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4. Dezember 2018

Lesung von Sybille Lewitscharoff im Haus der Wissenschaft

„Was Sie gleich hören werden, ist bis jetzt noch keinem Publikum zu Ohren gekommen!“ Nichts weniger als eine Weltpremiere sei die Lesung von Sybille Lewitscharoff, kündigt Professor Jan Röhnert an. Auf Einladung des Instituts für Germanistik der TU las die Bachmann-, Büchner- und Raabepreisträgerin am Montag Abend im Haus der Wissenschaft. „Das Oszillieren zwischen dem Realistischen und dem Phantastischen macht den Zauber ihrer Romane aus.“ Und genau in diesem Zwischenreich ist die Lesung angesiedelt: es geht um Vogelflüge, poetische Höhenflüge und das Phänomen der Leviation. Vögel seien mächtige Geschöpfe, auf denen ein besonderer Glanz ruhe; in ihnen senke sich der Himmel auf die Erde herab, so Lewitscharoff. In den „Vogelgesprächen“ des persischen Dichters und Mystikers Fariduddin Attar (um 1136-1220/21) lässt der weise Vogelkönig Simurgh die kleineren Vögel an seiner Erkenntnis teilhaben. Er ist nahe dem Himmel, seine Ratschläge kleben nicht am Kleinen, sondern streben in die Höhe. Der Wiedehopf mit dem Krönchen als Zeichen seiner Gottesgesandschaft ist sein Vermittler, „man glaubt sofort, dass ein veritabler Prophet in ihm steckt“. Aus den „Metamorphosen“ Ovids liest Lewitscharoff unter anderem aus der grausamen Geschichte der Schwestern Philomela und Prokne. Sie rächen sich am thrakischen König Tereus, indem sie seinen kleinen Sohn zerstückeln und dem Vater zum Mahl vorsetzen. Auf der Flucht vor seinem Zorn werden sie zu Nachtigall und Schwalbe, der Verfolger zum Wiedehopf, „dem ein Busch auf dem Scheitel emporsteht, und unmäßig entragt mit langer Spitze der Schnabel (…) es erscheint wie gewaffnet das Antlitz.“ Und schließlich der eigene Roman „Das Pfingstwunder“ von 2016, in dem die Teilnehmer eines Kongresses in Rom zu Dantes „Göttlicher Komödie“ so euphorisch werden,

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Thema: Alle Beiträge, Lesung |

30. November 2018

„Kler“ von Wojciech Smarzowski im Kino Cinema C1

„Die Kirche ist heilig, aber sie wird von sündigen Menschen gemacht.“ Wie sündig diese Menschen sind, das zeigt der Film „Kler“ (Klerus) des polnischen Regisseurs Wojciech Smarzowski, aus dem dieses Zitat stammt. „Kler“ macht gerade in Polen Furore, in machen Kinos läuft er 20 Mal am Tag. Gemessen an den Zuschauerzahlen zählt er schon jetzt zu den drei erfolgreichsten Filmen in der Geschichte des polnischen Kinos nach 1989, und er löst im tief katholischen Polen hitzige Debatten aus. Das Cinema C1 zeigt ihn nun auf Initiative des deutsch-polnischen Kulturvereins.

Drei Priester sind die Protagonisten des Films. Trybus (Robert Wieckiewicz) ist Landpfarrer, Kukuła (Arkadiusz Jakubik) arbeitet in einer mittelgroßen Stadt. Beide predigen Wasser und saufen Schnaps, fahren sturzbetrunken Auto, fluchen wie die Bierkutscher; Trybus schläft während der Beichte seinen Rausch aus. Der gebildete Lisowski (Jacek Braciak), der abends in seiner Luxuswohnung Mozart hört, dient in der Großstadt dem einflussreichen Erzbischof Mordowicz (Janusz Gajos) als Mann fürs Grobe: Er sorgt dafür, dass der Bau des Heiligtums, mit dem sich Mordowicz schmücken will, vorankommt, auch mit Schmiergeldern, die ihm der Erzbischof höchstpersönlich in einer Plastiktüte aushändigt. Doch Bigotterie und Heuchelei sind noch die geringsten der Verfehlungen: Der ehrgeizige Lisowski strebt nach einer Beförderung in den Vatikan; dafür schreckt er sogar vor Erpressung nicht zurück. Trybus hat ein heimliches Verhältnis mit seiner Haushälterin (Joanna Kulig). Als sie ihm sagt, dass sie schwanger ist,

