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6. Oktober 2018

Ausstellung „Im Auge des Spiegels“ von Jürgen Durner im Kunstverein Wolfenbüttel

Das erste Kunstwerk, das mittels eines Spiegels den Bildraum erweitert, ist „Die Hochzeit des Giovanni Arnolfini“ von Jan van Eyck aus dem Jahr 1434. Zahlreiche berühmte Gemälde, in denen Spiegel eine bedeutungsvolle Rolle spielen, sind seitdem entstanden. Was aber, wenn dieser Spiegel durchsichtig wird? Oder wenn das eigentlich Unsichtbare, die farblose Glasscheibe, zu spiegeln beginnt? Dann entstehen Bilder wie die von Jürgen Durner, dessen Ausstellung „Im Auge des Spiegels“ nun im Kunstverein Wolfenbüttel zu sehen ist.

Der 1984 in Nürnberg geborene Künstler studierte freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und an der Ecole des Beaux Arts in Paris. Unter anderem schuf er auch Bühnenbilder und Wandgemälde. 2002 und 2003 Arbeitsaufenthalte in New York und London. Achtmal wurde er mit einem Preis ausgezeichnet, zuletzt, 2010, mit dem Publikumspreis der 1. Triennale der Kunsthalle Schweinfurt.

„Das plane Glas hat eine Eigenschaft, die das gemalte Bild schon vorauswirft. So verdinglicht es sich in meiner visuellen Wahrnehmung als Malerei, während ich in die Abgründe seiner Transparenz blicke“, so Jürgen Durner. „Die Glasscheibe ist also der Bild-Macher, sie tut es eigentlich bereits ohne mich oder bewahrt das Bild für mich auf, bis ich es finde. Das Künstlerische besteht für mich in einer Art Verdichtung vorgegebener Themenzüge (…). D.h. Kunst kann für mich nur in einem Gebilde entstehen, das sich aufgrund von spielerischen und gestalterischen Prozessen in ein komplexes System entwickelt, ganz so, wie es die vielschichtigen Ebenen des an sich unsichtbaren Glases vorgeben.“

„Apple and Rose II“ von 2018 ist ein solches komplexes System: der Blick auf und durch eine Fensterscheibe in ein Arbeitszimmer, wo ein aufgeklapptes Notebook von Apple Macintosh auf dem Schreibtisch steht; im Hintergrund eine Tür, ganz vorn rechts, angeschnitten, eine Stuhllehne. Auf dem Fenster, der vordersten dieser hintereinander gestaffelten Raumebenen, schwebt die Spiegelung einer Rosenranke mit einer einzigen roten Blüte; sie wirft zugleich einen filigranen Schatten auf einen weißen Vorhang. Die Konturen sind unscharf, Innen- und Außenraum verschwimmen ineinander in einem flüchtigen, träumerischen Moment, der sich im Nu wieder auflösen wird… In „Oase“ von 2017 spiegelt sich ein Dschungel in mannigfaltigen Grüntönen in einer wogenden Wasserfläche.

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4. Oktober 2018

Ausstellung „Between Continuum“ von Jitka Hanzlová im Museum für Photographie Braunschweig

Aus der Serie Horse (2007-2014)

Sanft, fast demütig hält das Pferd den Kopf gesenkt, den Hals im Bogen gespannt. Und es ist weiß, so weiß… Sogar die langen Wimpern haben diese Farbe. Ein anderes Bild geht ganz nah an das Ohr des Tieres heran, jedes der weichen Haare im Inneren zeichnet sich vor dem Himmel ab. „Pferde waren mir immer wichtig“, erzählt Jitka Hanzlová auf dem Presserundgang. „Als Kind wollte ich unbedingt eins haben, aber Reiten war in der CSSR als aristokratisch verpönt. Mit 15 Jahren bekam ich dann die Gelegenheit, in einem Pferdestall als Pflegerin zu arbeiten. Da war ich dann immer mit 13 Pferden allein. Ich habe geschwiegen und die Körpersprache der Pferde wahrgenommen. Irgendwann habe ich dann begonnen, die Menschen so zu beobachten, wie ich die Pferde beobachtet habe, ihre Körpersprache.“ Horse (2007-2014) ist eine der vier Serien der in Essen lebende Fotografin, die nun unter dem Titel „Between Continuum“ im Museum für Photographie Braunschweig zu sehen sind.

