Home  |  Idee/FAQ  |  zur Person  |  Publikationen  |   freiGEISTreich-Blog  |   Kontakt
  • Leistungen

    • Kunst
    • Texte
    • Führungen
    • Referenzen
    • Datenschutz
  • Themen

    • Aischylos' Perser (13)
    • Alle Beiträge (360)
    • Ausstellung (212)
    • Das Jahr 1913 (3)
    • Film (29)
    • Galerie Riddagshausen (15)
    • Kunst (242)
    • Lesung (9)
    • Literatur/Dichtung (22)
    • Museum (15)
    • Musik/Theater/Tanz (55)
    • Theater (1)
    • Was ist freiGEISTreich? (3)
  • Archiv

    • Alle Beiträge: 2007 bis heute
  • Links

    • Als erstes: "Meine" Künstler
    • BS: Allgem. Konsumverein
    • BS: Buch & Kunst
    • BS: Buntich
    • BS: Fadenschein
    • BS: Filmfest
    • BS: Galka Emmy Scheyer Zentrum
    • BS: Jazz Braunschweig
    • BS: Kunas Modernus
    • BS: Kunstverein
    • BS: Kunstverein Wf
    • BS: LOT Theater
    • BS: Louis Spohr-Orchester
    • BS: Theater Zeitraum
    • Museum: Berggruen Berlin
    • Museum: Délacroix
    • Museum: Dulwich Picture Gall.
    • Museum: Gegenwart Siegen
    • Museum: Gulbenkian
    • Museum: Herz. Anton Ulrich
    • Museum: Kolumba
    • Museum: Kröller Müller
    • Museum: Kunsthalle Karlsruhe
    • Museum: Kunstmuseum WOB
    • Museum: Louisiana
    • Museum: Mönchehaus Goslar
    • Museum: Paul Klee
    • Museum: Photographie BS
    • Museum: Picasso
    • Museum: Sir Soane’s House
    • Museum: Sprengel
    • Museum: Villa Stuck
    • Webdesignerin, meine
  • Meta

    • Anmelden
    • freiGEISTreich-Blog als Newsfeed abonnieren

15. Juni 2016

Ausstellung „Process, Performance, Presence“ im Kunstverein Braunschweig

Müller

Am Anfang ist die Blume. Bis zu 64 Tonschalen, jede vom Durchmesser einer Pizza und bepflanzt, treiben auf einem künstlichen Teich im Hof des Kunstvereins umeinander – „Pizza Pond“ von Christian Philipp Müller ist die erste Arbeit, die den Besucher von „Process, Performance, Presence“, der aktuellen Gruppenausstellung von 16 internationalen Künstlern, empfängt. Assoziationen an Seerosenbilder von Claude Monet stellen sich ein. Doch hier werden die unterschiedlichsten Arten von Kapuzinerkresse wachsen, wuchern und in ihren feurigen Farben erblühen.

Im Foyer des „Salve Hospes“ hat Luva Trevisani Blumen mit farbigen Kordeln zu einem kunstvollen Gitter verflochten, darunter Paradiesvogelblume, Lilie, Amaryllis und Fensterblatt (welche Namen!). Einige blühen und duften noch, andere welken und trocknen bereits, wieder andere wurden zuvor eingefroren und sind im Auftauen erbleicht. Benannt ist dieses Werk nach James Hiram Bedford, dem ersten Menschen, der sich nach dem Tod in der Hoffnung auf eine zukünftige Wiederbelebung einfrieren ließ. Es ist ein Sinnbild für den Prozess des Lebens, dem von Anfang an das Sterben innewohnt, und den vergeblichen Versuch, ihn aufzuhalten.

trevisani

Außer diesen beiden jedoch lösen nur noch wenige Arbeiten der Ausstellung das Versprechen des Titels ein, Veränderungsprozesse und die Gegenwart des Augenblicks sichtbar zu machen. (Und wie auch? Werke der Bildenden Kunst sind nun einmal…

weiter…

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

14. Mai 2016

Ausstellung: Boris Mikhailov im Kunstverein Wolfenbüttel

 

