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15. Juli 2018

Film „Tage am Meer“ im Kino Universum

Gerade hat Sofias Mann sie verlassen, weil er seine Liebe zum eigenen Geschlecht entdeckt hat. Sie ist am Boden zerstört und: Wie soll sie das nur ihren Kindern beibringen? Ein Tapetenwechsel muss her: Sofia (Leticia Mazur) packt die Koffer und fährt mit ihren Töchtern – dem Teenie Irina (Sofía Del Tuffo) und der achtjährigen Pachi (Lucía Frittayón) – für ein paar Tage ans Meer. „Tage am Meer“ ist auch der Titel des argentinischen Films von 2016, der im Kino „Universum“ noch einmal an diesem Samstag um 21.15 Uhr zu sehen ist. Seine Regisseurin Nadia Benedicto, geboren 1986 in Comodoro Rivadavia in Argentinien, studierte an der Universidad del Cine in Buenos Aires Kamera. Während dieser Zeit war sie die Autorin und Regisseurin mehrerer Kurzfilme. „Tage am Meer“ ist ihr Langfilmdebüt. Er bildet den Auftakt zur Reihe „Femmes totales – Filme von Frauen“. Sie wurde ins Leben gerufen, um unter dem Motto „Was Kino sein kann“ zeitgenössisches Kino von Frauen auf die Leinwand zu bringen.

Im Ferienhaus angekommen, zieht Sofia erstmal die Jalousie des großen Wohnzimmerfensters hoch und blickt zu den Klängen von Vivaldis „Sommer“ in einer modernen Fassung als Klavierkonzert lange in die Dämmerung über der See hinaus. Pachi ist begeistert: Sie war noch nie am Meer und kann es kaum erwarten, endlich hinzukommen. Irina dagegen ist reserviert, mag nicht essen und schottet sich pubertätsbedingt mit Kopfhörern und Handy ab; zudem ärgert sie sich darüber, dass der Fernseher nicht funktioniert. Trotzdem kümmert sie sich leicht genervt, aber zärtlich um die muntere, phantasievolle kleine Schwester, die ihr abends mit einer doofen Scherzfrage auf den Wecker fällt. Mit den besonderen Antennen dieses Alters für unterschwellige Störungen spürt sie auch, dass mit der Mutter etwas nicht stimmt. „Du bist der ängstlichste Mensch der Welt“ wirft sie ihr in einem Streit an den Kopf. Zack – das sitzt!

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15. Juli 2018

Ausstellung „The Voids“ im Museum für Photographie

Was ist heute noch dokumentarisch an der Dokumentarfotografie? Wie hat sich dieses Genre unter dem Einfluss der Medien und des Digitalen verändert, wo realistisch wirkende „Fakes“ an der Tagesordnung sind? Vier Antworten auf diese Fragen geben die Preisträger des Förderpreises 11 Dokumentarfotografie der Wüstenrot Stiftung, deren Arbeitsergebnisse nun im Museum für Photographie gezeigt werden. Der Preis richtet sich an Fotografinnen und Fotografen, die sich mit Themen der realen Lebenswelt beschäftigen und mit zeitgenössischen Mitteln die Definition des Abbildcharakters der Fotografie reflektieren. Darin steckt bereits die Relativierung dessen, was einmal die Definition dieses Genres war: ein objektives Bild der Wirklichkeit wiederzugeben, was längst als unmöglich gilt. Geblieben sei allerdings, so die Leiterin des Museums, Barbara Hofmann-Johnson, die Erwartung an politische, soziale und gesellschaftliche Inhalte sowie eine sachlich-informative Bildsprache. Dass aber mehr und mehr die Subjektivität des eigenen Standpunktes thematisiert wird und sich Grenzen zwischen den Gattungen weiter auflösen, zeigt auch diese Ausstellung mit dem Untertitel „The Voids“ („Die Leerstellen“), in der nicht nur Fotografien, sondern auch Videos und eine Multimedia-Installation zu erleben sind.