Hanzlová wuchs im Dorf Rokytník in Ostböhmen auf. 1982 floh sie aus der Tschechoslowakei/CSSR nach Deutschland und studierte von 1987 bis 1994 Visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Fotografie an der Universität-Gesamthochschule Essen. Kurz nach 1990 kehrte sie erstmals nach Rokytník zurück und begann dort ein Langzeitprojekt, das 1994 zu ihrer Diplomarbeit wurde. Von 2005 bis 2007 hatte Hanzlová eine Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste Hamburg inne, seit 2012 ist sie Gastprofessorin an der Zürcher Hochschule der Künste.

In Rokytník, jenem ersten, inzwischen berühmten Langzeitprojekt (1990-1994), hat die Künstlerin Eindrücke aus ihrem Heimatdorf aufgenommen: Menschen, Tiere, Kinder, Wäsche auf der Leine, ein Haus im Schnee; ein Junge tanzt auf der Wiese mit einem Schaf. Mit zärtlichem Blick hat sie durch die (analoge) Kamera ein unsentimentales Idyll erschaut und Bilder in weichen, etwas verwaschenen Farben geschaffen. Zu der Serie wird hier erstmals ein ebenfalls damals entstandener Film gezeigt. „Ich gehe zurück zur Vergangenheit, um in die Zukunft zu schauen“ lautet ein viel zitierter Satz von Hanzlová, und sie ergänzt ihn: „Man muss erst einen Bruch mit der eigenen Vergangenheit vollziehen, eine Distanz zu ihr finden, um sie dann wieder neu entdecken. Wenn man zurückkehrt, ist das fast wie ein Konflikt.“

Die Bilder der Folge Forest (2004–2006) sind keine realistisch-abbildenden Aufnahmen vom Wald, sondern traumartige, meist nächtlich-dunkle Bilder von großer poetischer Kraft. „Sie kommen aus dem tiefen Inneren, so wie von einer Hand, die in einem Handschuh steckt“, schrieb der Kunstschriftsteller John Berger dazu. Auf die Frage, ob es eine Beziehung ihrer Fotografie zur Malerei gebe, antwortet Hanzlová: „Das müssen die Kunsthistoriker sagen. Ich selbst gehe nie von Bildern aus. Es gibt ein wunderbares Buch von Alfred Renger-Patzsch über Bäume, das schönste Buch, das ich kenne. Das habe ich damals immer wieder angesehen. Aber irgendwann habe ich es weggelegt und den Weg zu den Bildern in meinem eigenen Inneren gefunden.“ Der Anblick einer alten Birke im Mondschein war der Auslöser dafür.

Und schließlich die Reihe Vanitas: Vor schwarzem Grund erscheinen wie farbige, fragile Skulpturen einzelne verwelkende Blüten, direkt von vorn oder von oben aufgenommen: ein von Samenfäden umschwirrter Löwenzahn, eine aufgebrochene Sonnenblume, eine vertrocknete Hortensie… Mittendrin eine Spinne, deren Faden seit alters ein Symbol für die verrinnende Zeit ist. Inmitten des Verfalls offenbaren die Blumen eine ganz eigene Schönheit – „Between Continuum“.

Toll, dass es dem Museum für Photographie gelungen ist, diese große Künstlerin für eine Ausstellung in Braunschweig zu gewinnen! (Bis 2.12. Museum für Photographie Braunschweig, Helmstedter Straße. Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr. Dazu wird ein umfangreiches Begleitprogramm geboten. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit der Städtischen Galerie Wolfsburg, wo weitere Arbeiten von Jitka Hanzlová gezeigt werden. u.a. Portraits.)

