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23. Oktober 2021

Ausstellung „Scene or Scenery“ im Kunstverein Wolfenbüttel

Foto: Gertrud Färber

Ein sehr dunkler Innenraum. Durch schmale Fenster fällt Licht auf eine glänzende Tischplatte; ein wuchtiger Ledersessel vor dem Tisch wird an seinen Lichtkanten sichtbar. Das Ganze ein winziges Polaroid in einem großen Rahmen. Wirklich? Beim zweiten Hinsehen erkennt man, dass es sich um eine veritable Zeichnung mit schwarzer Ölkreide auf weißem Papier handelt.

Kohlezeichnung von Steffen Kern (Foto: Gertrud Färber)

„Scene or Scenery?“ lautet die Frage zur Zeit im Kunstverein Wolfenbüttel. Unter diesem Titel zeigen Stefanie Hofer (geb. 1974) und Steffen Kern (geb. 1988), beide Meisterschüler von Karin Kneffel, Druckgraphik und Zeichnungen. „Scene“ ist in etwa mit „Ort, Schauplatz, Bühne“, „Scenery“ mit „Landschaft, Kulisse, Dekoration“ zu übersetzen. Eine Ambivalenz zwischen etwas Natürlich-Realistischem und etwas Künstlich-Fiktivem klingt in beiden Worten an. Und in eben dieser Ambivalenz sind die Arbeiten von Kern und Hofer zu verorten.

Stefanie Hofer: Materiality (2021), Aquatinta (Foto: Gertrud Färber)

Beide Künstler arbeiten meist im Medium des Schwarz-Weiß. (Kern zeigt auch einige farbige Zeichnungen.) Kerns Kohlezeichnungen stellen architektonische Ensembles und Interieurs dar, Hofers Aquatinta-Radierungen zeigen Parklandschaften. Sowohl die Zeichnungen als auch die Druckgraphiken wirken auf den ersten Blick so realistisch, dass man sie für Fotografien halten könnte. Doch verflüchtigt sich dieser Eindruck im weiteren Hinschauen immer mehr in die elementaren Mittel, aus denen sich der Bildgegenstand zusammensetzt: die weichen, immateriell wirkenden Kohlestriche von zartestem Grau bis zu tiefsten Schwarz sowie das ausgesparte weiße Papier dazwischen verdichten sich zum Bild eines Innenraums. Hofers Landschaften lösen sich in ein kunstvoll gewobenes, atmosphärisches Netz von schwarzen Linien, Grauwerten und weißen Lichtflecken auf. Im Zwischenraum zwischen dem Konkreten und Abstrakten ereignet sich die Kunst beider, die sich von zwei Gegenpolen aufeinander zu bewegen: Kern setzt bei der Abstraktion an und gelangt von da zu einer imaginierten Realität. Hofer beginnt mit dem Konkreten, von dem sie über Fotografien und Zeichnungen bis zur Aquatinta ein Stück weit abstrahiert. Und was gesehen wird, liegt ganz im Auge des Betrachters.

Im ersten Raum hängen Arbeiten beider Künstler im gemischten Tableau. Einen zweiten Raum hat Stefan Kern mit einer Installation bespielt, die sich um die bildnerischen Mittel Linie, Fläche, Helldunkel, Schwarzweiß, Licht und Farbe dreht. Im dritten Raum kann man ausgiebig Stefanie Hofers großartige Aquatinta-Radierungen studieren. Unbedingt anschauen! (Bis 14.11., Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 1, 38300 Wolfenbüttel, Öffnungszeiten: Mi bis Fr 16–18 Uhr, Sa und So 11–13 Uhr).

