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6. Februar 2018

Ausstellung: Hanni Wurm im Kunstverein Wolfenbüttel

Am Anfang ist der Pinselstrich. Als breite, schwarz-weiße Wellenlinie aus Pappe, quer und längs an die Wände des Kunstvereins Wolfenbüttel geheftet, in Stapeln dagegen gelehnt, in eine Vase drapiert oder als Lesezeichen in einem dicken Buch dominiert er die Ausstellung „Wow so nice reflection“ von Hanni Wurm. In ihr kehrt die Künstlerin, die 2010 ihr Studium als Meisterschülerin von John Armleder an der HBK Braunschweig abgeschlossen hat, zurück zum Ausgangspunkt aller Malerei, von Kreativität an sich. Zugleich hat sie eine raumgreifende Kombination von Malerei und Installation geschaffen: Umgeben von besagten Pinselstrichen präsentiert sie ihre Bilder auf farbigen Wänden, dazu einige Objekte. Das Motiv ihrer Malerei bildet, neben einem Portrait und einer weiblichen Rückenfigur, in erster Linie die bewegte Farbe selbst, etwa in der landschaftlich anmutenden, leuchtend bunten Serie „Americana“ (Aquarell und Tusche). Doch vor allem die blaue Farbe hat es der Künstlerin angetan: Blau schlängelt sich, wogt, wallt und ballt sich wolkig zusammen. Da liegt die Assoziation an Himmel, erst recht an das Meer nahe.

Dieses ist nach dem griechischen Philosophen Thales von Milet der gemeinsame Urgrund alles Seins, der in ständiger Wandlung die Dinge aus sich hervorbringt und wieder in sich zurücknimmt; alle Materie ist unvergänglich, das Wasser bildet den Urstoff für alle Erscheinungen in der Welt, und – so kann man hinzufügen – ist damit das kreative Element an sich, sozusagen der erste Künstler. Dazu die Kunstwissenschaftlerin Lisa Grolig in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung: „Diesen Moment, an dem nichts festgeschrieben und alles möglich ist, nutzt Hanni Wurm und schafft Neues. Das, was normalerweise flüchtig und schwer greifbar wirkt, das Meer ist beispielsweise immer in Bewegung, der Pinselstrich meist Mittel zu Zweck eines übergeordneten größeren Ganzen, diese flüchtigen Momente hält Hanni Wurm fest und arbeitet an ihnen weiter (…) In dieser Welt haben wir ein Zimmer mit Meerblick, unbebaubare Sicht bis zum Horizont (…) haben wir Zeit und können uns vom Alltag erholen.“ Da kann man nur sagen: Wow, so nice, this reflection! (Bis 18.2, Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 1, 38300 Wolfenbüttel, Öffnungszeiten: mi. bis fr. 16–18 uhr, sa. und so. 11–13 uhr)

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3. Februar 2018

Ausstellung: „Jenseits des Sichtbaren. Fotografische Erzählung als Spur“ im Museum für Photographie

Louisa Clement, not yet titled, 2011, Inkjetprint, © Louisa Clement / Wentrup Gallery, Berlin

Eines Nachts landeten die Künstler Ernst Mitzka und Sigmar Polke nach einer feucht-fröhlichen Kneipentour in Hamburg nicht etwa in Mitzkas Wohnung, sondern – in der seines Nachbarn. (Die Türen waren sich so verdammt ähnlich!) Dieser, ebenfalls Künstler, begrüßte die Eindringlinge, gemeinsam zechte man weiter, bis Polke den Gastgeber fragte, ob er denn mit seiner Kunst auch Kohle mache? Ja, doch, durchaus. Worauf Polke den Kohleeimer ergriff und über die Radierungen entleerte. Tags drauf kehrten er und Mitzka ernüchtert und reumütig zurück, um den Schaden mit der „Waschung der Lineale“ wieder gut zu machen. Aus Polkes Fotos von der Aktion entstand 1972 die gleichnamige Serie von sieben schwarzweißen Silbergelatineprints auf Barytpapier. Sie ist, unter anderem, zu sehen in der neuen Ausstellung „Jenseits des Sichtbaren. Fotografische Erzählung als Spur“ im Museum für Photographie.

