und Persenning“ von Hermann Buß in St. Martini Braunschweig

Trüb und windstill sind der verhangene Himmel und das nur sacht bewegte Meer, der Horizont liegt tief. Grau in allen erdenklichen Nuancen ist die vorherrschende Farbe in den Ölgemälden von Hermann Buß, der seinen Bilderzyklus „Poller und Persenning“ nun in der Martinikirche zeigt. Die Nordsee ist die Welt des 1951 geborenen Malers aus Norden, der in Oldenburg Kunstpädagogik studierte und zwischenzeitlich auch zur See gefahren ist. Sein Blick auf die See ist nüchtern, realistisch und unsentimental: keine einsamen Sandstrände, wie Urlauber sie so lieben, keine schmachtenden Sonnenuntergänge, sondern Ansichten einer harten und kalten Arbeitswelt werden da in reizvollen Ausschnitten und Perspektiven präsentiert. Frachter und Fähren, Container und rostige Eisenträger, Aussichtstürme und asphaltierte Anlegestellen sind neben Himmel und Wasser die Hauptdarsteller dieser Szenerien. Nur selten erscheinen Menschen auf der Bildfläche, und wenn, dann sind es wetterfest vermummte Arbeiter. Das alles ist ehrlich und solide Malerei.

Doch als ob das nicht genügte, wird nun Metaphysisches hineininterpretiert. Man erfährt, dem Maler, der auch Altarbilder geschaffen hat, seien die starken Poller, an denen selbst die größten Schiffe sicheren Halt finden, und das Schützende der Persenning zu Metaphern für Barmherzigkeit und Gnade geworden – für ihn die Schlüsselwörter aus Luthers 95 Thesen. Nun, wenn das so wäre, müssten die Bildgegenstände in irgendeiner Form über sich hinausweisen, in eine andere, geistige Sphäre. Das ist aber nicht der Fall, und man möchte hinzufügen „Gott sei Dank!“, denn dann wäre es vielleicht kitschig geworden. Auch im Reformationsjahr muss man nicht alles und jedes krampfhaft auf Martin Luther beziehen.

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Regine Nahrwold am 8. November 2017:

Ausstellung: „Antipoden II“ in der Städtischen Ausstellungshalle

Thomas Schindler, Prometheus

Prometheus. Der Titan stahl den Göttern das Feuer, um es den Menschen zu bringen und damit – seine Name bedeutet „der Vorausdenkende“ – die Zivilisation. Zur Strafe wurde er ans wilde Kaukasusgebirge geschmiedet. Täglich kam ein Adler und fraß von seiner Leber, die anschließend wieder nachwuchs. Einer Variante des Mythos zufolge schuf Prometheus sogar aus Lehm die ersten Menschen. Auf einem Bild von Thomas Schindler ist – ganz schön anmaßend! – der Künstler selbst als der große Frevler an den Felsen gekettet, mit Malstock und Palette; mit ausgebreiteten Schwingen landet gerade der riesige Adler auf ihm. Doch von Leiden keine Spur: Der Mann ist anständig bekleidet mit Hose, blütenweißem Hemd, Sonnenbrille und karierter Kappe. Ebenso aufgeräumt wie seine Kleidung ist das ganze Bild: alles sauber gezeichnet und in bunten Farben koloriert, der Hintergrund erstrahlt in freundlichem Grün.

Thomas Schindler (geboren 1959) ist einer der drei Künstler, die unter dem Titel „Antipoden II“ in der Städtischen Ausstellungshalle eine Auswahl ihrer Werke aus den letzten 15 Jahren vorstellen. Die anderen beiden: Michael Heckert (geboren 1950) und René Havekost (geboren 1950). Alle drei studierten zwischen 1976 und 1983 an der HBK Braunschweig Malerei, bei Lienhard von Monkiewitsch, Alfred Winter-Rust, Peter Voigt und Hermann Albert. Man erinnere sich: Die 1980er Jahre waren die große Zeit der neuen figurativen Malerei eines Rainer Fetting und Helmut Middendorf, von Elvira Bach, Salomé, der „Mülheimer Freiheit“ und anderen – längst schon wieder ein Stück Kunstgeschichte.

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Regine Nahrwold am 6. November 2017:

Ausstellung „Transparenz“ von Nejla Gür in Hannover-Ahlem

Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung: Seit einiger Zeit beschäftigt Nejla Gür das Thema Lebensbahn, das sie auf langen Streifen und Fahnen von Malgrund gestaltet: Papier, Stoff und Folie, die sie mit Acylfarben bemalt. Dabei faszinieren sie vor allem Transparenz und Leichtigkeit des Materials, die Grenze zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem sowie die Tatsache, dass die Bahnen, wenn sie frei im Raum von oben herabhängen, zwei Seiten haben; außerdem lassen sie sich beliebig fortsetzen und verlängern. Auf ihnen finden wir Frauen in Booten, Frauen mit Kindern oder mit einem dicken Knäuel, aus dem sich der Lebensfaden entwickelt – und abgeschnitten wird. Neu sind die Motive von Schere und Messer als Symbole für Bedrohung. Ein besonders schönes Material ist ein zarter, heller, locker gewebter Baumwollstoff von der Rolle aus der Türkei (die Frauen dort nähen ihre Kopftücher daraus). Ihn bearbeitet die Künstlerin im Verfahren der Cyanotypie, nach der Daguerreotypie und Talbotypie das dritte Verfahren zur Herstellung von fotografischen Bildern, das 1842 entwickelt wurde und auf Eisen beruht. Die Künstlerin legte Gegenstände auf den vorbereiteten Stoff, das sich durch die Strahlung von Sonnenlicht cyanblau verfärbt, wobei die abgedeckten Partien als Fotogramm weiß ausgespart bleiben.

