6. April 2015
28. Juni 2014
Goethes Zebra – skurril und zauberhaft!
Viele Wege führen – nein, nicht nach Rom, sondern zum Zebra. Nicht zu irgendeinem natürlich, sondern zu ebenjenem, das Johann Wolfgang von Goethe auf dem Kohlmarkt erblickte, als er 1784 in geheimer Mission am Hofe von Braunschweig weilte. Just um dieses Zebra dreht sich alles in einer Ausstellung, die im Rahmen des Festivals “Theaterformen” im Braunschweigischen Landesmuseum Hinter Ägidien und im Allgemeinen Konsumverein zu besichtigen ist, mit einer Führung des Schweizer Künstlers Hans-Peter Litscher. Die Exponate stammen aus der Sammlung des Goethe-Zebra-Forschers Bruno Bruns, einstmals in Braunschweig, nun in Afrika lebend. Noch bis zum 13. Juli, Do bis So um 18 Uhr, Sa und So auch um 15 18 Uhr.
Eine Theorie besagt, dass jeder Mensch über nur fünf weitere Leute mit einer Person auf der gegenüberliegenden Hälfte der Erdkugel verbunden ist. Zum Zebra geht’s noch geschwinder: Staunend erfahren wir von Hans-Peter Litscher, wen die Faszination für das gestreifte Tier mit wem vereint: Mozart, der Marquis de Sade und Charles Fourier, Che Guevara und Léopold Sédar Senghor, Heinrich Heine und Walter Benjamin, Marlene Dietrich und Gary Cooper sind nur einige der illustren Zebraphiles. Veruschka von Lehndorfs Zebra-Kostüm und der ZebraBra von Josephine Baker stellen in meinen Augen die absoluten Glanzlichter der skurrilen Brunsschen Sammlung dar!
Der Geheime Rath soll es in Braunschweig übrigens – so Litscher – sterbenslangweilig gefunden haben. Dabei bleibt jedoch die Mätresse Herzog Carl Wilhelm Ferdinands, die Italienerin Maria von Branconi, unerwähnt, obwohl ihr Porträt von Anna Rosina de Gasc in Kopie in der Ausstellung hängt. Sie galt zu ihrer Zeit als die schönste Frau in Deutschland und schlug – nicht nur schön, sondern auch klug und gebildet – etliche Geistesgrößen in ihren Bann. So auch unseren Dichter, der über sie schrieb, sie besitze Witz, eine ausgebildete Sprache, Widerstand und Gefühl ihrer selbst und sie siege mit Pfeilen (Charlotte von Stein dagegen siege mit Netzen).
Zum Abschluss der Führung geht es in den Allgemeinen Konsumverein, wo die Zebra-Zeitmaschine, gebaut von Thomas Bartels nach den Entwürfen von Bruno Bruns, rattert, leuchtet und schwarz-weiße sowie rote, blaue, gelbe Zebras an die Wände malt – zauberhaft! Es folgt noch die Besichtigung des vollgestopften Arbeitszimmers von Bruno Bruns, dann nix wie ab in die Zebra-Bar! Dort kann man für 17,84 Euro ein reizendes Büchlein mit 14 Zebra Gedichten Goethes, wiederentdeckt von Bruno Bruns, erwerben. (Herausgegeben wurde es von ihm und Anne Mueller von der Haegen im Verlag Howaldt Press in Braunschweig.) Wer noch 2,16 Euro drauflegt, bekommt ein Glas Wermut dazu und darf obendrein einen Blick in’s geheime Seitenkabinett werfe, wo noch ein Extra-Schmankerl wartet… (Der Wermut wurde übrigens 1786 in Italien erfunden, in dem Jahr also, da Goethe in sein Sehnsuchtsland reiste; er ist auch nach einem Gedicht von ihm benannt).
13. April 2014
Marina Abramovic: “Schmerz in der Kunst…
… ist für mich eine Tür zu einer höheren Bewusstseinsebene, wo das Innere zu leuchten beginnt.” Das sagt die Künstlerin in einem hochinteresanten Interview mit dem SZ-Magazin vom Freitag dieser Woche. Hier ein Ausschnitt daraus:
Abramovic: (…) Wir fürchten den Schmerz. Wir wollen nur Dinge tun, die wir mögen. Doch wer immer den Weg des geringsten Widerstandes geht, ändert nichts in seinem Leben und dreht sich im Kreis. Man muss im Leben Risiken eingehen, dorthin gehen, wo noch keiner war. Als Kolumbus nach Westen aufbrach, dachte man noch, die Erde wäre eine Scheibe. Er stach mit der Angst in See, irgendwann von der Erde zu fallen, und entdeckte Amerika. Als Künstler muss man bereit sein, von der Erde zu fallen.
