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28. September 2017

Ausstellung: Carina Brandes im Kunstverein Wolfenbüttel


courtesy BQ, Berlin

Halb hinterfangen, halb umflattert von einem weißen Tuch wie die Nike von Samothrake, steht die junge, blonde Frau in der Landschaft. Dann wieder stürzt sie vor einem hohen Himmel auf den unteren Bildrand zu, während von rechts bedrohlich eine riesige Forke hereinragt. Oder sie umfasst, in einem verwilderten Garten auf dem Boden liegend, eine halbgeöffnete Pforte im Hintergrund. Ein andermal presst sie sich an eine weiße Wand, hinter einem Gitter aus schwarzen Balken. In weiteren Bildern kriecht sie rücklings eine nächtliche Straße entlang oder reckt, von Kopf bis Zeh mit dunkler Farbe bedeckt und gespannt wie ein Flitzebogen, eine Kalaschnikoff in die Höhe, die aus Kopf und Händen wie ein Körperteil herauswächst.

courtesy BQ, Berlin

Die junge Frau ist die Fotografin Carina Brandes, die ihre traumhaft-surreale Bildwelt nun unter dem Titel „Winding Stairs“ im Kunstverein Wolfenbüttel zeigt. Brandes, 1982 geboren in Braunschweig, studierte 2003 bis 2011 an der HBK Braunschweig und war Meisterschülerin von Walter Dahn. Heute lebt und arbeitet sie in Leipzig. Nach Einzelausstellungen unter anderem in Berlin, New York und Los Angeles war sie dieses Jahr an „Made in Germany“ in Hannover beteiligt, wo sie durch ihre sehr eigenen Bilderfindungen herausragte. Ausgezeichnet mit dem Villa Romana-Preis, hält sie sich zur Zeit in Florenz auf.

Ihre analogen Schwarzweiß-Aufnahmen, die sie in der Dunkelkammer selbst entwickelt und auf Barytpapier abzieht, präsentiert Brandes in Wolfenbüttel in Formaten von Briefpapier bis Lebensgröße, konzentriert und hoch ästhetisch auf weißen und schwarzen Wänden. Meistens inszeniert sie sich selbst, manchmal zusammen mit ihr ähnlichen Frauen, die wie Doubles erscheinen. Schauplätze sind häufig Randgebiete wie Industriebrachen, verschneite Felder oder verlassene Parks, wo Zivilisation und Natur ineinander übergehen. Die Protagonistinnen sind so gut wie nie als Individuen erkennbar. Haare, Kleidungsstücke oder Requisiten wie Tiermasken verdecken die Gesichter. In kreatürlicher Nacktheit agieren sie spielerisch in mal poetischen, mal unheimlichen Szenarien – universelle Seelenbilder, in denen wir Teile unseres inneren Selbst entdecken können.

courtesy BQ, Berlin

Ist das nun Frauenkunst? Davon grenzt Brandes sich ganz klar ab: „Natürlich mache ich mir Gedanken um feministische Themen, aber ich bin keine Feministin. Vielleicht so etwas wie eine Post-Feministin. Da sind noch ganz viele andere Aspekte. Ich benutze meinen Körper frei, ich will nichts mehr darstellen, nicht mehr für bestimmte Inhalte einstehen. Mein Körper ist einfach wie ein Medium, das ich benutze.“ Und ganz nüchtern: „Der Körper ist für mich ein Gegenstand, den ich immer mit mir herumtrage. Ich war Kunstturnerin, mich interessiert der Körper im Zusammenspiel mit Form und Gegenstand.“ Ihre schöne Ausstellung sollte man auf keinen Fall versäumen. (Bis 22. 10., Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 4, Öffnungszeiten: Mo-Fr 16-18 Uhr, Sa und So 11-13 Uhr und nach Vereinbarung.)

 

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17. September 2017

Ausstellung: Fünf Mal Gudrun Brüne in Braunschweig

 

Frei nach Leonardo da Vinci sitzen Christus und die Jünger unter dem riesigen Auge Gottes beim Abendmahl. Ihre Gewänder leuchten blau, gelb, rot. Doch der Meister ist eine gesichtslose Puppe, und die Jünger tragen glatte, starre Masken. „Ich wollte Jesus nicht durch ein Gesicht verstellen“, erläutert die Malerin Gudrun Brüne, „und die Jünger verstecken sich. Jeder fragt sich insgeheim angstvoll, ob er der Verräter sein wird. Ja, jeder könnte es sein.“ Das wandfüllende Gemälde gab Joachim Prüsse bei Brüne für seine Sammlung in Auftrag. Nun hat er der Künstlerin in Jakob-Kemenate, Kemenate Hagenbrücke, im Augustinum, im Bankhaus Löbbecke und in der Stadthalle unter dem Titel „Traum und Wirklichkeit“ fünf Ausstellungen ihrer nach 1989 entstandenen Bilder, Grafiken und Aquarelle ausgerichtet; im Hauptbahnhof wird auf diese Ausstellungen hingewiesen.