Curtis Anderson, No Smoking Gun #14, 2016, Gelatinesilberprint auf Baryt

Polke ist die älteste der dort vertretenen fünf Positionen und zugleich Vorbild und Bezugspunkt für die jüngeren Künstler. „Fotografische Erzählung als Spur“: Dieses Konzept von Fotografie verfolgt, anders als die dokumentarische Auffassung des Mediums, nicht das Festhalten eines besonderen Moments als nun historischen, den (vermeintlichen) Beweis des „So ist es gewesen“, sondern die Subjektivität der Wahrnehmung, die Spuren der Zeit oder des gestalterischen Eingriffs in das Bild beim Fotografieren, Entwickeln oder nachträglichen Bearbeiten der Abzüge, digital oder mit Malerei und Zeichnung. Oft werden dazu enge Ausschnitte, Vergrößerungen und Unschärfe als Mittel des Verfremdens gewählt, etwa bei Polke, Curtis Anderson und Louisa Clement. Die von Polke geprägte Clement (geb. 1987 in Bonn) zeigt mit dem Smartphone in Zügen aufgenommene Close-ups, die Bänke, Tische, Türen, Fenster zu einer Art Farbfeldmalerei abstrahieren – sehr ästhetisch bis fast schon geschmäcklerisch. Beeindruckend sind ihre Aufnahmen von Waffen, die deren Gefahrenpotential mit ihrer verführerisch schönen Oberfläche kontrastieren. Anderson (1956 geb. in den USA) hat in seiner Folge „no smoking gun“ (Übertragung ins Deutsche etwa „keine Beweisstücke“) die Spuren eines Brandes in seinem Haus festgehalten – Ruß, zersprungenes Glas, abgeplatzten Putz – und darin faszinierende graphische Strukturen sichtbar gemacht.

Owen Gump, aus der Serie Promontory,2007, Gelatinesilberprint © Owen Gump/ Courtesy Owen Gump und BQ, Berlin

Die feinen Landschaftsbilder von Owen Gump (geb. 1980 in Kalifornien), aufgenommen in Kalifornien und Utah, wirken unprätentiös und ganz klassisch-traditionell, stellen jedoch, ohne vordergründig kritisch zu sein, die subtilen Zeichen der landschaftlichen Veränderung vor. Anna Vogel (geb. 1981 in Herdecke), die ebenso wie Clement unter anderem bei Andreas Gursky studierte, überarbeitet ihre eigenen oder im Internet vorgefundene Fotografien oft digital oder auch materiell. Ihre Landschaften werden von mysteriösen Wolken beherrscht; sie stammen von Löschflugzeugen, die selbst nicht im Bild zu sehen sind, und wirken so umso bedrohlicher. Die Serien „New Cities“ und „Trilobiten“ (versteinerte Gliederfüßer aus dem Paläozoikum) sind mit einem zarten Netz von Tuschelinien überzogen. Eine interessante, vielfältige und schöne Ausstellung. (Bis 8.4.2018, Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr)

Anna Vogel, Ignifer III, 2012, Pigment-Print/MDF, Privatsammlung/Courtesy Conrads, Düsseldorf, © Anna Vogel

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30. Januar 2018

Ausstellung: Kota Ezawa in der HBK Braunschweig

Kunstklau in der Hochschule für Bildende Künste! Doch keine Panik: Nur in der virtuellen Realität wird hier gestohlen. In der Ausstellung „The Crime of Art (Cadavre Exquis)“ zeigt der Multimedia-Künstler Kota Ezawa (geboren 1969 in Köln), ehemaliger Meisterschüler von Nam June Paik, Associate Professor für Medienkunst am California College of the Arts in San Francisco und zur Zeit DAAD-Gastwissenschaftler an der HBK Braunschweig, seine Video Installation “The Crime of Art”, auf drei Kanälen auf drei Wände in das Dunkel des Raumes projiziert. Sie ist ein Zusammenschnitt von fünf Kinofilmen, in denen Kunstobjekte auf verschiedene Art und Weise geraubt werden: The Thomas Crown Affair, Topkapi, Entrapment, How to Steal a Million und The Hot Rock. Da schwebt ein Räuber im Museum des Topkapi-Palasts von Istanbul über einer Vitrine mit einem juwelengeschmückten Dolch, um selbige mittels Saugglocken anzuheben. Ein Gemälde von Claude Monet verschwindet klammheimlich in einem Aktenkoffer, und Rembrandts „Bathesba im Bade“ wird aus dem Rahmen geschnitten, zusammengerollt und per Post nach Kuala Lumpur verschickt. Eine Diebin ist gebannt in den Anblick einer antiken, goldenen Maske versunken, und eine Männerhand ergreift eine kostbare Statuette von Benvenuto Cellini. Museumswärter stehen entsetzt vor einem leeren Sockel, Räuber flüchten über Dächer, und ein Hubschrauber landet auf einem Hochhaus.