Alina Schmuch / Franca Scholz

Alina Schmuch (geb. 1987, Berlin) besuchte für ihr Filmprojekt „We can“ mit ihrer Partnerin Franca Scholz Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Man sieht unter anderem Handwerker bei der Herrichtung der Gebäude, noch leere und schon bewohnte Räume, Gruppen von Helfern bei Besprechungen oder beim Sortieren von Kleiderspenden und eine Pegida-Demonstration in Dresden. Doch die Flüchtlinge selbst fehlen in diesen Bildern, man kann nur aus dem Gezeigten auf sie schließen. Ein nüchternes Zeitdokument zu einer der größten Herausforderungen Deutschlands in jüngster Zeit und gerade jetzt sehr aktuell.

Susanne Hefti

Susanne Heftis (geb. 1984, Zürich) Multimedia-Installation „Kosovo – A Truly Non-Affirmative Research“ spürt den Folgen der überstürzten Einführung des Kapitalismus und der Liberalisierung der Märkte nach dem Zerfall Jugoslawiens für die Gesellschaft des Kosovo nach. Bei einer Reise fielen ihr dort die vielen Tankstellen entlang der mit EU-Geldern bestens ausgebauten Straßen auf – viel zu viele für die wenigen Autos im Lande, und häufig fehlten die Preisangaben. Sie erfuhr, dass diese Tankstellen sehr oft der Tarnung krimineller Banden dienen, die etwa mit Menschen handeln und Geldwäsche betreiben. Funkelnagelneu, geradezu antiseptisch, wirken diese Gebäude in ihren kühlen analogen, dann digitalisierten Farbaufnahmen. Zu der Diashow spricht die Künstlerin tagebuchartig von ihren Eindrücken.

Malte Wandel

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Thema: Alle Beiträge, Ausstellung, Kunst |

6. Juli 2018

Ausstellung „365 years later“ in der Städtischen Galerie Wolfsburg

Kurator Markus Körber, Marlene Bart, Serena Ferrario, André Sassenroth

„Ich glaube, viele Menschen empfinden eine Leere, unternehmen aber nichts dagegen, sondern verhalten sich abwartend und sehen lieber dem Leben der anderen zu anstatt selbst aktiv zu werden.“ André Sassenroth erläutert seine Arbeit im Südflügel der Städtischen Galerie Wolfsburg, eine Tribüne mit 30 abgewetzten, orangefarbenen Plastik-Schalensitzen; irritierend eingepfercht und abgeschnitten wirkt sie, die man doch im Freien, in einem Stadion, erwartet, hier in dem geschlossenen Raum, den sie fast zu sprengen scheint. André Sassenroth (geb. 1979, Meisterschüler von Thomas Rentmeister), Marlene Bart (geb. 1991, Meisterschülerin von Wolfgang Ellenrieder) und Serena Ferrario (geb. 1986, Meisterschülerin von Wolfgang Ellenrieder) sind die drei Studierenden der HBK Braunschweig, die letztes Jahr mit dem Meisterschülerstipendium der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ausgezeichnet wurden. Gut zwölf Monate später stellen sie nun die künstlerischen Ergebnisse dieses Zeitraums in der gemeinsamen Werkschau „365 years later“ im Wolfsburger Schloss vor.

Sassenroths Arbeit gehört zu seinem Zyklus „Andtire Gallery“, einem Projekt, das man mit Joseph Beuys eine soziale Plastik nennen könnte. Er hat einen Lastwagen zum mobilen Ausstellungsraum umfunktioniert und ist damit sowohl als Künstler wie auch als Kurator in Erscheinung getreten. Die Tribüne war das vierte „Inlay“ des Lastwagens.

Ausgehend vom Phänomen der Kunst-und Wunderkammern des 16. und 17. Jahrhunderts mit ihren Artificialia und Naturalia sowie vom Gedanken des Archivs analysiert und dekonstruiert Marlene Bart verschiedene Ordnungs- und Sammlungssysteme. Ihre Arbeit „Derma“ (Haut) ist ein Ensemble aus verschiedenen Medien, in dem das Fundstück eines toten Marders eine wichtige Rolle spielt. Um das Tier abgießen zu können, musste sie es rasieren. Diesen Prozess zeigt ein Schwarzweiß-Video auf dem Boden, umgeben von einem Polygon aus Glasplatten, in denen sich die rätselhaften Bilder spiegeln. Der an einen Embryo erinnernde haarlose Marder wurde das Motiv dreier auf holografische Folie gedruckter Serigraphien. Neben zwei weiteren Graphiken präsentiert die Künstlerin in einem hohen Glas die Haut einer drei Meter langen Schlange – sehr faszinierend.