Gudrun Brüne, 1941 in Berlin geboren, studierte nach einer Buchbinderlehre ab 1961 Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, unter anderem bei Bernhard Heisig, den sie 1991 heiratete. Von 1966 bis 1977 arbeitete sie freischaffend und zeitweise als Mitarbeiterin in Heisigs Atelier. Von 1977 bis 1999 lehrte Brüne an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle. 1987 wurde sie mit dem Kunstpreis der DDR ausgezeichnet, 1988 stellte sie auf der Biennale in Venedig aus. In bester ostdeutscher Tradition noch an Otto Dix geschult, versteht sie das Handwerk der Malerei. Dabei legt sie höchsten Wert darauf, dass Form und Inhalt sich schlüssig miteinander verschränken, das sei heute nicht mehr selbstverständlich. Ihre Form ist die gegenständlich-realistische Malerei, ihre Stoffe sind häufig Puppen und Masken, denen sie vielfach düstere Blicke auf Mensch und Welt abgewinnt. Auf vielen ihrer Bilder türmen sich zerbrochene Puppen mit abgerissenen Köpfen und erinnern an Fotografien der furchtbaren Leichenberge in deutschen Konzentrationslagern. In einem Triptychon hat sie „Guernica“, dem bedeutendsten Gemälde der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Anhäufungen von Puppen vorgeblendet, plastisch und farbig vor Picassos flächigen Formen in Schwarz, Weiß und Grau. Die Puppe ist für Brüne ein Abbild menschlicher Wehr- und Sprachlosigkeit. „In der DDR sollten wir passive Puppen sein, und im Westen ist der Mensch auch nur eine manipulierbare Puppe.“ An der Maske dagegen interessiert sie vor allem das Phänomen, dass manche Masken überhaupt erst das wahre Gesicht entlarven, so etwa in dem Bild „Vorstand“: „Diese Männer tragen Masken, aber sie sehen tatsächlich genau so aus.“

Neben solchen bedeutungsvollen Gemälden, oft in großen Formaten, sind die „kleineren“ Portraits, Landschaften, Stilleben und Blumen bescheidener im Anspruch und damit oft auch glücklicher nur sie selbst. Sie sind Stoff, Inhalt und Thema zugleich. An Gudrun Brünes Malerei können sich durchaus die Geister scheiden, doch eine respektvolle Betrachtung haben sie auf jeden Fall verdient. (Bis 1. 12. 2017, Jakob-Kemenate, Eiermarkt 1a, Öffnungszeiten: Montag bis Sonnabend 11 – 17 Uhr, Sonntag 12-17 Uhr; Kemenate Hagenbrücke, Hagenbrücke 5, Dienstag bis Sonnabend 11-17 Uhr, Sonntag 12-17 Uhr; außerdem Augustinum, Am Hohen Tore 4a, Bankhaus Löbbecke, An der Martinikirche 4, und Stadthalle)

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6. September 2017

Ausstellung „Rosa Paraphrasen“ von Helmut J. Psotta bei Geyso20

Helmut J. Psotta. Helmut – wer? Ach, den kennen Sie nicht? Das lässt sich jetzt ändern, denn die Galerie Geyso20 widmet im 25. Jahr ihres Bestehens dieser eigenwilligen Position der 1960er bis 1980er Jahre abseits des Mainstream eine Einzelausstellung.

Helmut J. Psotta, 1937 in Bottrop in einfachen Verhältnissen geboren, musizierte, malte und dichtete schon als Kind. 1955 begann er eine Lehre zum Glasmaler und besuchte daneben Abendkurse an der Folkwangschule in Essen. Ab 1957/58 studierte er dort angewandte Malerei bei Max Burchartz, ab 1959/60 Metallgestaltung (Email) in Düsseldorf bei Lili Schultz. Nachdem er 1961 mit Glasfensterentwürfen für eine Kirche in Santiago de Chile einen internationalen Wettbewerb gewonnen hatte, übernahm er 1963 die Leitung des Lehrstuhls für Sakralkunst an der dortigen Katholischen Universität. 1967-1982 lehrte er vor allem in den Niederlanden. 1982 ging er nach Lima und gründete dort eine Künstlergruppe. Seit 1998 lebte Psotta in Berlin, wo er sich der Fotografie zuwandte. Von 2007 bis zu seinem Tod arbeitete er ausschließlich auf dem Gebiet der Zeichnung.