Der besondere Witz daran: Die filmischen Bilder hat Ezawa in Malerei übertragen, reduziert auf große, monochrome Flächen in bunten Farben, etwa so wie in den Portraits des Pop-Artisten Alex Katz. In Außen- und Innenräumen, die in rasanten Perspektiven und reizvollen Anschnitten wiedergegeben sind, erscheinen einzig und allein die Objekte der räuberischen Begierde, die Kunstwerke, als fotografische Abbilder. In der comicartig flachen Umgebung erscheinen sie so umso auratischer und begehrenswerter.

Über sich selbst sagt Kota Ezawa: „Obwohl ich selbst ein Maler des digitalen Zeitalters bin, identifiziere ich mich eher mit einem Kunstdieb als mit einem klassischen Maler.“ Und: „Man könnte sagen, dass diese Arbeit als eine Art Selbstportrait fungiert, in der ich mich als digitaler Kleinkrimineller oute.“ Da möchte man lieber nicht so genau nachfragen, was der Künstler im wirklichen Leben so alles macht! Doch alles halb so wild: „Ich kopiere Bilder aus Kunstkatalogen, dem Fernsehen und dem Internet, verfremde sie und zeige sie dann in ihrer neuen Form.“ So auch im Leuchtkasten „Empty Frame“, der motivisch auf einen legendären und noch ungeklärten Kunstraub 1990 im Isabella Stewart Gardner Art Museum hinweist und eigens für die Ausstellung in der Hochschulgalerie geschaffen wurde. (Bis 2. Februar, Hochschule für Bildende Künste, Johannes Selenka-Platz, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 13 – 18 Uhr)

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10. Januar 2018

Nachruf auf Hans-Georg Assmann

Lange Haare, Bart, ganz in Schwarz, mit einer Krähe in der Hand – dieses Foto hat das Bild von Erscheinung und Persönlichkeit des Malers Hans Georg Assmann geprägt: ein schwieriger Mensch, (selbst-)zerstörerisch und voller Negativität. Doch der Meisterschüler von Malte Sartorius und Rudolf-Wilke-Preisträger der Stadt war einer der besten Künstler Braunschweigs. Seine ungegenständlichen Bilder gehen vom Körper aus: Knochen, Knorpel, Fleisch, Muskelstränge, Nervenbahnen, Haut… Leinwand und Papier, mit Öl, Acryl, Graphit, Kreiden, Gouache, Asphaltlack, Latexmilch bearbeitet, sollten Haut werden, organische Gewebe aus bald verdichteten, bald auflockernden Strichlagen, Röntgenbilder, deren Schichten diese Unendlichkeit auch in die Tiefe hinein suggerieren. Ausgangspunkt konnte ein menschlicher oder tierischer Körper sein oder der Leib der Erde, in den letzten Jahren vermittelt durch die medialen Bilder von Google Earth. Assmanns Arbeiten sollte man – so Paul Schuster in einem Katalog von 1990 – „nicht mit den Augen betrachten, sondern mit dem Körper; könnte der Körper sehen, wäre er Auge, dann würde er erschrocken-beglückt feststellen, dass alles stimmt.“

In den Abmessungen der Formate war Assmann der Bezug zum eigenen Körper wichtig; dieser war für ihn das Grundmodul des Bildes, 1:1, als Teil oder Vielfaches. Buntfarben brauchen seine Arbeiten nicht, es genügen Weiß, Schwarz, Grau- und Brauntöne, die nach Rot tendieren – die Farben von Licht und Schatten, von Erde und Inkarnat. Innerhalb dieses engen Spektrums schuf Assmann einen großen Reichtum an gleichsam farbigen Mischungen und Nuancen. Dabei gelang es ihm fast immer, den horror vacui in Schach und etwas weißen Grund frei zu halten, der von der umgebenden Zeichnung und Malerei mitgeformt wird und ihr gleichzeitig den nötigen Raum zum Atmen lässt.

