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6. März 2018

Tanzstück „Angsthase Pfeffernase“ im Haus III des Staatstheaters

Foto: Bettina Stoess

„Angsthase Pfeffernase, morgen kommt der Osterhase!“ skandierten wir früher als Kinder schadenfroh, wenn ein Spielkamerad sich etwas nicht traute. Jetzt erobert „Angsthase Pfeffernase“ die Bretter, die die Welt bedeuten – im gleichnamigen Tanzstück von Teresa Rotemberg, das am Samstag im Haus Drei des Staatstheaters Braunschweig seine Uraufführung erlebte.

Die Bühne: ein karger, schwarzer Raum, nur von zwei bizarren „Steinen“ aus Schaumstoff und einem Lichtfeld in wechselnden Farben im Hintergrund akzentuiert (Esther Criado Valladares, auch Kostüme). Zu rhythmischer Musik (Tanja Müller) tollen drei junge Tänzerinnen und Tänzer (Murat Alkan, Anna Degen, Giulia Nicoletti) umher. Die drei haben viel Spaß an ihren Spielen, mal harmonisch, mal kämpferisch, zu zwei, zu dritt oder auch allein. Was lässt sich zum Beispiel mit so einem Stein nicht alles anstellen: ihn hochstemmen und schleppen, ihn treten, schubsen, rollen bis schließlich der Fuß daruntersteckt – aua! Doch immer wieder funkt der alte Affe Angst dazwischen: Zittern, Zagen und Gänsehaut bilden gleichsam das Rondothema in dem munteren Treiben. Manchmal ganz grundlos, aber dann wieder gibt es wirklich was zum Fürchten: Wälzt sich da nicht eine riesige Raupe, gar ein Lindwurm, bedrohlich heran? Nichts wie weg! Doch dann: stehen bleiben, sich vorsichtig heranpirschen, und sieh an: Man kann den Unhold anstupsen, drüberhopsen, sich drauflegen, ihn über sich hinweg krabbeln lassen bis, ja bis er einen am Ende doch verschlingt. Gruselig auch das mit schwarzen Stacheln bewehrte Monster, das zunächst nur seinen Schatten sehen lässt und dann selbst in einer Nebelwolke erscheint. Ein Kopf mit Hut und der dazugehörige Körper tanzen getrennt voneinander, bevor sie sich schließlich vereinen. Zwei Wesen, die ihre langen Hörner in den Händen halten und Murat damit einfangen, werden am Ende mit vereinten Atemzügen der kleinen Zuschauer von der Bühne gepustet.

Eine Publikumsbefragung nach dem Lieblingsspiel ergibt: Verstecken, und dabei kommen lautstarke Hinweise der Kinder und eines mitgebrachten Plüsch-Murmeltieres dem Suchenden zu Hilfe. Murat entpuppt sich als der größte Feigling: Sein wildes Schlottern, Zappeln und Zucken quittieren die Kleinen mit schallendem Gelächter. Aber auch die forsche Anna kriegt noch ihr Fett weg…

Eine ausdrucksstarke Choreografie, fantasievolle Kostüme, viele tolle Einfälle und nicht zuletzt die tänzerische und spielerische Leistung der drei Absolventen der Zürcher Hochschule der Künste und der Folkwang Universität Essen machen „Angsthase Pfeffernase“ zu einem Vergnügen für Kinder, Erwachsene und alle Fans des modernen Tanztheaters. Die Inszenierung ist eine Initiative des Staatstheaters Braunschweig zur strukturellen Förderung Junger Tänzer und des Jungen Tanzes.

Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

22. Februar 2018

Hans Peter Litscher im Allgemeinen Konsumverein

Seine Spezialität: fiktive Biographien, bis ins kleinste Detail äußerst glaubhaft erfunden und durch skurrile Exponate aus dem „Nachlass“ der Personen exakt „dokumentiert“. Den Auftakt zum diesjährigen Programm des „Allgemeinen Konsumvereins“ machte am Donnerstagabend der Schweizer Künstler Hans Peter Litscher mit einem – wie sollte es anders sein? – Mix aus Ausstellung, Vortrag und Performance. Den Braunschweigern dürfte er durch sein Projekt „Goethes Zebra“ (2014) in bester Erinnerung sein. Und just währenddessen geschah’s, dass ihn ein älterer Herr auf sein Stück „Lessings Blessings“ ansprach, geschaffen für das Festival „Theaterformen“ 1991. Dieses Stück habe, so der Herr, sein Leben verändert, er sei der Sohn des Boxers Samy Angott und der Ururenkel von Lessings Weinhändler Angott.