Ein wandfüllendes Tableau von 24 Zeichnungen/Collagen, die in den 1990er Jahren entstandene Folge der „Rosa Paraphrasen“, zieht denn auch in der Ausstellung mit Macht alle Aufmerksamkeit auf sich. Hier dreht sich alles um Rosa, die Mutter des Künstlers, die in der Fotokopie eines Kinderfotos anwesend ist. Das lichte, gleichsam entschwindende Portrait lässt sofort an das Kinderbild einer anderen Mutter denken, der von Roland Barthes; ausgehend von dieser Aufnahme entwickelte der Philosoph 1980 in „Die helle Kammer“ seine Reflexionen über das Medium Fotografie. Bei Psotta erscheint das Mädchen wie eine Märtyrerin, mal klein und eingeschlossen in einen Kokon von fleischlichen, auch phallischen oder vaginalen Formen; mal groß und mit weißen Bandagen umwickelt, vergittert oder von einem Kreuz wie durchgestrichen. Schwarz, Grau, ein dunkles Rot und manchmal der silbrige Glanz von Graphit dominieren diese Blätter, von denen jedes einzelne eine düstere, seltsam physische Intensität ausstrahlt, vergleichbar mit Zeichnungen von Louise Bourgeois.

Schmerz, Verletzung, Unterdrückung, Folter, Tod und Sexualität waren Psottas Lebensthemen. In einer Zeichnunge/Collage der Reihe „Pornografie“ (1978/79) hat er nackte Leiber, Schriftfetzen, Briefumschläge und immer wieder die Portraits von Rosa und Ulrike Meinhof mit einer Struktur aus Andreaskreuzen und sechseckigen Sternen zu einem unendlichen Rapport verwoben. In einem prall gefüllten Blatt einer Serie für seinen Lebensgefährten Klaus (1980)  taucht dessen Kopf auf, umgeben von Körperfragmenten, Liebespaaren und Schmetterlingen, dem Symbol der unsterblichen Seele. Keine leichte Kost, dieser Helmut J. Psotta, aber unbedingt sehenswert. (Bis 6. 10., Galerie Geyso20, Geysostr. 19, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 13-17 Uhr und nach Vereinbarung)

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5. September 2017

„Theater Zeitraum“: Gerhard von Frankenberg

Kathrin Reinhardt, Ronald Schober

„Meine Auffassung von Ritterlichkeit ruft mich an die Seite derer, die ich für unterdrückt und hilfsbedürftig halte.“ So erklärt Gerhard von Frankenberg, als Sozialist das schwarze Schaf des Familienverbandes, 1921 seinen Austritt aus demselben. „Sechs Kugeln stecken für Sie im Lauf!“, „Man sollte sie an einem Laternenpfahl aufknüpfen!“ Das muss sich der Mann, der seit 1922 für die SPD im Landtag sitzt und sich nach dem Grauen des Ersten Weltkriegs „die ganze Erde uns zum größeren Vaterland“ wünscht, von seinen Gegnern anhören – Vorläufer heutiger Hassmails. Als Naturwissenschaftler, Direktor des Naturhistorischen Museums und Lehrbeauftragter für Zoologie an der TH Braunschweig ist Frankenberg überzeugt, dass die Natur das Leben aus sich selbst, ohne Einwirken eines höheren Wesens, hervorgebracht hat.

Diesem Freigeist aus Braunschweig hat Gilbert Holzgang mit seinem dokumentarischen „Theater Zeitraum“ nun sein 30. (!) Stück gewidmet. In 100 Minuten entfalten er und die Schauspieler Kathrin Reinhardt, Hans Stallmach und Ronald Schober ein Lebensbild von der Weimarer Republik über die Nazizeit bis zu den Notstandsgesetzen der 1960er Jahre – für Frankenberg ein verschleiertes Ermächtigungsgesetz. Aus elf Regalmetern Nachlass wählte Holzgang Passagen aus Tagebücher, Briefen und Publikationen aus, die er geschickt dramatisierte, mit Fotografien und Filmen hinterlegte und mit Musik untermalte. So begleitet etwa ein hinreißender Walzer von Schostakowitsch das Gedicht „Paradies“, das er seiner Braut zur Hochzeit schrieb. Eine Berichterstatterin, Frankenberg als Wissenschaftler und Politiker kommen zu Wort, in Reden voller Pathos, in Dialogen, Gesprächen zu dritt oder – ein Höhepunkt der Inszenierung – einer tumultösen Landtagssitzung, in der er auf Dietrich Klagges von der NSDAP prallt. Toll auch ein Staccato von Worten des Nazijargons.