Eine Ausstellung des Fotografen Boris Mikhailov, international bekannt geworden als Chronist der sowjetischen und postsowjetischen Gesellschaft und vielfach ausgezeichnet (u.a. Goslarer Kaiserring 2015) im Kunstverein Wolfenbüttel – das ist schon eine kleine Sensation! Und wer hat’s möglich gemacht? Die Perser des Aischylos, inszeniert von Claudia Bosse zur Eröffnung des Festivals „Theaterformen“ 2007. Den Part des Chores sprachen und spielten 300 Menschen aus Braunschweig. Eben diese hat Mikhailov damals portraitiert, diese „German Portraits“ bilden einen Teil des Bildbandes „Maquette Braunschweig“, der zum Theaterprojekt erschien. Eine Auswahl dieser Fotografien empfängt den Besucher im ersten Raum der Ausstellung: sachliche Aufnahmen von Köpfen im silhouettenhaften Profil – beeindruckende Vielfalt des Individuellen im Rahmen eines einheitlichen Settings von schwarzem Hintergrund und immer demselben Format. Jedes zeitliche Moment scheint hier ausgeschaltet.

Die Serie „Jewish Portraits“ von 2015 zeigt Besucher einer Synagoge in Kiew in traditioneller jüdischer Kleidung vor einem schwarzen Vorhang. Anders als bei den „German Portraits“ sieht man diesen hier allerdings nicht als dunklen Hintergrund, sondern als Ganzes inklusive der Person, die ihn hält, dahinter noch Häuser, die Straße, Menschen. So kommt etwas Provisorisches, fast Ernüchterndes in das Bild hinein, die Inszenierung des Portraitierten wird als solche entlarvt. Attribute wie Einkaufstüte oder Kopfhörer bringen Gegenwart, Zufall und Alltäglichkeit ins Spiel.

Am berührendsten ist wohl die Auswahl aus der Reihe „Case History“ von 1997/98, Aufnahmen von Obdachlosen in der Ukraine. Groß sticht eine Fotografie hervor: Eine ältere Frau, eingehüllt in Schal und Mantel, an einen Baumstamm gelehnt, davor ein jüngerer, bärtiger Mann mit nacktem Oberkörper. Ein heroisch-klischeehaftes Lenin-Portrait prangt als Tätowierung auf seiner Brust, wie ein Hohn und Spott auf das elende Leben am Rande der Gesellschaft, das diese beiden Menschen nach dem Scheitern des Kommunismus führen. Mikhailov versteht seine Bilder als „eine Möglichkeit der andauernden Kommunikation mit dem Leben“. Es ist das Leben der Durchschnittsmenschen, der sogenannten kleinen Leute, das ihn interessiert, ungeschönt und ohne Idealisierung. Er dokumentiert es mit Ironie, Humor und – großem Respekt vor den Menschen, auf die er seine Kamera richtet.