Die Idee zu „Lessings Blessings“ hatte Litscher, als er in New York einen Lieferwagen des Catering Service „Lessing’s“ erspähte. (Exponat: von Kerzen beleuchtetes Modell des Lieferwagens mit Schriftzug). Auf genau dieses Gefährt prallte eines Tages Bruce Lindenhurst, Verfasser von „Ganz geschwiegen oder Ganz mit der Sprache heraus. Beobachtungen & Überlegungen zu G. E. Lessings Wortschatz“ (Exponat: Buch), weil er im Auto, vor einer roten Ampel wartend, in der „Hamburgischen Dramaturgie“ las und dann bei Grün mit der Lesebrille (Exponat: vergrößertes Modell) auf der Nase weiterfuhr. Doch als Rachel, die Fahrerin des Lieferwagens, seine Lektüre erblickte, verzieh sie ihm alles, denn sie und ihre ganze Familie pflegten Lessings Sprache hingebungsvoll. (Wie groß sollte ihre Enttäuschung sein, als sie später nach Deutschland kam und so gar nichts mehr davon finden konnte!) Bruce und Rachel – ihre Mutter hatte übrigens als kleines Mädchen eine Elfe in Shakespeares „Sommernachtstraum“, inszeniert von Max Reinhardt, gespielt (Exponat: allerliebstes Foto) – wurden ein Paar. Allein, das Glück währte nicht lang: Sie brannte nach Neuseeland durch, und so musste er im Hotel „Deutsches Haus“ in Braunschweig allein wohnen und speisen, bestellte jedoch tagtäglich ein zweites Frühstück für sie, um sie wieder herbeizubeschwören (Exponate: Kellog’s Cornflakes und Schoko Pops). Um die wachsenden Stapel von Kellog’s Packungen einer sinnvollen Verwendung zuzuführen, setzte Bruce sie als Anschauungsmaterial in einem Vortrag über Platons „Timaios“ (Exponat: Buch) ein…

So spinnt sich die Geschichte assoziierend und mäandernd fort, und es macht diebische Freude, Litscher zu lauschen. Er plaudert, zeigt, erläutert, fordert – „Kommen Sie, kommen Sie!“ – zum Weitergehen auf, zaubert aus seinem Handy Musik und eine Lesung seiner Lieblingsschauspielerin Jutta Lampe hervor (Exponat: Foto der für eine Rolle komplett schwarz Geschminkten), um schließlich bei Einstein, Kafka und dessen Biografen Wagenbach zu landen. Wie war er da noch mal hingekommen? Und was ist nun Fakt, was Fake? Keine Ahnung, so schwirrt einem der Kopf… Und das alles kommt so leicht, spielerisch und amüsant daher, dass man fast vergisst, wieviel Belesenheit, Recherchen, Bildung und Kreativität dahintersteckt. Schade, dass diese Performance nicht noch einmal wiederholt wird!

Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

13. Februar 2018

Ausstellung: Fotomontagen von Franziska Rutz in der VitaMine

Franziska Rutz vor ihrer Fotomontage „Glücksstadt“

„In meiner Kunst beschäftige ich mit der Jetzt-Zeit und benutze ein künstlerisches Mittel von heute, nämlich das der digitalen Bildbearbeitung.“ Franziska Rutz steht in ihrer Ausstellung in der Galerie VitaMine vor einem Bild, in dem sie Alpengipfel mit Schuttbergen zusammenmontiert hat. Seit 24 Jahren lebt die Schweizerin in Braunschweig – Erinnerungen an ihre Heimat? Ja, im Zusammenhang mit dem Klimawandel denkt sie auch an „ihre“ Schweizer Berge: Scheinbar für ewig standen diese unerschütterlich fest, boten Halt und Sicherheit; die Bergwelt war noch in Ordnung, dort konnte man sich auf Wanderungen erholen. Doch das hat sich inzwischen geändert: „Auch der Permafrost taut durch die Erderwärmung bereits auf und wird instabil,“ erzählt Rutz, „Manche Partien geraten ins Rutschen, und einige Gebiete sind bereits für Wanderer gesperrt.“

Der Klimawandel mit seinen Folgen ist eines ihrer großen Themen, weitere sind: Mobilität, die Suche nach dem Glück und die Entfremdung und Anonymität des Menschen in Megacities und hoch industrialisierten Gebieten. Letzteres vor allem in China, wohin sie 2006 reiste und sah, wie im Zuge der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung mehr und mehr Betonwüsten die traditionelle Architektur verdrängen.

Zwei große Hochformate hängen sich in der Ausstellung gegenüber: „Autostadt“ und „Glücksstadt“. Auf beiden ballt sich ein wildes Gewirr aus mehrspurigen Autobahnen zu einem Labyrinth zusammen, mittendrin Autos, Laster, Bagger, winzige Menschlein. Auf „Glücksstadt“ mündet dieses Labyrinth in der Auffahrt auf die Fähre, die wie eine Abschussrampe geradewegs in den Himmel hineinführt – angesichts des wahnsinnigen Verkehrschaos die pure Ironie. Aus rund 50 schwarzweißen und farbigen Fotos setze sich eine solche Arbeit zusammen, erläutert Rutz. In ihrem Frühwerk hat sie sich mit der Rolle der Frau beschäftigt und häufig Schittmuster verarbeitet. „Die Themen der Arbeiten haben sich seitdem geändert, die Methode des Zerteilens und Zusammenfügens bleibt hingegen die künstlerische Bildsprache bis in die aktuellen Arbeiten hinein“, stellte die Kuratorin Ulrike Lahmann fest und führt diese zurück auf Hannah Höch, John Heartfield und Raoul Hausmann, die in den 1920er Jahren die Fotomontage erfanden. Nur arbeiteten sie noch mit Schere und Papier, Rutz‘ Werkzeug dagegen ist der Computer. Sie unterscheidet die aus vielen (immer eigenen) Fotos zusammengefügte Montage und die Decollage, bei der ein einzelnes, meist farbiges Motiv aus einem größeren Kontext isoliert und vor einem neuen, grautonigen Hintergrund freigestellt wird. So geschehen etwa in der Serie „Lourdes“, in der sie den Glauben an die Glücksverheißungen der Wallfahrt kommentiert – kritisch, aber nicht ohne Humor.