Serena Ferrario widmet ihre Installation „Lelita Ioana“ ihrer verstorbenen Großtante Ioana Radu. Sie war eine der bekanntesten Chansonsängerinnen Rumäniens, bis heute werden ihre Lieder gespielt. Auf Reisen nach Bukarest auf den Spuren ihrer Großtante und ihrer Familiengeschichte, durch Gespräche mit Verwandten und Menschen, die Ioana Radu noch als Sängerin kannten, hat Ferrario auch ihre eigene Rolle als Künstlerin reflektiert. Ihre in nostalgisches, schummriges Licht getauchte Installation wird dominiert von einem Video, das von Lichterketten, Goldfolie und figürlichen Wandzeichnungen umrahmt ist. Der Film zeigt rumänische Frauen, die hingebungsvoll Puppen kämmen – eine, so Ferrario, eigentlich kindliche, spielerische Beschäftigung, als die man auch ihr eigenes, künstlerisches Arbeiten empfinden kann.

Der Künstler und die Künstlerinnen haben die Zeit ihres Stipendiums gut genutzt. Möge dieser Impuls sie auf ihrem Weg auch weiterhin beflügeln!

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30. Juni 2018

Poetikdozentur für Gender in der literarischen Welt 2018 für Uljana Wolf

„Ich habe ‚falsche Freunde‘ gesucht und gesammelt, und dann saß ich da mit meiner Liste…“, erzählt Uljana Wolf. „Falsche Freunde“ nennt man Worte aus verschiedenen Sprachen, die gleich klingen oder geschrieben werden, aber eine völlig andere Bedeutung haben, z.B. „bad“ (englisch: schlecht) und das deutsche Wort „Bad“. „Falsche Freunde“ ist auch der Titel eines Gedichtbandes der Lyrikerin und Übersetzerin, deren künstlerische Phantasie sich im Pendeln zwischen zwei (Sprach)Welten, im Grenzgebiet zwischen Deutsch, Englisch und Polnisch entzündet. „Das Übertreten von Landesgrenzen gehört zum Dichten“, sagt sie, „Die Fremde bildet Gespräche aus.“.

Am Mittwoch wurde Uljana Wolf mit dem Preis der Ricarda Huch  ausgezeichnet. Er wird von der Stadt Braunschweig, der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften der TU Braunschweig, dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies und dem Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte gestiftet und umfasst ein Preisgeld von 7.000 Euro sowie einen dotierten Lehrauftrag. Mit dem Preis ehren die Partner jährlich eine Dozentin oder einen Dozenten, die oder der sich durch bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Gegenwartsliteratur oder der literarischen Kritik ausgewiesen hat und in deren bzw. dessen Werk Geschlechterdimensionen von zentraler Bedeutung sind.

Uljana Wolf, geboren 1979 in Ost-Berlin, studierte Germanistik, Kulturwissenschaft und Anglistik in Berlin und Krakau. Sie lebt in Berlin und New York, wo sie am Pratt Institute und an der New York University Deutsch als Fremdsprache unterrichtet und Seminare zu Poesie und Übersetzung gibt. Wolfs Gedichte wurden in mehr als 15 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Peter-Huchel-Preis 2006, dem Dresdner Lyrikpreis 2006 und dem Erlangener Preis für Poesie als Übersetzung 2015. In Anlehnung an Baudelaire beschrieb Laudatorin Bettina Wahring, Professorin für Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte an der TU Braunschweig, Wolfs komplexes Werk als Ouroboros, die Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt: ihre vielen Themen, darunter auch Geschlechterverhältnisse, seien die Abschnitte dieses Wappentiers der Alchemie. Dichten und Übersetzen seien bei Wolf Auslesen, Überlesen, Ausstreichen, Überschreiben; ihre Lyrik könne man „mit Augen hören und mit Ohren lesen“.