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

26. April 2016

Ausstellung „Wolfenbütteler Frühjahrssalon“ im Schloss Wolfenbüttel

CLaudia_Transit_XI

Claudia Reimann, Transit

Die Malerin Claudia Reimann, die an der HBK Braunschweig studierte, beschäftigt schon seit langem das Thema Raum. Begonnen hat sie vor Jahren mit Bildern von Innenräumen in komplexen perspektivischen Konstruktionen, mit starken, bunten Farben. In ihren jüngsten Gemälden, die sie hier zeigt, geht es um den Außenraum, genauer: um den Blick aus einem fahrenden Auto oder Zug in die schnell vorüber­gleitende Landschaft. Zum Raum ist also die Dimension von Zeit und Bewegung hin­zugekommen. Jeder von uns kennt dieses entspannte Hinausträumen aus dem Zugfenster, das Claudia Reimann an sich selbst sehr genau beobachtet hat: Man fokussiert etwas, folgt ihm mit dem Blick, bis es verschwunden ist und das Auge sich das nächste Detail aus dem Fluss herauspickt – ein permanentes Auf- und Wegblit­zen scharf konturierter Dinge vor einem verschwommenen Hintergrund, den wir aber immer nur aus dem Augenwinkel wahrnehmen. Auf diese Unschärfe in der Bewe­gung von links nach rechts konzentrieren sich Reimanns Bilder so, wie es das Auge in der Wirklichkeit gar nicht kann. Sie erfassen das Zerfließen des Raums im Transi­torischen, das Atmosphärische von Licht und Himmel und, so die Malerin, letztlich das Gefühl, das sie beim Fahren hatte. Andere Bilder führen mit den Linien von Glei­sen und Hochspannungsdrähten in perspektivischer Verkürzung schräg in den Raum hinein bis schließlich im letzten großen, vierteiligen Gemälde sich die Bewegung von vorn nach hinten ereignet. Dies alles zeigt uns Reimann mit einer lasierenden Mal­weise, die sie meisterhaft beherrscht, in dünnen, durchscheinenden Schichten und in allmählichen Übergängen von einer Farbe zur anderen bei einem eher engen Spekt­rum verwandter Farben. Übergänglich sind auch die Tageszeiten, das Licht des frü­hen Morgens oder Abends. Im dem großen vierteiligen Bild leuchtet es aus beson­ders schön aus einer kupferfarbenen Untermalung heraus.

2 mirrors d

Marion Jungeblut, Two mirrors

Marion Jungeblut arbeitet konzeptionell auf den Gebieten Malerei, Skulptur, Objekt und Installation. „The inner truth of the painting, of the object is the painting, the object as itself and has it’s own elastic reality“ lautet das Credo der Künstlerin, die lange Zeit in Kalifornien gelebt hat und, by the way, einen Flugschein besitzt. (Das Geheimnis, die innere Wahrheit eines Gemäldes, eines Objekts ist das Gemälde, das Objekt selbst, und dieses hat seine eigene dehnbare, interpretierbare Realität.). Für ihre abstrakten Skulpturen verwendet sie Acrylglas, das erhitzt und warm verformt wird, sowie Corten-Stahl, der in teils geraden, teils gebogenen Flächen punktgenau zusammengeschweißt wird und dessen Oberfläche sich durch Korrosion in Rost aufzulösen scheint. Aus diesem Material bestehen zum Teil auch die Arbeiten, die hier zu sehen sind, eine große und drei kleine aus der Serie „two elements“. Jede besteht aus zwei halben Ellipsen, die sich spiegelbildlich aufeinander beziehen und immer wieder neu zueinander positioniert werden können. Die drei kleinen Arbeiten aus rostigem Corten-Stahl, aus einem silbrig-matt glänzenden und aus einem hochglänzenden Stahl führen sehr schön unterschiedliche materiale Qualitäten vor Augen, wie sie Jungeblut wichtig sind. Dabei spiegeln die hochglänzenden Ellipsen das Licht, sich gegenseitig und ihre Umgebung wider, dass man den Eindruck bekommt, die harten Körper lösen sich im Licht auf. Der Wechsel der Aggregatzustände zwischen flüssig und fest hat es der Bildhauerin denn auch angetan. Eine ihrer jüngsten Arbeiten („liquid tale of mercury“? „melting metal meteor“?) besteht aus einem Metall, das sich bei Zimmertemperatur verflüssigt, erst durch ein Behältnis seine Form erhält und, wird dieses in Bewegung versetzt, ins Wabern gerät und an der gespannten Oberfläche wechselnde Strukturen aufweist – absolut faszinierend

DSC_3298web

Kalina Kocowska

weiter…

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

24. April 2016

Ausstellung ARTgeschoss in der Welfenakademie Braunschweig

Matthew_Davis(Ausschnitt)