Was ist denn zuerst da, die Bildidee oder die konkreten Aufnahmen? „Beides durchdringt sich wechselseitig“, sagt Rutz, „so habe ich zum Thema ‚Unterwegssein‘ erst einmal Straßen fotografiert, und daraus sind dann ‚Autostadt‘ und ‚Glücksstadt‘ entstanden.“ Bahn frei auf dem Weg zum Glück toller, neuer Bildschöpfungen!

(Bis 11. März, VitaMine, Karl Marx-Str. 6, Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-13 Uhr, Mo, Mi, Do 17.30 – 19.30 Uhr, So 14-17 Uhr)

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7. Februar 2018

Ausstellung: Neu im BBK 2018

Den Anfang macht Marie-Luise Schulz mit ihrem „Abendmahl 2.0“ (Acryl auf Leinwand), sehr frei nach Leonardo: Auf dem langen, weißen Tisch sitzen, stehen, kauern, tanzen nackte und bekleidete Figuren; davor macht gerade eine Frau ein Selfie mit dem Smartphone, welches ihr Gesicht und zugleich das mittlere der drei Fenster im Hintergrund verdeckt – das Handy als Öffnung zur Welt, in dem man letztlich immer nur sich selbst erblickt? Zu diesem großen Format (150 x 300 cm) hat die Malerin mehrere Aquarelle gehängt, darunter drei sehr gelungene Portraits.

Im Gartensaal geht’s weiter mit Silke Schaper und ihren Landschaften (Öl und Acryl auf Leinwand oder Holz). Oder vielmehr horizontalen Farbfeldern und -streifen, übereinander gelagert, die – nicht zuletzt durch das Querformat – Landschaftliches anklingen lassen. Oder, wie die Kunstwissenschaftlerin Pia Kranz schreibt: „… ein Spannungsfeld, in dem Landschaft und Himmel als Farbflächen stark abstrahiert werden und trotzdem genug Erkennbares bleibt…“

In anna.laclaques Video-Sound-Installation „while I carry my home“, projiziert an drei Wände, stolpert eine Frau, zeitweilig zu ätherischen Gesängen, blindlings durch den Wald, den Kopf in einem blauen Würfel und aufgenommen von einer wackelnden Handkamera. Ein Sinnbild für das durch-die-Welt-Irren des Menschen, die Beschränkung seiner körperlichen und geistigen Wahrnehmung und ein Dasein, das von Instabilität und Desorientierung geprägt ist-

Im Treppenhaus zeigt der Fotograf Wilhelm W. Reinke, auch in der alten Technik des Lichtdrucks, die beeindruckende Schwarzweißaufnahme eines riesigen, uralten Drachenbaums auf Teneriffa. An seinem Fuße ist ein Paar in kreatürlicher Nacktheit – nein, gerade nicht hineinmontiert, wie man im ersten Moment vermutet. Mann und Frau stehen dort wie Adam und Eva und sind wirklich so winzig unter dem gewaltigen Baumlebewesen, eingebettet in eine kosmische Natur, die wir seit langem gnadenlos zerstören. Das Foto ist eine Vorschau auf Reinkes Buch „Narrenbäume“ mit über 70 Portraits von Bäumen aus aller Welt, das im März erscheint, sowie auf eine Ausstellung, die 2019 auch in Braunschweig zu sehen sein wird.

Witzig sind die volkstümlich anmutenden Bilder „Hochwasserstand“ und „Ackerland“ (Acryl und Öl auf Nessel) von Gabriele Wendland. Auch zwei Arbeiten in der komplexen Technik des Farbholzschnitts hat die Meisterschülerin von Walter Dahn an der HBK Braunschweig zur Ausstellung beigesteuert. Richtig toll schließlich ihr Mobilé von 76 knallbunt bemalten Täfelchen.

Michael Nitsche präsentiert feine Zeichnungen (Pastell und Bleistift) aus den letzten sieben Jahren. Seine faszinierende Bildwelt bevölkern phantastische, mal poetische, mal monströse animalische Gestalten und Mischwesen: Hirsche, Bären, aus deren Bauch kleine Figuren herauspurzeln; ein Zwerg mit Wurzelhaar hält ein Bäumchen mit Vögeln darin. Besonders der Elefant mit seiner faltigen Haut und den schweren Füßen hat es dem Künstler angetan, auch als Dickhäuter verkleidete Menschen. Mit seinen Motiven bezieht sich Nitsche auf alte Mythen und Volksmärchen und setzt unserem durchtechnisierten Alltag eine ganzheitliche, intuitive Weltsicht entgegen.