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Thema: Alle Beiträge, Film |

25. November 2018

Lesung: Robert Seethaler mit „Das Feld“ in der Buchhandlung Graff

Das Publikum in der Buchhandlung Graff sitzt fast im Dunkeln, als Robert Seethaler am Donnerstag Abend das Podium betritt. Die Verfilmung seines Buches „Der Trafikant“ ist just angelaufen. Nun liest er aus seinem neuen Roman „Das Feld“. Nur seine Leselampe spendet ein wenig schummriges Licht. „Das mit dem Licht war meine Idee“, sagt der Autor, „finden Sie das blöd?“ Er lacht. „Ich brauche die Dunkelheit als Schutz gegen die vielen Blicke. Blicke können etwas sehr Intimes sein, aber auch verletzen. Auf der Bühne [Seehofer war Schauspieler] habe ich mich immer gefühlt wie eine offene Wunde. Ich schämte mich, und Scham ist für mich ein großes Thema. Sie ist der Nebel, der einem das Herz zersetzen kann, da hilft auch keine Dunkelheit mehr.“

Das Feld – so nennen die Bewohner des kleinen Ortes Paulstadt ihren Friedhof. Dort sitzt Harry Stevens fast täglich auf einer Bank unter einer Birke. „Als junger Mann wollte er die Zeit vertreiben, später wollte er sie anhalten, und nun, da er alt war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zurückzugewinnen“. Harry vernimmt Stimmen, die Toten erzählen ihm ihre Geschichten, sprechen noch einmal zum Ehemann, zum Sohn, zur Geliebten. Da ist zum Beispiel Hanna Heim mit ihrer kleinen, verkrüppelte Hand. Bei der ersten Begegnung nahm ihr Mann diese Hand und meinte, sie sei gar nicht verkrüppelt, sondern einfach so wie die krummen Äste an einem Baum, die doch nur der Sonne entgegenwachsen. Und dann hat er sie das ganze Leben lang gehalten. „Es ist eine traurige Geschichte, aber auch eine große Liebesgeschichte“, so Seethaler, „und Traurigkeit ist die Schwester der Freude. Ich habe sie kennen- und schätzengelernt. Sie ist die in Bewegung geratene Depression, da tut sich wenigstens endlich was.“

Ein anderer Toter gibt seinem Sohn Ratschläge: Gib Dir keine Mühe, die richtige Frau zu finden, es gibt sie nicht. Gott gibt es auch nicht, aber falls doch, gibt es vielleicht auch die richtige Frau. Sie heult im Kino, denkt aber nie, nie, nie an ihre Figur. Alkohol kann helfen, und wenn Du, am Thresen sitzend, unter den Barhockern seltsame kleine Tiere herumkrabbeln siehst, weiter…

Thema: Alle Beiträge, Lesung |

22. November 2018

Chorkonzert mit „Venti Voci“ in St. Magni, Braunschweig

Zum Ewigkeitssonntag war am Sonnabend in St. Magni ein ganz besonderes Konzert zu erleben: Der Chor „Venti Voci“ führte Werke von Johannes Ockeghem und Hugo Distler auf, die in Braunschweig eher nicht an der Tagesordnung sein dürften.

Johannes Ockeghem (geboren 1410-1425 im Hennegau, gestorben 1497 in Tours) bereitete mit der Entwicklung der polyphonen Satztechnik den Weg zur franko-flämischen Vokalpolyphonie, die im 16. Jahrhundert mit Orlando di Lasso und Palestrina ihren Höhepunkt fand. Seine „Missa pro defunctis“ ist eine vierstimmige Totenmesse, überliefert in einem einzigen Manuskript, dem „Codex Chigi“. Weil Teile fehlen, gilt die Messe – das erste erhaltene Requiem überhaupt – als unvollständig; Leerstellen im „Codex Chigi“ deuten aber an, dass es weitere Sätze gegeben haben könnte. Das Requiem könnte Ockeghem, der in seiner Lebenszeit drei französischen Königen als Kapellsänger und hoher Kleriker diente, anlässlich der Bestattung von Charles VII. 1461 oder nach dem Tod Louis‘ XI. 1483 geschaffen haben.