Auf Nejla Gürs blauen Stoffbahnen zeichnen sich die weißen Silhouetten einer großen Distel, von Handfeger, Kehrblech und Paddel ab, ganz verschwommen auch der Kopf des Bürgermeisters von Dikili (für ein scharfes Profil ist er nicht lange genug geblieben, er hatte es eilig). Das Blau ist die Farbe von Himmel und Meer und des Gewandes der schwangeren „Madonna del Parto“, der „Madonna der Geburt“. Die Künstlerin hatte das große Glück, dieses wunderbare Fresko auf einer ihrer Reisen selbst zu sehen. Piero della Francesco schuf es Ende des 15. Jhs. für die Apsis der Friedhofskapelle Santa Maria in Silvis in Monterchi, einer kleinen toskanischen Gemeinde, und der russische Regisseur Andrej Tarkowsky hat ihm in seinem Film „Nostalghia“ ein unvergessliches Denkmal gesetzt.

Weiterhin bringt Nejla Gür in ihre Arbeiten Texte von Gedichten und traurig-schönen türkischen Volksliedern ein, die Weggehen, schmerzliches Sich-trennen-müssen und die Sehnsucht besingen. (Martin Luther-Kirche, Wunstorfer Landstr. 50b, Hannover Ahlem)

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Regine Nahrwold am 31. Oktober 2017:

Museumsnacht im Braunschweigischen Landesmuseum

 

Joachim Mynsinger von Frundeck (Heike Pöppelmann)

„Sie dahinten, Sie können auch mal mehr nach vorn kommen, damit Sie hier was mitkriegen!“ Streng ist er mit seinem Publikum, der Herr Mynsinger von Frundeck. Für die Museumsnacht des Braunschweigischen Landesmuseums ist Direktorin Heike Pöppelmann höchstselbst in die Rolle des Kanzler von Herzog Heinrich dem Jüngeren geschlüpft. In Kurzmantel, Halskrause und federgeschmücktem Barett führt sie durch die Reformationsausstellung. Begeisterung blitzt ihr aus den Augen, als sie vom Leben des Kanzlers erzählt: geboren 1514 in Stuttgart, Jurastudium in Tübingen, Padua und Freiburg, dann Richter in Speyer, bevor er in die Dienste des katholischen Herzogs trat. Und wie war der so als Chef? „Naja, dass ich Humanist war, durfte ich nicht zu laut sagen, aber er war nicht so schlecht wie sein Ruf.“ Schwieriger sei es da mit seinem Sohn, dem Protestanten Herzog Julius gewesen: „Der hat die Lorbeeren für meine Arbeit geerntet, und mich kennt heute kein Mensch mehr!“ Zum Beispiel die Trennung von Verwaltung und Justiz, nach 1789 „Gewaltenteilung“ genannt – da war er seiner Zeit doch weit voraus! Der Kanzler weist auf ein Exemplar seines Gebetbuchs von 1590 (20 Auflagen!), für Katholiken und Protestanten gleichermaßen: „Man muss ja schließlich auch ans Geld denken.“ Ein Kupferstich zeigt ihn in einer Jacke, für deren Pelzfutter 40 Murmeltiere ihr Leben lassen mussten. Unterwegs begegnet man Eva von Trott, der Geliebten Herzog Heinrichs, die dieser in einem Scheinbegräbnis „verschwinden“ liess, um sie heimlich auf der Stauffenburg unterzubringen und mit ihr zehn uneheliche Kinder zu zeugen. Auf diese Dame ist der Kanzler gar nicht gut zu sprechen, Giftpfeile fliegen zwischen beiden hin und her. Dennoch empfiehlt er: „Gehen Sie auch mal zu ihr, dann wissen Sie, was ein liederlicher Lebenswandel ist!“

Eva von Trott (Ulrike Wendt-Sellin) und Hans Pelt (Torsten Poschmann)

Neben Mynsinger von Frundeck und Eva von Trott sind noch mehr „Geister der Vergangenheit“ in dieser Nacht unterwegs, um von den „geschwinden Zeiten“ im 16. Jahrhundert zu berichten: Kolumbus spinnt Seemannsgarn, mit Kopernikus schaut man in den Sternenhimmel, und mit Bürgermeister Jost Kale wandert man zum Benediktinerkloster Hinter Aegidien – soviel Leben war lange nicht im Museum! Im Foyer herrscht bei Renaissancemusik munteres Gewimmel. Fünf Biersorten warten auf ihre Verkostung, denn Bier – freilich mit wenig Alkohol – war damals das Hauptgetränk der Menschen, die Wasser als Quelle von Krankheiten fürchteten.

Im dritten Ausstellungsort St. Ulrici Brüdern dagegen geht es ruhig und meditativ zu: Im Chor erklingt sakrale Musik. Den Anfang machen die acht Sängerinnen der Frauenschola „Lux vivens“. Begleitet von mittelalterlichen Saiten- und Blasinstrumenten, einem Glockenspiel und einem kleinen Orgelpositiv tragen sie gregorianische Gesänge aus der Zeit Hildegards von Bingen vor. Die Melodien schweben klanglich rein im Kirchenraum. Faszinierend auch die tänzerischen Handbewegungen, mit denen Hans-Dieter Karras dirigiert. Er leitet auch die weiteren Konzerte des Schütz-Consorts und der Männerschola „Gregoriana“.

Hans Pelt (Torsten Poschmann) und Jost Kale (Mario Wenzel-Becker)

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