Hans Stallmach, Ronald Schober

Zweimal schreibt von Frankenberg einen ergreifenden Abschiedsbrief an Frau und Kinder. Den Tod zu fürchten, dazu hat er Grund genug: 1932 durch Klagges von seinem Lehrauftrag entbunden, 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, muss er samt Familie eingeworfene Fenster, Haussuchungen, Verhaftungen, Denunziationen und Pöbeleien aushalten. Man zieht schließlich nach Hannover, wo er sich als Schriftsteller, Fotograf und Forscher betätigt. Doch im August 1944 wird er ins KZ Neuengamme gebracht, im September 1944 wieder entlassen und kurz darauf zur Wehrmacht eingezogen. Nach Kriegsende nimmt er, voll rehabilitiert, seine Ämter in Braunschweig wieder auf und mokiert sich über die „Vergesslichkeit“ der Deutschen in einem Gedicht über „Heil, Hitler!“ plappernde Papageien – woher haben die das bloß? Nach der Mondlandung schaut von Frankenberg als Marsbewohner auf den blauen Planeten hinab und sieht die Menschen als Kinder, die mit dem Rasiermesser spielen. Doch sein Glaube an Frieden und Brüderlichkeit wankt nicht. Begeistert applaudierte das Publikum ihm und allen Mitwirkenden. (Weitere Termine: 8., 9., 13., 22., 27. 9., jeweils 19.30 Uhr, Gliesmaroder Turm, Berliner Str. 105, Vorverkauf: Musikalien Bartels, Schlosspassage)

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25. August 2017

Ausstellung: Papierreliefs von Emil Cimiotti im Sprengel Museum Hannover

„… das leere Blatt – ein großer Bogen – glatt und anonym. Besprengt mit Farbe, setzt es unmittelbar die Fantasie in Gang. … so etwas wie ein Motiv bildet sich, und sogleich sieht er räumlich, denn er ist Bildhauer. Um es zu konzentrieren, greift er zur Schere, schneidet es ein, isoliert es vom Hintergrund…“ So lautet eine der Notizen von Emil Cimiotti zu seinen in den letzten zwei Jahren entstandenen Papierarbeiten. Fünfzehn davon zeigt nun das Sprengel Museum in Hannover in einer kleinen, feinen Ausstellung zum 90. Geburtstag des Künstlers und ehemaligen Professors der HBK Braunschweig am 19. August dieses Jahres.

Große Skulpturen kann der Bildhauer in diesem hohen Alter nicht mehr bewältigen. Doch was auf den ersten Blick als Ausweichen auf das „leichtere“ Material Papier erscheinen mag, ist eine konsequente Fortsetzung seines Werks mit anderen Mitteln. Die Papiere, mit streifigem Pinselstrich in schwarzbraunen und erdig-roten Farbtönen bemalt, wölben sich, gewellt, geknittert oder scharf gefaltet, zum Relief. Manche sind aus zwei verschiedenfarbigen, spiegelbildlichen Teilen zusammengefügt, bei zweien bilden sphärisch gedrehte Papierstreifen in Schwarz und einem matten Bronzeton jeweils ein Oval. Die abstrakten Figurationen belebt eine räumliche Oberflächenstruktur, die der Natur abgesehen ist, etwa einem vom Wasser überspülten Sandstrand. „Unübersehbar bleibt die Natur Cimiottis Schaffensgrundlage, ist Gradmesser und Bezugsgröße aller Formfindung, Taktgeber für Rhythmus, für das Grundgefühl des Schaffens, Entstehens, Werdens von Formen und ihrem Vergehen, so wie es den Lebensrhythmen von Flora und Fauna in der Natur eingeschrieben ist“, so Museumsdirektor Reinhard Spieler im Katalog zur Ausstellung.

Den Bezug zu Cimiottis Skulpturen verdeutlichen in der Ausstellung zwei Bronzen aus dem Jahr 1991, die mit den Papierarbeiten an den Wänden korrespondieren: Auch diese sind bei aller Dreidimensionalität von der Fläche her gedacht, der „Confinboden“ als von unsichtbaren Kräften gefaltete Landschaftsformation, die „Pyramide“ als aus dreieckigen Teilstücken zusammengesetztes Gebilde. Beide scheinen zu schweben und durch Öffnungen und Durchbrüche der Schwerkraft entkommen zu wollen. Doch diese zu überwinden, gelingt erst den Papierreliefs mit schönster Leichtigkeit. Herzlichen Glückwunsch dem Meister, auch zu dieser neuen Werkgruppe, und weiterhin viel Schaffenskraft und Freude für die nächsten Jahre! (Bis 19. 11., Sprengel Museum Hannover, Kurt-Schwitters-Platz, Öffnungszeiten: Dienstag 10 – 20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10 – 18 Uhr)