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21. September 2018

Ausstellung „Kreuzgang“ von Wolf Menzel im Altstadtrathaus

Das 2 Meter hohe, 6 Meter lange Gemälde zeigt eine Zimmerwand mit gemusterter Tapete. Darauf „hängen“, als Trompe-l’œil gemalt, Bildzitate aus Geschichte, Fotografie, Film und Malerei der Zwanziger Jahre. Es beginnt mit der Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann und der Ausrufung der freien sozialistischen Republik durch Karl Liebknecht, beide Ereignisse fielen am 9. November 1918 zusammen. Es folgen unter anderem Bilder von Lotte Laserstein, Käthe Kollwitz, George Grosz; zum Abschluss ein Foto von Otto Wels bei seiner Rede gegen das Ermächtigungsgesetz 1933. Unten kriecht – vielleicht von frühen Stummfilmen inspiriert – unheilvoll ein schwarzer, sich immer weiter aufrichtender Schatten heran, um endlich als Adolf Hitler vor einer geöffneten Tür zu stehen. (Warum nur betrachtet er ein Ei in seiner Hand?)

Das Gemälde ist Teil des Projekts „Kreuzgang: Vom Suchen und Finden der Deutschen“, an dem der Maler Wolf Menzel seit November 2014 arbeitet. Menzel, der sich selbst „Bildermacher“ nennt, lebt und arbeitet seit den 1980er Jahren in Braunschweig, wo er seit 2010 Kunst- und Kulturprojekte im öffentlichen Raum entwickelt. Eine ähnliche Bildcollage wie hier hatte er bereits zum Jubiläumsjahr 2013 gemeinsam mit seinem Kollegen Martin Seidel geschaffen. Sein Bilderzyklus „Kreuzgang“ behandelt in vier Bildwänden die deutsche Geschichte von der Weimarer Republik über die Zeit des Nationalsozialismus und das geteilte Deutschland bis zur Gegenwart nach der Wiedervereinigung. Geplant ist offenbar, die vier Teile zu einem Innenraum zusammenzusetzen, der den Betrachter wie ein Panorama umgibt. Und warum heißt das Ganze „Kreuzgang“? Dazu der „Bildermacher“ selbst: „Ein Kreuzgang ist ein baulicher Teil eines Klosters, einst ein Ort des Lernens, des Lehrens und der Einkehr. Der Kreuzgang jedoch beschreibt die Gangart eines jeden landlebenden Wirbeltiers. Zusammengefasst bilden beide Erklärungsmodelle für mich die Essenz vom Suchen und Finden, der Bewegung im Aufbruch, des Lernens, der Einkehr und der daraus abzuleitenden Lehre.“

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12. September 2018

Ausstellung „Somewhere Safer“ von Camille Blatrix in der Remise des Kunstvereins

Dass zeitgenössische Kunst in nahezu leeren Räumen präsentiert wird, daran ist man ja seit langem gewöhnt. Aber so leer wie bei der Installation „Somewhere Safer“ von Camille Blatrix war, scheint’s, die Remise des Kunstvereins schon lange nicht mehr. „Somewhere Safer“ ist die erste institutionelle Einzelausstellung des 1984 in Paris geborenen Künstlers, der an der École nationale supérieur des beaux-artes de Paris studierte und dessen Arbeiten schon in Paris, San Francisco, New York und Zürich gezeigt wurden. Während im Haupthaus des „Salve Hospes“ sinnliche Malerei – bunt und plakativ von Ida Ekblad, in feinen gebrochenen Nuancen von Leda Bourgogne – zu sehen ist, präsentiert Blatrix im Nebengebäude – eine konzeptuelle Kopfgeburt. Doch der Reihe nach.