Die eigentliche Sensation des Abends war die Lesung von Uljana Wolf, die dem gebannt lauschenden Publikum Gedichte aus drei verschiedenen Bänden vortrug. Aus den Worten „rest“, „rock“, „rat“, „roman“ (englisch: ruhen, Felsen, Ratte, Römer) hat sie etwa ein geistreiches Sprachspiel zur Lorelei entwickelt. „Aliens“, der dritte Teil von „Falsche Freunde“ bezieht sich auf Ellis Island bei New York. Die Insel war über 30 Jahre lang die zentrale Sammelstelle für Immigranten in die USA. Dort wurde eine Art Alphabet entwickelt: Bestimmte Buchstaben standen für bestimmte Krankheiten; sie wurden den Einwanderern, die man für krank hielt, mit Kreide auf die Schulter geschrieben wie ein Brandzeichen. Jedem dieser Buchstaben ist ein Gedicht gewidmet, in dem Wolf die Gefühle und Stimmungen der Migranten klug und feinfühlig aufscheinen lässt.

Das Verhältnis zwischen Gender, Mehrsprachigkeit und poetischem Experiment wird auch im Zentrum ihrer Vorlesungen am 29.6., 5.7. und 12.7. um 19 Uhr in der Aula, Haus der Wissenschaft, Pockelsstr. 11, stehen.

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28. Juni 2018

Ausstellung „Nackt“ im BBK Braunschweig

Nacktheit. Kann man damit heute noch jemanden hinter dem Ofen hervorlocken, womöglich gar provozieren? Ja – wenn man Ingo Lehnhoff heißt. Der Maler gehört zu den fünf Künstlern, die zur Zeit im Kunsthaus des BBK ihre Arbeiten zum Thema „Nackt“ vorstellen.

Die Männer, die Lehnhoff unter Titeln wie „Rumpelstilzchen“, „Strafe muss sein“, „Sonnenbrand“ oder „Wirf Hirn!“ in Öl auf Leinwand präsentiert, rücken einem ganz schön auf die Pelle: Da wölben sich die Bäuche, da schlafft die Haut, rot springen einem Knie, Füße und Genitalien ins Auge. Man riecht förmlich die Körpersäfte! Dazu grotesk grimassierende Gesichter, und das Modell kneift sich auch mal kräftig in den eigenen Speck. Das alles ist heftig und gefällt sicher nicht jedem. Aber es ist brilliant gemalt, in einem Farbspektrum von Grau und Grün in den Schattenpartien, mit vielen Gelb- und Rottönen, mit sicher gesetzten Weißhöhungen und einem Pinselstrich, der die Körperforman plastisch herausmodelliert.

Den stärksten Kontrast dazu bilden die Arbeiten von Ana Laibach. Ihr Bild „Am Anfang war nackt“ (Acryl und Tinte auf Leinwand, 245 x 648 cm) bedeckt eine ganze Wand. Die Phantasiewesen, die sich in diesem Urchaos tummeln, sind ganz auf Schwarz und Weiß und klare Konturen reduziert; Positiv- und Negativformen greifen so ineinander, dass ein dynamisches Gefüge von menschlichen, tierischen und pflanzlichen Gestalten entsteht, darunter auch Nackte und stilisierte phallische Formen. Man steht lange davor und entdeckt immer wieder etwas Neues, Witziges – Klasse! Von Laibach stammen auch einige tolle Grafitzeichnungen von Figuren, sehr treffsicher mit der unendlichen Linie umrissen.

Schöne sensible Zeichnungen (Bleistift, Farbstift, Acrylfarbe, Bienenwachs) in kleinen Formaten hat auch Tina Stolt beigesteuert. Ebenso fein kommen ihre plastischen Torsi daher: reliefartig in Gaze oder vollplastisch aus Maschendraht, teilweise umspannt mit Nähseide in den Farben, aus denen sich das menschliche Inkarnat zusammensetzt.

Von Janna Riabowa stammen die Serien „Andenken“ und „Kinderlieder“, Pigmentdrucke von Fotografien auf Kupferdruckpapier. Diese zeigt aus primitiven Materialien gefertigte, mitunter unheimlich anmutende Kuscheltiere, jene alte, von Spuren der Vergänglichkeit gezeichnete Puppen.