Matthew Davis (Ausschnitt)

Ein kraulender Schwimmer mit grüner Schutzbille, gerade holt er Luft und setzt zum nächsten Zug an. Eine Momentaufnahme des britischen Malers Matthew Davis, zusammengesetzt aus tausenden winzigen Lachen flüssiger Ölfarbe. Dmitrij Schurbin, Kurator der Ausstellung ARTgeschoss berichtet: Der Maler trägt die Farbe nicht mit dem Pinsel auf, sondern lässt die Farbtropfen von oben auf die Leinwand fallen, oft sogar in mehreren Lagen übereinander. Menge der Farbe und die Stelle im Bild müssen dabei natürlich exakt kalkuliert werden. Kunst oder Kunststück? Das ist hier die Frage.

Nach Wolfenbüttel findet Artgeschoss nun, zum 3. Mal, in der Welfenakademie in Braunschweig statt. 55 Künstler aus Deutschland, Europa und Japan beteiligen sich mit ihren Gemälden, Skulpturen, Grafiken, Fotografien und Performances. Dabei geht es dem Kurator nicht um eine bestimmte Kunstrichtung, sondern um Kunst auf hohem Niveau, soll heißen: eine Idee mit einem hohen Maß an handwerklichem Können professionell umzusetzen. Und handwerkliches Können zeichnet in der Tat die meisten der Künstler aus. Gerade von den Malern beherrschen viele perfekt ihre Maltechniken, oft in geradezu altmeisterlicher Perfektion (Felix Wunderlich). Doch was sind die Ideen? Bei den Bildgegenständen handelt es sich etwa um Waldstudien, mit Holzstücken aus demselben gemalt (Konstantin Dery), um konstruierte Stilleben (Mirko Schallenberg), um ausgeklügelte Allegorien (Dmirtij Schurbin selbst), um Religiöses (Adelchi Mantovani), Abstruses (Napoleon als Affe mit Banane von Guido Zimmermann) oder Stilisiert-Dekoratives (Anna Silivonchik, Ekaterina Chekalina).

Mirko_Schallenberg

Mirko Schallenberg

Adelchi_Mantovani

Adelchi Mantovani

weiter…

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

6. April 2016

Burga Endhardt und Bernd Rummert im Kunstförderverein Schöningen

IMG_5768

Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung:

Bernd Rummert zeigt Arbeiten, die in der Technik mittelalterlicher Kettenhemden aus ineinander verschlungenen Ringen bestehen – eine Art textiles Gewebe aus Metall, das an harte Schutzpanzer erinnert, bei aller Härte aber zugleich Beweglichkeit ermöglicht. Einer dieser „Kettenhemdstoffe“ liegt auf dem Boden über Glasmurmeln, die minimale plastische Erhebungen bewirken und in ihrem grünlichen Glanz sehr schön mit dem dunklen Metall harmonieren. Die Linie des Drahts wird zuerst Fläche, und die Fläche wird Raum. Sehr schön auch, welche grafischen Strukturen sich durch Verdichtung und Auflockerung der ringe ergeben, wenn man das „Kettenhemd“ auf dem Boden verschiebt. Ein anderes dieser „Kettenhemden“ umspannt einen Tisch, auf den es genau zugeschnitten ist, und erhält durch ihn die Form eines Kubus. Es heißt „duck and cover“ nach einem amerikanischen Trickfilm aus den 50er Jahren, in dem einen kleine Schildkröte Kindern vormacht, wie sie sich im Falle eines Atomkriegs verhalten soll: Ducken und Verstecken – witzig, aber natürlich auch sehr makaber.