Sind Sie jemals von der Erde gefallen?
Abramovic: Natürlich. Das Scheitern ist essentiell. Man muss das Scheitern in sein Unterfangen einbeziehen. Viele Künstler finden eines Tages heraus, was die Gesellschaft von ihnen erwartet, und dann beginnen sie sich zu wiederholen. Dann stirbt die Kunst.
(…)
Was ist gute Kunst für Sie?
Abramovic: Sie muss es schaffen, das Denken in einer Gesellschaft zu ändern. Kunst hat so viele Dimensionen. Jede Gesellschaft hat andere Bedürfnisse, manche brauchen politische Künstler, manche spirituelle. Künstler sind Diener der Gesellschaft. Und ihr Sauerstoff. Sie sollen uns erheben, weiterbringen, nicht runterziehen. Runterziehen ist so leicht.
Im Juni 2014 startet Abramovic eine dreimonatige Performance in der Londoner “Serpentine Gallery”. Dazu sagt sie in dem Interview:
23. März 2010
Ausstellung: Portrait, Portrait, Portrait!
Im Kunstmuseum Wolfsburg schließt sie Ende dieses Monats, im Braunschweigischen Landesmuseum hat sie gerade begonnen, im Sprengel Museum ebenfalls, und in der Landesgalerie Hannover wurde sie soeben bis in den August hinein verlängert: die Ausstellung, die jedes dieser vier Museen in der Region – ist’s Zufall oder Absicht? – in jeweils ganz unterschiedlicher Ausprägung dem Thema Portrait gewidmet hat. Mit rund 150 Exponaten aus eigenem Bestand und einigen Leihgaben, überwiegend aus dem Museum August Kestner, ist „That’s me!“, die Schau in der Landesgalerie Hannover, nicht nur die umfangreichste der vier, sondern handelt diese Bildgattung über einen Zeitraum von etwa 2500 Jahren systematisch und entwicklungsgeschichtlich ab. weiter…
24. Mai 2009
Das Meeresmuseum Stralsund
In Stralsund hat mich am meisten das Stammhaus des Deutschen Meeresmuseums in der Halle der (wieder aufgebauten) Katharinenkirche aus dem 14. Jahrhundert begeistert. Die Kirche dient bereits seit 1925 musealen Zwecken und wurde 1972-74 zum Meeresmuseum umgebaut. Bereits das ist bemerkenswert: Hier und heute gibt es in den christlichen Kirchen eine rege Diskussion darüber, wie man sich lästiger Sakralbauten, die sich partout nicht mehr mit Menschen füllen wollen, entledigen und sie neuen Funktionen zuführen kann – und dort, in der Ex-DDR, steht seit 3 Jahrzehnten ein äußerst gelungenes Beispiel dafür!
Um meine (persönliche und subjektive) Quintessenz dieses Museumsbesuchs gleich vorwegzunehmen: Reell ist das Meer ja durchaus begrenzt (auf ca. 70 % der Erdoberfläche, 1338 Mrd. km³ Wasser etc.), aber ideell ist es doch ein Unendliches,
18. Mai 2009
Museum: Adieu, Anton Ulrich!
Liebes gutes, altes Herzog Anton Ulrich-Museum,
mit einem netten Museumsfest hast Du Dich Ende April von der Öffentlichkeit verabschiedet, um Dich einer Sanierungs- und Verjüngungskur zu unterziehen, inklusive Umzug in den neuen Anbau an Deiner Nordseite, zum Park hin. Und wenn Du nach zwei Jahren wieder eröffnest, wirst Du hoffentlich wie der Phönix aus der Asche auferstehen: mit barocker Lebenslust, gekrönt von jenem Schuss Prunk und Glamour, der Deines Namensgebers würdig wäre und darüber hinaus das „Pfund“, mit dem Du kräftig „wuchern“ könntest! Was Deine tolle Sammlung angeht, so ist trotz Schließung des Hauses wunderbarerweise ein Konzentrat davon in der Burg Dankwarderode zu besichtigen, und das Kupferstichkabinett lässt sich mittlerweile sogar virtuell besuchen.