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24. August 2017

Erdmutter Gaia der Bildhauerin Sabine Hoppe

„Einmal im Leben wollte ich eine richtig große Figur machen – nur für mich.“ Die Bildhauerin Sabine Hoppe blickt auf das vollendete Werk, die Erdmutter Gaia aus der griechischen Sage, die aus ihrem Kopf den Himmel gebiert. Stolze drei Meter misst die Dame. Lang ausgestreckt, die Füße gespannt bis in die Zehenspitzen, schwebt sie, nur von einem schmalen Sockel unter der mächtigen Leibesmitte gehalten, über dem Boden. Die Arme über dem Kopf, schiebt sie als ihre eigene Hebamme die Wolkenmassen aus sich heraus. „Auf der Erde kann sie ja nicht liegen, denn die verkörpert sie ja selbst.“, so Hoppe, und: „Es reizt mich, das Schwere leicht zu machen.“ Zwei ebenfalls schwebende Bronzen von Gustav Seitz, „Danae“ und die „Flensburger Venus“ gaben Anregungen.

Immer wieder beschäftigt sich die Künstlerin mit der antiken Mythologie: vor allem der Minotaurus, aber auch Göttinnen und Nymphen wie Hera, Selene, Echo und Hygieia haben es ihr angetan. Eine kleinere Gaia von ihr befindet sich, in Bronze gegossen, im Planetarium Wolfsburg. Für die große Schwester wird es bis zum teuren Guss wohl noch eine ganze Weile dauern. Bis das Geld dafür gesammelt ist, müssen sich die Erdmutter und ihre Schöpferin mit Gips zufrieden geben.

Rund 80 Kilo davon hat die Bildhauerin für die Figur verarbeitet – gar nicht mal so viel für solch eine Riesin. Das liegt an deren Innenleben, einem Gerüst aus Styropor und Holzwolle – leicht, aber äußerst stabil. „Es muss Axtschläge aushalten können!“ hatte Hoppe dem Steinmetz gesagt, der es für sie gebaut hat. Und zur Axt musste sie nicht nur einmal greifen. Wiederholt war sie unzufrieden und zerstörte ganze Partien der Figur, um dann von vorne anzufangen. Begonnen hat sie mit der Unterseite der Gestalt: Rücken, Hinterteil, Beine. Dabei musste sie von vornherein die Drehung der Gebärenden anlegen, die den ganzen Körper von den Füßen bis zum Kopf durchzieht. „Es sollte anatomisch schon richtig sein, aber nicht zu detailgenau werden. Ich wollte eine Einfachheit erreichen, die den Leib eher wie eine Landschaft, ein Gebirge wirken lässt.“ Das ist ihr gelungen, doch der Weg dorthin war mit Herausforderungen gespickt. So konnte sie sich etwa von der Unterseite der Füße nur mit Hilfe einer Kamera ein Bild machen. Der schwere, feuchte Gips an den äußersten Enden der Skulptur verursachte statische Probleme. Und dann der Himmel, wie stellt man den in einer festen Materie dar? Natürlich: Wolken mussten es sein, aber keine Schäfchenwolken, sondern eher eine zerzauste Masse, die sich in einem leichten Aufwärtszug verflüchtigt.

Und dann der Moment, als sie sah: Jetzt ist die Gaia fertig. „Das war unbeschreiblich!“ Ein halbes Jahr hat Sabine Hoppe an ihrer Erdmutter gearbeitet, in ihrem Ausstellungsraum. Eine Zeit, in der sie frei war von Aufträgen und anderen Verpflichtungen, frei für die selbst gewählte Aufgabe. Nun hat der Alltag sie wieder: Am 4. September um 19 Uhr eröffnet sie eine neue Ausstellung im Studio Hoppe im Schimmelhof, Hamburger Str. 273b.