Glückwunsch dem BBK zu diesen neuen Mitgliedern!

(Bis 4. März, Kunsthaus des BBK, Humboldtstr. 34, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 15:00 Uhr – 18:00 Uhr, Sonntag 11:00 – 17:00 Uhr)

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6. Februar 2018

Ausstellung: Hanni Wurm im Kunstverein Wolfenbüttel

Am Anfang ist der Pinselstrich. Als breite, schwarz-weiße Wellenlinie aus Pappe, quer und längs an die Wände des Kunstvereins Wolfenbüttel geheftet, in Stapeln dagegen gelehnt, in eine Vase drapiert oder als Lesezeichen in einem dicken Buch dominiert er die Ausstellung „Wow so nice reflection“ von Hanni Wurm. In ihr kehrt die Künstlerin, die 2010 ihr Studium als Meisterschülerin von John Armleder an der HBK Braunschweig abgeschlossen hat, zurück zum Ausgangspunkt aller Malerei, von Kreativität an sich. Zugleich hat sie eine raumgreifende Kombination von Malerei und Installation geschaffen: Umgeben von besagten Pinselstrichen präsentiert sie ihre Bilder auf farbigen Wänden, dazu einige Objekte. Das Motiv ihrer Malerei bildet, neben einem Portrait und einer weiblichen Rückenfigur, in erster Linie die bewegte Farbe selbst, etwa in der landschaftlich anmutenden, leuchtend bunten Serie „Americana“ (Aquarell und Tusche). Doch vor allem die blaue Farbe hat es der Künstlerin angetan: Blau schlängelt sich, wogt, wallt und ballt sich wolkig zusammen. Da liegt die Assoziation an Himmel, erst recht an das Meer nahe.

Dieses ist nach dem griechischen Philosophen Thales von Milet der gemeinsame Urgrund alles Seins, der in ständiger Wandlung die Dinge aus sich hervorbringt und wieder in sich zurücknimmt; alle Materie ist unvergänglich, das Wasser bildet den Urstoff für alle Erscheinungen in der Welt, und – so kann man hinzufügen – ist damit das kreative Element an sich, sozusagen der erste Künstler. Dazu die Kunstwissenschaftlerin Lisa Grolig in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung: „Diesen Moment, an dem nichts festgeschrieben und alles möglich ist, nutzt Hanni Wurm und schafft Neues. Das, was normalerweise flüchtig und schwer greifbar wirkt, das Meer ist beispielsweise immer in Bewegung, der Pinselstrich meist Mittel zu Zweck eines übergeordneten größeren Ganzen, diese flüchtigen Momente hält Hanni Wurm fest und arbeitet an ihnen weiter (…) In dieser Welt haben wir ein Zimmer mit Meerblick, unbebaubare Sicht bis zum Horizont (…) haben wir Zeit und können uns vom Alltag erholen.“ Da kann man nur sagen: Wow, so nice, this reflection! (Bis 18.2, Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 1, 38300 Wolfenbüttel, Öffnungszeiten: mi. bis fr. 16–18 uhr, sa. und so. 11–13 uhr)

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6. Februar 2018

Literaturfestival BS//LIEST 2018

„Gehe einmal im Jahr an einen Ort, an dem Du noch nie gewesen bist!“ lautet ein Rat des Dalai Lama. Und wer nicht reisen kann? Der liest! Bücher überwinden Grenzen, führen uns über uns selbst hinaus und eröff­nen neue Welten. Sie ermöglichen uns Reisen im Kopf, Begegnungen mit faszinierenden Menschen und das Miterleben spannender Geschehnisse – weit über alle Grenzen hinweg!

„Grenzenlos“ ist darum das Motto des Literaturfestivals BS//LIEST 2018. Vom 1. bis 14. März 2018 führen Braunschweigs inhabergeführte Buchhandlungen und Antiquariate unter Federführung der Braunschweig liest GbR mit Neuerscheinungen aus den Gebieten Literatur, Sachbuch sowie Kinder- und Jugendbuch hin­aus in andere Länder, Gesellschaften und Kulturen, aber auch in vergangene oder zukünftige Zeiten, in Fan­tastisches und Fiktives jenseits der Fakten sowie zu Geschichten und Biographien von Persön­lichkeiten, die über sich hinausgewachsen sind. Das Festival wird wieder realisiert mit Unterstützung von sowie in Kooperation mit der Stadt Braunschweig und dem Fachbereich für Kultur. Das Raabe-Haus:Literaturzentrum ist mit fünf Veranstaltungen dabei, und die Lesung von Martin Schäuble findet in der Stadtbibliothek statt.