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13. Oktober 2021

„Habitate“. Salon Salder 2021

Foto: Gertrud Färber

Eine achteckige Kabine aus festem Karton, die Tür steht offen. Neugierig späht man ins Innere. Sehr eng ist es da. Ein Mülleimer hängt an der Wand. Seine Unterseite ist herausgebrochen, sein Inhalt – leere Bierflaschen, Kronkorken, Chipstüten – bildet auf dem Boden ein unappetitliches Ensemble. Die Außenseiten des Oktogons sind mit Graffiti besprüht. LOST NATURE ist zu lesen und SPACE TRASH, auch ein Ufo und ein Planet schweben da. Ein enger, hoher Innenraum, der wie eine Raumkapsel anmutet, wird zum größten denkbaren Außenraum in Beziehung gesetzt, zum Universum. Verloren ist unsere Natur, die im Müll erstickt, Rettung verheißt die Möglichkeit, ihn ins Weltall zu schießen.

„Oktabin Raum 14“ heißt diese Arbeit von Joanna Schulte. Sie gehört zu elf niedersächsischen Künstlerinnen und Künstlern, die zur Zeit im „Salon Salder“ der Städtischen Kunstsammlungen Schloss Salder ausstellen. Das Thema lautet in diesem Jahr „Habitate“. Dieser Begriff meint einen spezifischen, abgegrenzten Lebensraum in der Tier- und Pflanzenwelt, aber auch die menschliche Lebenswelt. Die Ausstellenden haben sich von diesem Motto zu den unterschiedlichsten Ausdrucksformen inspirieren lassen: Fotoarbeiten und Zeichnungen, Video, Skulptur und Installationen bilden eine mediale Vielfalt, die allein schon die Schau abwechslungsreich und sehenswert macht.

Sina Heffner, die sich ganz dem Thema „Tiere“ verschrieben hat, hat sich dieses Mal der Vögel angenommen. In den Gefachen ihres schrankartigen „Vogelbaums“ sitzen weiß bandagierte Vögel, wie abgestorben und ins Leichentuch gehüllt. Dazu zeigt Heffner „Nistkästen“, eine Assemblage von kubischen Körpern aus Karton mit Ein- und Ausflugslöchern. Man kann das als Verweis auf das dramatische Vogelsterben auffassen, doch wirken die Kästen durch ihre abstrakt-geometrischen Formen eben auch als autonome Skulpturen. Dazu gehört noch eine Serie von sehr feinen Zeichnungen nach Abdrücken, die Vögel mit ihrem Gefieder auf Glasscheiben hinterließen.

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7. August 2021

Ausstellung „Soft Capsules“ im Kunstverein Braunschweig

Wie die Hälfte einer riesigen Muschel, zugleich eine Schale, schwebt die organische Form aus Pappmachée als Entrée im Foyer des „Salve Hospes“. Das Äußere ist aschgrau, das Innere leuchtet in warmem Orange. Geschaffen wurde „Vulcano Shell“ von Katharina Juliane Kühne, einer von 18 MeisterschülerInnen der HBK Braunschweig, die nun zum Abschluss ihres Meisterjahres im Kunstverein ihre Arbeiten präsentieren. Schon die mediale Vielfalt ist enorm und reicht von Malerei Skulptur und Zeichnung über Foto und Film bis zur Performance. „Aber es gibt auch verbindende Themen“, so Kurator Sebastian Schneider, „zum Beispiel die sinnliche Erfahrung von Natur als Stimulanz für das Kunstschaffen.“

Die Natur ist, in sehr konträrer Weise, etwa Sonja Doberauer und Malte Taffner zum Thema geworden. Doberauer verbindet in ihrer Video- und Soundinstallation „Ellipse“ Bilder verschiedener Aggregatzustände von Wasser mit Naturklängen und schafft damit eine Art von Sphärenharmonie. Taffner dagegen geht es in „BIOSHELL CRX3“ eher um die Instrumentalisierung der Natur durch künstliche Systeme, wo Pflanzen mit hohem technischem Aufwand wachsen und gedeihen. Utopie oder Dystopie? Das ist hier die Frage.