Zunächst die Bestandsaufnahme: Was ist zu sehen? Der kleine Durchgangsflur der Remise ist mit grünem, von Mahagoni-Leisten eingefasstem Teppichboden ausgelegt; ein Spiegel hängt dort, auf die Innenseiten des Rahmens sind brennende Kerzen gemalt. Im Hauptraum eine „Mauer“ aus drei neuen, verschlossenen Pappkartons; dahinter ein kunstvolles skulpturales Objekt aus Holz und Kunststoff, das mich an einen großen Schuhlöffel oder auch einen Ski erinnert; an einem Ende ist ein winziger Strauß vertrockneter Kornähren angebracht. An der Wand daneben hängt ein Intarsien-Bild, auf dem das Wort AND zu lesen ist. Die Fensterrahmen dieser Wand sind samt Griffen in den matten Naturfarben Braun und Beige übermalt. An der Wand gegenüber hängt ein weiteres sehr ästhetisches Objekt, eine Art Zwitter zwischen Blume und Propeller, dem mit lautem, den ganze Raum füllendem Zischen Luft entströmt. Zudem ertönt leise Musik aus dem dritten, verschlossenen Zimmer des Gebäudes. Geht man außen herum, sieht man: Das Fenster zu diesem Raum ist mit einem Mahagoni-Brett vernagelt, und die Scheiben sind mit spiegelnder Folie überzogen. Die Musik – Whitney Houstons Schmachtfetzen „I will always love you“ – ist hier draußen laut und deutlich zu vernehmen.

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24. August 2018

Ausstellung „Idee – Abdruck“ in der Jakob Kemenate

„Das Tolle an der Kunst ist: Man kann sich auf einem Gebiet semiprofessionell betätigen und die Dinge aus einer anderen Perspektive wahrnehmen“, sagt Christof Mascher. Der Künstler (geb. 1979) studierte an der Fachhochschule Hannvoer sowie an der HBK Braunschweig und schloss als Meisterschüler von Walter Dahn ab. Zusammen mit Judith Dilchert, Hans Wesker und Clemens von Reusner erhielt er im vergangenen Jahr eins der drei Stipendien „Idee“ und „Abdruck“, die die Braunschweigische Stiftung schon zum dritten Mal an bildende Künstler aus der Region vergab. Ihre Ergebnisse präsentierten die vier am letzten Wochenende in einer Ausstellung in der Jakob Kemenate, kuratiert von der Kunsthistorikerin Anne Mueller von der Haegen. Marcus Körber, Kurator an der Städtische Galerie Wolfsburg, sprach in einem „Artist Talk“ mit den Künstlern über ihre Arbeit und ihre Vorhaben.

Mascher ist ein Hans Dampf in vielen Gassen: Malerei, Zeichnung, Keramik, Teppichknüpferei. Er liebt es, sich treiben zu lassen, zu spielen, zu experimentieren und aus Fehlern kreatives Kapital zu schlagen. Dazu gab ihm das Werkstipendium „Abdruck“, das in Kooperation mit der Städtischen Galerie Wolfsburg verliehen wird, reichlich Gelegenheit: Er hat sich in der Druckwerkstatt im Schloss Wolfsburg erstmals mit der Lithographie auseinandergesetzt und dabei auch die Tücken dieser komplexen Technik kennengelernt. Es sind ihm gute Drucke von der Steinplatte gelungen, träumerisch-surreale Motive in knalligen Farben, die an seine Malerei und seine Aquarelle anknüpfen. Zudem entwarf er die Marke „Castle cat’s cask“, eine Schlosskatze, die auf T-Shirts und einer Whiskey-Edition prangt.

Von ihrer nie nachlassenden Lust, Dinge zu entdecken, sprach die Bildhauerin Judith Dilchert (geb. 1984). Sie studierte an der HBK Braunschweig zuerst freie Kunst bei Bogomir Ecker, dann Kunstpädagogik. Kunst, Forschung und Vermittlung sind für sie untrennbar miteinander verbunden. „Ich laufe durch die Welt und nehme Formen auf, alltägliche Dinge, aber auch solche, die mir meine Schüler zeigen.“ Von ihrer Entdeckerlust zeugt vor allem ein Ensemble kleiner, drall-dynamischer, aus Luftballons gewonnener Gipsformen, das sie als ihr Skizzenbuch bezeichnet. Und es ist auch eine Lust, diese Familie verwandter Individuen Stück für Stück mit dem Auge abzutasten. Wie wichtig Dilchert Körperliches, Materialität und Oberflächen sind, beweist eine große Arbeit, die aus ihrem Skizzenbuch hervorgegangen sein mag. Sie erinnert an ein Molekül, einen Knochen, eine Hantel. Lange hat die Künstlerin an der Oberfläche geforscht, dabei sogar an Karamell gedacht. Entschieden hat sie sich schließlich für ein schwarzes Material, das feine Falten schlägt und an Haut erinnert.