Eröffnet wird das Festival am 1. März 2018 um 19.30 Uhr im Haus der Kulturen von Joachim Wrensch (Braunschweig liest GbR) und Kulturdezernentin Dr. Anja Hesse, bevor es anschließend mit der Journalistin Charlotte Wiedemann in das afrikanische Land Mali geht. Jan Philipp Burgard, der ARD-Korrespondent und Nachfolger von Ingo Zamperoni im Studio Washington, schildert seine aktuellen Eindrücke und Beob­achtungen aus den USA von heute und fragt Ausgeträumt, Amerika? In andere Länder führen auch Geza Gal, Jürgen Osterloh, Britta Rex und Götz van Ooyen, die ihre Zuhörer im Staatstheater auf eine be­schwingte musikalisch–literarische Reise mitnehmen. Mit viel Humor schildert Francis Fulton-Smith, wie er als Halbbrite das störrische Inselvolk erlebt, und hält sowohl Deutschen wie Engländern den Spiegel vor. Beim Literarischen Streifzug durch Braunschweigs Innenstadt kann man selbst im Heimatort Grenzen über­schreiten und neue, unbekannte Plätze entdecken. Und am Braunschweiger Antiquariatsmarkt (in Koope­ration mit dem Braunschweigischen Landesmuseum) beteiligen sich dieses Jahr auch Geschäfte aus Han­nover, Hildesheim und Bargfeld. Der Verlag Peter Engstler, ein nonkonformistischer Einmannbetrieb mit Sitz in der Röhn, stellt mit Monika Rinck und Paulus Böhmer zwei seiner Autoren vor.

Nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Grenzen sprengt BS//LIEST: Im April 1945, an der Grenze zwi­schen Krieg und Frieden, Schuld und Widerstand, Diktatur und Demokratie spielt Uwe Timms neuer Roman Ikarien; daraus liest der Autor im Braunschweig Kolleg, wo er sein Abitur gemacht hat. Martin Schäuble wagt in Endland einen Blick in eine fiktive, nationalistisch regierte BRD, in das Leben und die Konflikte eines junge Grenzsoldaten. Meinrad Braun lässt uns im frühen 17. Jahrhundert die abenteuerliche Reise des Pieter van Ackeren von Amsterdam in die neue Welt miterleben. Oskar Ansull zeichnet das höchst verdäch­tige Profil des Dichters, Übersetzers und Kriegsgegners Ferdinand Hardekopf (1876-1954).

Um persönliche Grenzerfahrungen im Eis des Antarktis geht es in Anne von Canals neuem Roman Whiteout, aus dem die Autorin gemeinsam mit dem Schauspieler Heikko Deutschmann liest. Hardy Crueger lässt seine Hauptfigur, den 1925 geborenen Victor Rosenfels, in Amerika eine Odyssee durch­stehen, getragen von der Sehnsucht nach seinem Vater. Henning Mahler, der Held des 6. Bandes von Michelle Ravens TURT/LE-Reihe muss alles riskieren, um ein Leben zu retten.

Wolfgang Hegewalds Lexikon des Lebens überschreitet immer wieder Grenzen, jene des ›Zaunkönig­reichs‹ ebenso wie die der Vorstellungskraft oder der Zeit. Musik und Literatur verbinden Heiner Waßmuß und das Trio Freylach, die jüdische Texte und Lieder präsentieren. Nach philo­sophischen Spuren in den Gedichten Hermann Hesses sucht Johannes Heinen gemeinsam mit seinen Gästen.

Mit drei Veranstaltungen der Reihe Das erste Buch ist das Raabe-Haus:Literaturzentrum dabei: Isabel Fargo Cole schildert die gefährliche Gratwanderung einer jungen Familie im Harz, der Sperrzone der DDR, im Jahr 1973. Mitja Vachedin beschreibt das Leben eines jungen Russen, in dem die Hoffnung auf Besse­rung ständig durchkreuzt wird und doch immer wieder ein Zauber den Alltag durchzieht. Die Hauptfigur aus Alida Bremers Olivas Garten taucht durch ein ungewöhnliches Geschenk in die Erzählungen ihrer weitver­zweigten Familie ein.

(Nicht nur) für Kinder und Jugendliche: Ole Könnecke stellt in der Sporthalle der Gaußschule die schönsten Sportarten vor – mit viel Witz ins Bilderbuch gesetzt. Maja Nielsen erzählt die wohl berühmteste Katastrophe in der Geschichte der Seefahrt: den Untergang der Titanic – und deren Entdeckung auf dem Meeresgrund. Aus dem Rahmen fallen im Haus III des Staatstheaters Figuren aus Kinder- und Jugendbüchern, die Schü­lerinnen und Schüler der Gaußschule spielerisch in Szene setzen (in Zusammenarbeit mit dem Staats­theater Braunschweig und gefördert von der Erich Mundstock-Stiftung).

Vorverkauf: Buchhandlung Pfankuch und die jeweiligen Veranstalter.