Die Malerei ist durch Jonas Nölke und Stella Oh vertreten. Nölke zeigt sein Bildpaar „Saussure I und II“. Die orange-roten Farbspuren, auf dem einen Bild weitgehend von weißer Farbe überdeckt, brechen sich auf dem anderen in schlingernden Verläufen Bahn. Das ist höchst sensibler Umgang mit der Farbe. Stella Ohs großes (280 x 400 cm) Gemälde „Zarter Vogel im Dickicht der Decken“ lehnt im Spiegelsaal an der Wand. In lasierenden, transparenten Farbschichten überlagern sich die wirbelnden Farbformen und -linien, verdichten sich in dunklen Tönen und lockern zu den Rändern hell auf. Üppige, sinnliche Malerei, ein beglückender Rausch der Farben. Lena Schmidt-Topou zeigt zehn kugelige, bunte Glasobjekte, angeordnet auf einer weißen Fläche; das einfallende Licht malt farbige Schatten auf das Weiß – eine wunderbare Verbindung von Skulptur und Malerei.

Puristisch, streng und schön wirkt „Soft Capsules“ der Koreanerin Jung Min Lee, 18 urnenähnliche Dosen aus Kupfer, auf Regalbrettern aufgereiht. Das Original, das diese Auflagenobjekte reproduzieren, ist…

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31. Juli 2021

Ausstellung „Wir singen ohne Callas im Regen“ im Allgemeinen Konsumverein Braunschweig

WIR SINGEN OHNE CALLAS IM REGEN. Wer hätte gedacht, dass hinter diesem Titel der neuen Ausstellung „Allgemeiner Konsumverein Braunschweig“ steckt, und zwar nicht nur als Veranstalter, sondern im wörtlichen, vielmehr: im buchstäblichen Sinne? Die Lettern des Namens wurden einmal kräftig durchgeschüttelt und bilden nun als Anagramm diese neue Phrase. Schöpfer des Anagramms ist Kuno O., ein langjähriger Besucher der Ausstellungen des Kunstvereins, der in diesem Jahr 20 Jahre alt wird.

Kurz vor dem Jubiläum nahm Kuno O., seit der Corona-Pandemie auf geheimnisvolle Weise in Neu-Guinea verschollen, Kontakt zum Ausstellungs- und Filmemacher Hans Peter Litscher (Luzern/Paris) auf. Diesen beauftragte er damit, eine Ausstellung zu realisieren, die er eigens zum Geburtstag des Kunstvereins konzipiert hatte, und schickte ihm 14 Kisten voller Materialien. Dabei zeigte sich: Kuno O. – er wohnte übrigens mit seiner Mutter Erna in unmittelbarer Nachbarschaft des Allgemeinen Konsumvereins -, hat über die 20 Jahre hinweg dessen Aktivitäten sehr genau verfolgt. Ja, sogar mit den Anfängen, als der Konsumverein wirklich noch ein solcher war und die Arbeiterfrauen dort günstig einkaufen konnten, war Kuno O. biografisch verbandelt: sein Vater Fritz betrieb einst die Fleischerei des Konsums und Mutter Erna hatte dort jahrelang als Fachverkäuferin für Fleisch- und Wurstwaren gearbeitet. Auch Kuno sollte dieses Handwerk erlernen, brach jedoch schon bald die Lehre ab und sattelte auf Tischler um. Holz als Werkstoff lag ihm einfach mehr als Fleisch und Blut. Und so bilden 14 alte Tische im Ausstellungsraum eine strenge Formation. Auf jedem Tisch sind angeordnet ein jeweils anderes Anagramm, Fotos vergangener Ausstellungen und Veranstaltungen des Kunstvereins, etwa von einem Abend mit dem berühmt-berüchtigten „Schwätzer“ Bazon Brock. Dazu kommen persönliche Erinnerungsgegenstände von Kuno O.: Bücher, Notizzettel, Werkzeuge, Schreibgeräte, Spielzeug, Sammelfigürchen… Jeder Tisch bietet ein Kaleidoskop von Dingen; deren Bezüge lassen einen Bedeutungshorizont erahnen, der sowohl mit Kunos Biografie als auch mit der Geschichte des Konsumvereins zu tun hat. Dabei zeigt sich, dass…