Fritz Stier zeigt zwei „Cutouts“ (Öl, Eisenfeilspäne, Säure auf Spanplatte), Frauenakte, die frei und schwerelos im leeren Raum vor der Wand schweben. In seiner großen Videoinstallation „Rotes Rauschen“ wecken ein Mann und eine Frau, an den Füßen aufgehängt um sich selbst kreiselnd, Vorstellungen von Folter und Schlachthaus. Fazit: In der Kunst kann Nacktheit viele spannende Facetten haben. (Bis 22.7., Kunsthaus des Bundes Bildender Künstler, Humboldtstr. 34, Öffnungszeiten: Mi-Fr 15-18 Uhr, Sa und So 11-17 Uhr)

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24. Juni 2018

Ausstellung DEWOOL von Folke Köbberling im Allgemeinen Konsumverein

Wer hätte nicht als Kind davon geträumt, wie Winnie the Pooh in einem hohlen Baum zu wohnen? Aber in einem Woll-Tipi? Im „Allgemeinen Konsumverein“ kann man sich jetzt eine Eindruck davon verschaffen, wie das wäre. Eine Tonne Rohwolle von 800 Schafen von Biohöfen hat Folke Köbberling, Professorin für Künstlerisches Gestalten am Institut für architekturbezogene Kunst der TU Braunschweig, zusammen mit Studierenden für ihre Installation DEWOOL über den Kubus, den Raum im Raum, gehäuft. Entstanden ist ein gewaltiger, archaischer Berg bis unter die Decke, eine begehbare Skulptur. Ob als luftiger Bausch oder feine Strähne, als verfilzter Knubbel oder dicke Locke, in Weiß, Beige, Braun oder sogar grün und rot eingefärbt – immer wieder anders sieht das Fell aus. Im Inneren hängen die Zotteln dicht an dicht herab wie Stalaktiten in einer Tropfsteinhöhle. Mollig warm ist es hier zur Zeit der Schafskälte. Und wie das riecht! Animalisch-würzig, etwas muffig und ziemlich streng – nach Schaf eben.

Die international agierende Künstlerin verwendet vor allem Weggeworfenes, Abfälle, Geschenktes und scheinbar Unbrauchbares für ihre Werke. Für sie ist das Erste nicht eine Idee, zu der sie dann das passende Material sucht, sondern umgekehrt: Sie findet zuerst das Material und überlegt dann, was sich daraus entwickeln lässt. Deutschlands Schäfer beziehen ihr Einkommen heute vor allem durch das Fleisch und die Milch ihrer Herden und von der staatlichen Prämie für ihre Funktion als Landschaftsschützer. Die Wolle können sie kaum mehr loswerden, da diese hierzulande aus Übersee importiert wird; sie ist zu einem lästigen Nebenprodukt geworden, wird untergepflügt oder weggeworfen – was für eine Verschwendung dieser natürlichen Ressource! Auch dagegen und gegen unseren Konsumwahnsinn will die Künstlerin ein Zeichen setzen.

Im 19. Jahrhundert wurde das Schaf als dumm geschmäht, obwohl es neben Rind und Hund zu den ältesten Nutztieren der Menschheit gehört und viel Symbolisches verkörpert. Der Frühlingsanfang am 21. März steht im Zeichen des Widders. Jesus Christus nennen wir das Lamm Gottes und den guten Hirten. Die alttestamentarische Geschichte von der Opferung Isaaks durch seinen Vater Abraham, der auf Geheiß Gottes zuguterletzt statt seines geliebten Sohnes einen Widder schlachten darf, weist in der christlichen Theologie auf die Opferung des Gottessohnes voraus; in allen drei monotheistischen Religionen gilt sie als Schlüsselgeschichte für die Hingabe an Gott und das Vertrauen in seine Allmacht. DEWOOL: eine Hommage an ein wunderbares Tier und ein imposantes Erlebnis für alle Sinne, das auch zu denken gibt. (Bis 19. Juli, Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, Öffnungszeiten: Donnerstag 18-22.00 Uhr, Samstag und Sonntag 14-18 Uhr)

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21. Juni 2018

Ausstellung „Bitte (nicht) stören“ im Städtischen Museum

Ganz langsam schreitet die grazile junge Frau die Treppe hinab, gewandet in ein – ja, was? Ein Kleid? Eine Rüstung? Das eng anliegende Gewand, das sich aus hauchzarten Plättchen aus weiß glasiertem Porzellan zusammensetzt, schleift und scheppert; einige Plättchen der langen Schleppe zerschellen an den steinernen Stufen.

Die Performance der Chinesin Szu-Ying Hsu war ein Bestandteil der Eröffnung der Ausstellung „Bitte (nicht) stören“. Unter diesem Titel zeigen sechs Meisterschüler 2018 der HBK Braunschweig erstmals im Städtischen Museum ihre Arbeiten. Sie haben sich die Ausstellungsräume, aber auch die Sammlungen des Museums „vorgeknöpft“, intervenieren provokant mit ihrer Kunst. Und, um’s gleich vorwegzunehmen: Die kreativen Störfaktoren sind sehr gelungen, vor allem dort, wo sie auf die Exponate Bezug nehmen.