Jede einzelne von Assmanns Arbeiten ist eine starke Individualität. Zugleich entstanden sie alle nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit: Jede einzelne bildet über die zugrunde liegende Idee und Struktur immer auch das Ganze ab. Jedes Individuum ist zugleich Fraktal, das zu einer Serie und zuletzt ins Gesamtoeuvre gehört. Eigentlich haben wir es also mit nur einem einzigen Bild zu tun. Anders gesagt: Mit jedem neuen Bild ging es wieder „nur“ darum, das Bild, das eine Bild zu schaffen. Dieser Punkt jedoch ist nicht erreichbar, und wenn doch, dann nur für einen kurzen, vergänglichen Moment. Dann muss das Ersehnte wieder vergehen oder zerstört werden. In diesem Sinne kreisen Assmanns Bilder alle um die leere Mitte, in der Alles oder Nichts sein kann. „Alles ist Rand“ ist ein Titel einer Arbeit – er könnte genau so gut lauten „Alles ist Zentrum“.

Am 31. Dezember ist Hans Georg Assmann im Alter von 67 gestorben. Möge er in seinem Zentrum angekommen sein.

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6. Dezember 2017

Ausstellung: Georgia Sagri im Kunstverein Braunschweig

Erwartungsvoll öffnet man die Tor zur Villa „Salve Hospes“ – und prallt jäh auf eine Wand, die mit einem Ziegelsteinverbund bedruckt ist. Der Kunstverein – zugemauert? Doch rechts und links geht man um die Wand herum und steht nun mitten in der Rotunde. Die Wand sei programmatisch für ihre Kunst, erläutert Georgia Sagri, sie sei ein wenig so wie die, durch die sich das Liebespaar Pyramus und Thisbe, durch ein Loch flüsternd, heimlich verständigte: Trennung und Öffnung zugleich, eine Verbindung von Außen und Innen, öffentlichem und privatem Raum. Nach der Eröffnung am Freitag Abend führte die temperamentvolle, vor Elan übersprudelnde Griechin selbst durch ihre Ausstellung. Sie arbeitet auf den Gebieten Performance, Videoarbeit, Malerei, Fotografie, Objektkunst, Texte und Klänge. Gezeigt werden sieben große Skulpturen aus den letzten acht Jahren. Vernetzung, die Überwindung von Begrenzungen und die Auflösung von Dichotomien (etwa Idee – Objekt) sind für die heute in New York lebende Künstlerin zentrale Bestandteile ihres Schaffens. Das signalisiert auch das Logo, das sie für die Ausstellung entworfen hat: Ein dreidimensionales, verschlungenes Band aus Streifen von Zeitungspapier bildet einen Kreis, durchbricht diesen aber auch wieder. Sagri (geboren 1979 in Athen) stellte bereits in Zürich, New York, Berlin, Warschau, Basel, Istanbul und Lyon aus und beteiligte sich an der diesjährigen Documenta 14 mit ihrer Arbeit „Dynamis“: 28 Skulpturen und eine sechstägige Performance, die zeitgleich in Kassel und Athen aufgeführt wurde.

Wo in der Villa Räume symmetrisch zur Rotunde oder zum Gartensaal angeordnet sind, hat Sagri dies aufgegriffen: die zwei Teile der Installation „Documentary of Behavioural Currencies“ (2016), einem fragilen Ensemble aus Holz, Plastikfolie, Sand, Malerei, Plexiglas, Fotodrucken und Video stehen sich so gegenüber. Ebenso auf der Gartenseite die Skulpturen der Arbeit „Dynamis“, schwungvolle Silhouetten von stilisierten Körperteilen und Organen aus bemaltem Aluminium, die wie bunte Wolken an Ständern in der Höhe schweben und ihren Raum komplett ausfüllen; zwei weitere Gruppen im Garten beziehen den Außenraum mit ein. In „my first science fiction book, Religion“ (2015) begab Sagri sich auf die Suche nach einem Glaubenssystem, das die unterschiedlichen Religionen vereint. In einer achtstündigen Performance spielten Sufis, Juden, Christen und Muslime ihre traditionelle spirituelle Musik; die Künstlerin selbst führte dazu Gesten und Bewegungsrituale dieser Religionen vor. Der 3D-Film dieser Performance ist ebenfalls zu sehen, dazu, auf einem Wandbrett, Gesichtsmasken und kleine Plastiken.