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3. Februar 2018

Ausstellung: „Jenseits des Sichtbaren. Fotografische Erzählung als Spur“ im Museum für Photographie

Louisa Clement, not yet titled, 2011, Inkjetprint, © Louisa Clement / Wentrup Gallery, Berlin

Eines Nachts landeten die Künstler Ernst Mitzka und Sigmar Polke nach einer feucht-fröhlichen Kneipentour in Hamburg nicht etwa in Mitzkas Wohnung, sondern – in der seines Nachbarn. (Die Türen waren sich so verdammt ähnlich!) Dieser, ebenfalls Künstler, begrüßte die Eindringlinge, gemeinsam zechte man weiter, bis Polke den Gastgeber fragte, ob er denn mit seiner Kunst auch Kohle mache? Ja, doch, durchaus. Worauf Polke den Kohleeimer ergriff und über die Radierungen entleerte. Tags drauf kehrten er und Mitzka ernüchtert und reumütig zurück, um den Schaden mit der „Waschung der Lineale“ wieder gut zu machen. Aus Polkes Fotos von der Aktion entstand 1972 die gleichnamige Serie von sieben schwarzweißen Silbergelatineprints auf Barytpapier. Sie ist, unter anderem, zu sehen in der neuen Ausstellung „Jenseits des Sichtbaren. Fotografische Erzählung als Spur“ im Museum für Photographie.

Curtis Anderson, No Smoking Gun #14, 2016, Gelatinesilberprint auf Baryt

Polke ist die älteste der dort vertretenen fünf Positionen und zugleich Vorbild und Bezugspunkt für die jüngeren Künstler. „Fotografische Erzählung als Spur“: Dieses Konzept von Fotografie verfolgt, anders als die dokumentarische Auffassung des Mediums, nicht das Festhalten eines besonderen Moments als nun historischen, den (vermeintlichen) Beweis des „So ist es gewesen“, sondern die Subjektivität der Wahrnehmung, die Spuren der Zeit oder des gestalterischen Eingriffs in das Bild beim Fotografieren, Entwickeln oder nachträglichen Bearbeiten der Abzüge, digital oder mit Malerei und Zeichnung. Oft werden dazu enge Ausschnitte, Vergrößerungen und Unschärfe als Mittel des Verfremdens gewählt, etwa bei Polke, Curtis Anderson und Louisa Clement. Die von Polke geprägte Clement (geb. 1987 in Bonn) zeigt mit dem Smartphone in Zügen aufgenommene Close-ups, die Bänke, Tische, Türen, Fenster zu einer Art Farbfeldmalerei abstrahieren – sehr ästhetisch bis fast schon geschmäcklerisch. Beeindruckend sind ihre Aufnahmen von Waffen, die deren Gefahrenpotential mit ihrer verführerisch schönen Oberfläche kontrastieren. Anderson (1956 geb. in den USA) hat in seiner Folge „no smoking gun“ (Übertragung ins Deutsche etwa „keine Beweisstücke“) die Spuren eines Brandes in seinem Haus festgehalten – Ruß, zersprungenes Glas, abgeplatzten Putz – und darin faszinierende graphische Strukturen sichtbar gemacht.

Owen Gump, aus der Serie Promontory,2007, Gelatinesilberprint © Owen Gump/ Courtesy Owen Gump und BQ, Berlin

Die feinen Landschaftsbilder von Owen Gump (geb. 1980 in Kalifornien), aufgenommen in Kalifornien und Utah, wirken unprätentiös und ganz klassisch-traditionell, stellen jedoch, ohne vordergründig kritisch zu sein, die subtilen Zeichen der landschaftlichen Veränderung vor. Anna Vogel (geb. 1981 in Herdecke), die ebenso wie Clement unter anderem bei Andreas Gursky studierte, überarbeitet ihre eigenen oder im Internet vorgefundene Fotografien oft digital oder auch materiell. Ihre Landschaften werden von mysteriösen Wolken beherrscht; sie stammen von Löschflugzeugen, die selbst nicht im Bild zu sehen sind, und wirken so umso bedrohlicher. Die Serien „New Cities“ und „Trilobiten“ (versteinerte Gliederfüßer aus dem Paläozoikum) sind mit einem zarten Netz von Tuschelinien überzogen. Eine interessante, vielfältige und schöne Ausstellung. (Bis 8.4.2018, Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr)

Anna Vogel, Ignifer III, 2012, Pigment-Print/MDF, Privatsammlung/Courtesy Conrads, Düsseldorf, © Anna Vogel