Das Gewand, die „Klanghaut“, ist für ein Kleid zu unpraktisch, für eine Rüstung zu zerbrechlich – ein schönes Paradox, wie es nur im Reich der Kunst anzutreffen ist. Als dauerhaftes Exponat hat die Schöpferin Szu-Ying Hsu die Fächer eines großen Regals mit den Porzellanplättchen ausgelegt.

Im Raum mit den Möbeln sind diese hinter provisorischen Verschlägen aus Dachlatten und transparenter Plastikfolie nurmehr schemenhaft zu ahnen; es sieht aus, als würde hier demnächst gestrichen. Über dieser witzigen Installation von Matej BosniÄ prangt der Satz „We don’t need you“ an den Fenstern: Die Objekte existieren auch ohne ohne Betrachter. Nico Pachali antwortet auf die Architektur mit eigenen Raumsystemen, Ensembles von Kuben und Platten aus Klebeband mit roten Schriftbildern darauf. „FIELD FRAGMENT“, „POSSIBILITIES TO FILL A FIELD“ und andere Wortkombinationen zum Thema Raum sind darauf zu lesen.

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20. Juni 2018

Ausstellung „Gleich aber anders“ in der Galerie Geyso20

Die beiden Engel mit dem B davor zu Füßen von Raffaels „Sixtinischer Madonna“ sind noch kecker geworden. Richtig freche Schlingel, lugen sie unter ihren wilden Haarschöpfen scheinheilig gen Himmel, dabei haben sie’s faustdick hinter den Ohren. Die beiden Kerlchen von Volker Darnedde bilden den Auftakt zur aktuellen Ausstellung der Galerie „Geyso20“ der Lebenshilfe. „Gleich aber anders. Kunst im Blick der Outsider Art“ stellt Arbeiten von 13 Künstlerinnen und Künstlern mit geistiger Beeinträchtigung vor, die in Malerei und Zeichnung nach großen Vorbildern aus der Kunstgeschichte, vom Mittelalter bis zur Moderne, entstanden sind. Dabei handelt es sich keineswegs um simple Kopien, sondern um sehr eigenständige, originelle Aneignungen der bekannten Vorlagen.

*

Der zum Atelier der „Schlumper“ in Hamburg gehörende Werner Voigt ist mit zwölf Bildern nach dem „Grabower Altar“ Meister Bertrams von Minden in der Hamburger Kunsthalle vertreten. Die Vorbilder erkennt man sofort, aber die spätgotischen Gemälde hat der Künstler in abstrahierte Flächenkompositionen mit markanten Figurensilhouetten umgesetzt, alle Gestalten mit lachenden Mündern und riesigen Henkelohren. Stark auch Rohullah Kazimis Adaption von Jean-Auguste-Dominique Ingres‘ „Frauenbad“ mit dem berühmten Rückenakt und Susanne Kümpels „Madonna im Rosenhag“; die liebliche Mariengestalt von Stefan Lochner ist hier zu einer kompakten Figur, umgeben von witzigen Engeln, geworden, mit dicken schwarzen Konturen wie in einem Glasfenster. Helmut Paus hat August Mackes Gemälde „Zwei Mädchen am Abend“ sehr frei umgesetzt: die Mädchen verschmelzen bei ihm liebevoll zu einer einzigen Figur, der Hintergund, horizontale Streifen in zarten Nuancen von Gelb, Orange, Rot und Rosa könnte von Paul Klee stammen. Von den Zeichnungen ragen diejenigen von Mario Ohmes nach einem Flaschenstillleben von Giorgio Morandi heraus, sowie die Arbeiten von Petra Weifenbach, die eine Reihe von Portraits mit Bleistift rein linear wiedergegeben hat. Stefan Reichardt hat Reproduktionen nach Bildern von Antoine Watteau, Botero und Hieronymus Bosch auf einen Hintergrund von malerischen Farbverläufen montiert, Suzy van Zehlendorf in ihrer Adaption von Giottos „Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale“ die Hauptfiguren in fein gemalter Landschaft durch Hühner ersetzt.