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23. August 2018

Ausstellung „Surviving the FItness“ im Kunstverein Wolfenbüttel

Chris Becher

COME CLOSER – folgt man dieser Aufforderung eines Leuchtkastens im Schaufenster des Kunstvereins Wolfenbüttel, blitzt es, die Fensterfront wird erhellt und zugleich mit ihr der neugierige Passant. Mit dieser Installation „Catch – Shoot – Release #1“ wollen die Künstlerinnen Anne Euler (geb. 1985) und Tina van de Weyer (geb. 1985) auf die heutige Reizüberflutung und die allgegenwärtige Videoüberwachung aufmerksam machen. Sie gehören zu den neun künstlerischen Positionen, die unter dem Titel „Surviving the Fitness“ präsentiert werden. Besonders tiefschürfend ist ihre Arbeit nicht, auch nicht die von Anneke Kleimann (geb. 1988). Deren knallgelbe Skulptur „Mü“, vorn Kugel, hinten Kegel, berührt den Boden in nur einem Punkt, in einem ständigen Balanceakt zwischen Stehen und Fallen, liegt aber meistens. Schon witziger ist Matthias Conradys (geb. 1988) Arbeit „Jetzt darf sich jeder nehmen“, die den Besucher animiert, Drucke, Zeichnungen und putzige Stickbildchen des Künstlers auf einem Schwarzweiß-Kopierer zu reproduzieren und mittels Signaturstempel zum Original zu erklären. Angezogen wird man sofort von Chris Bechers (geb. 1990) wandfüllender Arbeit „Our Daily Projections (AT)“. Sie führt Video, Sprache, Text und Fotografie collageartig zusammen, setzt sich mit der 150-jährigen Tradition der Vermarktung von Seifen in Indien auseinander und thematisiert die koloniale Denkart und Stereotypisierung auf diesem Gebiet.

Matthias Conrady
In der interaktiven Installation „Gewächs“ von Jens Isensee (geb. 1981) sprießt eine abstrakte Wucherung auf einem Bildschirm. Mit Hilfe eines Bewegungssensors dehnt sie sich mit wachsender Entfernung des Betrachters aus und schrumpft beim Näherkommen wieder, wird also von ihm gesteuert. Almut Elhardt (geb. 1977) hat sich für die Arbeit „changed condition“ in die Lebensumstände eines XP (Xeroderma Pigmentosum) Patienten versetzt. Unter den Lebensbedingungen der Mondscheinkrankheit, abgeschottet vom UV-Licht der Sonne, entstanden Fotografien, die, jeweils reduziert auf ihren durchschnittlichen Farbwert, 3761 Farbfelder bilden.