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19. August 2017

Ausstellung „Remember the Promise“ von Elisabeth Stumpf im Kunstverein Wolfenbüttel

„Wir würden gerne zu diesen lustigen Trauminseln reisen!“ hat eine 6. Klasse nach ihrem Besuch der neuen Ausstellung „Remember the Promise“ von Elisabeth Stumpf ins Gästebuch des Kunstvereins Wolfenbüttel geschrieben. Ja, wer würde das nicht? Denn die lustigen Trauminseln sind knallblaues Meer, sanft gewellte Hügelketten und rosig-gelbe Sonnenaufgänge, gebildet aus überlappenden Schichten farbigen Tülls, mit ähnlicher Wirkung wie ein Aquarell. Ach, sooo schön romantisch ist das – wie die sehnsuchtsvollen Landschaften von Caspar David Friedrich. Auch die Familie davor scheint von solchen Gefühlen ergriffen, Urlauber in gelben Gummistiefeln und geblümtem Hemd. Die Idee der Landschaft als ein idealer Ort der Existenz tauche immer wieder in ihren Arbeiten auf, so die Künstlerin. Doch Lametta verhüllt die Gesichter der lebensgroßen Puppen, Lamettagirlanden rahmen die Idyllen ein, führen sie ad absurdum und wenden sie ins Ironische. Von der, ach, so deutschen Kunst der Romantik bleibt nichts als Trash, Jahrmarktrummel, Schießbudenfiguren – erinnere Dich an das Versprechen…

In einem weiteren Raum zeigt Stumpf, die 2005-12 an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig studierte und Meisterschülerin von Bogomir Ecker war, farbig glasierte Keramiken, die Figuren der „Faker“ und Figurengruppen mit kindlicher Anmutung wie „Paradise Island“ oder „Space between your Mind“. Elemente dieser bunten Torten sind kitschige Accessoires wie Herzen und immer wieder Totenköpfe. Sie lassen an den „Tag der Toten“ denken, an dem in Mexico mit einem Volksfest, Gräbern aus Zuckerwerk und fröhlichen Feiern auf den Friedhöfen der Verstorbenen gedacht wird. Ganz nett und amüsant, diese Ausstellung, macht aber nicht richtig satt. (Bis 16.9., Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstraße 1, 38300 Wolfenbüttel, Mi bis Fr 16–18 Uhr, Sa und So 11–13 Uhr )

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6. August 2017

Ausstellung: Meine Documenta 14 in Kassel

Pedro Cabrita Reis

Niemals habe ich auf einer Documenta, der weltgrößten Ausstellung zeitgenössischer Kunst, eine solche Fülle an konventionellen, mittelmäßigen Werken aus den 1930er bis 1970er Jahren und auch von heute gesehen! Viele davon mögen Zeugnisse von Nonkonformismus sowie Widerstand gegen Krieg, Diktaturen, Kolonialismus und Ausbeutung sein – große künstlerische Erfindungen sind sie nicht. Das beginnt mit der Sammlung des EMST, des Museums für zeitgenössische Kunst Athen, die im Friderizianum, dem zentralen Ausstellungsort, völlig deplaziert ist. Nur drei beachtliche Werke, von Pedro Cabrita Reis, Mona Hatoum und Bill Viola finden sich dort, doch neu sind sie nicht. Und in der Documentahalle, der Neuen Galerie und der Alten Hauptpost hört es noch lange nicht auf…

Britta Marakatt-Labba

Nilima Sheik

Natürlich man kann in dieser Fülle auch einige Entdeckungen machen: den volkstümlichen Wandbehang der samischen Künstlerin Britta Marakatt-Labba. Die jüdische Malerin Erna Rosenstein, die Rumänin Geta BrÄtescu, die Inderin Nilima Sheik mit einer Rauminstallation feiner Malerei oder die exzentrische Lorenza Böttner (Transgender ohne Arme). Den Vorhang aus Rentierschädeln der samisch-norwegischen Künstlerin Máret Ánne Sara. Die dokumentarischen Schwarzweißaufnahmen des Magdeburgers Ulrich Wüst. Die Sozialreportagen der palästinensischen Fotografin Ahlam Shibli. Doch weltbewegend ist nichts davon. Und abstrakte Strohhalm-Collagen (Otto Holzapfel, DDR)? Ein Menstruationsengel (Cecilia Vicuña, Chile)? Schwarze Seife (Otobong Nkanga, Nigeria)? Ein von Aborigines geschaffenes Wandbild bebrillter Känguruhs? Da habe ich mich schon schwer gewundert.

Marta Minujín

Viel besser als erwartet „funktioniert“ dagegen der „Parthenon der Bücher“ der Argentinierin Marta Minujín, das Wahrzeichen der Documenta 14 auf dem Friedrichsplatz. All diese Bücher waren oder sind irgendwo auf der Welt verboten, viele wurden 1933 von den Nazis genau hier verbrannt. Als ich abends nach Kassel hineinfuhr, ragten die mit transparenter Folie umkleideten Säulen in den Abendhimmel hinein, die aufrecht stehenden Bücher darin zeichneten sich als dunkle Silhouetten im Gegenlicht ab. In der Mittagssonne des nächsten Tages glitzert das Ganze wie ein riesiges Mosaik, und die Stahlkonstruktion wirft ein feines Liniennetz von Schatten auf den Boden. Menschen sitzen auf den Stufen. Der Parthenon ist nicht nur Programm und Wahrzeichen der Ausstellung mit ihrem Motto „Von Athen lernen“, sondern überzeugt auch ästhetisch.