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12. Juli 2021

Ausstellung „art to believe“ des BBK in Braunschweiger Kirchen

Während des Lockdowns waren die Kirchen ein Hort der Musik: Die musikalisch gestalteten Gottesdienste waren die einzige Gelegenheit, ein Konzert zu hören, Musik live zu erleben. Nun, da der Lockdown weitgehend aufgehoben ist, verwandelt der Bund Bildender Künstler bis zum 10. Oktober die mittelalterlichen und neogotischen Kirchen Braunschweigs in Orte für zeitgenössische Kunst: Die Ausstellung „art to believe“ zeigt 22 künstlerische Positionen aus Braunschweig und Niedersachsen an 13 Sakralorten. Und, um es gleich vorwegzunehmen: Es ist wirklich ein Vergnügen, aus der sommerlichen Hitze in die Kühle der Kirchen einzutauchen und die spannenden Begegnungen zwischen den Gemäuern von Gestern und der Kunst von Heute zu erleben.

Im Dom St. Blasii dominiert die Installation „Wege 2_4_1_3 2021“ von Uve Mehr das südliche Seitenschiff: hintereinander gestaffelte, farbig bedruckte Stoffbahnen mit einer streng rationalen Flächenaufteilung; ein Zufallsgenerator hat die Farben ausgewählt. Diese bilden einen leuchtenden Kontrast zum Weiß der Pfeiler und Gewölbe, während die Geometrie der Farbfelder gut zu den architektonischen Strukturen passt.

Auch die Installation „Wanderung“ von Edin Bajiric im Altarraum von St. Magni behauptet groß und auffallend ihren Platz: Rund 5000 von seltsamen Gipsformen wälzen sich wie ein Schwarm Lemminge die Treppen hinauf. Bajiric, der aus Bosnien und Herzegowina stammt und wegen des Bürgerkriegs fliehen musste, greift damit das Thema des großen Glasfensters auf, den Zug der Israeliten durch das Rote Meer. Dabei reduziert er das Narrativ auf eine formale Struktur. Ebenfalls auf ein Kunstwerk in St. Magni bezieht sich anna.laclaque mit ihrer Arbeit “ANIMUS-ANIMA“, nämlich auf das Kruzifix des Hochaltars im südlichen Seitenschiff. Auf die Christusfigur projiziert sie den Film einer Frau in Bewegung. Leicht wie ein Irrlicht umspielt die Projektion den männlichen Körper und haucht ihm eine weibliche Seele ein. Christus als Verkörperung von Vollkommenheit und Einheit birgt in sich das männliche und das weibliche Prinzip. Dieser Gedanke hat hier eine überzeugende Gestalt angenommen.

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15. Juni 2021

Ausstellung „Thomas Wöhrmann und Susanne Reimnitz. Malerei und Zeichnung“ in der Halle Arndtstraße 5

8000 Quadratmeter misst die Halle Arndtstraße 5, eine Industriehalle aus den 1930iger Jahren, an der Hugo Luther-Straße gelegen. Ein Areal von gut 1000 Quadratmetern haben die Besitzer der Halle, die Sponsoren Roland und Daniela Bohlmann, nun dem Künstlerehepaar Susanne Reimnitz und Thomas Wöhrmann für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt. Vom 17. bis zum 20. Juni zeigen sie dort Malerei und Zeichnung, sowie die drei großen Collagen, die im Zuge der Aktion „Kunst lässt Leerstand leuchten“ auf Initiative des Allgemeinen Konsumvereins Braunschweig entstanden sind. Die Verbindung der Halle mit ihrer ganz speziellen Industriepoesie und den ungegenständlichen, farbigen Bildwelten der beiden Künstler funktioniert bestens, und die Sonne dieser hellsten Tage im Jahr setzt der Kombination noch ein ganz besonderes Glanzlicht auf.

Auf den ersten Blick erscheinen die Werke von Reimnitz und Wöhrmann ähnlich, zumindest sehr verwandt. In den Arbeiten beider ist die Farbe das wesentliche Element, es geht um Farbflächen und -formen, die sich begegnen und abgrenzen, überlappen, einander überlagern und durchscheinen lassen. Doch auf den zweiten, genaueren Blick treten die Unterschiede stärker hervor. Dass er mit Acryl auf Leinwand und auch Papier arbeitet, sie dagegen überwiegend mit Acryl auf Papier und manchmal auf Sperrholz, ist nur der kleinste.