Ein großes Vergnügen, diese Ausstellung, denn manches Werk übertrifft schon fast das Original!

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16. Juni 2018

Lesung: Juli Zeh mit „Leere Herzen“ in der Buchhandlung Graff

„Wie kam es dazu, dass Sie Hanno-, äh, Braunschweig als Ort der Handlung Ihres Romans gewählt haben?“ Mit diesem (echten!) Versprecher in seiner ersten Frage an Juli Zeh hat Joachim Dicks die Lacher auf seiner Seite. Die Autorin ist mit ihrem Buch „Leere Herzen“ zum zweiten Mal in der Buchhandlung Graff zu Gast, diesmal zum Gespräch mit dem Literaturredakteur bei NDR Kultur. Die Idee zu dem Buch sei ihr 2016 in Braunschweig gekommen, so Zeh, einen Tag vor ihrer Lesung aus „Unterleuten“. Sie saß im Café und scrollte sich durch ihre Handy-Nachrichten; es waren viele von terroristischen Mini-Attentaten dabei. Speis das ein in unsere kapitalistische Start up- und Optimierungsgesellschaft! So lautete ihr Braunschweiger Imperativ. Die Idee der „Brücke“ wurde geboren, einer Heilpraxis, die Britta, die Protagonistin des Romans, mit ihrem Partner Babak im Jahr 2025 gründet. Hier werden potenzielle Selbstmörder ausfindig gemacht, auf die Ernsthaftigkeit ihrer Suizidabsichten hin getestet und gegen Honorar an Organisationen vermittelt, die Selbst­mord­attentäter suchen; so können sie ihren Tod in den Dienst einer höheren Sache stellen. „Figuren und Orte haben etwas Prototypisches, eine metaphorische Suggestivkraft“, so Zeh. Und Braunschweig eignete sich so gut als Handlungsort, weil es heute eine Tendenz weg von Land und Großstadt hin zu Mittelstädten gebe: „Dem 21. Jahrhundert entsprechen Mittelstädte, mittelgroß, mittelwichtig und bis ins kleinste Detail dem Pragmatismus gehorchend. Es gibt alles, davon aber nicht zuviel, vom Wenigen genug und dazwischen erschwinglichen Wohnraum, breite Straßen und eine Architektur, die einen in Ruhe lässt.“ So steht’s im zweiten Kapitel, und Zeh fügt hinzu: „Und wenn etwas schön ist, dann ist ein Kaufhaus drin – Feudalismus im Kapitalismus.“ Drei Mal war sie in hier und hat Braunschweig auf die beste Art erkundet: mit dem Fahrrad.

Zur Sprache kommt auch das Thema Verhältnis zwischen den Geschlechtern, von der Kritik kaum beachtet, obwohl im Buch lebendig und humorvoll beschrieben, wie Dicks meint. „Ich war eine Non-Feministin“, sagt Zeh, „Manche unserer gesellschaftlichen Verwerfungen wie der Rechtspopulismus haben vielleicht auch was zu tun mit der Zersetzung der Geschlechterrollen. Oft werden deswegen Stellvertreterkriege wie die Me too-Debatte geführt; sie lenken aber ab von der Diskussion, die wir miteinander führen müssen.“ Erst mit zwei kleinen Kindern erfahre sie, wie schwer Kinderbetreuung mit Arbeit zu vereinbaren ist, wie wenig Anerkennung man als Mutter bekommt. „Unser Idealbild vom gelungenen Leben kennzeichnen nicht Kinderwagen und Spielplatz, sondern noch immer das dicke Auto, der Laptop und der Aktenkoffer.“

Die Form der Dystopie wählt Zeh immer wieder für ihre Romane, weil man damit gegenwärtige Probleme so gut veranschaulichen kann: „Unsere Gegenwart ist kleinteilig, die Dystopie spannt dagegen einen großen Bogen, übertreibt, ist aber keine Prognose.“ Heute stehen Funktionieren und Effizienz ganz oben im Ranking. Brittas Geschäftsidee passt dazu, sie geht rational mit irrationalen Phänomenen um, das ist das „leere Herz“. „Wir sehnen uns alle nach einem vollen Herzen, aber wir haben Angst vor dem Abenteuer.“