Sehr gut gefallen mir auch die beiden gegenüberliegenden Türme der Torwache, die Ibrahim Mahama aus Ghana mit Flickenteppichen aus hunderten von Jutesäcken in allen nur erdenklichen Brauntönen verhängt hat. In ihnen, manche mit der Aufschrift „Product of Ghana“, wurde Kakao, Kaffee, Reis, Bohnen oder Holzkohle nach Amerika und Europa verschickt. Der Künstler „hat sie dem globalen Warenkreislauf entzogen. Ihre Löcher, Verfärbungen, ausgebleichte Stellen, machen sie zu Zeugen: Hier die Profiteure im Westen – dort die wenig lukrative Rohstoffgewinnung und schlecht bezahlte Handarbeit auf dem afrikanischen Kontinent.“ (Tanja Küchler von hr2-kultur in ihrem Beitrag „Verdammt hässlich – verdammt schön“ vom 12.06.17 auf hessenschau.de) Genau wie beim Parthenon gehen hier politische Botschaft und künstlerische Form eine gelungene Synthese ein.

Miriam Cahn

Miriam Cahn

Die stärksten Eindrücke habe ich mitgenommen von einem Raum mit Bildern der Schweizerin Miriam Cahn, die einen sehr eigenen malerischen Ausdruck für die Not der Flüchtlinge gefunden hat. Und von dem israelischen Künstler Roee Rosen. Er zeigt in der Grimmwelt einen umfangreichen Zyklus von Zeichnungen (Tinte, Aquarell, weiße Kreide, Graphit, Collage) zu Shakespeares Drama „Der Kaufmann von Venedig“. Parallel dazu hat er eine zweite Geschichte aus der Perspektive des jüdischen Geldverleihers Shylock erfunden. Da sie von der Blendung Shylocks erzählt, wird sie von linearen Zeichnungen illustriert, die Rosen mit geschlossenen Augen angefertigt hat. Das ist Kunst, die Auge und Geist intensiv beschäftigen kann.

Roee Rosen

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30. Juli 2017

Ausstellung: Sascha Weidner im Sprengel Museum Hannover

Grounded II, 2007

„Wer auf dem Kopf geht, der hat den Himmel als Abgrund unter sich.“ Dieses Wort des Dichters Paul Celan könnte als Motto über dem Werk des Fotokünstlers Sascha Weidner stehen, der 2004 sein Studium an der HBK Braunschweig mit einem Ehrendiplom abschloss und anschließend Meisterschüler von Dörthe Eißfeldt war. 2015 verstarb er mit erst 39 Jahren an einem Herzinfarkt. Im letzten Jahr erhielt das Sprengel Museum Hannover eine umfangreiche Schenkung aus seinem Nachlass und präsentiert nun eine erste Auswahl daraus in der Schau „It’s all connected somehow“.

Mulholland Drive II, 2005

Dieser wie auch andere Ausstellungstitel verweisen auf die poetische Unterströmung, die Weidners subjektive Bildwelten durchzieht, etwa „Bis es wehtut“ (Kunstverein Wolfenbüttel 2008), „Was übrig bleibt“ (Museum für Photographie Braunschweig 2009) oder “Bleiben ist nirgends” (Mönchehaus Museum Goslar 2016). Der dritte erscheint geradezu programmatisch, sagte der Künstler doch von sich selbst: “Ich bin getrieben, ständig auf der Suche, ein romantisch bewegter Reisender, unruhig, wie beim ersten Schrei auf dieser Welt.“ Auf seinen Reisen, unter anderem nach Los Angeles, Sydney, Kyoto und Peking, bannte er immer wieder die Schönheit und Zärtlichkeit flüchtiger Augenblicke in seine Bilder. Sie werden zu melancholischen Gleichnissen für die menschliche Existenz, ihre Vergänglichkeit, Verletzlichkeit und Fragilität. Als Verdichtung dessen erscheint „Touché II“, wo ein Mensch kopfüber von einem Ast herabhängt und mit der ausgestreckten Hand ganz sacht die lichte Oberfläche eines Sees berührt. (Seine Aufnahmen versah der Fotograf stets mit der Zahl II, denn das erste Bild sei immer das in seinem Kopf.)