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23. August 2018

Ausstellung „Trotzköpfe“ von Denis S. Rose im Allgemeinen Konsumverein

„Was entsteht, ist durchaus in einer Tradition des Figurativen, aber strikt unakademisch. Es gibt hier keine Couch, die dem Wahren, Schönen, Guten verpflichtet ist. Die Konfrontation mit dem Unschönen, Unguten, Unwahren trifft uns. Unerträglich. Die Welt ist keine Wohnung mehr. Punkt. Schock.“ Diese Sätze schrieb der verstorbene Kunstwissenschaftler und frühere Professor an der HBK Braunschweig, Georg Kiefer, vor genau 30 Jahren in einem Katalog zur Arbeit „Headaches“ von Denis Stuart Rose. Rose, den mit Kiefer eine konsequent linke Haltung verband, ist in Braunschweig ein Urgestein der figürlichen-politischen Kunst im Stile der Environments von Edward Kienholz. Der heute 64jährige Künstler, der an der HBK Braunschweig bei Roland Dörffler freie Kunst studierte, war hier 1976 Gründungsmitglied der Kunstkooperative Braunschweig, Geschäftsführer der Produzentengalerie KK im Fisch sowie des Atelierhauses Kunstasyl e.V. und gründete die Gruppe “Braunschweiger Schule der verlorenen Figur” mit. Nun zeigt er in einem „Short Cut“ im Allgemeinen Konsumverein seine „Trotzköpfe“, angekündigt als „Status nascendi und Status post mortem eines Werkkomplexes“. Denn die Köpfe, die Rose präsentiert, stammen alle von lebensgroßen Figuren, die er eigenhändig enthauptet hat, als er vor einiger Zeit sein Atelier räumen musste – ein schmerzlicher Akt, ein Schnitt ins eigene Fleisch. Aber es gibt das „Trotzdem“! Was zunächst einmal ein herber Verlust war, wendet sich in der schwarzen Raumbox im Galerieraum zur Quintessenz seines Schaffens. An den Außenwänden des Kubus lassen verkleinerte Ideenskizzen die Installationen, aus denen die Köpfe stammen, noch einmal lebendig werden.

Da ist zum Beispiel Ikarus. Fünfmal schuf Rose den tollkühnen Fliegenden, der sterben musste, weil er der Sonne zu nahe kam, einen davon als Selbstportrait. Materialien: Gips, Draht, PU-Schaum, Kleidungsstücke, Spannseide, Polyester, Holz, Gänsefedern, Lack und ein Kinderfahrrad. Fünf Gedichte begleiteten dieses Ikarus-Projekt, das Erich Mühsam gewidmet war. Des anarchistischen Schriftstellers, Publizisten und Antimilitaristen, der 1934 im KZ Oranienburg ermordet wurde, gedenkt Rose auch mit den „Trotzköpfen“.

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2. August 2018

Ausstellung: Robert Michel und Ella Bergmann-Michel im Sprengel Museum Hannover

Ella Bergmann-Michel, Ohne Titel, Holzschnitt, 1917

Rotierende Segmente von Zahnrädern, verwischtes Schwarz zeigt ihre Geschwindigkeit an. In der Mitte ein Druckmessgerät, ein Uhrwerk von kleineren Rädern drumherum. Von da aus strahlen in alle Richtungen schmale Streifen von Notenpapier aus. Man hört förmlich die ratternde Maschinenmusik. Einmontiert dazwischen Schrift: „Gustav Otto“, „1911“, „TIK TAK“, „allen voran Mannesmann“. Das „MANN-ES-MANNBILD“ (Collage und Tusche) schuf Robert Michel 1918/19, nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs, in dem die alte Welt- und Gesellschaftsordnung zerborsten war. Ihm liegt die Erfahrung der Moderne zugrunde, dass die Welt allenfalls noch in Fragmenten zu erfassen ist.

Robert Michel, Illustration zum Segelfliegerbuch O. Ursinus, Collage, Tusche und Deckweiß auf Papier, 1920/21

Seit 1988 befindet sich der Nachlass des Künstlerehepaars Robert Michel und Ella Bergmann-Michel mit weit über 2000 Werken als Dauerleihgabe im Sprengel Museum Hannover, der dokumentarische Nachlass wurde dem Museum als Schenkung übereignet. Nun hat Karin Orchard, die Leiterin der graphischen Sammlung, dem Paar erstmals eine gemeinsame Retrospektive ausgerichtet. Präsentiert werden etwa 250 Arbeiten aus allen Schaffensperioden und Medien, u.a. Zeichnungen, Druckgrafik, Collagen, Reklame, Architekturentwürfe, Fotografie und Film.