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15. Juni 2018

Ausstellung „Out of Sasnak“ von Bjørn Melhus in der halle267

„Ist das ein Zauberglas?“ fragt das Mädchen staunend aus dem TV, als es den jungen Mann davor sehen und mit ihm sprechen kann. „Darin sieht man sich besser als in einer Wasserpfütze“. „Das Zauberglas“ von Bjørn Melhus. in dessen Arbeiten der Videoscreen zum Zauberglas und Spiegel wird, entstand 1991 und war sein persönlicher Befreiungsschlag, sein künstlerischer Nukleus. Anfangs drehte er Werbefilme, aber schon seit 1986 produziert er künstlerische Filme, Videos und Installationen. 1988 bis 1997 studierte er in der Film- und Videoklasse von Birgit Hein an der HBK Braunschweig, dann ging’s steil aufwärts: auf ein DAAD-Stipendium für Los Angeles folgte ein Atelierstipendium für New York als Preis des Kunstvereins Hannover. Melhus‘ Arbeiten wurden bereits in der Tate Modern in London, im MoMa New York und im Centre Pompidou in Paris gezeigt. Heute lebt und arbeitet der 52jährige in Berlin und ist Professor an der Kunsthochschule in Kassel. „Wir wollen in der städtischen Galerie Leute mit einer künstlerischen Biografie präsentieren, die sich nicht im Regionalen erschöpfen, sondern ein internationales Renommée haben“, so Kulturdezernentin Dr. Anja Hesse.

In seiner Ausstellung „Out of Sasnak“ spannt Melhus mit acht Werken einen Bogen über 20 Jahre seines Schaffens, von „Weit, weit weg“ (1995) über die Meisterschülerarbeit „No sunshine“ bis zu „The Theory of Freedom“ (2015). Diese 3-Kanal-Videoinstallation hat hier ihre Deutschlandpremiere. Man erlebt Mr. Freedom und Mr. Independence, die sich vor trostloser Großstadtkulisse fit halten, und die gestrenge Randi, die über kranke Menschen die Peitsche schwingt und ihnen ihre Theorie über den freien Markt aufzwingt.

Das Material für seine Filme findet Melhus in Popkultur, Kinofilmen, Serien und TV-Shows, die er auf seine Kernrollen „eindampft“. Seine Videos üben Kritik an Kapitalismus, Neoliberalismus und Machtverhältnissen, sind aber immer auch schrille, schräge Märchen, oft traurig, aber auch mit Witz. In „The Theory of Freedom“ greift er kritisch den neuen Trend zur Religiosität auf unter Benutzung der Filme „Deep Impact“ und „Armageddon“, in denen jeweils die Erde vor einem auf sie zurasenden Planeten gerettet werden muss.

Am Anfang eines Films steht immer ein Archiv von Tonschnipseln, aus denen die Tonspur, zugleich das Drehbuch, entsteht. Darüber konkretisiert sich dann die Idee über das Visuelle in einem Storyboard. Alle Figuren, ob Mann, Frau oder Tier, verkörpert Melhus stets selbst: „Ich schlüpfe in die Stimme hinein wie in eine Hülle und fülle sie aus.“ Die Wechselwirkung zwischen Medien und Gesellschaft, die diese nicht nur konsumiert, sondern von ihnen auch geformt wird, macht der Künstler mit Mitteln wie Aufsplittung von Bild- und Tonebene, Fragmentierung und Dekonstruktion von Texten und Musik anschaulich.

Der Titel der Ausstellung lehnt sich an den Essay „Out of Kansas“ von Salman Rushdie an, in dem er den Film „The Wizard of Oz“ untersuchte. Dieser Film bildete 1995 auch die Basis zu Melhus‘ Video „Weit, weit weg“. Darin ist Sasnak – Kansas, rückwärts gelesen – ein fiktiver Ort in Deutschland, dargestellt in Bildern aus der Braunschweiger Weststadt und Wolfsburg-Westhagen, von dem die Reise in ein mediales Zauberland führt. Eine Reise, die der Künstler in den letzten 20 Jahren selbst zurückgelegt hat. Er ist in Oz angekommen. (Bis 15. Juli, halle 267, Hamburger Str. 267, Öffnungszeiten: Mo und Fr 15-18 Uhr, Do 15-20 Uhr, Sa und So 11-17 Uhr; Begleitprogramm unter www.braunschweig.de/halle267)

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