IMG_5770

Eine weitere Technik, die Rummert anwendet: rechteckige Plättchen aus Stahlblech werden an den Ecken mit vier Löchern versehen und dadurch mit Ringen verbunden. So entstehen Bodenarbeiten, Plastiken mit einer großen Ausdehnung in Länge und Breite, aber mit einer nur sehr geringen Höhe. Andere Arbeiten in dieser Technik lassen sich zu dreidimensionalen Gebilden aufstellen. Dazu inspirierten Rummert die Begräbnisanzüge der chinesischen Han-Dynastie (etwa 208 v.Chr.- 220 n.Chr.), die in Gräbern von Königen und hochstehenden Adeligen gefunden wurden. Sie bestehen aus kleinen Jadeplättchen, die mit Ringen aus Gold, Silber oder Kupfer – je nach Rang des Verstorbenen – verbunden sind. Kopf und Körper des Toten werden davon völlig umhüllt; der Anzug soll eine unversehrte Reise ins Jenseits gewährleisten. Die Technik als auch den Gedanken der Schutzfunktion hat Rummer aufgegriffen und in etwas ganz Eigenes umgesetzt.

IMG_5766

weiter…

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

3. April 2016

Magnus Kleine-Tebbe und Rudolf Jahns in der Jakobkemenate Braunschweig

„Können, Künden, Kennen, Gunst und Kontroverse sind die fünf von mir persönlich genannten Bedingungsfaktoren für Kunst.“ So lautet das Credo des Bildhauers Magnus Kleine-Tebbe, der nach 50 Lebensjahren und 25 Jahren im Dienst der Kunst mit einer Ausstellung in der Jakobkemenate „Eine Zwischenbilanz“ zieht. Im Erdgeschoss der Kemenate drängen sich auf engstem Raum viel zu viele teils lebensgroße Gipsfiguren mit pathetischen Gebärden und wallenden Gewändern vor einem Gemälde von Ben Willikens, das in Grautönen den menschenleeren Saal von Leonardo da Vincis Abendmahl zeigt. Die Figuren, die aus dem Bild verbannt seien, habe er in diese Leere wieder hineinstellen wollen, so Kleine-Tebbe.

 Auf die Frage, wie er sich in den vergangenen 25 Jahren entwickelt habe, antwortet er, er arbeite noch immer so wie zu seinen Studienzeiten 1988-1994 in Nürnberg, wo er die Proportionslehre von Albrecht Dürer sowie die spätgotischen Meister Veit Stoß und Adam Kraft studiert habe. Als Könner und Künder sieht er sich selbst – er nennt sich absichtsvoll „Christlicher Bildhauer“ – und als Kenner sowie.Die Einflüsse, die ihn gebildet haben, reichen nach eigenen Angaben von der Antike, der Gotik und Michelangelo über den Barock bis zu Jürgen Weber, dessen Assistent er 1994-2000 war. Ja, fehlen da nicht mindestens noch Bernini und Rodin? Anders gesagt: Geht es auch eine Nummer kleiner? Und was ist mit Brancusi, Giacometti, Picasso oder Henry Moore?

weiter…

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

5. Februar 2016

Philip Grözinger im Kunstverein Wolfenbüttel

IMG_5734

Wer hat Angst vom Schwarzen Mann? Der sollte den Kunstverein Wolfenbüttel jetzt lieber meiden, denn genau dem begegnet man dort zur Zeit auf den Bildern von Philip Grözinger. Etwa als „Black Brunswicker“ mit Totenkopf-Emblem. Oder als mächtige, fast schon mythische Gestalt eines Torwarts, der sich von den weißen Stollenschuhen bis zu den blauen Handschuhen diagonal durchs Bildfeld spannt, um in der linken oberen Ecke den Ball abzufangen. Eine knallrote Eins prangt auf seiner Brust, und aus den leeren, weißen Augenhöhlen zucken Farbrinnsale wie Blitze. Dass das Bild – kein Portrait! – den Namen des ehemaligen Eintracht-Torwarts Bernd Franke trägt, ist sicher als Referenz des Künstlers an Braunschweig zu verstehen. Sechzehn Jahre nach Abschluss seines Studiums an der HBK Braunschweig hat der Meisterschüler von Karl Schultz nun die erste institutionelle Einzelausstellung in seiner Heimatregion.