Robert Michel, Lok (Höhenflug), Feder und Aquarell auf Papier, 1923

Robert Michel, geboren 1897 in Vockenhausen im Taunus, verlebt seine Kindheit auf der Schmelzmühle, einer von vier Mühlen, die dem elterlichen Betrieb zur Herstellung von Schwärzen für die Farbindustrie angehören. Er begeistert sich für Flugzeuge und wird Pilot. Freiwillig meldet er sich an die Front und wird verwundet. Ella Bergmann, geboren 1895 in Paderborn, erhält in der Drogerie der Eltern früh die Möglichkeit, sich mit den chemischen und technischen Verfahren der Fotografie zu beschäftigen. Beide begegnen sich 1917 an der Großherzoglich Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar, wo noch der Einfluss von Henry van de Velde und Harry Graf Kessler wirksam ist. Sie heiraten 1919 und gehören zum Künstlerkreis um Johannes Molzahn, haben Kontakt zum „Sturm“-Galeristen Herwarth Walden in Berlin und zum neu gegründetem Bauhaus, dessen Lehrplan sie jedoch ablehnen. 1920 ziehen sie in die Schmelzmühle, ihr „Heimatmuseum of Modern Art“, wo Kurt Schwitters sie oft besucht.

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15. Juli 2018

Ausstellung „The Voids“ im Museum für Photographie

Was ist heute noch dokumentarisch an der Dokumentarfotografie? Wie hat sich dieses Genre unter dem Einfluss der Medien und des Digitalen verändert, wo realistisch wirkende „Fakes“ an der Tagesordnung sind? Vier Antworten auf diese Fragen geben die Preisträger des Förderpreises 11 Dokumentarfotografie der Wüstenrot Stiftung, deren Arbeitsergebnisse nun im Museum für Photographie gezeigt werden. Der Preis richtet sich an Fotografinnen und Fotografen, die sich mit Themen der realen Lebenswelt beschäftigen und mit zeitgenössischen Mitteln die Definition des Abbildcharakters der Fotografie reflektieren. Darin steckt bereits die Relativierung dessen, was einmal die Definition dieses Genres war: ein objektives Bild der Wirklichkeit wiederzugeben, was längst als unmöglich gilt. Geblieben sei allerdings, so die Leiterin des Museums, Barbara Hofmann-Johnson, die Erwartung an politische, soziale und gesellschaftliche Inhalte sowie eine sachlich-informative Bildsprache. Dass aber mehr und mehr die Subjektivität des eigenen Standpunktes thematisiert wird und sich Grenzen zwischen den Gattungen weiter auflösen, zeigt auch diese Ausstellung mit dem Untertitel „The Voids“ („Die Leerstellen“), in der nicht nur Fotografien, sondern auch Videos und eine Multimedia-Installation zu erleben sind.

Alina Schmuch / Franca Scholz

Alina Schmuch (geb. 1987, Berlin) besuchte für ihr Filmprojekt „We can“ mit ihrer Partnerin Franca Scholz Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Man sieht unter anderem Handwerker bei der Herrichtung der Gebäude, noch leere und schon bewohnte Räume, Gruppen von Helfern bei Besprechungen oder beim Sortieren von Kleiderspenden und eine Pegida-Demonstration in Dresden. Doch die Flüchtlinge selbst fehlen in diesen Bildern, man kann nur aus dem Gezeigten auf sie schließen. Ein nüchternes Zeitdokument zu einer der größten Herausforderungen Deutschlands in jüngster Zeit und gerade jetzt sehr aktuell.

Susanne Hefti

Susanne Heftis (geb. 1984, Zürich) Multimedia-Installation „Kosovo – A Truly Non-Affirmative Research“ spürt den Folgen der überstürzten Einführung des Kapitalismus und der Liberalisierung der Märkte nach dem Zerfall Jugoslawiens für die Gesellschaft des Kosovo nach. Bei einer Reise fielen ihr dort die vielen Tankstellen entlang der mit EU-Geldern bestens ausgebauten Straßen auf – viel zu viele für die wenigen Autos im Lande, und häufig fehlten die Preisangaben. Sie erfuhr, dass diese Tankstellen sehr oft der Tarnung krimineller Banden dienen, die etwa mit Menschen handeln und Geldwäsche betreiben. Funkelnagelneu, geradezu antiseptisch, wirken diese Gebäude in ihren kühlen analogen, dann digitalisierten Farbaufnahmen. Zu der Diashow spricht die Künstlerin tagebuchartig von ihren Eindrücken.