Eine schönes und erfolgreiches “Event” zum Abschied war die Ausstellung “Wachgeküsst!”, die Glanzstücke aus dem Gemäldedepot präsentierte. Zudem hatten alle BesucherInnen die Gelegenheit, ihr Lieblingsbild per Stimmkarte in die neue Dauerausstellung hineinzuwählen – Museum 2.0 im besten Sinne! Die Entscheidung fiel mir nicht leicht, stand doch viel Schönes, Interessantes und auch Kurioses zur Auswahl:
15. Mai 2009
Vom Glück der Bildung
In seinem Essay Wie wäre es, gebildet zu sein? spricht der Philosoph Peter Bieri von “Erfahrungen des Glücks, die aufs engste mit Facetten der Bildung verknüpft sind (…): die Freude, an der Welt etwas besser zu verstehen; die befreiende Erfahrung, einen Aberglauben abzuschütteln; das Glück beim Lesen eines Buchs, das einen historischen Korridor öffnet; die Faszination durch einen Film, der zeigt, wie es anderswo ist, ein menschliches Leben zu führen; die beglückende Erfahrung, eine neue Sprache für das eigene Erleben zu lernen; die überraschende Erfahrung, dass sich mit dem Anwachsen der sozialen Phantasie der eigene innere Radius vergrößert. Und Bildung schließt noch eine andere Dimension von Glück auf: die gesteigerte Erfahrung von Gegenwart beim Lesen von Poesie, beim Betrachten von Gemälden, beim Hören von Musik. Die Leuchtkraft von Worten, Bildern und Melodien erschließt sich nur demjenigen ganz, der ihren Ort in dem vielschichtigen Gewebe aus menschlicher Aktivität kennt, die wir Kultur nennen.” (Festrede, gehalten an der PH Bern am 4. November 2005, publiziert im ZEITmagazin LEBEN, 2. August 2007, Nr. 32)
Am Rande der gemeinsamen Tagung des Deutschen Museumsbundes und der Kulturstiftung der Länder vom 10.-13. Mai 2009 in Stralsund – dieses Mal zum Thema “Chefsache Bildung” – habe ich dieses Glück wieder einmal erfahren, und zwar im Meeresmuseum (nicht zu verwechseln mit dem brandneuen Ozeanum – die Homepage legt dies nahe).
15. Mai 2009
Bildung, Vermittlung, Museumspädagogik
Dr. Regine Nahrwold – Referenzen
seit 2016: Gästeführerin der Stadt Braunschweig (Historische Stadtführung)
seit 2015: Verfassen von Texten für Audioguides für Antenna International
seit 2014: Führungen und Kindergeburtstage im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig; Führungen zu Sonderausstellungen des Braunschweigischen Landesmuseums (Schrecklich kriegerische Zeiten. Der Erste Weltkrieg 1914-1918 (2914) und Wann ist ein Held ein Held? Der Schwarze Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels (2015), Im Aufbruch. Reformation 1517-1617 (2017)
2012-2013: Erstellen der Inhalte (Texte und Bilder) für ein digitales Besucherinformationssystem (Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig)
2009: Führungen und Familienbetreuung in der Landesausstellung „Otto IV. Der Traum vom welfischen Kaisertum“, 8.8.–8.11., Braunschweigisches Landesmuseum, Dom und Burg Dankwarderode, Braunschweig
2000-2002 Lehrauftrag an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig: “Moment-Aufnahme und Ich-Konzept I-III. Graphische Selbstbildnisse des 20. Jahrhunderts” (vor den Originalen im Kupferstichkabinett des Herzog Anton Ulrich-Museums)
Führungen in der Sonderausstellung “Max Beckmann – Selbstbildnisse. Zeichnung und Druckgraphik” des Herzog Anton Ulrich-Museums
VHS-Seminar “Das Ich ist das größte Geheimnis der Welt” in der Ausstellung Max Beckmann – Selbstbildnisse. Zeichnung und Druckgraphik des Herzog Anton Ulrich-Museums
Führungen in der von mir konzipierten, realisierten und eröffneten Sonderausstellung “Landschaften, Gärten, Ausblicke. Bilder der Malerin Ursula Stahl-Schultze” des Braunschweigischen Landesmuseums
2000 VHS-Seminar “Künstlerselbstbildnisse vom 15.-18. Jahrhundert”
Führungen im Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett:
– Selbstbildnisse Alter Meister: Von Aldegrever bis Rembrandt
– Selbstbildnisse Alter Meister: Von Rembrandt bis Chodowiecki
– Schrammen, Schlagen, Schleifen. Ungewöhnliche graph. Techniken
– Schwarz ist eine Farbe
1996-1997 Führungen und Seminare am Herzog Anton Ulrich-Museum:
– Lichter der Großstadt. Graphik der Zwanziger Jahre
– Sonderausstellung Ansichten vom Ich
– VHS-Seminar “Selbstbildnisse des 20. Jahrhunderts”
1995 Mitwirkung am Museumsführer Bremen und Niedersachsen, hg. von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und vom Museumsverband Bremen und Niedersachsen, 6. neu bearb. Aufl. 1995. Für diesen Museumsführer habe ich als Autorin die unterschiedlichsten Museen der Region Braunschweig bereist und beschrieben.