Auf den getragenen, etwas zu statisch gesungenen Introitus folgte das flehentliche „Kyrie“, in dem zum Teil die Frauenstimmen herausragten. Im „Graduale“ (Psalm 23, 4) wogten sie dramatisch auf und ab und folgten im „Tractatus“ (Psalm 42, 1-4) echoartig aufeinander, bevor Tenor und Bass einsetzten. Besonders kunstvolle Formen nahm das Geflecht der entrückt schwebenden Melodien, …

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Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

13. November 2018

Interview mit Sandrine Bonnaire

Mit strahlendem Lächeln betritt Sandrine Bonnaire den Konferenzraum in ihrem Hotel. Das braune Haar trägt sie gelockt, ihr Make up betont die unglaublich dunklen Augen, dazu ein leichtes rot-weißes Kleid – très chic! Dabei wirkt sie sympathisch, offen, natürlich, und ich habe sofort einen guten „Draht“ zu ihr.

RN: „1983, mit 16 Jahren, wurden Sie von Maurice Pialat für ihren ersten Film „Auf das was wir lieben“ entdeckt. Sie spielen darin ein junges Mädchen, das sich von einem Liebesabenteuer ins nächste stürzt, um der Tristesse ihres Elternhauses zu entkommen. Wie ist es zu diese Entdeckung gekommen und was bedeutete diese für Sie?“

SB: „Eigentlich war es purer Zufall. Pialat suchte eine junge Schauspielerin für sein Filmprojekt. Ich wollte gar nicht Schauspielerin werden, aber meine Schwester hatte diesen Wunsch. Ich begleitete sie, und mit vielen anderen Mädchen nahmen wir am Vorsprechen teil. Und siehe da: Er wollte nicht meine Schwester, sondern mich! Die Rolle fiel mir dann ganz leicht, denn die Story des Films war meine eigene Geschichte, ich brauchte nur mich selbst zu verkörpern. Zudem legte Pialat viel Wert auf Natürlichkeit, der Film sollte wie das Leben sein. Das hat es mir einfach gemacht, das Ganze war für mich wie ein Spiel.“

RN: „Sie haben mit berühmten Regisseuren, z.B. Agnes Varda, Sautet, Lelouche, Rivette, Chabrol, de Palma, zusammengearbeitet. An welchen Regisseur haben Sie die intensivste Erinnerung?“

SB: „Manchmal ist es gar nicht so sehr der Regisseur, an den man sich erinnert, sondern der Charakter der Figur. Viele Regisseure waren wichtig für mich – Varda, Chabrol – aber der wichtigste war doch Maurice Pialat. Er war sehr stark, mutig, hat mir den Weg ins Kino geebnet und mir ermöglicht, dort zu bleiben.“ (Anm: Für „Auf das was wir lieben“ bekam Bonnaire einen César als beste Nachwuchsschauspielerin. Mit Pialat drehte sie noch zwei weitere Filme.)

RN: „Ihre erste Regiearbeit ist ein Dokumentarfilm über ihre autistische Schwester Sabine. Was hat sie dazu bewogen, mit diesem sehr persönlichem Thema an die Öffentlichkeit zu gehen?“

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Thema: Alle Beiträge, Film |

31. Oktober 2018

Lesung: Sebastian Fitzek mit „Der Insasse“ im Großen Haus des Staatstheaters

„Ein Notfallhandy ist in der Bibliothek versteckt, im ausgehöhlten ‚Ulysses‘ von James Joyce. Keine Angst, das Buch ist knochentrocken, da geht schon keiner dran.“ Till Berghoff, unter falschem Namen als „V-Patient“ auf dem Weg in eine Klinik für forensische Psychiatrie, bekommt noch im Rettungswagen letzte Infos zu seiner Sicherheit. In der Klinik ist der Kindermörder Guido Tramnitz inhaftiert, der Berghoffs kleinen Sohn Max entführt hat. Max lebt vielleicht noch, doch Tramnitz weigert sich, mit der Polizei zu kooperieren. Der verzweifelte Vater, hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und dem Wunsch nach Gewissheit, setzt alles auf diese letzte Karte, um die Wahrheit aus Tramnitz herauszulocken…