Reimnitz malt auf Papier, weil dies schnell zur Hand ist und keiner langwierigeren Vorbereitungen bedarf. Sie grundiert zunächst die Papierbögen, von denen sie über einen längeren Zeitraum immer mehrere parallel in Arbeit hat; manchmal nimmt sie auch ältere Blätter wieder vor, überarbeitet sie oder benutzt sie – wenn sie ihr nicht länger bewahrenswert erscheinen – als Malgrund für ein neues Bild. So sind ihre Bilder Palimpseste, in denen eine Schicht über der anderen liegt, jede ein Sediment, das die Spuren einer anderen Zeit bewahrt. Jedes Bild ist schlussendlich ein Farbkörper, zumindest eine Farbhaut – ledrig, lappig, schrundig und zäh.

Im Pinselstrich bleibt der Gestus der malenden Hand erhalten, alles wirkt bewegt und als „work in progress“ in einem ständigen Werden begriffen. Manchmal ist die Farbmaterie aquarellartig leicht, zart und flüssig, manchmal dick und pastos aufgetragen. Tiefenraum eröffnet sich, Grün und Blau befinden sich ganz hinten, einzelne Punkte oder Ovale in Gelb, Orange oder Rosa schweben weit vorne. Manchmal überlagert ein gitterartiges Lineament, das an einen Stadtplan oder Grundriss erinnert, die Farbflächen und bringt Struktur hinein. Oft werden Teile des Bildes mit Weiß übermalt, wobei andere Partien als Negativform ausgespart bleiben. Durch die Bewegung der Farben und Linien, durch Farbmischungen und unscharfe Begrenzungen der Farbflächen entsteht der Eindruck von Dynamik, Spontaneität, Tempo und von dem, was in der alten Malerei „sprezzatura“ (Lässigkeit) heißt. Schlussendlich erzeugt das Gleichgewicht aller Bildelemente zueinander eine lebendige Spannung, eine schwebende Leichtigkeit, die gleichwohl immer voller „Power“ ist.

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1. Juni 2021

Ausstellung „made by us“ von S. Kaneko und R. Welz im Kunstverein Wolfenbüttel

Radioaktivität? Kurz nach den Jahrestagen der Nuklearkatastrophen von Fukushima (11. März 2011) und Tschernobyl (26. April 1986) sowie mit lecken Atommüllfässern in der Asse vor der Haustür schießen einem sogleich die grausigsten Bilder durch den Kopf. Atomkraft? Nein danke, aufpASSEn!

Wie ganz anders ist da doch die künstlerische Herangehensweise von Saori Kaneko (geb. 1976 in Tokio) und Richard Welz (geb. 1989 in Wittenberg). Im Kunstverein Wolfenbüttel stellen sie zur Zeit ihr Projekt „made by us – Radioaktivität in Japan und Deutschland“ vor. Aufgewachsen in Japan und in der DDR, wo in großem Umfang Uran abgebaut wurde, habe beide einen besonderen Bezug zur Problematik radioaktiver Strahlung. Kennengelernt haben sie sich beim Studium der Freien Kunst an der Bauhaus Universität in Weimar, wo sie auch in das interdisziplinäre Arbeiten hineinwuchsen. „Made by us“ ist ursprünglich ihre gemeinsame Diplomarbeit, ein künstlerisch-wissenschaftliches „work in progress“, das um immer neue Werke bereichert wird. Zur Zeit umfasst es 11 fotografische, filmische, auditive, installative und druckgrafische Arbeiten, von denen 9 in der Ausstellung zu sehen und zu hören sind – hochästhetische Bilder und Artefakte in perfekter Präsentation, jedes von ihnen ein komplexes Zusammenspiel von Thema, Bildgegenstand und künstlerischer Technik.