Touché II, 2005

Weidner war es „vergönnt zu träumen: Nachts ist meine Reise ein nicht begehbarer, nicht wieder auffindbarer Kontinent. Mein Schlaf ist so fest, dass alles, was später daraus hervordringt, ins Licht will.“ Und so sind viele seiner Motive in nächtliches Dunkel gehüllt: bunte Fotoecken trudeln durchs All, Fragmente eines Spinnennetzes und die Blütenschaumwolke eines Kirschbaum aus der Serie „Hanami“ schweben vor Schwarz. Auf „Mulholland Drive II“ – der Titel eine Anspielung auf den rätselhaften Film von David Lynch – hockt eine junger Mann vor einem dunklen Berghang, über dem der grünlichgelbe Lichtschein einer fernen Stadt schimmert. In „Grounded II“ hängen zwei Menschen fest geerdet am oberen Bildrand und haben den Nachthimmel als Abgrund unter sich.

aus der Serie „Hanami“, 2013

Um den frühen Tod des Künstlers wissend, berührt vor allem eine Aufnahme, die ihn neben einem Reh am Waldboden liegend zeigt. Ist es wirklich das Tier oder nur ein Bild davon? Weidner schöpfte auch aus Familienfotos und gefundenen, den Massenmedien und der Kunstgeschichte entlehnten Bildern. Den Abschied von seinen Eltern verarbeitete er, indem er Aufnahmen aus Alben abfotografierte, verschleiert vom Pergaminpapier, das die Seiten trennt. Ein Schutthaufen gerät zum „Eismeer II (nach C. D. Friedrich)“ und an die Kirchenruinen des romantischen Malers erinnert „Caché II“ von 2010. Es ist das letzte Bild dieser absolut sehenswerten Ausstellung. (Bis 19. November 2017, Sprengel Museum Hannover, Kurt-Schwitters-Platz, Öffnungszeiten: Dienstag 10 – 20 Uhr, Mittwoch bis Sonntag 10 – 18 Uhr).

aus der Serie „Familienalbum“, 2010

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18. Juli 2017

Ausstellung: Gisela Weiß in der Stadtbibliothek Braunschweig

„Erfahrungen sammeln – in Wäldern – Bergen – Städten – in den Augen der Menschen – in Gesprächen – im Schweigen. Diese Verse der Lyrikerin Rose Ausländer könnten als Motto der malerischen Arbeiten von Gisela Weiß gelten.“ So stand’s geschrieben vor genau zehn Jahren in der Braunschweiger Zeitung. Dass diese Feststellung noch immer zutreffend ist, davon kann man sich nun im Zeitschriftenlesesaal der Stadtbibliothek überzeugen. Dort zeigt die 1947 geborene Künstlerin, die 1976-1989 an der HBK Braunschweig freie Kunst studierte, Gemälde, die zwischen 1982 und 2012 entstanden sind: perspektivisch angelegte Ansichten von Braunschweigs Straßen, auch in abendlicher Beleuchtung, Blicke über die Dächer der Stadt bis zum Dom und zur Martinikirche sowie Stadtlandschaften und Menschengruppen – recht konventionell, aber gute Malerei, solide und sehr gekonnt.

Es überwiegen rostrote, graublaue, dunkelgrüne Farben mit herbstlicher Anmutung, doch in einigen Bildern findet die Malerin mit reinbuntem Rot und Grün auch zu einem expressiveren Ausdruck. Beeindruckend ist eine schweigsam wirkende Gruppe von Männer, Frauen und Kindern, wohl an einer Haltestelle wartend, abstrahiert und mit nur angedeuteten Gesichtern; mit erdigen Tönen ist diese Szene in eine sichere Farbflächenkomposition umgesetzt und bleibt doch menschlich anrührend.

Ein Portrait zeigt Ingeborg Freudenberg, Braunschweiger Original und legendäres Aktmodell der Kunsthochschule mit feuerrotem Haar, in blauer Jacke müde auf dem Sofa sitzend; die Art, wie sie vor gemusterter Tapete in weiche Stoffe und ein warmes grau-blau-grünes Kolorit eingebettet ist, erinnert an Gemälde von Edouard Vuillard.

Die Straßenbilder sind dort am stärksten, wo sie impressionistisch-unscharf bleiben und sich die Malerin auf eine enge Palette von fein nuancierten Grautönen beschränkt. In einem Gedicht über den Charakter der Farben schreibt sie selbst: „Das Grau will gut gemischt sein“, und diese Kunst beherrscht sie ebenso gut wie ein Maurice Utrillo. Oder mit Cézanne gesprochen: „Wenn man nicht ein Grau gemalt hat, ist man kein Maler.“ Gisela Weiß ist eine Malerin.

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