Das Schicksal des „Ulysses“ dürfte auch Sebastian Fitzeks 17. Psychothriller „Der Insasse“ erspart bleiben: Die Fans fiebern dem soeben erschienenen Buch entgegen, und zu seiner Lesung am Sonntag Abend im Rahmen des 11. Braunschweiger Krimifestivals erwartet den erfolgverwöhnten Autor das ausverkaufte Große Haus des Staatstheaters. Aber was heißt da schon „Lesung“? Zwar liest Fitzek sehr ausdrucksvoll drei Kapitel und die – sehr witzig! – als Kurzthriller verfasste Danksagung seines Romans. Doch das sind nur vier Wortblöcke, um die herum der Dampfplauderer eine mitreißende Show gebaut hat. Untermalt von einer Powerpoint-Präsentation kommen Familiengeschichten zur Sprache, Fanpost („Herr Fitzek, kann ihre Frau neben Ihnen überhaupt noch einschlafen?“), fehlgeschlagene Marketingkonzepte, seine Recherchen, Überzeugungen, die Verfilmungen seiner Bücher und die Frage nach der Erfolgsformel. Die Anekdoten, Pointen, Lacher, Gags folgen Schlag auf Schlag… Da hat ihn doch glatt ein Fan per Twitter für tot erklärt, aber: „Als ich das letzte Mal meinen Puls fühlte, schlug er noch.“ Nicht jeder Mensch sei böse, doch „im Angesicht des Todes schärfen wir unsere Sinne“, darum seien Krimis so spannend; erst die Lebensumstände bringen Böses im Menschen hervor. Man wolle das Böse besser verstehen, aber die Realität werde oft durch Zufälle bestimmt. Seine drei kleinen Kinder haben Fitzek um eine Gruselgeschichte angebettelt, und er hat sich eine für sich ausgedacht – mit dem Erfolg, dass sie nur noch zu dritt in einem Bett schlafen konnten. Eine Flasche Febreze mit Lavendelduft, zum Anti-Monsterspray erklärt, …

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Thema: Alle Beiträge, Lesung |

23. Oktober 2018

„Summa Summarum“ von Henning Venske im Kulturzentrum „Brunsviga“

Ganz und gar gentlemanlike, im grauen Anzug mit Weste, erschien der Kabarettist, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Henning Venske am Samstag Abend auf der Bühne des Kulturzentrums „Brunsviga“, um sich mit seinem Programm „Summa Summarum“ von Freund und Feind zu verabschieden. Doch das distinguierte Outfit täuscht: In seinem 80. Lebensjahr ist Deutschlands „meistgefeuerter Satiriker“ bissig und böse wie eh und je. Im Zeitraffer geht’s durch die deutsche Nachkriegsgeschichte von den spießigen fünfziger Jahren, wo Kommunisten wieder verfolgt, Frauen als „Füllmaterial für Mieder“ angesehen wurden und Sex außerhalb der Ehe nur als „Selbstbestäubung im Herrgottswinkel“ möglich war bis heute: Da stehen der Einheitspartei von CDUCSUFDPSPDGrüne nur noch Adolfs Fiese Dumpfbacken gegenüber, in den blühenden Landschaften im Osten geht wenigstens die braune Saat auf und Konzerne machen unter dem Motto „Leistung muss sich wieder lohnen“ mit fragwürdigen Privatisierungen den großen Reibach. Die Neulagerung der Atommüll-Fässer aus der Asse werde wahrscheinlich im Jahr 3000 erfolgen, zusammen mit der Eröffnung des Berliner Flughafens.

Sämtliche Bundespräsidenten – „eine allseits anerkannte Überflüssigkeit, lieber wäre ich Animateur an der Käsetheke von Edeka“ – und Bundeskanzler bekommen ihr Fett weg. Vor allem natürlich Helmut Kohl: „Er war gar nicht dick, sondern wirkte nur so, weil sein Jackett mit Banknoten gepolstert war.“ In ihm werde die Nachwelt einmal alle austauschbaren Kanzler bündeln: den Sauerkohl Helmut Schmidt, den Rotkohl Gerhard Schröder, die Kohlroulade Angela Merkel. Immerhin habe Kohl keinen einzigen deutschen Soldaten ins Ausland entsandt, während Schröder und sein „Grünkohl“ Joschka Fischer die Bundeswehr in den Jugoslawienkrieg schickten. Heute sei sie wieder an fast so vielen Orten im Einsatz wie die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Alle frühen Bundespräsidenten waren in den Nationalsozialismus verstrickt, nur Gustav Heinemann war im Widerstand – „eine schwere, personalpolitische Panne“.