„Hyperreale Flora – Ambivalenza“ ist eine 3 Meter hohe Fototapete, eine Reproduktion. Das Original besteht aus 5 Handabzügen im Glasklischeedruck (Clichè verre), den im 19. Jahrhundert die Landschaftsmaler von Barbizon besonders schätzen. Die 5 einzelnen Blätter sind photographisch erstellte Abzüge von 3 Meter hohen Handzeichnungen. Sie zeigen fiktive Landschaftsformationen von Bäumen und Buschwerk, in denen Motive der Renaturierung in Fukushima kombiniert wurden mit den Halden aus radioaktivem Müll um Ronneburg in Thüringen. Diesem Prozess der Transformation auf der inhaltlichen Ebene entspricht formal die Technik des Clichè verre, das Umkopieren einer Zeichnung auf Fotopapier.

Das große Querformat „Horizont“ besticht durch das sanfte „Berliner Blau“, in dem sich weiß das Motiv abzeichnet, Pflanzen einer Feuchtwiese bei Oberhof im Thüringer Wald. Diese Region weist eine erhöhte natürliche Radioaktivität auf. „Horizont“ ist eine Cyanotypie, ein frühes fotografisches Verfahren, bei dem die Belichtung durch Sonneneinstrahlung erfolgt und das Motiv als Fotogramm hell ausgespart wird. Die Lösung, mit der der Bildträger, Papier oder Stoff, fotosensibilisiert wird, kann auch als Gegenmittel bei Vergiftungen mit radioaktivem Cäsium oder Thallium eingesetzt werden.

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8. April 2021

Ausstellung: Patricia Dreyfus im Kunstverein Wolfenbüttel

Dame Natur hat einen üppigen Busen und einen gewölbten Mutterleib, sie steht auf einem prallen Bein. Doch das andere Bein und ihr Arm sind nur noch Gerippe, ihr Kopf ein Totenschädel. Ihre Knochenhand hält einen geschwungenen Stängel, der oben in einem Blatt, unten in einer Blüte endet. Die Schneckenfrau ist eine Halbfigur, der Fühler aus dem Kopf sprießen; der Kopf der überlangen, phallusartigen Schnecke reckt sich nach ihrer Vagina, seine Tränen bilden einen kleinen See. Eine dritte Nackte hockt auf einem großen Kopf, ihr Genital ist ein geöffneter Mund, in dem gefährlich spitze Zähne zacken. „Der Schrei“: ein weibliches Gesicht, in dem Mund und Nase zu einer Art Kokon mit einem kleinen Wesen darin verschmelzen. Solche Bilderfindungen, die Träumen zu entspringen scheinen, zeigt Patricia Dreyfuß (geb. 1951 in Dakar/Senegal) in ihrer Ausstellung „lettre à moi-même“ (Brief an mich selbst) zur Zeit im Kunstverein Wolfenbüttel.

Die titelgebende Arbeit kann man als das künstlerische Programm von Patricia Dreyfus verstehen: „Alles außer Acht lassen, was ich bin, und mich gehen lassen. Let it be. (…) Konfrontier dich nicht mit dir selbst. Lauf nicht vor Dir selbst davon, lass los, lass es fließen. (…) Fühlen, ohne die Dinge drumherum begrifflich zu erfassen. (…) Bleib wach und leichten Herzens.“ So steht’s geschrieben auf einem großen Baumwolltuch. Die Schrift zieht sich quer über eine gestickte stehende Frau mit gesenktem Kopf; ihr langes Haar endet in einem Schwung schwarzer Fäden. Weitere Fäden fallen vom oberen Bildrand herab und vergittern Gestalt und Schrift.

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21. November 2020

Ausstellung von Michael Nitsche und Jürgen May in der „VitaMine“

Theater, Kinos, Museen, Kunstverein – zur Zeit alles dicht. Wirklich alles? Nein, im östlichen Ringgebiet trotz eine Galerie dem Lockdown und dem trüben Novemberwetter: die „VitaMine“ von Thorsten Stelzner. Seine geplanten Veranstaltungen musste der Kabarettist, Satiriker und neuerdings auch Sänger natürlich absagen, aber die Ausstellung „How do these boys come to be like that?“ von Michael Nitsche und Jürgen May steht und hängt.