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17. November 2017

Ausstellung „The Pale Afternoon“ von Olav Christopher Jenssen im Kunstverein Wolfenbüttel

Ein Netz von roten, blauen, grünen, orange- und türkisfarbenen Linien in variierender Strichstärke spinnt sich über die große Wand im Kunstverein Wolfenbüttel. Stets leicht gerundet, suggerieren sie gespannte Bögen oder das Herabhängen lockerer Fäden. Immer wieder treffen sie in einem zentralen Punkt zusammen und bilden größere oder kleinere, mal drei- und viereckige, mal längliche, spindelförmige Zellen aus. Diese lebendige Wandzeichnung „The First COLIBRI DRAWING for Wolfenbüttel“ hat der Künstler Olav Christopher Jenssen zusammen mit drei seiner Studierenden für seine Ausstellung „The Pale Afternoon“ geschaffen. Und der Name passt gut, strahlt doch die Zeichnung die farbenfrohe Leichtigkeit dieser Vögel mit ihren schwirrenden Flügeln aus.

Jenssen (geboren 1954 in Sortland/Norwegen, lebt in Berlin und in Lya/Schweden) zählt zu den renommiertesten Künstlern skandinavischer Herkunft. 1992 nahm er an der Documenta IX in Kassel teil. Seit 1996 war und ist er Professor für Malerei, bis 2003 an der HBK Hamburg, seit 2007 an der HBK Braunschweig. Er arbeitet ungegenständlich, vor allem auf den Gebieten Malerei und Zeichnung, die freilich in seinen Werken nicht voneinander zu trennen sind. Ihr Entstehungsprozess und das Moment der Zeitlichkeit ist Jenssens Arbeiten durch den bewegten Farbauftrag eingeschrieben. In dem großformatigen Ölbild „The Transmontane Painting No. 05“ (2017) hängen Büschel von struppigen, grünen Strichen und geschlängelte Linien vom oberen Bildrand herab in einen imaginären Farbraum hinein, dem weiße und schwarze Fläche Tiefe und Weite verleihen; ein sachtes Rauschen scheint diesen Farbraum zu durchziehen. Aus der Reihe „The Smaller Transmontane Painting No. 02-05“ (2017) sticht ein helles Bild hervor, in dem streifig aufgetragenes Grau, … weiter…

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12. November 2017

Ausstellung „the relativity of reflected realities“ von Marion Jungeblut im Kunstförderverein Schöningen

Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung: Marion Jungeblut arbeitet konzeptionell auf den Gebieten Malerei, Skulptur, Objekt, Installation – und Sprache. „The inner truth of the painting, of the object is the painting, the object as itself and has it’s own elastic reality“. So lautet ein Kernsatz der Künstlerin. Das erinnert an einen berühmten Satz der Minimal Art, den der amerikanische Maler Frank Stella in einem Interview mit der Zeitschrift ARTnews 1966 sagte: “All I want anyone to get out of my paintings is the fact that you can see the whole idea without any conclusion . . . What you see is what you see.” Elastisch, dehnbar, formbar ist für Marion Jungeblut die Realität des Kunstwerks insofern, als die individuelle Wahrnehmung der unterschiedlichen Betrachter sie in viele reflektierte Wirklichkeiten verwandelt und dadurch relativiert. „the relativity of reflected realities“ ist denn auch der Titel dieses Ausstellung.

liquid metal tales (2016)

Die Dekonstruktion des Objekts in der Rezeption der Betrachter, aber auch die Verflüssigung und das scheinbare Sich-auflösen fester Formen aus hoch glänzendem Kunststoff und Metall – mal hochglänzend, mal matt schimmernd oder mit rostiger Oberfläche – durch Farbe, Lichteinfall und Spiegelungen, durch Prozesse des Schmelzens und Korrodierens sind ebenso Jungebluts Thema wie das Spiel mit Sprache, mit der Konstruktion von Worten und ihren Bedeutungen. Beide Aspekte, den materiellen und den gedanklichen, verknüpft sie mittels Schrift: Buchstaben und Wortfolgen nehmen die Gestalt von Skulpturen aus Polycarbonat und Corten-Stahl an, in der Malerei materialisieren sie sich in Acrylfarbe….