Manches Politikerzitat belegt: „Große Formulierungen bedürfen keiner Gedanken“. Umso gehaltvoller waren – Schlag auf Schlag – Venskes eigene brillante Formulierungen: der Staat – „eine Organisation zur Mästung des Kapitalismus“; die Inquisition – für den erzkatholischen Familienminister Würmeling „eine linksradikale Bürgerbewegung“; die RAF – „ineffektiv, verglichen mit der SS“. Und an der Generation der 1968er arbeiten sich heute die „Zeitgeistnutten“ ab. Da mag so einigen Zuhörern das Lachen im Halse steckengeblieben sein – so muss politisches Kabarett sein! Doch auch leisere, nachdenkliche Töne hatte Venske, der sein Programm mit Zitaten von Schiller, Heine, Arno Schmidt und Jean Luc Godard würzte, parat: „Man muss nicht fremde Kulturen in Frage stellen, es reicht schon, über sich selbst nachzudenken.“ Zum Abschluss gab der studierte Germanist und Historiker seinem begeisterten Publikum zweierlei mit auf den Weg: „Niemals resignieren!“ und – mit Goethe: „Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst!“

Zwischen den Wortbeiträgen spielte Venskes kongenialer Partner Frank Grischek auf dem Akkordeon Tangos von Astor Piazolla und Walzer von Chopin, „Toots“ Thielemans und Schostakowitsch. Die hinreißende Musik auf dem vom Muff des Volkslieds entstaubten Instrument war ein völlig gleichwertiger Gegenpart, der die Anspannung immer wieder befreiend löste.

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17. Oktober 2018

„Funkelfuchs“ von Liliana Barros im Haus III des Staatstheaters

Foto: Bettina Stoess

Stark, diese Farben: Türkis die Bühne, die Wände herabhängende Streifen aus Folie. Hellgelb der riesige Fuchskopf, pink der Anzug der Puppe, die auf dem Boden sitzt und schlaff und leblos am Kopf lehnt. Eine Kinderstimme beginnt traumverloren zu singen, schwillt an, wird von elektronischer Musik verstärkt. Wie unter elektrischen Schlägen erwacht jetzt die Puppe zum Leben: Da hebt sich eine Hand, dort zuckt der Fuß, zappeln die Finger, klimpern die Wimpern. Mit den ruckartigen Bewegungen eines Automaten setzt dieser Prozess sich fort, bis die Figur steht, umfällt, wieder steht und endlich geht. So beginnt „Funkelfuchs“, ein Tanzstück für kleine Kinder und Erwachsene, das am Sonntag seine Uraufführung im Haus III des Staatstheaters erlebte. Die Choreografin und Regisseurin des Stück, Liliana Barros, tanzt auch den Solopart.

Vorsichtig erkundet sie den Kopf, krault mal hier, mal da das wuschelige Fell, legt sich quer über die Schnauze. Mit Anlauf geht’s die Stirn hinauf und – ätsch, abgerutscht! Schadenfrohes Gelächter im jungen Publikum. Endlich auf dem Kopf-Berg angelangt, schmiegt sie sich in die weichen Ohren und schaut als Gipfelstürmerin in weite Fernen – Applaus! Pfeifend pirscht sie sich schließlich an die schwarzen Augenhöhlen heran und wurschtelt sich hinein. Nur die Füße schauen noch heraus und wackeln zum Lachen komisch. Aus der Nase des Fuchses kommt sie wieder herausgekrabbelt.

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Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

14. Oktober 2018

Portrait Liliana Barros

Funkelfuchs – was für ein wunderbares Wort! Ich sehe sofort ein Feuerwerk bunter Sterne aus dem roten Fell aufstieben. Zu dieser Assoziation lächelt Liliana Barros und legt den Kopf mit den roten Locken ein wenig schräg. „Ich erzähle allerdings keine realistische Geschichte“, sagt die Choreografin des Kindertanzstücks, das am kommenden Sonntag um 15 Uhr im Haus III des Staatstheaters seine Uraufführung erlebt. „Es geht mehr um Bilder, Imagination und um die Freiheit, mal etwas ganz anderes zu entdecken. Um menschliche Gefühle und darum, eine andere Sprache, die des Körpers, als Ausdrucksmittel zu erleben. Aber ganz sicher wird in meinem Stück auch etwas funkeln, nämlich die Kommunikation. Die Proben, die wir vor Kindern durchgeführt haben, sind fantastisch gelaufen.“