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30. Januar 2018

Ausstellung: Kota Ezawa in der HBK Braunschweig

Kunstklau in der Hochschule für Bildende Künste! Doch keine Panik: Nur in der virtuellen Realität wird hier gestohlen. In der Ausstellung „The Crime of Art (Cadavre Exquis)“ zeigt der Multimedia-Künstler Kota Ezawa (geboren 1969 in Köln), ehemaliger Meisterschüler von Nam June Paik, Associate Professor für Medienkunst am California College of the Arts in San Francisco und zur Zeit DAAD-Gastwissenschaftler an der HBK Braunschweig, seine Video Installation “The Crime of Art”, auf drei Kanälen auf drei Wände in das Dunkel des Raumes projiziert. Sie ist ein Zusammenschnitt von fünf Kinofilmen, in denen Kunstobjekte auf verschiedene Art und Weise geraubt werden: The Thomas Crown Affair, Topkapi, Entrapment, How to Steal a Million und The Hot Rock. Da schwebt ein Räuber im Museum des Topkapi-Palasts von Istanbul über einer Vitrine mit einem juwelengeschmückten Dolch, um selbige mittels Saugglocken anzuheben. Ein Gemälde von Claude Monet verschwindet klammheimlich in einem Aktenkoffer, und Rembrandts „Bathesba im Bade“ wird aus dem Rahmen geschnitten, zusammengerollt und per Post nach Kuala Lumpur verschickt. Eine Diebin ist gebannt in den Anblick einer antiken, goldenen Maske versunken, und eine Männerhand ergreift eine kostbare Statuette von Benvenuto Cellini. Museumswärter stehen entsetzt vor einem leeren Sockel, Räuber flüchten über Dächer, und ein Hubschrauber landet auf einem Hochhaus.

Der besondere Witz daran: Die filmischen Bilder hat Ezawa in Malerei übertragen, reduziert auf große, monochrome Flächen in bunten Farben, etwa so wie in den Portraits des Pop-Artisten Alex Katz. In Außen- und Innenräumen, die in rasanten Perspektiven und reizvollen Anschnitten wiedergegeben sind, erscheinen einzig und allein die Objekte der räuberischen Begierde, die Kunstwerke, als fotografische Abbilder. In der comicartig flachen Umgebung erscheinen sie so umso auratischer und begehrenswerter.

Über sich selbst sagt Kota Ezawa: „Obwohl ich selbst ein Maler des digitalen Zeitalters bin, identifiziere ich mich eher mit einem Kunstdieb als mit einem klassischen Maler.“ Und: „Man könnte sagen, dass diese Arbeit als eine Art Selbstportrait fungiert, in der ich mich als digitaler Kleinkrimineller oute.“ Da möchte man lieber nicht so genau nachfragen, was der Künstler im wirklichen Leben so alles macht! Doch alles halb so wild: „Ich kopiere Bilder aus Kunstkatalogen, dem Fernsehen und dem Internet, verfremde sie und zeige sie dann in ihrer neuen Form.“ So auch im Leuchtkasten „Empty Frame“, der motivisch auf einen legendären und noch ungeklärten Kunstraub 1990 im Isabella Stewart Gardner Art Museum hinweist und eigens für die Ausstellung in der Hochschulgalerie geschaffen wurde. (Bis 2. Februar, Hochschule für Bildende Künste, Johannes Selenka-Platz, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 13 – 18 Uhr)

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10. Januar 2018

Nachruf auf Hans-Georg Assmann

Lange Haare, Bart, ganz in Schwarz, mit einer Krähe in der Hand – dieses Foto hat das Bild von Erscheinung und Persönlichkeit des Malers Hans Georg Assmann geprägt: ein schwieriger Mensch, (selbst-)zerstörerisch und voller Negativität. Doch der Meisterschüler von Malte Sartorius und Rudolf-Wilke-Preisträger der Stadt war einer der besten Künstler Braunschweigs. Seine ungegenständlichen Bilder gehen vom Körper aus: Knochen, Knorpel, Fleisch, Muskelstränge, Nervenbahnen, Haut… Leinwand und Papier, mit Öl, Acryl, Graphit, Kreiden, Gouache, Asphaltlack, Latexmilch bearbeitet, sollten Haut werden, organische Gewebe aus bald verdichteten, bald auflockernden Strichlagen, Röntgenbilder, deren Schichten diese Unendlichkeit auch in die Tiefe hinein suggerieren. Ausgangspunkt konnte ein menschlicher oder tierischer Körper sein oder der Leib der Erde, in den letzten Jahren vermittelt durch die medialen Bilder von Google Earth. Assmanns Arbeiten sollte man – so Paul Schuster in einem Katalog von 1990 – „nicht mit den Augen betrachten, sondern mit dem Körper; könnte der Körper sehen, wäre er Auge, dann würde er erschrocken-beglückt feststellen, dass alles stimmt.“

In den Abmessungen der Formate war Assmann der Bezug zum eigenen Körper wichtig; dieser war für ihn das Grundmodul des Bildes, 1:1, als Teil oder Vielfaches. Buntfarben brauchen seine Arbeiten nicht, es genügen Weiß, Schwarz, Grau- und Brauntöne, die nach Rot tendieren – die Farben von Licht und Schatten, von Erde und Inkarnat. Innerhalb dieses engen Spektrums schuf Assmann einen großen Reichtum an gleichsam farbigen Mischungen und Nuancen. Dabei gelang es ihm fast immer, den horror vacui in Schach und etwas weißen Grund frei zu halten, der von der umgebenden Zeichnung und Malerei mitgeformt wird und ihr gleichzeitig den nötigen Raum zum Atmen lässt.