Malte Wandel

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6. Juli 2018

Ausstellung „365 years later“ in der Städtischen Galerie Wolfsburg

Kurator Markus Körber, Marlene Bart, Serena Ferrario, André Sassenroth

„Ich glaube, viele Menschen empfinden eine Leere, unternehmen aber nichts dagegen, sondern verhalten sich abwartend und sehen lieber dem Leben der anderen zu anstatt selbst aktiv zu werden.“ André Sassenroth erläutert seine Arbeit im Südflügel der Städtischen Galerie Wolfsburg, eine Tribüne mit 30 abgewetzten, orangefarbenen Plastik-Schalensitzen; irritierend eingepfercht und abgeschnitten wirkt sie, die man doch im Freien, in einem Stadion, erwartet, hier in dem geschlossenen Raum, den sie fast zu sprengen scheint. André Sassenroth (geb. 1979, Meisterschüler von Thomas Rentmeister), Marlene Bart (geb. 1991, Meisterschülerin von Wolfgang Ellenrieder) und Serena Ferrario (geb. 1986, Meisterschülerin von Wolfgang Ellenrieder) sind die drei Studierenden der HBK Braunschweig, die letztes Jahr mit dem Meisterschülerstipendium der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ausgezeichnet wurden. Gut zwölf Monate später stellen sie nun die künstlerischen Ergebnisse dieses Zeitraums in der gemeinsamen Werkschau „365 years later“ im Wolfsburger Schloss vor.

Sassenroths Arbeit gehört zu seinem Zyklus „Andtire Gallery“, einem Projekt, das man mit Joseph Beuys eine soziale Plastik nennen könnte. Er hat einen Lastwagen zum mobilen Ausstellungsraum umfunktioniert und ist damit sowohl als Künstler wie auch als Kurator in Erscheinung getreten. Die Tribüne war das vierte „Inlay“ des Lastwagens.

Ausgehend vom Phänomen der Kunst-und Wunderkammern des 16. und 17. Jahrhunderts mit ihren Artificialia und Naturalia sowie vom Gedanken des Archivs analysiert und dekonstruiert Marlene Bart verschiedene Ordnungs- und Sammlungssysteme. Ihre Arbeit „Derma“ (Haut) ist ein Ensemble aus verschiedenen Medien, in dem das Fundstück eines toten Marders eine wichtige Rolle spielt. Um das Tier abgießen zu können, musste sie es rasieren. Diesen Prozess zeigt ein Schwarzweiß-Video auf dem Boden, umgeben von einem Polygon aus Glasplatten, in denen sich die rätselhaften Bilder spiegeln. Der an einen Embryo erinnernde haarlose Marder wurde das Motiv dreier auf holografische Folie gedruckter Serigraphien. Neben zwei weiteren Graphiken präsentiert die Künstlerin in einem hohen Glas die Haut einer drei Meter langen Schlange – sehr faszinierend.

Serena Ferrario widmet ihre Installation „Lelita Ioana“ ihrer verstorbenen Großtante Ioana Radu. Sie war eine der bekanntesten Chansonsängerinnen Rumäniens, bis heute werden ihre Lieder gespielt. Auf Reisen nach Bukarest auf den Spuren ihrer Großtante und ihrer Familiengeschichte, durch Gespräche mit Verwandten und Menschen, die Ioana Radu noch als Sängerin kannten, hat Ferrario auch ihre eigene Rolle als Künstlerin reflektiert. Ihre in nostalgisches, schummriges Licht getauchte Installation wird dominiert von einem Video, das von Lichterketten, Goldfolie und figürlichen Wandzeichnungen umrahmt ist. Der Film zeigt rumänische Frauen, die hingebungsvoll Puppen kämmen – eine, so Ferrario, eigentlich kindliche, spielerische Beschäftigung, als die man auch ihr eigenes, künstlerisches Arbeiten empfinden kann.

Der Künstler und die Künstlerinnen haben die Zeit ihres Stipendiums gut genutzt. Möge dieser Impuls sie auf ihrem Weg auch weiterhin beflügeln!

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