Auf einem großen Eisbären mit maskiertem Gesicht reitet eine armlose Gestalt mit ledernem Kopf, die Augen Sehschlitze, der Mund ein lippenloser Kranz von Zähnen, die eine Glasmurmel umklammern. Ein kleines Figürchen fliegt vorneweg, zwei kindlich wirkende Puppen hängen an der Flanke des Bären. Solche Wesen zwischen Mensch und Tier, zwischen Lebendigem und Totem, zwischen Puppe und Maske, Fetisch und Mumie erschafft Michael Nitsche aus Plüschtieren, Lumpen, Draht sowie Naturmaterialien wie Leder, Fell, Knochen, Zähnen, Muscheln und Tierpräparaten. Sie lassen an Kunst- und Kultgegenstände indigener Völker, ihre Gesichter an Schrumpfköpfe denken. Letzteres kann man durchaus abstoßend finden. Dazu der Künstler selbst: „Das ‚Hässliche‘ hat eine ganz eigene Ausdrucksweise, sowohl in den Volksmärchen als auch in den Geschichten der indigenen Völker. Sie zeigt sich als eine archaische Wucht, die sich auch in meinen Wesen niederschlägt.“ Für die Serie „Schattenfänger“ von 2020 hat Nitsche seinen plastischen Arbeiten, effektvoll beleuchtet, fotografiert und diese Nahaufnahmen in Sepia auf Papier ausgedruckt. Die Objekte werden hier unscharf und verschwimmen fast in einer Vielfalt von Brauntönen, die an die Anfänge der Fotografie zurückerinnern.

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12. Juli 2020

Ausstellung „Reisen als Zeichnen in der Zeit“ im Allgemeinen Konsumverein

„Die Redewendung ‚in etwas bewandert sein‘ gefällt uns deshalb gut, weil sie den Zusammenhang zwischen wissen und wandern veranschaulicht und dabei den Aspekt der Bewegung und Erfahrung akzentuiert.“ So steht’s im Infoblatt zur neuen Ausstellung des Allgemeinen Konsumvereins, „Reisen als Zeichnen in der Zeit“. Die Schweizer Künstlerin Esther Ernst (geb. 1977) wurde eingeladen, ausgehend von ihrem eigenen Werk Kollegen und Kolleginnen zu finden und mit diesen eine Ausstellung zu erschaffen. Ernst selbst hat zwei große karthographische Werke beigesteuert, mit Bleistift, Farbstift und Tusche gezeichnet auf festes Papier, das nach dem Prinzip der Falk-Pläne gefaltet ist. Eine davon befasst sich mit dem Ort Taubenloch, nahe einer vom Fluss Schüss geformten Schlucht im Berner Jura. Man schaut aus der Vogelperspektive auf die Landschaft, das blaue Band der Schüss durchzieht das große Blatt. Eingebettet ist diese farbige Landkarte in schwarzweißes Blattwerk mit den weißen Tauben darin. Überall sind zudem winzige märchenhafte Mensch- und Tierwesen zu entdecken. Das ist ebenso poetisch ersonnen wie fein gezeichnet. Ein drittes Exponat von Ernst ist zu bestaunen, das gezeichnete und geschriebene Tagebuch eines Kairo-Aufenthalts; festgehalten wurden Dinge wie Stadtteile, Gebäude, Früchte, Schuhe, auch die Künstlerin selbst, „fiebrig und kaputt im pharaonenhaften Bett“.

Esther Ernst, „Taubenloch“

Eine ganz andere, nicht minder faszinierende Art zu zeichnen, nämlich mit der unendlichen Linie, hat Matthias Beckmann (geb. 1965), der als artist in residence Alltagsszenen in der Gropiusstadt, Satelitenstadt im Berliner Bezirk Neukölln, schwarz aufs weiße Papier gebannt hat: U-Bahnhöfe von außen und innen, Kaufhäuser, Buden, Baustellen – hier wandert der Bleistift selbst mit schlafwandlerischer Sicherheit auf den Umrissen der Dinge entlang. Noch einmal anders, nämlich mit kleinen, kurzen Strichen, die durch Verdichtung und Auflockerung

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