Eine Motorhaube mit dem Datum 7.3.1983 ist eine Hommage an einen zweiten Eintracht-Spieler. Lutz Eigendorf, in der DDR aufgewachsen, setzte sich 1979 in die BRD ab und verunglückte an jenem Tag tödlich mit dem Auto. Die Kindheit und Jugend im Zonenrandgebiet, wo östlich des Grenzzauns die terra incognita begann, hat Grözinger geprägt. Und terra incognita betritt man mit Augen und Kopf auch beim Betrachten seiner Malerei: Da tun sich tiefe, finstere Bildräume und von fahlem Licht nur spärlich erhellte apokalyptische Landschaften auf, in denen sich abstruse Wesen tummeln: Tiere, Astronauten-Roboter und ungeschlachte Kolosse, oft mit Kabeln und Schläuchen an geheimnisvolle Planeten angeschlossen oder in einem kleinen Boot einsam auf dem Meer treibend. Polyeder, grelle Sonnen und andere Himmelskörper zischen vorbei. Auf den ersten Blick wirkt das Personal dieser traumhaften Szenarien putzig und kurios, auf den zweiten dämonisch. Man fühlt sich an Höllendarstellungen von Hieronymos Bosch erinnert.

Diese düstere Bildwelt geht einher mit einer bewusst dilettantischen Malweise. Die überwiegend bunten Farben sind pastos mit breitem Pinsel aufgetragen, die dargestellten Figuren und Dinge bis hin zu liebevoll gemalten Blümchen wirken kindlich-unbeholfen, fast naiv. Doch Obacht: Das Ganze ist eine explosive Mischung! (Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 4, Wolfenbüttel, bis 21. 2. 2016. Neue Öffnungszeiten: Mi-Fr 16-18 Uhr, Sa und So 11-13 Uhr und nach Vereinbarung)

IMG_5730

 

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

4. Dezember 2015

Julia Schmid im Kunstverein Wolfenbüttel

 IMG_5660

Diese Blumen- und Pflanzenbilder vergisst man so schnell nicht wieder! In quadratischen Bildfeldern oder extremen Querformaten sind Stengel, Blüten, Blätter, Beeren, Samenkapseln, Ranken, Unkräuter als lockeres Gefüge arrangiert und, wie in einer botanischen Zeichnung, ganz genau wiedergegeben. Von den Bildrändern überschnitten ragen sie, stark vergrößert und klar konturiert, farbig in die leere Mitte des weißen Bildgrunds hinein, wo die Linien und Formen zugleich eine lebendige grafische Struktur bilden.

Diese „Sammelbilder“ sind jedoch nur eine Facette des Werkes von Julia Schmid und wohl die, die mit ihrer Schönheit den Betrachter zuerst am meisten anspricht, um ihn dann weiter in einen faszinierenden Kosmos hineinzuziehen. Schmid beschäftigt sich mit Natur im urbanen Raum und realisiert ihren künstlerischen Gedanken in den Medien Malerei, Zeichnung, Fotografie und Fotogramm, Installation, Stickerei, Buch und Text. Sie arbeitete bisher in Hannover, wo sie lebt, in Lehrte, Braunschweig, aber auch in New York sowie in Madrid und Helsinki. Dorthin reiste sie mit dem Preisgeld des Bonner Kunstpreises, den sie 2011 gewann. Nun gibt eine sehr sehenswerte Ausstellung mit dem bedeutungsvollen Titel „schnüren“ im Kunstverein Wolfenbüttel Einblick in ihre Arbeitsweise.