Die portugiesische Tänzerin ist vor 2 Jahren mit Dagmar Schlingmann und ihrer Truppe ohne Festanstellung von Saarbrücken nach Braunschweig gekommen, um von hier aus frei zu arbeiten. Für das Ballettensemble des Saarländischen Staatstheater, dem sie als Tänzerin angehörte, entwickelte sie bereits mehrere Choreografien und schuf sich so die Basis für eine zukünftige Laufbahn als Choreografin. Vor kurzem erst arbeitete Liliana Barros als Performerin und Choreografie-Assistentin zusammen mit der polnischen Regisseurin Marta Górnicka in der Produktion »Jedem das Seine. Ein Manifest« an den Münchener Kammerspielen. Letztes Jahr machte sie mit dem eigenen Solostück „Nervure“ Furore: Das Stück gewann zwei Preise beim Solocoreografico Dance Showcase in Turin und wurde auch zu den deutschen und französischen Editionen des Festivals in Frankfurt und Lyon eingeladen. Auch in Berlin, Hannover, Kopenhagen und Zypern trat Barros mit „Nervure“ auf. In der Spielzeit 2018/2019 erarbeitet sie nicht nur „Funkelfuchs“ und die Bewegungschoreografie für Puccinis Oper „La Boheme“ für das Staatstheater Braunschweig, sondern auch noch ein neues Werk für das Nationaltheater Mannheim. Sie hat also bisher ausschließlich zeitgenössisches Tanztheater für Erwachsene gemacht. Wie war das nun für sie, auf einmal ein Stück für Kinder zu entwickeln? Einer ihrer bisher schönsten Prozesse sei das gewesen, ein sehr freier und auch intimer Prozess, denn sie habe dabei ganz viel von und in sich selbst entdeckt.

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Thema: Alle Beiträge, Musik/Theater/Tanz |

11. Oktober 2018

Film „Das Dorf der Vergesslichen“ von Madeleine Dallmeyer im Kino Universum

In Faham, einem kleinen Ort in Thailand, wird jedes Jahr ein Volksfest gefeiert, beim dem ein geschmücktes Boot zu Wasser gelassen wird. Mit ihm sollen das schlechte Karma, alle Sorgen und Ängste, einfach davonfahren. Mit dabei in der fröhlichen Menge: 14 demenzkranke Menschen aus Europa, die in „Baan Kamlangchay“ leben, einer Pflegeeinrichtung, die der Schweizer Martin Woodtli gegründet hat. Einblicke in dieses Leben gibt der Dokumentarfilm „Das Dorf der Vergesslichen“ von Madeleine Dallmeyer, der am Montag Abend im Kino Universum lief und noch einmal am Sonntag um 11.15 Uhr zu sehen ist.

Geradezu paradiesisch ist die Betreuung in „Baan Kamlangchay“: Die Gäste sind über mehrere Häuser im ganzen Dorf verteilt, jeweils zwei wohnen zusammen in einem Haus. Für die Einwohner von Faham gehören sie ganz dazu. Auf einen Patienten kommen drei Pflegerinnen, jeweils zwei teilen sich Tag- und Nachtschicht, während die dritte frei hat. Alle sind also rund um die Uhr versorgt – und wie! Da wird gesungen, gelacht, getanzt, leckeres Obst geschmaust, geschwommen, ein Ausflug gemacht. Rücken werden eingeseift, Prothesen eingesetzt und Hosen gewechselt, wenn mal was daneben gegangen ist. Der Patient Martin blättert in einer Jagdzeitschrift. Er war früher selbst Jäger. Nun versucht er, seiner Pflegerin, das schwierige Wort „Elch“ beizubringen – sehr zu beider Erheiterung. Auch miteinander haben die Gäste viel Spaß: Ruth und Maria lachen sich schlapp. Martin genießt mit Kurt ein Zigarette: „Und wenn einer von uns mal wieder spinnt – wir wissen’s auch, oder?“ „Jojo.“

Die meisten der liebevollen Betreuerinnen sprechen ein wenig Deutsch oder Englisch. Sie haben auch die Aggressionen und die Beschimpfungen ihrer Schützlinge auszuhalten. Geri brabbelt Unverständliches und ist von der demenztypischen Unruhe befallen, dauernd rennt er herum oder weg. Doch seine Pflegerin sagt: „Ich habe ihn lieb wie einen Vater. Ich mag nicht dran denken, dass er eines Tages sterben wird.“ In Thailand ist es nicht üblich, für die Pflege Geld zu nehmen, es ist selbstverständliche Pflicht.

„Ich möchte, dass mein Vater an einem Ort ist, wo er glücklich sein kann“, sagt Kurts Tochter mit Tränen in den Augen. Ruth bekommt einen Anruf von ihrer Tochter, aber …

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