Regine Nahrwold am 20. April 2025
Nachruf auf den Künstler Hans Wesker
Am 3. April wurde der Künstler Hans Wesker aus einem aktiven, erfüllten Leben jäh und unvermittelt herausgerissen – ein großer Verlust, nicht nur für seine Familie und seinen Freundeskreis, sondern auch für die Stadt Braunschweig und die Kunstszene in Deutschland.
Hans Wesker studierte Grafik-Design und Visuelle Kommunikation in Bielefeld sowie Malerei bei Roland Dörffler an der HBK Braunschweig, war dann im Schuldienst tätig und schließlich seit 1989 freiberuflicher Künstler. „Ich bin immer unzufrieden, immer auf der Suche“, sagte er von sich, „es gibt bei mir eine Bewegung vom Bild in den (Farb)Raum hinein, den ich mittels Digitalisierung zum Klangraum erweitert habe.“ Als Maler hat ihn anfangs die Verortung der Figur im Raum beschäftigt. So kam er von sehr hohen, schmalen Bildern irgendwann dahin, seine Bilder in den Raum hineinzustellen. Bereits diese Bilder waren vielschichtige, durchsichtige Klänge von außerordentlicher Schönheit, in denen verschiedene Farben fein miteinander verwoben waren. Ein Moment von Zeitlichkeit und Musikalität wohnte ihnen inne, der Schritt von den Farb- zu den Raumklängen erscheint daher nur konsequent. 1996 schuf Wesker dann die erste von zahlreichen Klanginstallation, die er am liebsten in Gebäuden mit Geschichte, wie etwa Kirchen, installierte.
Unvergesslich seine Arbeit „Mumbai… only sounds?“ 2015 im Allgemeinen Konsumverein, für die er Lärm und Bildersturm der indischen Megacity in einen meditativen, an- und abschwellenden Fluss aus Bildern und Klängen verwandelte: Man war von den Klängen aus acht Kanälen im Raum umgeben, während in einem großen Video Überblendungen von Farbskizzen und Fotos der Stadt sanft vorüberglitten. In Braunschweig war Wesker zuletzt präsent
2022 mit „Echo_Räume“, einer 8-Kanal Klanginstallation mit Improvisationen von Vlady Bystrov und Hans-Dieter Karras in der (damals eiskalten) Klosterkirche Riddagshausen. 2024 beim Festival „Drei Tage Neuer Musik“ im Altstadtrathaus dann die Uraufführung von „Zwischen Stahl und Stille“, einer 8-Kanal Ambisonics Audioinstallation, dazu improvisierten Vlady Bystrov und Stefan Schultze (Bern).
Hans Wesker war über die Grenzen Braunschweigs hinaus bekannt, erfolgreich und gut vernetzt. Seine Bilder und Klanginstallationen wurden in ganz Deutschland gezeigt, Studienreisen führten ihn nach Frankreich, Marokko, Kamerun und Indien. Er war Mitglied im Deutschen Künstlerbund. Doch hier in Braunschweig hat er sich vielfältig engagiert: Wesker war seit langem im Vorstand des Vereins „Braunschweiger Künstlerhaus“ und 1999 Mitbegründer des Allgemeinen Konsumvereins, der nach der Galerie KK im Fish in dieses Atelierhaus einzog. Es sollte im Künstlerhaus auch einen Ausstellungsort geben, der Kunst jenseits des Mainstreams nach außen trug. Mit Hans Wesker zog Klangkunst in den Konsumverein ein, und 2009 erweiterten Anne Mueller von der Haegen und er den Radius des Vereins um das Projekt klangstaetten | stadtklaenge und trugen damit internationale Klangkunst in den städtischen Raum hinein.
Wesker war in der Braunschweiger Kunstszene so etwas wie eine Institution. Er war sensibel und kollegial, unterstützte andere Künstler ohne Konkurrenzdruck und setzte sich für andere auch ganz praktisch ein. Zu diesem Einsatz gehört auch sein Engagement für das Outsider-Atelier Geyso20 der Lebenshilfe, wo er seit 2005 als künstlerischer Berater tätig war und sich den dortigen KünstlerInnen einfühlsam zuwandte.
Die Kunst Hans Weskers ist überzeitlich, jenseits aller kurzlebigen Trends. Er selbst ist nun, mit 75 Jahren, dort angelangt, wo Raum und Zeit für immer aufgehoben sind.