Schmid startet ein Projekt, indem sie auf dem Stadtplan ein Biotop definiert. Dort sammelt sie Pflanzen, die sie dann in den „Sammelbildern“ portraitiert. Am ausgewählten Ort entstehen Fotos, Aquarelle, Pläne von Wegstrecken. Bleistiftzeichnungen, aus deren fein gesponnenem Liniennetz sich Landschaften, Stadtansichten, Tiere herauskristallisieren. Exakte, streng lineare Zeichnungen von Hausfassaden. Manchmal Karten, als zarte Liniengespinste mit Nadel und Faden auf Textil gestickt. Nüchtern-sachliche Objektbeschriftungen beschreiben den Kontext der Entstehung wie eine Versuchsanordnung.

Der Wolf bildet den Mittelpunkt der Wolfenbütteler Ausstellung. Dieses wilde Tier und sein Wiedereindringen in die Zivilisation beschäftigt die Künstlerin seit sie in den Dioramen des Landesmuseums Hannover zeichnete und dort das Fehlen des Wolfes bemerkte. In der Ausstellung ist es in Zeichnungen und als Silhouette in einer Installation präsent. Ein Buch dokumentiert den Medienhype um die Frage „Ausbreitung zulassen oder zurückdrängen?“ (Kunstverein Wolfenbüttel, bis 13. Dezember 2015, Öffnungszeiten: Di-Fr 16-18 Uhr, Sa und So 11-13 Uhr)

IMG_5654

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

23. November 2015

Gerhard Scharnhorst im raumLabor

NetzWerkZauber

NetzWerkZauber, 2015

Die Farbe! Sie läuft, leuchtet, atmet, pulsiert, schwebt, dehnt sich aus und öffnet Tiefenräume – auf den Bildern von Gerhard Scharnhorst. Der Maler, der unter anderem mit dem Rudolf-Wilke-Preis der Stadt Braunschweig ausgezeichnet wurde, präsentiert unter dem Titel „sehen… weiter… gehen“ zur Zeit eine Auswahl seiner Arbeiten aus den letzten zehn Jahren im raumLabor in der Hamburger Straße.

Stipendien und Reisen führten Scharnhorst unter anderem nach Indien, Israel, Griechenland, in die Türkei, und es ist, als habe er die intensiven Farben der südlichen Sonne und des indischen Kontinents durch die Augen aufgesaugt und von dort in seinen Pinsel fließen lassen: sattes Orange, strahlendes Rot, tiefe Blautöne, ein Schwarz oder Weiß, in das feinste Nuancen anderer Farben hineingewoben sind.

Der Maler schüttet die stark verdünnte Farbe auf die Leinwand, wo sie sich wie in einem Aquarell in Flecken und Flächen ausbreitet, sich mischt, in vibrierenden Rinnsalen verläuft, Netzwerke ausbildet. In dieses „Urchaos“ greift er dann lenkend ein, und arbeitet im „kairos“, dem glücklichen Augenblick, das Zufällige bewusst aus. So entstehen gerade Linien, Diagonalen, scharfe Kanten. Die Querformate haben manchmal die Anmutung einer Landschaft, ohne doch eine solche abzubilden. Alles bleibt offen und lässt der Phantasie des Betrachters Raum. Fließende Bewegung und konstruktive Ruhe, Emotion und Ratio, Chaos und Ordnung, Dichte und Leere, Be- und Entschleunigung, Begrenzung und Öffnung sind die Polaritäten, mit denen sich das Geschehen auf den Leinwänden beschreiben lässt.

Danach… aufwirbelnd!?, danach… Licht!?, entstehen und vergehen, Labyrinth, Verwirbelung, EnergieRaum, NetzWerkStröme, NetzWerkMagie – das sind die poetischen Titel dieser Werke. Eine Schlüsselfunktion nimmt für den Künstler das Bild „BlauKreuz transparent“ ein. Dieses Kreuz – ein religiöses Symbol? Ganz sicher nicht, es ist eine rein formale Angelegenheit. Aber wer mag, darf in der Malerei von Gerhard Scharnhorst mit ihren weiten Horizonten ruhig eine spirituelle Dimension erblicken.