Für den Bedeutungswandel bedient sich Marion Jungeblut gern des Anagramms, bei dem durch Umstellung der Buchstaben ein neues Wort entsteht. So etwa in der Arbeit REMOTE METEOR (ferner Meteor). Ein Pfeiler steht auf einer runden Scheibe, beides aus rostigem Cortenstahl. Der Kreis, gebildet aus mehreren Teilen in unterschiedlichen Rosttönungen, hat die Anmutung einer Landkarte oder einer Anordung von Feldern, wie man sie aus dem Flugzeug erblicken kann. Im Hohlraum des Pfeilers liegt ein echter Meteor – ein Stück Unendlichkeit von Zeit und Raum, kristallisiert in einem Augenblick, einem Brocken Gestein aus dem Weltraum, gelandet auf der Erde.

relativistic revelations one (2017)

Jungebluts neueste Arbeit relativistic revelations one von 2017 spielt mit den Worten “evolution” – “revolution” – “love”. Einem Ring aus Cortenstahl ist auf der Außenseite in Großbuchstaben das Wort REVOLUTION eingeschrieben. Der Wortteil EVOL durchbricht dabei den Hohlkörper des Rings plastisch und wird von innen in der Umkehrung und damit in Antithese zu “revolution” LOVE gelesen. Die drei Begriffe werden zum dem sich drehenden, geschlossenen Ring geformt, der die wörtliche Bedeutung von „Revolution“ („Umdrehung“) versinnbildlicht. Aus “Evolution” und “Revolution” wird “Love” als letzlich positive Utopie – eine Remiszenz an den “summer of love” 1967 und zugleich ein kunstvolles und hoch ästhetisches Objekt. (Bis 3.12.2017, Öffnungszeiten: Di und Fr 16-18 Uhr, Do 16-19 Uhr, So 11-13 Uhr)

 

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10. November 2017

Ausstellung „Poller und Persenning“ von Hermann Buß in St. Martini Braunschweig

Trüb und windstill sind der verhangene Himmel und das nur sacht bewegte Meer, der Horizont liegt tief. Grau in allen erdenklichen Nuancen ist die vorherrschende Farbe in den Ölgemälden von Hermann Buß, der seinen Bilderzyklus „Poller und Persenning“ nun in der Martinikirche zeigt. Die Nordsee ist die Welt des 1951 geborenen Malers aus Norden, der in Oldenburg Kunstpädagogik studierte und zwischenzeitlich auch zur See gefahren ist. Sein Blick auf die See ist nüchtern, realistisch und unsentimental: keine einsamen Sandstrände, wie Urlauber sie so lieben, keine schmachtenden Sonnenuntergänge, sondern Ansichten einer harten und kalten Arbeitswelt werden da in reizvollen Ausschnitten und Perspektiven präsentiert. Frachter und Fähren, Container und rostige Eisenträger, Aussichtstürme und asphaltierte Anlegestellen sind neben Himmel und Wasser die Hauptdarsteller dieser Szenerien. Nur selten erscheinen Menschen auf der Bildfläche, und wenn, dann sind es wetterfest vermummte Arbeiter. Das alles ist ehrlich und solide Malerei.

Doch als ob das nicht genügte, wird nun Metaphysisches hineininterpretiert. Man erfährt, dem Maler, der auch Altarbilder geschaffen hat, seien die starken Poller, an denen selbst die größten Schiffe sicheren Halt finden, und das Schützende der Persenning zu Metaphern für Barmherzigkeit und Gnade geworden – für ihn die Schlüsselwörter aus Luthers 95 Thesen. Nun, wenn das so wäre, müssten die Bildgegenstände in irgendeiner Form über sich hinausweisen, in eine andere, geistige Sphäre. Das ist aber nicht der Fall, und man möchte hinzufügen „Gott sei Dank!“, denn dann wäre es vielleicht kitschig geworden. Auch im Reformationsjahr muss man nicht alles und jedes krampfhaft auf Martin Luther beziehen.