Jede einzelne von Assmanns Arbeiten ist eine starke Individualität. Zugleich entstanden sie alle nach dem Prinzip der Selbstähnlichkeit: Jede einzelne bildet über die zugrunde liegende Idee und Struktur immer auch das Ganze ab. Jedes Individuum ist zugleich Fraktal, das zu einer Serie und zuletzt ins Gesamtoeuvre gehört. Eigentlich haben wir es also mit nur einem einzigen Bild zu tun. Anders gesagt: Mit jedem neuen Bild ging es wieder „nur“ darum, das Bild, das eine Bild zu schaffen. Dieser Punkt jedoch ist nicht erreichbar, und wenn doch, dann nur für einen kurzen, vergänglichen Moment. Dann muss das Ersehnte wieder vergehen oder zerstört werden. In diesem Sinne kreisen Assmanns Bilder alle um die leere Mitte, in der Alles oder Nichts sein kann. „Alles ist Rand“ ist ein Titel einer Arbeit – er könnte genau so gut lauten „Alles ist Zentrum“.

Am 31. Dezember ist Hans Georg Assmann im Alter von 67 gestorben. Möge er in seinem Zentrum angekommen sein.

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21. Dezember 2017

Konzert: Händels „Messias“ in St. Jacobi Braunschweig

Das „Halleluja“ war so prachtvoll und mitreißend durch seine Steigerungen in Tonhöhe und Lautstärke, durch Pauken und Trompeten, dass man schwer an sich halten musste, um nicht sofort loszuklatschen! Vielerorts ist es üblich, dass das Publikum sich für diesen Part von Georg Friedrich Händels „Messias“ erhebt – so wie König Georg II., der spontan aufgesprungen sein soll, worauf alle seinem Beispiel folgten. So glänzend wie dieser „greatest hit“ war das gesamte Oratorium in englischer Sprache, das der KonzertChor Braunschweig mit Mitgliedern des Staatsorchesters und hervorragenden Solisten unter der Leitung von Matthias Stanze am 3. Advent in St. Jacobi aufführte. Die gekürzte Fassung nahm noch immer zweieinhalb Stunden in Anspruch, doch von der einleitenden Sinfonia mit ihrem getragenen Auftakt, gefolgt von der Fuge (Melodie: Geigen, Oboen) bis zum abschließenden „Amen“ verging die Zeit wie im Fluge.

Der Chor sang sehr sicher, differenziert in der Lautstärke und mit klarer Artikulation. Auch die anstrengenden Koloraturen (“Denn es ist uns ein Kind geboren“) bewältigte er scheinbar mühelos, und das einheitliche Tempo mit dem Orchester war stets gegeben. Das im ganzen Werk häufig vorkommende Motiv der punktierten Noten, gefolgt von kurzen („Seht an das Gotteslamm“), gelang ihm ebenso rhythmisch präzise wie den Instrumentalisten. Ein Beckmesser, wer da bemängeln wollte, dass dem Sopran ein hohes A einmal etwas zu tief geriet. Anrührend „Fürwahr, er trug unsere Krankheit“ und „Kam durch einen der Tod“, wo choralartige a capella-Teile mit jubelnden, begleiteten Partien abwechseln und so Tod und Auferstehung gegenüberstellen.

Von den Solisten nahm als erster Matthias Stier (Tenor) für sich ein, mit der innigen Bitte „Tröstet mein Volk“. Die komplexen Verzierungen führte er ebenso fein aus wie später auch seine Kollegen. Furios die Arie „Du sollst sie … zerschlagen“ mit ihren Oktav-Sprüngen, frohlockend „Oh Tod, wo ist Dein Stachel?“, im Duett mit der Altistin Anne Schuldt. Deren Stimme erklang auch in den Tiefen voll und warm, so in „Oh du, der frohe Botschaft verkündet“ oder, zusammen mit Sopran, im wiegenden Dreierrhythmus von “Er weidet die Herd‘ wie ein Hirte“. Maximilian Krummen (Bariton) verlieh dem sehnsüchtigen Drängen des Volkes Israel zum Licht („Das Volk, das da wandelt“), dem Toben der Heiden und dem Triumph der Auferstehung („Die Trompete erschallt“) jeweils starken Ausdruck. Ekaterina Kudryavtsevas Sopran erhob sich strahlend in „Wie lieblich ist der Boten Schritt“, „Du, Tochter Zion, freue Dich“ und „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“.

Das Orchester musizierte in zügigen bis rasanten Tempi, von A bis Z voller Spannung, Dynamik und Präzision. Über dem zuverlässigen „Beat“ des Continuo entfalteten die Violinen ein virtuoses Spiel, imitierten lautmalerisch knallende Peitschenhiebe, Hohngelächter und das Entschwinden des Engels in die Lüfte.

Das Publikum dankte für dieses großartige Weihnachtsgeschenk mit begeistertem Applaus und „standing ovations“. Als Zugabe gab’s noch mal das „Halleluja“ – zum Mitsingen!

Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

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