(Bis 6. 12. raumLabor, Hamburger Str. 267, Öffnungszeiten: Mi und Fr 16-19 Uhr, Do 15-20 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr)

NetzWerkwärme

NetzWerkWärme, 2015

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

15. November 2015

„Anonyme Zeichner“ in der Galerie Geyso 20

IMG_5648

„Ich verstehe mich weniger als Kuratorin denn als Künstlerin oder Dirigentin eines Orchesters.“ Anke Becker steht vor einem Tisch, der mit Zeichnungen bedeckt ist. Die meisten der etwa 600 Arbeiten, die sie aus 2000 Zusendungen ausgewählt hat, hängen schon an den Wänden der Galerie „Geyso 20“. 2006 hat die Berliner Künstlerin das Projekt „Anonyme Zeichner“ ins Leben gerufen. Einem Aufruf im Internet folgend, kann ihr jedermann jeweils eine Arbeit im Format bis maximal DIN A3 zuschicken. Aus den Einsendungen komponiert sie eine Ausstellung, wobei die Urheber – sie signieren ihre Arbeit auf der Rückseite – anonym bleiben. Alle Zeichnungen sind zum Einheitspreis von 200 Euro erhältlich. Erst nach der Ausstellung wird der Hersteller und seine Herkunft enttarnt.

Wie verändert sich das eigene Urteil, wenn man nichts über die Künstlerinnen und Künstler weiß? Wie entwickelt man selbst eine Definition von Wert, wenn die Preise einheitlich sind? Was ist eine gute Zeichnung? Das sind die Fragen, die Anke Becker interessieren. Sie erhält inzwischen Einsendungen aus aller Welt, und Ausstellungen der „Anonymen Zeichner“ waren schon in Berlin, Basel, Kopenhagen, Zürich, Leipzig, Eindhoven und Rom zu sehen. Über die Zusammenarbeit mit der Galerie „Geyso 20“, die sich über die Beteiligung von Künstlern der Lebenshilfe entwickelt hat, ist Anke Becker besonders glücklich: „Die Künstler hier sind mit einer solchen Hingabe und Intensität bei der Arbeit, da schämt man sich schon fast, wenn man mal fünf Minuten unkonzentriert ist.“

Bei der Hängung lässt sie sich von inhaltlichen oder formalen Analogien leiten, so entwickeln sich „Wolken“ von verwandten Arbeiten, eins leitet zum anderen über, und jede Wand bildet einen großen Zusammenklang wie ein Orchester. An Techniken ist alles vertreten, von Bleistift, Filzstift und Tusche über Farbstifte und Wasserfarben bis zu Collage, Druckgrafik und Genähtem. Und was gibt es in der Fülle nicht alles zu entdecken: Realistisches und Abstraktes, Akribisches, Fantastisches, Bizarres, Irritierendes… Eine gemusterte Socke, Masche für Masche gezeichnet. Ein Mann, am Tisch eingeschlafen, den Kopf auf beide Arme gelegt. Aus verdichteten und gelockerten Strichlagen wächst ein Gesicht heraus. Seltsame Fabelwesen. Strukturen, gebildet aus Linien, Punkten, Kreisen, Streifen, Karos. Es ist eine Lust, zu schauen und zu finden!

Galerie „Geyso 20“, Geysostr. 20, bis 18. 12. 2015, Öffnungszeiten Mo-Fr, 13-17 Uhr. Eröffnung am Freitag, 13. 11. um 19 Uhr. Am 13. und 14. 11., am 2. und 3. 12., sowie am 18. 12. ist Anke Becker vor Ort. An diesen Tagen ist der Kauf der Arbeiten gegen Barzahlung möglich. Ansonsten über das Internet: www.anke-becker.de.

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

« Vorherige Einträge
Nächste Einträge »
freiGEISTreich - Coaching für Kultur & Bildung - Organisationsberatung und Einzelcoaching - systemisch - ökologisch - nachhaltig
Dr. Regine Nahrwold - Kunsthistorikerin - Coach- PR-Referentin
Webdesign Klinger Webwork