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8. November 2017

Ausstellung: „Antipoden II“ in der Städtischen Ausstellungshalle

Thomas Schindler, Prometheus

Prometheus. Der Titan stahl den Göttern das Feuer, um es den Menschen zu bringen und damit – seine Name bedeutet „der Vorausdenkende“ – die Zivilisation. Zur Strafe wurde er ans wilde Kaukasusgebirge geschmiedet. Täglich kam ein Adler und fraß von seiner Leber, die anschließend wieder nachwuchs. Einer Variante des Mythos zufolge schuf Prometheus sogar aus Lehm die ersten Menschen. Auf einem Bild von Thomas Schindler ist – ganz schön anmaßend! – der Künstler selbst als der große Frevler an den Felsen gekettet, mit Malstock und Palette; mit ausgebreiteten Schwingen landet gerade der riesige Adler auf ihm. Doch von Leiden keine Spur: Der Mann ist anständig bekleidet mit Hose, blütenweißem Hemd, Sonnenbrille und karierter Kappe. Ebenso aufgeräumt wie seine Kleidung ist das ganze Bild: alles sauber gezeichnet und in bunten Farben koloriert, der Hintergrund erstrahlt in freundlichem Grün.

Thomas Schindler (geboren 1959) ist einer der drei Künstler, die unter dem Titel „Antipoden II“ in der Städtischen Ausstellungshalle eine Auswahl ihrer Werke aus den letzten 15 Jahren vorstellen. Die anderen beiden: Michael Heckert (geboren 1950) und René Havekost (geboren 1950). Alle drei studierten zwischen 1976 und 1983 an der HBK Braunschweig Malerei, bei Lienhard von Monkiewitsch, Alfred Winter-Rust, Peter Voigt und Hermann Albert. Man erinnere sich: Die 1980er Jahre waren die große Zeit der neuen figurativen Malerei eines Rainer Fetting und Helmut Middendorf, von Elvira Bach, Salomé, der „Mülheimer Freiheit“ und anderen – längst schon wieder ein Stück Kunstgeschichte.

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6. November 2017

Ausstellung „Transparenz“ von Nejla Gür in Hannover-Ahlem

Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung: Seit einiger Zeit beschäftigt Nejla Gür das Thema Lebensbahn, das sie auf langen Streifen und Fahnen von Malgrund gestaltet: Papier, Stoff und Folie, die sie mit Acylfarben bemalt. Dabei faszinieren sie vor allem Transparenz und Leichtigkeit des Materials, die Grenze zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem sowie die Tatsache, dass die Bahnen, wenn sie frei im Raum von oben herabhängen, zwei Seiten haben; außerdem lassen sie sich beliebig fortsetzen und verlängern. Auf ihnen finden wir Frauen in Booten, Frauen mit Kindern oder mit einem dicken Knäuel, aus dem sich der Lebensfaden entwickelt – und abgeschnitten wird. Neu sind die Motive von Schere und Messer als Symbole für Bedrohung. Ein besonders schönes Material ist ein zarter, heller, locker gewebter Baumwollstoff von der Rolle aus der Türkei (die Frauen dort nähen ihre Kopftücher daraus). Ihn bearbeitet die Künstlerin im Verfahren der Cyanotypie, nach der Daguerreotypie und Talbotypie das dritte Verfahren zur Herstellung von fotografischen Bildern, das 1842 entwickelt wurde und auf Eisen beruht. Die Künstlerin legte Gegenstände auf den vorbereiteten Stoff, das sich durch die Strahlung von Sonnenlicht cyanblau verfärbt, wobei die abgedeckten Partien als Fotogramm weiß ausgespart bleiben.

Auf Nejla Gürs blauen Stoffbahnen zeichnen sich die weißen Silhouetten einer großen Distel, von Handfeger, Kehrblech und Paddel ab, ganz verschwommen auch der Kopf des Bürgermeisters von Dikili (für ein scharfes Profil ist er nicht lange genug geblieben, er hatte es eilig). Das Blau ist die Farbe von Himmel und Meer und des Gewandes der schwangeren „Madonna del Parto“, der „Madonna der Geburt“. Die Künstlerin hatte das große Glück, dieses wunderbare Fresko auf einer ihrer Reisen selbst zu sehen. Piero della Francesco schuf es Ende des 15. Jhs. für die Apsis der Friedhofskapelle Santa Maria in Silvis in Monterchi, einer kleinen toskanischen Gemeinde, und der russische Regisseur Andrej Tarkowsky hat ihm in seinem Film „Nostalghia“ ein unvergessliches Denkmal gesetzt.

Weiterhin bringt Nejla Gür in ihre Arbeiten Texte von Gedichten und traurig-schönen türkischen Volksliedern ein, die Weggehen, schmerzliches Sich-trennen-müssen und die Sehnsucht besingen. (Martin Luther-Kirche, Wunstorfer Landstr. 50b, Hannover Ahlem)

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