1995 Reisestipendium der Niedersächsischen Sparkassenstiftung: London-Aufenthalt, Untersuchung Besucherangebote Londoner Museen, veröffentlicht in Mitteilungsblatt des Museumsverbandes Niedersachsen und Bremen e. V., Heft 51 (Februar 1996), S. 39-54
1992-1994 Führungen am Städtischen Museum Braunschweig:
– Sonderausstellung HAP Grieshaber – Für Braunschweig gemalt
– Abteilung Kirchliche Kunst
1992-1995 Freie Mitarbeiterin der Braunschweiger Zeitung (Ausstellungsrezensionen)
1992 Fortbildung: Didaktik der Ausstellung, Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
1991 “Zur Geschichte der Documenta I-IX”, Vortrag im Kunstverein Wunstorf
1990 “Paul Klee – Kunst als Schöpfungsgleichnis”, Vortrag auf der Tagung Kunst und Transzendenz der Evangelischen Akademie Baden, Karlsruhe
1989-1990 Kunstunterricht an der Jugenddorf -Christophorus-Schule Braunschweig
1987 VHS-Seminare:
– Einführung in die moderne Kunst mit Fahrt zum Museum Ludwig, Köln
– Picasso, Beckmann, Klee mit Fahrt zum Sprengel Museum, Hannover
1985 Führungen in der Niedersächsischen Landesausstellung Stadt im Wandel
1983-1991 Führungen am Herzog Anton Ulrich-Museum, in allen Abteilungen sowie in den Sonderausstellungen:
– Herzog Anton Ulrich. Leben und Regieren mit der Kunst, 1983
– Französische Malerei von Watteau bis Renoir, 1983
– Georg Baselitz. Holzschnitte, 1988
– J. I. van Ruisdael, Wasserfall mit Wachturm, 1991
23. April 2009
Ausstellung: Laurence Bonvin, “On Location”
Noch bis zum 3. Mai beweist die Ausstellung der Schweizer Fotografin Laurence Bonvin (geb. 1967) im Museum für Photographie Braunschweig, was eine Fotokunst sein kann, die auf den ersten Blick scheinbar „nur“ mit den Mitteln der Dokumentation, der nüchternen Beobachtung arbeitet. Was entstehen kann, wenn die Kamera nicht bloß registriert, sondern sich hinter ihrem Objektiv ein sehendes Auge und hinter dem Auge ein denkender Kopf befindet. Bonvins Blick auf die Welt zeigt, dass diese doch mehr ist als „alles, was der Fall ist“. Er bringt die unterschwelligen Strömungen der Orte, den doppelten Boden der Dinge, ihren Schatten zum Vorschein und zur Verdichtung. Oder erschafft er dieses Darunter/Dahinter doch erst im Erzeugen des Bildes? Denn ein Haus ist ein Haus ist ein Haus, und es ist nichts dahinter…
12. Januar 2009
München: Museum Villa Stuck
Nach der Pinakothek der Moderne mit ihrer Riesenrotunde – Wieviel Raum wurde an diese leere Mitte verschenkt, Raum, für den sich dann die Funktionen Shop/Bibliothek, Café u.a. in die Resträume der Zwickel drumherum quetschen „durften“! – und den weiten Hallen, in denen die Werke der Klassischen Moderne zu Briefmarkenformaten schrumpfen, bot die Villa Stuck ein wunderbares, mir sehr willkommenes Gegengewicht: (relativ) klein, persönlich, fein und auserlesen, historisch gewachsen und dabei ganz lebendig und mitten in der Gegenwart. Der prachtvolle Bau, errichtet Ende des 19. Jahrhunderts nach des legendären Malerfürsten Franz von Stuck eigenen Entwürfen als Wohnhaus, Atelier und repräsentative Verkörperung seiner Idee der Einheit von Kunst und Leben, ist schon von außen ein Juwel des – ja, “des frühen Jugendstil” liegt mir auf der Zunge, aber kann man das sagen?